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Fachartikel, 11.04.2007
Personalmanagement
Arbeitsrechtliche Aspekte der Gratifikation
Gratifikation als Übergriff bezeichnet eine Zuwendung des Arbeitgebers an Arbeitnehmer aus bestimmten Anlässen. Darunter fallen beispielsweise Bonuszahlungen, die Zahlung eines 13. Monatsgehalts, das Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, (Leistungs-) Prämienzahlungen sowie Zahlungen auf Grund von individuellen Zielvereinbarungen. Je nach Ausgestaltung der einzelnen Gratifikationsarten können diese sowohl für den Arbeitnehmer, als auch für den Arbeitgeber unterschiedliche Auswirkungen haben.
Die Gratifikationen finden ihre rechtliche Grundlage regelmäßig in den Arbeitsverträgen. Weitere Möglichkeiten sind Individualvereinbarungen zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber, Betriebsvereinbarungen sowie der Tarifvertrag. Darüber hinaus kann es zu einem Anspruch der Arbeitnehmer auf entsprechende Gratifikationszahlungen durch die so genannte “betriebliche Übung” kommen. Ein Anspruch auf Grund der betrieblichen Übung besteht dann, wenn der Arbeitgeber die Gratifikation dreimal in Folge, ohne Vorbehalt und wiederholt, an den Arbeitnehmer geleistet hat. Sämtliche Gratifikationszahlungen, unabhängig von ihrer Bezeichnung oder der Art und Weise der Leistung, sind als Lohnbestandteile anzusehen. Daher unterliegen sie der Lohnsteuerpflicht und sind sozialversicherungspflichtig. Über die Anwendung der “März-Klausel” bei der Lohnabrechnung können Gratifikationen, die auf das Vorjahr bezogen sind, allerdings noch im Folgejahr bis einschließlich März durch den Arbeitgeber gezahlt werden. Dann muss eine Korrekturrechnung in die Jahresbruttosumme eingerechnet werden. Oftmals ist die Berechnung für sozialversicherungs- oder versicherungsrechtliche Sachverhalte für den Arbeitnehmer günstig. Zur inhaltlichen Unterscheidung der einzelnen Gratifikationsarten und der Änderungsmöglichkeiten durch den Arbeitgeber soll die nachfolgende Darstellung dienen

Das Weihnachtsgeld

Das Weihnachtsgeld ist eine Art Treueprämie, die sowohl die bereits erbrachte als auch die zukünftige Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnen soll. Regelmäßig wird das Weihnachtsgeld mit dem November-Gehalt des jeweiligen Jahres ausgezahlt. Ausnahmsweise erfolgt in manchen Unternehmen eine Aufteilung auf zwei Auszahlungstermine. Damit wird dann eine Hälfte des Weihnachtsgeldes im November des einen Jahres gezahlt, die andere Hälfte wird dann als “Urlaubsgeld” im Mai oder Juni des folgenden Jahres ausgezahlt. Unabhängig von der Art und Weise der Auszahlung und der Bezeichnung dieser Art Gratifikation ist ein einseitiger Widerruf der Leistung durch den Arbeitgeber nahezu unmöglich. Nach dreimaliger wiederholter und vorbehaltloser Auszahlung des Weihnachtsgeldes hat der Arbeitnehmer einen Vertrauensschutz erlangt. Ein einseitiger Widerruf durch den Arbeitgeber ist auf Grund der betrieblichen Übung nicht möglich. Hier ist zu beachten, dass auch eine sogenannte “umgekehrte betriebliche Übung” eintreten kann. Das ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer ebenfalls bei dreimaliger Nichtzahlung des Weihnachtsgeldes durch den Arbeitgeber dieses vorbehaltlos und widerspruchslos hingenommen hat. Dann wird unterstellt, dass der Vertrauensschutz keinen Bestand mehr hat und der Anspruch auf Grund der stillschweigenden Zustimmung des Arbeitnehmers entfallen ist.

Das 13. Gehalt

Das 13. Gehalt versteht man als einen Zusatzlohn für die erbrachte Jahresleistung des Arbeitnehmers. Der Schwerpunkt bei dieser Gratifikation liegt auf der zusätzlichen Vergütung der erbrachten Arbeitsleistung. Das 13. Gehalt kann sowohl mit einer Zielvereinbarung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber, wie auch durch eine Bewertungsvereinbarung, beispielsweise dem “MBO” (management by objective) geleistet werden. Denkbar ist auch eine Koppelung von Elementen der Betriebstreue mit einer Leistungsprämie. Eine Änderung beziehungsweise die Nichtzahlung des 13. Gehalts durch den Arbeitgeber erfordert den Ausspruch einer Änderungskündigung und kann nicht durch einfachen Widerruf erfolgen. Im Gegensatz zum Weihnachtsgeld als Treueprämie, kann der Anspruch auf das 13. Gehalt bei vorzeitigem Ausscheiden des Arbeitnehmers á quota zu berechnen sein. Das heißt bei unterjährigem Ausscheiden des Arbeitnehmers muss gegebenenfalls ein Teilanspruch vergütet werden.

Bonuszahlungen

Die Bonuszahlung ist eine Leistungsprämie durch den Arbeitgeber für die geleistete Arbeit und das Engagement des Arbeitnehmers in seinem Verantwortungsbereich. In der Regel wird die Bonuszahlung im Rahmen von Ziel- und Quotenvereinbarungen zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber definiert. Oft wird eine Bonuszahlung an die jeweilige Umsatzziel- und Gewinnzielerreichung des Unternehmens gekoppelt und dementsprechend nach dem jeweiligen Erreichen der einzelnen Zielarten in ihrer Höhe definiert.

Prämien

Unter Prämienzahlungen werden Lohnregelungen zusammengefaßt, die einen festen und einen variablen Gehaltsbestandteil beinhalten. Das sind zum Beispiel (Sonder-) Prämien, Ausschüttungen oder Zusatzleistungen zum Lohn im Rahmen von Incentive-Vergütungsplänen. Hierbei kommt es insbesondere auf die arbeitsvertragliche Ausgestaltung der Regelungen an. Grundsätzlich ist zu beachten, dass eine überobligatorische Belastung beziehungsweise eine Übertragung des Betriebs- und Wirtschaftsrisikos auf den Arbeitnehmer durch solche Kompensationspläne nicht erfolgen darf. Dieser muss einen gewissen Mindestgehaltsbestandteil als festen Lohn einplanen können und darauf vertrauen dürfen, diesen zu erhalten. Feste Regelgrößen sind hierbei nicht vorgegeben, es kommt immer auf die Betrachtung des Einzelfalls und des speziellen wirtschaftlichen Umfeldes bei der vertraglichen Ausgestaltung an.

Widerruf von bestehenden Vereinbarungen

Der Widerruf beziehungsweise die Änderung der rechtlichen Anspruchsgrundlagen der Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber kann nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen. Zumeist ist sowohl bei Arbeitsverträgen als auch bei Individualvereinbarungen nur eine Aufkündigung oder Änderungskündigung durch den Arbeitgeber möglich. Die Änderung einer Betriebsvereinbarung ist nur mit der Zustimmung des Betriebsrates, unter Erfüllung weiterer Voraussetzungen möglich. Die Änderung eines Tarifvertrages ist den Tarifvertragsparteien nur dann gestattet, wenn Öffnungsklauseln vorhanden sind. Außerdem müssen die in den Öffnungsklauseln beinhalteten, tatsächlichen, rechtlichen Voraussetzungen, wie beispielsweise eine wirtschaftliche Notlage des Unternehmens oder drohende Insolvenz objektiv erfüllt sein.

Aspekte vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)

Bei Gratifikationen, die als Zweck auf die zusätzlichen Vergütung der Arbeitsleistung gerichtet sind, besteht der allgemeine Grundsatz, dass jede Leistung gleich zu vergüten ist. Im Einzelnen bedeutet das für die betroffenen Arbeitnehmer, dass ein Auskunftsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber besteht, welche Kriterien bei der Bewertung und Berechnung des Bonus zu Grunde gelegt wurden und in welchem Zusammenhang die Bewertung des jeweiligen Arbeitnehmers, im Vergleich zu anderen Kollegen auf vergleichbaren Positionen oder Stellen, erfolgte. Bei Zielvereinbarungen oder Bonuszahlungen nach den Grundsätzen des MBO hat der Arbeitnehmer einen Anspruch darauf, dass die Zielvorgaben und deren Bewertung genau definiert sind und die Bewertung durch den Arbeitnehmer überprüfbar und nachvollziehbar vorgenommen wurde.

Insbesondere vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) und dem “betrieblichen Gleichbehandlungsgrundsatz” ist das Verbot der Ungleichbehandlung durch den Arbeitgeber stark ausgeprägt.Eine Ungleichbehandlung darf nur auf Grund eines sachlichen Grundes erfolgen und nicht willkürlich sein. Der einfache Sachvortrag des Arbeitnehmers und die entsprechende Beschwerde bei seinem Vorgesetzten führt dazu, dass dieser die Bewertung der Leistung und die Berechnung des Bonusses darlegen muss. Im Falle eines gerichtlichen Verfahrens liegt die volle Beweislast und Darlegungslast beim Arbeitgeber.

Rückzahlungsklauseln

Eine Rückzahlung von bereits geleisteten Gratifikationen kann in Arbeitsverträgen nur bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers wirksam vereinbart werden. Bei einer betriebsbedingten, ordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber sind solche Rückzahlungsklauseln regelmäßig unwirksam. Im Einzelnen ist dabei noch zu unterscheiden, welche Regelungen in den jeweiligen Arbeitsverträgen getroffen sind, ob Betriebsvereinbarungen oder Regelungen in anwendbaren Tarifverträgen vorhanden sind. Im Grundsatz sind sämtliche Zahlungen unter 100 Euro nicht zurückzuzahlen. Bei Zahlungen unter einem Monatsgehalt kann eine Rückzahlungsklausel wirksam vereinbart werden, wenn der Arbeitnehmer bis zum März des Folgejahres aus dem Unternehmen ausscheidet. Bei Zahlungen von mindestens einem Monatsgehalt oder darüber, unabhängig von der dann erreichten Höhe der Zahlung, kann keine Bindungsfrist für den Arbeitnehmer vereinbart werden, die über den 30.06. des Folgejahres hinaus geht.

Teilweise vorhandene Rückzahlungs- oder Anrechnungsklauseln in Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen sind häufig unwirksam. Durch die Anwendung des Rechts der allgemeinen Geschäftsbedingungen auf arbeitsvertragliche Regelungen, liegt oftmals eine überraschende Klausel oder ein Verstoß gegen den Vertrauensschutz des Arbeitnehmers vor.

Stand: 16.01.2007
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