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Fachartikel, 30.06.2006
Werberecht
Vergleichende Werbung - was ist erlaubt?
Werbung ist allgegenwärtig und bildet einen unverzichtbares Instrument zur Differenzierung vom Wettbewerb im Wettstreit um Kunden und Märkte - einem Wettstreit dessen Rahmenbedingungen der Gesetzgeber klar geregelt hat. Ein Verstoss dagegen, u.a. durch vergleichende Werbung, kann Unternehmen teuer kommen.
Werbung ist jede unternehmerische Äußerung mit dem Ziel, den eigenen Produktabsatz zu fördern. Unter “vergleichender Werbung” versteht man Werbung, die einen Mitbewerber direkt benennt oder den Mitbewerber bzw. dessen Produkte erkennbar macht.

An der Erkennbarkeit eines bestimmten Mitbewerbers fehlt es z.B. beim sogenannten “Systemvergleich”. Hier werden allgemein wirtschaftliche oder technische Systeme (z.B. Versandhandel oder sonstiger Einzelhandel) gegenübergestellt und ihre Vor - und Nachteile verglichen. Auf einem bestimmten Mitbewerber wird dabei nicht Bezug genommen. Deswegen unterliegt der Systemvergleich nicht den Regeln über vergleichende Werbung. Auch nach der früheren Rechtslage war der Systemvergleich zulässig.

Aktuelle Rechtslage

War früher vergleichende Werbung grundsätzlich verboten, in bestimmten Ausnahmefällen aber erlaubt, so ist es heute formal genau umgekehrt. Grundsätzlich ist vergleichende Werbung erlaubt, nur in bestimmten, im Gesetz aufgezählten Fällen ist sie untersagt.

Zunächst ist festzuhalten, dass vergleichende Werbung, die den Verbraucher irreführt, selbstverständlich nach der alten wie nach der neuen Rechtslage unzulässig ist.

Die wichtigste Vorschrift zur vergleichenden Werbung im neuen Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) befindet sich in § 6 Abs. 2 UWG. Dort ist geregelt, wann vergleichende Werbung ausnahmsweise unlauter und damit verboten ist.

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Produkte mit verschiedener Zweckbestimmung
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Vergleichende Werbung ist unlauter, wenn nicht Produkte für den gleichen Bedarf oder den gleichen Zweck miteinander verglichen werden. Die verglichenen Produkte brauchen nicht völlig identisch zu sein, es reicht aus, wenn sie aus Verbrauchersicht dieselbe Funktion haben können.

Der sprichwörtliche Vergleich zwischen “Äpfeln und Birnen” dürfte demnach durchaus zulässig sein, da beide Produkte den selben Zweck (Ernährung, Genuss, Vitaminzufuhr) erfüllen können. Ein Vergleich muss sich aber auf nachprüfbare Kriterien (s. dazu Vergleich unwesentlicher Eigenschaften), wie z.B. den Vitamingehalt beziehen.

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Vergleich unwesentlicher Eigenschaften
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Der Vergleich muss sich objektiv auf wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften oder den Preis der Produkte beziehen. Unlauter wäre danach ein reiner Geschmacksvergleich etwa mit der Aussage “Äpfel schmecken besser als Birnen”, weil dieser nicht objektiv ist, sondern eine subjektive Wertung darstellt. Ob eine Eigenschaft ansonsten wesentlich ist, muss aus der Sicht der angesprochenen Verbraucher beantwortet werden.

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Verwechslungsgefahr
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Unzulässig ist vergleichende Werbung ferner dann, wenn sie zu Verwechslungen zwischen dem Werbenden und dem Mitbewerber oder den von diesem angebotenen Produkten oder verwendeten Kennzeichen (Marken, Geschäftsbezeichnungen, Firmennamen etc.) führt.

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Kennzeichenbeeinträchtigung
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Durch einen Werbevergleich darf die Wertschätzung eines vom Mitwerber verwendeten Kennzeichens nicht in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt werden.

Unzulässig ist der Werbevergleich aber nicht schon dann, wenn die Marke oder der Handelsname des Mitbewerbers genannt wird. Obwohl dadurch der (gute) Ruf eines anderen praktisch bereits für eigene Zwecke ausgenutzt wird, müssen im Rahmen eines Werbevergleichs weitere Umstände hinzutreten (z.B. eine Herabsetzung oder Verunglimpfung des Kennzeichens), um ein solches Verhalten unlauter zu machen.

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Pauschale Herabsetzung
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Herabsetzung oder Verunglimpfung ist ausdrücklich untersagt in Bezug auf die Produkte, Tätigkeiten sowie die persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers.

Sachliche Kritik ist aber erlaubt. Unlauter wird die Werbung erst, wenn über den sachlichen Vergleich hinaus pauschale und unnötige negative Urteile gefällt werden; z.B. wenn die Konkurrenzprodukte als rückständig oder minderwertig bezeichnet oder diese lächerlich gemacht werden.

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Imitationswerbung
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Wird ein unter einem geschützten Kennzeichen vertriebenes Produkt nachgemacht (was ohne Verwendung des Kennzeichens grundsätzlich zulässig ist) so ist es dem Nachahmer jedenfalls untersagt, mit der Aussage zu werben, er habe das Produkt des Konkurrenten imitiert.

Unzulässige Imitationswerbung liegt aber nur vor, wenn ausgesagt wird, dass ein anderes Produkt als Vorlage gedient habe. Dagegen ist es nicht verboten, das eigene Produkt als gleich gut verwendbar wie ein anderes Erzeugnis dazustellen, (z.B. selbstentwickelte Ersatzteile, die den selben Zweck erfüllen wie Originalersatzteile).


Vergleichende Werbung in der Praxis – Vorteile und Risiken

Die juristische Literatur zum Thema “vergleichende Werbung” ist äußerst umfangreich und detailliert, so dass der Eindruck entsteht, es müsse sich um ein Thema von großer praktischer Bedeutung im Wirtschaftsleben handeln.

Erste Zweifel an dieser Einschätzung kommen aber auf, wenn man auch in der betriebswirtschaftlichen Literatur nach Beiträgen zu diesem Thema sucht – man stellt schnell fest, dass es dort kaum behandelt wird.

Auch die praktische Bedeutung der vergleichenden Werbung scheint gering zu sein. So hatte der Gesamtverband Werbeagenturen im Herbst 2001, also nach Einführung der neuen Regeln zur vergleichenden Werbung, bei einer Umfrage unter Agenturchefs ermittelt, dass nur 9 % der Werbeagenturkunden vergleichende Werbung stärker als früher einsetzen. Das Nutzen-/Risiko Verhältnis wird offenbar gerade bei vergleichender Werbung negativ beurteilt.

Wo liegen also die speziellen Risiken bei vergleichender Werbung und unter welchen Voraussetzungen kann vergleichende Werbung für Unternehmen dennoch eine interessante Alternative zu “herkömmlicher” Werbung darstellen?

Risiken bei vergleichender Werbung Risiken bei vergleichender Werbung

Der relativ zurückhaltende Einsatz der vergleichenden Werbung ist sicher zu einem großen Teil darauf zurückzuführen, dass Auseinandersetzungen mit dem Konkurrenten gescheut werden. Da der Konkurrent oder dessen Produkt direkt genannt oder zumindest erkennbar gemacht wird, fühlt er sich stärker angegriffen als bei herkömmlicher Werbung. Daher wird er eher versucht sein, gegen diese Art von Werbung mit rechtlichen Mitteln vorzugehen.

Auch wenn vergleichende Werbung grundsätzlich zulässig ist, bleiben im konkreten Einzelfall zugegebenermaßen immer rechtliche Unsicherheiten bestehen. So lässt sich im konkreten Fall sicher darüber streiten, ob z.B. die verglichenen Eigenschaften “wesentlich” i.S.d. § 6 II Nr. 2 UWG sind.


Risiken bestehen aber nicht nur auf der rechtlichen- bzw. auf der Kostenseite, sondern auch beim Marketing. So kann vergleichende Werbung bei ungeschickter Gestaltung zum Bumerang werden, wenn das verglichene Konkurrenzprodukt in der Erinnerung des Verbrauchers stärker haften bleibt als das eigene.

Passt vergleichende Werbung nicht zum Stil des Unternehmens oder zum Markenimage, so kann dies ebenfalls negative Auswirkungen haben.

Wenn der Konkurrenzkampf als Selbstzweck erscheint und zu unfairen Aussagen gegriffen wird, so kommt dies beim Verbraucher schlecht an. Auch dadurch kann dem Unternehmen/der Marke ein dauerhafter Schaden zugefügt werden.

Grundsätzlich wenig geeignet ist vergleichende Werbung für den Marktführer. Zum Beispiel bringt die Aussage, das Produkt des Marktführers sei besser als das des Konkurrenten, dem Marktführer wenig, da er aufgrund seiner Stellung ohnehin als überlegen betrachtet wird.

Durch die Nennung des Konkurrenten wird dieser unnötigerweise auf dieselbe Stufe wie der Marktführer gestellt, was ihm einen unerwünschten Imagegewinn verschaffen kann.

Vorteile vergleichender Werbung

Durch den direkten Vergleich bestimmter Eigenschaften wird für den Kunden das Produktangebot transparenter. Der Nutzen des eigenen Produkts lässt sich durch vergleichende Werbung besser darstellen.

Die häufig geäußerte Ansicht, man wolle sich lieber durch Herausstellen der Vorteile des eigenen Produkts profilieren als durch einen Vergleich, überzeugt daher nicht. Zweck der vergleichenden Werbung ist es ja gerade, die Vorteile des eigenen Produkts stärker in das Bewusstsein des Verbrauchers zu rücken. Durch Gegenüberstellung bestimmter vorteilhafter Produkteigenschaften wird der Unterschied bzw. Vorteil gegenüber dem Konkurrenzprodukt für den Verbraucher besser erfassbar.

Untersuchungen in den USA haben außerdem gezeigt, das vergleichende Werbung grundsätzlich beim Publikum mehr Aufmerksamkeit erregt als “konventionelle” Werbung.

Wie oben ausgeführt, eignet sich vergleichende Werbung grundsätzlich nicht für den Marktführer. Umgekehrt gilt aber: Für junge Unternehmen oder bei Einführung neuer Produkte kann vergleichende Werbung ein hervorragendes Marketinginstrument sein.

Wenn ein neues Produkt in Bezug auf bestimmte Eigenschaften, die dem Verbraucher wichtig sind, besser ist als das Produkt des Marktführers, wäre es geradezu ein Versäumnis, hierauf nicht besonders hinzuweisen. Durch den Vergleich profitiert der Newcomer indirekt vom Image des Marktführers; er stellt sich mit diesem auf eine Stufe.

Der Nutzen von vergleichender Werbung kann also in bestimmten Fällen sehr groß sein. Es stellt sich daher die Frage, ob und gegebenenfalls wie die oben genannten Kostenrisiken in den Griff gebracht werden können.

Reduzierung der Risiken

Meistens wird eine Werbeagentur mit der Konzeption der Werbung beauftragt. Verstößt die Werbung gegen Wettbewerbsvorschriften, dann ist nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs grundsätzlich die Werbeagentur verantwortlich. Sie hat also dem Kunden unter Umständen Schadensersatz zu leisten, wenn der Kunde seinerseits von einem Konkurrenten auf Unterlassung oder Schadensersatz wegen einer Werbeaussage in Anspruch genommen wird.

Die Werbeagentur trägt damit zwar ein hohes Risiko, sie hat aber die Möglichkeit, sich durch entsprechende Beratung im Vorfeld und/oder durch den Abschluss einer geeigneten Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abzusichern.

Zumindest die großen Versicherungsunternehmen bieten speziell für Werbeagenturen Versicherungen an, die auch Schäden aus der Verletzung von Wettbewerbsvorschriften umfassen; ansonsten ist dieser Bereich bekanntlich i.d.R. vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.


Newcomern oder kleineren Unternehmen, die von Großunternehmen unter Drohung mit extrem hohen Streitwerten abgemahnt oder auf Unterlassung verklagt werden, bietet außerdem § 12 Abs. 4 UWG einen gewissen Schutz.

Danach muss das Gericht bei der Streitwertfestsetzung berücksichtigen, ob die Belastung einer Partei mit den Prozesskosten nach dem vollen Streitwert für diese Partei tragbar ist. Ist dies nicht der Fall, so muss der Streitwert entsprechend niedriger angesetzt werden.

Fazit

In Bezug auf rechtliche Risiken gilt bei vergleichender Werbung grundsätzlich dasselbe wie bei jeder Werbeaussage: je besser und interessanter eine Aussage unter Werbegesichtspunkten ist, desto größer werden die rechtlichen Risiken.

Gerade für junge Unternehmen oder bei der Einführung neuer Produkte scheint jedenfalls vergleichende Werbung unter Kosten/Nutzenaspekten und unter Berücksichtigung der oben genannten Absicherungsmöglichkeiten gegenüber konventioneller Werbung sehr attraktiv zu sein. Da vergleichende Werbung i.d.R. witziger, origineller und informativer ist als herkömmliche Werbung, wäre deren stärkere Verbreitung besonders aus Verbrauchersicht zu begrüßen.
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