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Fachartikel, 31.03.2009
Mehrwertstrategie
Mit Nutzen im Vertrieb beim Kunden punkten
 „Der Kunde braucht keinen Bohrer, er braucht ein Loch“ – so lautet eine alte Weisheit im Vertrieb. Trotzdem denken viele Verkäufer speziell im Investitionsgütervertrieb zu stark in Produktkategorien. Deshalb können sie ihre Kunden nicht davon überzeugen, dass ihre „Problemlösung“ ihnen mehr Nutzen als das Konkurrenzprodukt bietet. Die Folge, gerade in schwierigen Zeiten: weniger Aufträge und endlose Preisverhandlungen.
„Ihr müsst euren Kunden einen Mehrwert bieten – verglichen mit euren Mitbewerbern. Denn nur dann kauft der Kunde euer Produkt ... und ist eventuell sogar bereit, hierfür etwas mehr zu zahlen.“ Diese Aussage hört man oft in einer traditionellen Vertriebsschulung. Entsprechend agieren die Verkäufer häufig in ihren Verkaufsgesprächen. Ausführlich schildern sie Kunden die technischen Merkmale ihres Produkts und welche vermeintlichen Vorteile sich daraus aus ihrer Sicht für den Kunden ergeben. Doch dann stellen sie erstaunt fest: Der Kunde interessiert sich hierfür überhaupt nicht, weil der vom Verkäufer beschriebene „Mehrwert“ gar nicht seinen Bedürfnissen entspricht.

Verkäufer, die so agieren, haben den Unterschied zwischen Mehrwert und mehr Nutzen sowie zwischen Kunden- und Gesprächspartnerorientierung, also Fokussierung auf die Beweggründe des jeweiligen Gesprächpartners (wie zum Beispiel des Instandhaltungsleiters oder des Einkäufers) nicht begriffen. Sie gleichen einem Werkzeugverkäufer, der Kunden im Verkaufsgespräch voller Stolz erklärt: „Dieser Bohrer hat aufgrund seiner neuen Wendeplattentechnik zwei Schneiden mehr pro Wendeplatte. Und aufgrund seiner neuen Hartmetallsorte hat er 20 Prozent mehr Standzeit.“ Das mag bei Kunden, die eine Großserienfertigung haben, ein Verkaufsargument sein. Anders ist dies aber, wenn der Gesprächspartner eine auftragsbezogene Einzelfertigung hat und die Standzeit des bisherigen und billigeren Bohrers bereits jetzt schon die notwendige Standzeit weit überlebt.

Ebenso ist dies bei Kunden, die aus Gründen der Bearbeitungssicherheit weit vor Ende der Standzeit (zum Beispiel bei Schichtwechsel) die Bohrer austauschen. Bei solchen Gesprächspartnern erzielt das „Verkaufsargument“ des Verkäufers im besten Fall keine Wirkung – und im schlimmsten Fall ist es sogar verkaufsverhindernd.

Kernfrage: Was will und braucht der Kunde?

Erfolgreiche Verkaufsleiter haben die Zeichen der Zeit erkannt und trimmen ihre Vertriebsmannschaften auf die Verkaufsstrategie „Mache Deinen Kunden erfolg-REICH! Logisch! Denn nur erfolgreiche Kunden haben Geld und können dieses in Neuanschaffungen und Verbesserungen reinvestieren.

Gerade in schwierigen Zeiten liegt es auf der Hand, was Kunden wirklich brauchen: Gewinn! Dieser errechnet sich bekanntlich aus Umsatz minus Kosten. Unternehmerisch ist es ein Trugschluss, ausschließlich die Kosten zu senken, um Gewinne zu erwirtschaften. Wenn das so wäre, wäre das Entlassen aller Mitarbeiter, Einstellen aller Einkaufsaktivitäten und Kündigen sämtlicher Miet-, Pacht- und Dienstleistungsverträge das Erfolgsrezept.

Unternehmen leben nicht vom Kosten-Sparen, sondern vom Erzielen gewinnbringender Umsätze. Gewinnbringenden Umsatz machen nur Unternehmen, die wettbewerbsfähig sind. Wettbewerbsfähig sind sie, wenn aus Sicht ihrer Kunden das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt.

Ein Profiverkäufer kennt diese Zusammenhänge. Also lautet für ihn die Kernfrage: Wie kann ich meine Kunden dabei unterstützen, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen? Deshalb informiert er sich vor und in den Gesprächen mit seinen Kunden zunächst darüber: Wie könnte ich den Kunden bei seinem Bestreben, die Produktqualität, Lieferfähigkeit, Servicefähigkeit usw. zu erhöhen, unterstützen – zum Beispiel durch ein Optimieren der Prozesse beim Kunden? Des Weiteren informiert er sich über die Struktur der Stückkosten sowie der Prozesskosten, die die Preiskalkulation und damit die Wettbewerbsfähigkeit seines Kunden bestimmen, damit er mit seinem Kunden auch in dieser Richtung nach wirtschaftlichen Lösungen suchen kann.

Den spezifischen Bedarf ermitteln

Der Durchschnittsverkäufer hingegen macht zwar die berühmte Bedarfs- und Bedürfnisanalyse. Er fragt dabei aber nur die (technischen) Werte ab, die das Produkt erfüllen muss, damit es die Erwartungen des Kunden erfüllt. Er gleicht damit einem Werkzeugverkäufer, der seine Kunden fragt: „Welche Wettbewerbsbohrer setzen Sie ein?“, „Welchen Durchmesser und welche Länge muss der Bohrer haben?“ Und: „Wie viel darf der Bohrer kosten?“

Dies ist das typische Vorgehen eines Produktverkäufers, jedoch nicht eines Lösungsverkäufers, der als „selling consultant“ seinen Kunden einen echten Mehrwert bietet, indem er sie beim Erhöhen ihrer Wettbewerbsfähigkeit unterstützt. Ein Profi-Werkzeugverkäufer, der sich als Lösungsverkäufer versteht, würde den Kunden zum Beispiel fragen:

  • „Was sind das für Teile, die Sie herstellen?“
  • „Wo werden die eingebaut?“
  • „An welche Zielgruppen gehen die Endprodukte?“
  • „Welche Anforderungen stellen diese Kunden bezüglich Oberflächengüte sowie Passgenauigkeit?“
  • „Welche Auswirkungen hätte eine höhere Schnittgeschwindigkeit auf Ihre Fertigungszeit und damit auf Ihre Stückkosten?“
  • „Welche Auswirkungen hätte eine deutlich höhere Standzeit auf Ihre Werkzeugwechselkosten und damit auf Ihre Stückkosten und Verkaufspreise?“
  • „Wie viele dieser Bohrer brauchen Sie jährlich?“
  • „Was kostet Sie jede Bestellung und was kalkulieren Sie für Ihre Werkzeugdisposition an Lagerhaltungs- und innerbetrieblichen Logistikkosten?“
  • „Inwieweit könnte eine entlastende Beschaffungs- und Belieferungslösung für Sie interessant sein?“

Lösungen statt Produkte verkaufen

Ein Lösungsverkäufer erkundigt sich also zunächst detailliert:

  • Welches Geschäft betreibt der Kunde?
  • Warum kaufen seine Kunden bei ihm? Womit versuchte er bisher, sich in seinem Markt von seinen Wettbewerbern zu differenzieren? Womit könnte er sich noch differenzieren? Was macht ihn bei seinen Kunden erfolgreich? Was hindert ihn im Moment daran, bei seinen Kunden erfolgreich zu sein?
  • Wofür braucht der Kunde eine (Problem-)Lösung?
  • Wie sind die Prozesse/Abläufe beim Kunden strukturiert?
  • Welche Ziele möchte er damit erreichen?
  • Welche Anforderungen sollte aus Kundensicht die Lösung folglich erfüllen? Hat der Kunde in diesem Fall einen Investitionsantrag? Wie sieht der aus und wie wird welche Amortisation vom Controller des Kunden berechnet? Und:
  • Wie sollte die Lösung demzufolge gestaltet sein?
  • Wie lässt sich die Wirtschaftlichkeit darstellen? Betrachtet der Kunde Anschaffungskosten oder Total Costs of Ownership? Welche Kostenarten werden dabei betrachtet? Entscheidet der Einkäufer aufgrund des Stückpreises oder des Verwendungspreises?

Aus den Antworten auf diese Fragen kann der Profi-Verkäufer ableiten, was für den Kunden einen echten „Mehr-Nutzen“ darstellt. Damit kommt er heraus aus der Falle, ein Lieferant wie jeder andere auch zu sein und wird zum gern gesehenen und „wert“-vollen Geschäftspartner des Kunden – im wahrsten Sinne des Wortes. Lösungsverkäufer stellen dem Kunden zudem nicht nur viele Fragen. Sie hören ihm auch sehr genau zu. Und: Sie halten keine (Verkaufs-)Monologe, sondern kommunizieren mit dem Kunden, um mit ihm gemeinsam, die für seine Wettbewerbsfähigkeit wirtschaftlichste Prozessoptimierung und damit beste Lösung zu finden.

Maxime: Mache Deinen Kunden erfolg-REICH

Einige Verkäufer mögen nun denken: Wozu muss ich das alles wissen, wenn ich dem Kunden nur einen Bohrer oder eine Drehmaschine, drei Kopierer oder 10 000 Sensoren verkaufen möchte? Dann ist es doch klar, wozu er das Zeug braucht! Nein, es gibt unterschiedliche Kunden mit unterschiedlichen Geschäftszielen und unterschiedlichen Prozessen. Hierfür ein simples Beispiel: Einen Kopierer kann man für das Ablichten einzelner Briefe für die Ablage und für das Erstellen von Massenmailings benötigen. Man kann ihn zum Vervielfältigen von Fotos oder von Bauplänen verwenden. Man kann ...

Je besser ein Verkäufer die Herausforderungen, vor denen sein Kunde steht, dessen Ziele, Marktpositionierung sowie die Prozesse in dessen Organisation kennt, um so leichter fällt es ihm, die für den Kunden passende Problemlösung zu entwickeln und ihm den Mehr-Nutzen der angebotenen Lösung vor Augen zu führen.

Hierzu ein anderes Beispiel: Nehmen wir an, bei einem Hersteller von Kurbelwellen betragen die Stückkosten 100 Euro. Sie bestehen aus 15 Prozent Materialkosten, 40 Prozent Maschinenkosten, 30 Prozent Personalkosten, 5 Prozent Werkzeugkosten und 10 Prozent Gemeinkosten. Ein Verkäufer möchte nun dem Unternehmen ein Spezialwerkzeug verkaufen, das allerdings 20 Prozent teurer ist und dadurch die Werkzeugkosten von 5 auf 6 Prozent erhöht. Dann hat er auf den ersten Blick schlechte Karten. Kann er jedoch glaubhaft belegen, dass durch den Einsatz dieses Werkzeugs die Maschinenkosten um 10 Prozent, also von 40 auf 36 Prozent sinken, hat er gute Karten den Auftrag zu erhalten. Denn dann sinken die Stückkosten unter dem Strich um 3 Prozent. Der Kunde kann somit seine Preise günstiger kalkulieren und ist wettbewerbsfähiger.

Doch selbst wenn das Ganze unterm Strich auf den ersten Blick ein Nullsummenspiel wäre, hätte der Verkäufer, sofern er Ziele des Unternehmen kennt, eventuell gute Karten, den Auftrag zu erlangen – zum Beispiel, wenn er überzeugend darlegen könnte, dass durch den Einsatz des Werkzeugs die Qualität des Endprodukts steigt (zum Beispiel bessere Oberflächengüte) und das Unternehmen dieses deshalb zu einem höheren Preis verkaufen oder sich neue Kundengruppen erschließen kann.

Ein weiteres Beispiel: Ein Unternehmen, das ein Verkäufer als Kunde gewinnen möchte, baute bisher in die von ihm produzierten Aggregate die Schalter des Mitbewerbers A und die Kabelbäume des Mitbewerbers B ein. Diese kosteten zusammen 10 Euro. Verkäufer Müller möchte nun dem Aggregathersteller Schalter mit integriertem Kabelbaum für 12 Euro verkaufen. Schlägt Müller dies dem Einkäufer vor, wird dieser vermutlich mehr oder minder verklausuliert erwidern: „Sie spinnen! Das ist ja 20 Prozent teurer.“ Weiß der Verkäufer jedoch aufgrund seiner Vorinformation, dass das Unternehmen vor der Herausforderung steht, seine Durchlaufzeiten in der Produktion zu senken und die Zahl der möglichen Fehlerquellen zu reduzieren, kann seine Verkaufsargumentation lauten: „Wenn Sie fortan die Schalter mit integriertem Kabelbaum nutzen, sparen Sie sich einen Arbeitsschritt und senken somit Ihre Personalkosten pro Aggregat um 10 Prozent. Außerdem verkürzt sich die Produktionszeit um 8 Prozent. Das heißt, Sie reduzieren Ihre Stückkosten und können einen wettbewerbsfähigeren Verkaufspreis kalkulieren; des Weiteren können Sie Ihre Aggregate schneller ausliefern. Außerdem schalten Sie eine mögliche Fehlerquelle aus, was die Produktqualität erhöht.“

Ein Verkäufer, der seinen Zielkunden so konkret vor Augen führt, welches Mehr an Nutzen ihm die angebotene Lösung bietet, hat sehr gute Chancen, den begehrten Auftrag zu erlangen. Daher gilt: „Der Kunde braucht keinen Bohrer, sondern ein Loch“. Er braucht also keine Produkte, sondern wirtschaftliche Lösungen, die seine Wettbewerbsfähigkeit unter anderem aufgrund der günstigeren Prozess- und Stückkosten sowie besseren Leistungsfähigkeit erhöhen. Mit dieser Verkaufsstrategie werden Vertriebschefs mit ihren Vertriebsmannschaften auch in schwierigen Zeiten gut verkaufen und bessere Preise erzielen.

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