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Fachartikel, 10.01.2008
Management (allgemein)
Rechtliche Aspekte der Privatnutzung von Internet und E-Mail am Arbeitsplatz
Untersuchungen zufolge nutzen etwa 90 Prozent aller Arbeitnehmer mit Internetzugang, das Internet während ihrer Arbeitszeit auch für private Zwecke. Obwohl das Arbeitsrecht dem Arbeitgeber durchaus Möglichkeiten an die Hand gibt, die private E-Mail- und Internetnutzung am Arbeitsplatz zu unterbinden, gestaltet sich die Suche nach einer optimalen Lösung aus unternehmerischer Sicht meist schwierig.

Wie aus jüngsten Studien und Umfragen hervorgeht, verwenden 40 Prozent der Arbeitnehmer wöchentlich bis zu drei Stunden ihrer offiziellen Arbeitszeit auf die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz: Private E-Mails schreiben, Online-Shopping, Stellensuche, Computerspiele etc - die Verlockungen des Internets sind groß. Die Kosten hierfür betragen nach vorsichtigen Schätzungen rund 50 Milliarden Euro pro Jahr. Dabei ist der Schaden eines Unternehmens nicht nur in der Reduzierung der effektiven Arbeitszeit zu sehen. Die Leistungsfähigkeit ganzer Netzwerke kann beeinträchtigt werden:

  • Durch große Dateien (in Form von Fotos oder auch Video-Clips), die als E-Mail-Attachments angehangen oder direkt aus dem Internet heruntergeladen werden, können Übertragungsgeschwindigkeiten erheblich reduziert werden. Im schlimmsten Fall kann dies sogar zum Ausfall von Firmenservern führen, was zu erheblichen Beeinträchtigungen der Produktivität eines Unternehmens führen kann.
  • Außerdem wird das ohnehin bestehende Sicherheitsrisiko durch Viren, Würmer, Trojaner, et cetera Schaden zu erleiden, durch die private Nutzung von E-Mail und Internet deutlich erhöht.
  • Schließlich besteht auch ein Risiko für den Arbeitgeber sowohl in strafrechtlicher, als auch in zivilrechtlicher Hinsicht in Anspruch genommen zu werden, sofern Arbeitnehmer (meistens ohne Wissen des Arbeitgebers) auf rechtswidrige oder urheberrechtlich geschützte Inhalte im Internet Zugriff nehmen. Als Beispiel seien hier nur die sogenannten “Tauschbörsen” genannt.

Eindeutige Regelungen erforderlich

Erlaubt ein Arbeitgeber seinen Mitarbeitern, das Internet am Arbeitsplatz privat zu nutzen, stehen im weit weniger Kontrollbefugnisse zu, als wenn er das Recht zur Internetnutzung ausschließlich auf rein dienstliche Zwecke beschränkt. Im Rahmen der Betriebsorganisation sollte daher dringend eine eindeutige und schriftlich niedergelegte Regelung in arbeitsrechtlich zulässiger Form geschaffen werden. Dies sollte entweder durch arbeitsvertragliche Regelungen oder Betriebsvereinbarungen (falls ein Betriebsrat besteht) erfolgen.

Sofern keine Regelungen bezüglich dienstlicher und privater Nutzung von E-Mail und Internet getroffen sind, kann nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, zumindest für den Zeitraum der Pausen und nach Ende der Arbeitszeit, eine so genannte “betrieblichen Übung” entstehen, was wiederum als Erlaubnis der privaten Nutzung gewertet werden kann. Das gilt auch, falls ein Verbot der Privatnutzung zwar besteht, dieses aber nicht überwacht oder im Falle von Verstößen entsprechend geahndet wird.

Will der Arbeitgeber eine auch nur teilweise, private Nutzung zulassen, was je nach Unternehmen durchaus sinnvoll sein kann, sollte zwingend eine strenge Trennung zwischen der dienstlichen und der privaten Nutzung vorgenommen werden:

  • Sofern ein Arbeitgeber die private E-Mail-Nutzung nicht logisch oder physisch von der dienstlichen Nutzung trennt, zum Beispiel durch separate E-Mail-Accounts oder Vorgabe einer Pflicht zur Kennzeichnung als privat, wäre jede Kommunikation im Sinne der datenschutzrechtlichen Bestimmungen als privat anzusehen.
  • Zu beachten ist, dass auch auf der Grundlage eines Verbotes der privaten Nutzung von Internet und E-Mail, eine so genannte dienstlich motivierte Privatnutzung regelmäßig zulässig ist. Sie liegt vor, wenn die Notwendigkeit der Kommunikation aus Umständen resultiert, die in der Sphäre des Arbeitgebers begründet ist und deren Gestattung sich aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers ableitet. Ob konkrete Regelungen hierzu sinnvoll sind, lässt sich nicht pauschal feststellen, sondern muss im Einzelfall geklärt werden.
  • Sofern sich ein Arbeitgeber für die Erlaubnis der privaten Nutzung entscheidet, sollte die Zulässigkeit jedenfalls in zeitlicher Hinsicht, zum Beispiel durch die Software WebFox, eingeschränkt werden. Daneben können auch inhaltliche Beschränkungen sinnvoll sein.

In jedem Falle sollte die Gestattung der privaten Nutzung unter die Bedingung gestellt werden, dass die Arbeitnehmer einer Protokollierung zur Durchführung einer angemessenen Kontrolle zustimmen. Diese Einwilligung muss jedoch strengen rechtlichen Anforderungen genügen, um wirksam zu sein, bedarf grundsätzlich der Schriftform und kann zudem vom Arbeitnehmer jederzeit widerrufen werden.

In rechtlicher Hinsicht ist es eine entscheidende Weichenstellung, ob der Arbeitgeber die private Internet- und/oder E-Mail-Nutzung gestattet oder verbietet.  Im Zusammenhang mit der Nutzung des Internets am Arbeitsplatz und der Frage, inwieweit der Arbeitgeber die Benutzung überwachen darf, sind in gleichem Maße arbeitsrechtliche und datenschutzrechtliche Bestimmungen sowie Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetze zu beachten. Spezielle gesetzliche Regelungen zu einzelnen Fragen, wie diejenigen zur Kontrolle der E-Mail / Internet-Nutzung, zur Videoüberwachung, zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen und so weiter, bestehen derzeit nicht.

Erlaubnis zur privaten Nutzung

Gestattet ein Arbeitgeber Ist die private Nutzung, so muss er nach herrschender Auffassung die Regelungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG) beachten. Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber die private Nutzung des Internet über einen längeren Zeitraum hinweg stillschweigend duldet oder Verbote nicht ausreichend kontrolliert und/oder sanktioniert. Durch dieses Verhalten kann dem Arbeitnehmer nach der aktuellen Rechtssprechung der Arbeitsgerichte zumindest in gewissem Rahmen ein Anspruch auf Gestattung der privaten Nutzung des Internet am Arbeitsplatz erwachsen.

Nach den einschlägigen Vorschriften des TKG ist bei einer gestatteten privaten Nutzung des Internet durch den Arbeitgeber zum einen das Fernmeldegeheimnis zu wahren. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber angemessene, technische Vorkehrungen und sonstige Maßnahmen, wie zum Beispiel Zutritts- und Zugriffsbeschränkungen, treffen muss. Anhand einer Einzelfallbetrachtung ist dabei zu prüfen, welche technischen Vorkehrungen und sonstigen Maßnahmen im Einzelfall angemessen sind. Zum Anderen ist nach den entsprechenden Vorschriften des TKG jegliche Überwachung der Inhalte sowie der Verbindungsdaten der Internet- und E-Mail-Nutzung grundsätzlich unzulässig.

Verbindungsdaten dürfen in diesem Falle nur erhoben werden, um das Entgelt für die private Nutzung der Telekommunikationsdienste zu ermitteln, oder um Störungen erkennen und beseitigen zu können. Weiterhin ist bei der gestatteten, privaten Nutzung die Überwachung und Nutzung der Verbindungsdaten zulässig, um Leistungserschleichungen und sonstige, rechtswidrige Inanspruchnahmen der Dienste und Netze aufzudecken beziehungsweise zu unterbinden. Hierfür müssen jedoch tatsächliche Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Inanspruchnahme vorliegen.

Im Gegensatz dazu verpflichten die Regelungen der GDPdU (Grundsätze zur Durchführung und Prüfung digitaler Unterlagen), ein Unternehmen steuerrechtlich relevante Daten, zu denen auch E-Mails gehören können, für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren zu archivieren und gegebenenfalls den Finanzbehörden zugänglich zu machen.

Wenn dienstliche E-Mail-Accounts also privat durch Arbeitnehmer genutzt werden dürfen, ist dem Arbeitgeber wegen der Vorschriften des TKG ein Zugriff auf die gesamte, dienstliche und private E-Mailkommunikation des Arbeitnehmers verwehrt, wenn sie sich nicht eindeutig trennen lässt. Andererseits ist ein Arbeitgeber nach den Vorschriften der GDPdU gerade verpflichtet, die gesamten, steuerrechtlich relevanten Dokumente, zu denen auch E-Mails zählen können, zu archivieren und zugänglich zu halten.

Dieses Dilemma lässt sich nur mit einer klaren Trennung von dienstlicher und privater Nutzung umgehen. Mögliche Lösungsansätze sind hier die Vergabe eines zweiten, privaten Mailaccounts im Unternehmen zur privaten Nutzung durch die Arbeitnehmer oder die Reglementierung bestimmte Freemailprovider für den privaten E-Mail Verkehr zu nutzen.

Dringend gewarnt werden muss davor, sich gegenüber den Finanzbehörden auf datenschutzrechtliche Vorschriften zu berufen und so den Zugriff auf steuerrechtlich relevante E-Mails zu verweigern. Zitat BMF (Auszug aus der Beantwortung einer Eingabe zum Datenzugriff durch das zuständige Fachreferat): “Wer in Erwartung, dass sich die GDPdU in der Praxis nicht durchsetzen wird, die maschinelle Auswertbarkeit der Daten (Paragraf 147 Absatz 2 AO) nicht sicherstellt, handelt naiv und rechtswidrig. Die Finanzverwaltung wird dies nicht hinnehmen und einer solchen Verweigerungshaltung mit angemessenen Sanktionen begegnen.”

Rechtlich problematisch ist bei erlaubter, privater Nutzung von “dienstlichen” E-Mail-Accounts das Filtern und Löschen von Spam-E-Mails durch den Arbeitgeber. So hat das Oberlandesgericht Karlsruhe in einer Entscheidung vom 10. Januar 2005 (1 WS 152/04) entschieden, dass das Herausfiltern von E-Mails dem Straftatbestand des § 206 Strafgesetzbuch (StGB) unterfällt, wenn die private Nutzung zugelassen ist und weder ein Einverständnis des Mitarbeiters, beziehungsweise des Kommunikationspartners, noch ein sonstiger Rechtfertigungsgrund vorliegt.

Nach wie vor umstritten ist insoweit, ob die Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des E-Mail-Servers eines Unternehmens ein Rechtfertigungsgrund in dem vorbezeichneten Sinne sein kann. Ein Lösungsansatz für die vorbezeichnete Problematik wäre, die Arbeitnehmer durch eine entsprechende Regelung auf die Nutzung bestimmter, möglichst sicherer Freemailanbieter zu verweisen, oder sich eine entsprechende Einwilligung von dem Arbeitnehmer geben zu lassen.

Ausschließlich dienstliche Nutzung

Die strengen Anforderungen des TKG finden keine Anwendung, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer lediglich die dienstliche Nutzung gestattet und die private Nutzung verbietet. Insoweit sind jedoch die Grundsätze des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zu beachten.

Sämtliche Verbindungs-, Inhalts- und Nutzungsdaten der dienstlichen Nutzung des Internet / von E-Mails sind personenbezogene Daten im Sinne des BDSG. Deren Nutzung, Verarbeitung und Verwendung ist im Rahmen der Zweckbestimmung des Arbeitsvertrages zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zulässig.

Sofern der Arbeitgeber die private Nutzung des Internet verboten hat darf er also, um die Einhaltung des Verbotes zu kontrollieren, die betreffenden personenbezogenen Daten erfassen und stichprobenartig auswerten. Solche Stichproben sollten auch zwingend durchgeführt werden, um einer möglichen Entstehung einer “betrieblichen Übung” entgegenzuwirken. Eine völlige Überwachung der Arbeitnehmer ist aber auch hier, nicht zuletzt im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer, nicht statthaft.

Überdies hinaus ist nach dem BDSG die Nutzung der betreffenden, personenbezogenen Daten auch dann zulässig, wenn sie dem Zweck der Datensicherung oder dem ordnungsgemäßen Betrieb der Datenverarbeitungsanlage dient.

Abschließende Überlegungen

Generell ist, sofern ein Betriebsrat existiert, darauf zu achten, dass dem Betriebsrat bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Mitarbeiter zu überwachen, nach dem Betriebsverfassungsgesetz ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Im Rahmen der Kontrollmöglichkeiten des Arbeitgebers ist seinem berechtigten Kontrollinteresse, stets das Recht des Arbeitnehmers auf informationelle Selbstbestimmung gegenüber zu stellen. Eine Überwachung und Kontrolle der technischen Einrichtungen zur Aufrechterhaltung des Betriebes ist generell zulässig. Die Wahrung der Datensicherheit rechtfertigt aber keine dauerhafte, unbeschränkte und vollständige Überwachung der Beschäftigten.

In jedem Fall ist es erforderlich, klare Regelungen über die dienstliche Nutzung und die Gestattung der privaten Nutzung des Internet zu treffen und entsprechende Kontrollmaßnahmen zu implementieren. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten in den jeweiligen Unternehmen sollten der konkreten Situation angemessene Vorschläge ausgearbeitet werden, um für das Unternehmen eine in tatsächlicher Hinsicht sinnvolle und rechtskonforme Lösung entwickeln zu können.

Link zum Autor: Rechtsanwalt Jürgen Philipp (Co-Autor: RA Stefan Zepernick), DACHS • BARTLING • SPOHN & PARTNER

Stand: 14.09.2007

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