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Fachartikel, 30.07.2007
Office Management
Der Weg zur Office Excellence – Teil 1
Nur ein Prozent der Arbeitszeit in deutschen Büros fließt in die Wertschöpfung. Demgegenüber werden im administrativen Bereich allein 13 Prozent der Arbeitszeit für das Suchen von Unterlagen verwendet und 70 Prozent aller Kundenreklamationen „produziert“. Statt durch ein effizientes Office Management die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern, wird lieber täglich Zeit und Geld verschwendet. Lesen Sie in diesem zweitteiligen Beitrag zu den Vorteilen eines auf Office Excellence ausgerichteten Office Management und wie Unternehmen hierfür die Weichen stellen können.
Umgerechnet auf eine 40-Stunden-Arbeitswoche, verbringen Arbeitnehmer/-innen in deutschen Büros durchschnittlich täglich 1,04 Stunden bzw. 62,4 Minuten mit der Such nach Unterlagen – insgesamt also 5,2 Arbeitstunden pro Woche. In der Urlaubszeit dürfte der Prozentwert um einiges höher liegen! Die Suchzeiten sind Ergebnis einer Revierorientierung, die nach wie vor in Büros vorherrscht. Jeder arbeitet nach seiner eigenen Facon, die ja „schon lange gut funktioniert.“ Vieles wird mit der viel gerühmten Intuition wieder gefunden – leider erst nach einiger Zeit und schon gar nicht von den geplagten Kollegen.

Eine Kombination aus Kaizen Methoden und lösungsorientierten Prinzipien macht die Arbeit im Office effizienter – und das nicht nur in der Urlaubszeit! In einem Stufenprozess wird über ein Steigern der Selbstorganisation, das Definieren von Standards und die Optimierung der
Arbeitsprozesse eine nachhaltige Verbesserung erreicht…

Verborgene Schätze entdecken

Arbeitserleichterung, entspannte Mitarbeiter, Effektivitätssteigerung und dabei auch noch Kosteneinsparungen für den Unternehmer. Das klingt zwar fast schon wie ein Märchen, ist aber dennoch wahr! Derzeit sieht es statistisch in deutschen Büros folgendermaßen aus:

  • 13 Prozent der Arbeitszeit werden für das Suchen von Unterlagen verwendet.
  • 72 Minuten pro Tag benötigt die Bearbeitung von E-Mails, wobei nur jede dritte E-Mail von durchschnittlich 22 E-Mails für den Empfänger relevant ist.
  • 70 Prozent der Ursachen für Kundenreklamationen entstehen im administrativen Bereich
  • Nur ca. 1 Prozent der Zeit wird für die Wertschöpfung beansprucht.

Das ist pure Verschwendung von Zeit, Nerven und barem Geld! Eine Studie des Kaizen-Instituts in Bad Homburg ergab, dass pro Mitarbeiter 15,4 Stunden in der Woche verschwendet werden. Das heißt, in den meisten Büros kann man circa 35 Prozent an Zeit und 50 Prozent an Platz sparen. Das sind wahre Schätze, die entdeckt werden wollen.

Die sieben Sünden im Büro

Das Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart hat die sieben typischen Probleme identifiziert:

  1. Informationsüberfluss: Mehr Informationen (E-Mails, Kopien, Memos, Berichte, etc.) als benötigt werden.
  2. Unnötiger Informationstransport: Bewegen von Dokumenten von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz, zwischen Verwaltung und Produktion; Durchlaufen von Autorisierungsketten; Ablage von Akten, die niemand braucht.
  3. Unnütze Wege: Bewegung von Mitarbeitern auf der Suche nach Dokumenten, auf dem Weg zu räumlich getrennten Kollegen; Hinderliche Bürogestaltung.
  4. Wartezeiten: Warten auf Entscheidungen von Vorgesetzten, auf die Rückgabe von Akten, auf die Auftragsweitergabe; Technische Anlaufzeiten von Bürogeräten.
  5. Nutzlose Tätigkeiten: Berichte und Protokolle, die niemand liest; Wiederholte manuelle Dateneingabe; Unnötige Vervielfältigung von Dokumenten.
  6. Nicht benötigte Bestände: Unterlagen abgeschlossener Projekte; Ungenutzte Arbeitsmittel und Datenbestände; Mehrfachablage.
  7. Fehler: Fehlerhafte Dateneingabe und Auskünfte; Unlesbare Faxe und Notizen; Unvollständige Spezifikationen.

Die Fehler sind demnach bekannt. Stellt sich die Frage, wie Sie Abhilfe schaffen und die Produktivität im so genannten „unproduktiven Bereich“ steigern können.

Lean Management - auch im Büro

Wenn man das Verbesserungspotenzial in den Büros betrachtet, ist es kein Wunder, dass eine zweite Welle des Lean Managements auf die Deutschen Unternehmen zurollt. Mit dem Unterschied, dass diesmal die Reformen nicht in den Fabrikhallen stattfinden, sondern nun in der Arbeitswelt Büro. Vorreiter sind unter anderem General Motors, Fujitsu Services UK und die kanadische Post.

Die Entstehungsgeschichte des Kaizen, die Philosophie der kontinuierlichen Verbesserung, liegt in der Automobilproduktion in Japan. Es geht im Wesentlichen darum, wertschöpfende Büroprozesse zu optimieren und nicht wertschöpfende zu vermeiden. Startpunkt ist der eigene Schreibtisch. Kaizen am Arbeitsplatz bedeutet ständige Verbesserung, zu der alle gleichermaßen beitragen (Imai 1994, p. 302). Es geht weniger um Revolution, sondern um Evolution - der Weg der kleinen Schritte. Verbesserung wird dabei nicht nur als Aktivität gesehen, sondern als Geisteshaltung, die mit dem Verbessern erreichter Standards verbunden ist (Imai 1994, p. 307). Die Selbstorganisation soll gestärkt werden, dieser Grundsatz spiegelt sich auch in dem Kaizen-Vorgehensprinzipien wider (Leikep/Bieber, p.17):

  • Gehe zu Gemba: Am Ort des Geschehens liegen die Potenziale.
  • Beobachte Gembutsu: Reale Dinge und Abläufe lassen uns die Ursachen erkennen.
  • Suche nach Muda: Verschwendung und Verluste sind Schätze. Stärke das Bewusstsein.
  • Mache Kaizen: Ständige Verbesserung ist der Weg zum Erfolg.

In Deutschland hinkt man noch hinterher, doch gerade in einem Land, in dem ein immer größerer Teil der Bevölkerung im Dienstleistungssektor arbeitet, ist es unabdingbar, effiziente Büroabläufe zu sichern.

Aspekte der Lösungsorientierung

Wie kann der lösungsorientierte Ansatz eingesetzt werden, um Abteilungen und Teams bei der Effizienzsteigerung im Büro zu begleiten? Und welche Grundprinzipien kennzeichnen das lösungsorientierte Vorgehen?

  1. Ressourcenorientierung

    Das konsequente Fokussieren auf Ressourcen ist einer der wichtigsten Merkmale des lösungsorientierten Vorgehens. Wir sehen die Mitarbeiter/-innen des Unternehmens als Experten/-innen für ihre Arbeit. Sie haben grundsätzlich die Mittel, die nötig sind, um Ziele zu erreichen und die Mitarbeiter/-innen sind es auch, die Veränderungen Tag für Tag realisieren. Nur wenn die Ressourcen der Mitarbeiter/-innen an ihrem Arbeitsplatz anerkannt werden, entsteht die Akzeptanz für einen Lean Management-Prozess.

  2. Eine andere Perspektive

    Der lösungsorientierte Ansatz geht davon aus, dass sich Menschen allein durch die innere Vorstellung ihrem Lösungsraum annähern. Ein Lösungsraum in der Zukunft wird konstruiert. Statt einer Konzentrierung auf den (vergangenheitsorientierten) Problemzustand - „Die Arbeit wird immer mehr, die Anforderungen sind in den letzten Jahren ständig gestiegen“ - entwickelt sich rasch ein produktiver Veränderungsprozess.

    Lösungsorientiertes Vorgehen macht ein Umdenken erforderlich - statt mehr desselben wird ein mehr des anderen, d.h. des Zielzustandes, gefordert. Vielfach ist die Reaktion auf ein höheres Arbeitsvolumen, dass die Mitarbeiter mehr arbeiten - ohne zu überlegen, ob sie nicht einfacher und fauler arbeiten könnten. Auch im Sinne des Pareto-Prinzips verlieren viele Abteilungen unter Stress den Überblick, welches die wertschöpfenden Tätigkeiten sind und welche Aufgaben vermieden werden müssten.

  3. Neue Deutungen ermöglichen

    Problemstellungen lassen sich sehr unterschiedlich betrachten. Das schafft Beweglichkeit und andere Verhaltensmöglichkeiten. Mitarbeiter erkennen z.B. plötzlich wieder Handlungsspielräume wo sie vorher nur Ohnmacht gegenüber bestehenden Abläufen, Regelungen oder Arbeitsplatzgestaltungen erlebten. Auch die Angst, dass Lean Management letztendlich nur dazu dient, Arbeitsplätze zu streichen, kann dahingehend umgedeutet werden, dass Effizienzsteigerung der einzige Weg ist, um Stellenstreichungen oder Outsourcing zu verhindern.

  4. Das Erkennen von Unterschieden

    Für das lösungsorientierte Vorgehen ist es wichtig, ein Messwerkzeug zu entwickeln, mit dem die Mitarbeiter/-innen Fortschritte feststellen können. Weiß man, was funktioniert, macht man weiter damit. Wenn z.B. in einem Effizienzworkshop deutlich wird, dass Mitarbeitern die schnelle Rückmeldung ihrer Führungskraft wichtig ist, um Verbesserungsideen anzugehen, geht es darum, das wirksame Verhalten zu verstärken. Auch regelmäßige Audits oder jährliche Rituale wie „Frühjahrsputz“ oder „Effizienztage“ helfen, dass Mitarbeiter deutlich einen Unterschied feststellen. Dabei ist nichts so überzeugend wie ein erfolgreich und zeitnah umgesetzter Verbesserungsvorschlag!

Leitfragen für lösungsorientiertes Vorgehen

Will man die Effizienz und Produktivität in einem Unternehmen steigern, gilt es vor allem die Art von Fragen zu stellen, die die momentane Situation in einem anderen Licht erscheinen lassen, andere Interpretationen erlauben, den Zielzustand klarer definieren und Ressourcen aktivieren. Folgende Leitfragen sind hilfreich für die Unterstützung von Office-Teams:

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1. Fragen zum Ziel
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Ziele sollten so gesetzt werden, dass die Office-Mitarbeiter/-innen feststellen können, wann das Problem gelöst ist. Oft ist das Problem unklar und verworren.

  • “Was möchten Sie erreichen?”
  • „Woran erkennen Sie, dass Sie Ihr Ziel erreicht haben?“

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2. Fragen nach Ausnahmen
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Der Berater beginnt mit der Erarbeitung einer Lösung, indem er die Suche nach Ausnahmen initiiert. Die Frage nach Ausnahmen führt das Personal in Situationen, in denen der Zielzustand ganz oder teilweise eingetreten war. Dadurch werden Ressourcen und das eigene Gefühl für Kompetenz aktiviert. Beispielhafte Fragen:

  • „Welche Ihrer Ressourcen können Sie dazu einsetzen, damit dies geschieht?“
  • „Welche Dinge, die Sie tun, sind nützlich und wirksam?“

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3. Fragen zur Selbsteinschätzung und Standortbestimmung
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Skalierungen sind eine wichtige Methode, um zu erkennen, woran die Mitarbeiter/-innen eine Verbesserung feststellen können. Beispielfragen:

  • „Woran werden Sie erkennen, dass Sie den nächsten Wert auf der Skala erreicht
    haben? Was wird dann anders sein?“
  • „Woran werden Sie erkennen, dass sich Ihre Situation verbessert hat?
    Woran werden es Ihre Kunden/Ihre Mitarbeiter feststellen?“

Was bringt lösungsorientiertes Lean Management?

In dem vierstufigen Prozess geht es zunächst darum, dass die Office-Mitarbeiter/-innen sich selbst besser organisieren können. Sie lernen, mit jedem Schritt der Arbeit ein Ergebnis zu erzielen und sich am Output zu orientieren. Im zweiten Schritt entwickeln die Büro-Teams Standards, danach optimieren sie in Stufe drei die Arbeitsprozesse. Schließlich führen sie Elemente zur Nachhaltigkeit und Weiterentwicklung der Büroeffizienz ein. Die Ergebnisse sind:

  • Anstelle unnütz Dinge und Informationen zu suchen, sind die Mitarbeiter/-innen wertschöpfend tätig.
  • Aufgaben werden in kürzeren Durchlaufzeiten erledigt.
  • Sie nutzen die Bürofläche und das Büromaterial optimal.
  • Sie verbessern die Zusammenarbeit im Team und mit Kontaktstellen.
  • Die Produktivität wird deutlich gesteigert.

Die Office-Mitarbeiter/-innen werden zu Treiber/-innen eines Verbesserungsprozesses. Jede/r einzelne wird motiviert, von sich aus Verbesserungen zu verfolgen. Für die Führungskräfte bedeutet das, dass sie mehr Verantwortung nach unten delegieren können bzw. müssen.
Und: Der hauptsächliche Effekt ist Arbeitserleichterung!

Motivationspsychologischer Hintergrund: Eigenverantwortung und die Rolle der Führungskraft

Die Mitarbeiter der Dienstleistungsbereiche sollen stärker die Verantwortung für ihr Handeln übernehmen. Verantwortungsbewusstsein und Motivation können nur dann entstehen, wenn den Mitarbeitern die Verantwortung auch zugetraut wird. Indem Vorgesetzte Vertrauen in ihre Mitarbeiter legen, entsteht ein „Verpflichtungssog“ (R. Sprenger). Denn: Vertrauen verpflichtet. Es erzeugt einen Sog, dem sich der Mitarbeiter schlecht entziehen kann. Misstrauen hingegen erzeugt Starre. Nach dem Gesetz der Reziprozität tendieren Geben und Nehmen zum Gleichgewicht. Das bedeutet, dass Mitarbeiter, denen Vertrauen geschenkt wird, dafür eine Gegenleistung bringen möchten. Das Stärken der Eigenverantwortung hängt eng zusammen mit Kontrollreduktion. Sprenger nennt diesen Vorgang auch „aktiv hergestellte Verwundbarkeit“ der Führungskraft, die bewusst auf zu viel Kontrolle verzichtet. Erst durch das Risiko, das das Unternehmen und die Führungskräfte mit einem reduzierten Sicherungssystem eingehen, merken die Mitarbeiter, dass sie wirklich wichtig sind, dass es auf sie ankommt!

Lesen Sie im zweiten Teil dieses Beitrages, wie Sie Schritt für Schritt die Effizienz und Produktivität in Ihrem Unternehmen nachhaltig verbessern können.

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