Weniger Verschwendung durch Arbeitsplatzorganisation
Spricht man von Lean Management im Büro, lässt sich der Gesamtprozess in folgende vier Stufen unterteilen:
Bei der Betrachtung des vierstufigen Lean Management-Prozesses sind sich Unternehmensberater, Lean Manager und Arbeitskreise einig: Werden die arbeitsplatzbezogenen Stufen 1 und 2 mittlerweile großflächig eingesetzt, um Verschwendung am Schreibtisch zu eliminieren und Vorgänge zu stabilisieren, fristen die darauf folgenden, prozessorientierten Stufen 3 und 4 ein stiefmütterliches Dasein.
Eine Studie des Fraunhofer Instituts aus dem Jahr 2004 belegt, dass lediglich 16 Prozent von 61 untersuchten Unternehmen verschiedener Größe Methoden einsetzen, um die bereits realisierten Einsparungen der ersten beiden Stufen auf die nächste Ebene zu heben und ihre Wirkung zu potenzieren. Durch das Steigern der Selbstorganisation und das Verbessern der Zusammenarbeit durch Standards werden die größten Effizienzkiller der Büroarbeit (Fraunhofer Institut, 2004) wie
erfolgreich minimiert. Durch das Optimieren der Arbeitsprozesse und die ständige Verbesserung werden die Durchlauf- und Bearbeitungszeiten angegangen.
Gleichmäßiger Fluss durch Wertstromdesign
Eine Methode, die damit verbundenen Stolpersteine wie
auszuräumen, ist das Wertstromdesign. Mit diesem Verfahren werden die aktuellen Dokumenten- und Materialwege grafisch dargestellt und darauf aufbauend fließende Prozesse gestaltet. Es setzt genau an den Schnittstellen an und ergänzt dabei die nicht weniger notwendigen arbeitsplatzbezogenen Maßnahmen – mit einem weitaus größeren Einsparpotenzial, hervorgerufen durch die Hebelwirkung, die immer stärker wird, je höher man die Stufen emporsteigt. Ein Wertstrom umfasst alle Aktivitäten, sowohl wertschöpfend als auch nicht-wertschöpfend, die nötig sind, um eine Dienstleistung oder ein Produkt von der Anfrage bis zur Auslieferung oder Erbringung durch die Wertschöpfungskette zu bringen. Denn "wo immer es ein Produkt gibt, gibt es auch einen Wertstrom. Die Herausforderung liegt darin, ihn zu sehen" (Rother & Shook, 2000). Dabei ist das Ziel, alle Prozesse so miteinander zu verknüpfen, dass die Arbeit kontinuierlich durch das Unternehmen gezogen und dabei Verlust und Verschwendung minimiert werden.
Bestände und Durchlaufzeiten um bis zu 50 Prozent senken
Erfahrenen Lean Managern im Produktionsbereich ist dieses Instrument nicht fremd, hat es doch in den vergangenen Jahren in Deutschlands Fertigungsstätten einen wahren Siegeszug hinter sich. Doch trotz seiner offensichtlichen Vorzüge ist sein Einsatz im Büro weitgehend unbeachtet geblieben. Was jedoch liegt näher, als bei der konsequenten Reduzierung von Verschwendung und Durchlaufzeiten eine Methode anzuwenden, die in einem anderen Bereich zweifelsfrei überzeugte?
Am Gesamtbild arbeiten
Was steuert die Produktion? Es sind die administrativen Prozesse wie Auftragsabwicklung, Produktionsplanung und Beschaffung. Mit der Auslieferung des fertigen Erzeugnisses wird die Rechnung gestellt, ebenfalls ein administrativer Vorgang. Der Materialfluss in der Produktion ist also abhängig vom Informations- bzw. Dokumentenfluss in der Verwaltung. Um die Einsparmöglichkeiten von Lean Management-Maßnahmen auf dem Shop Floor in ihrer Gesamtheit auszuschöpfen, müssen daher die die Erzeugung unterstützenden Prozesse ebenfalls verschlankt und das Unternehmen als Ganzes betrachtet werden, als Einheit von Produktion und Administration. Durch die Untersuchung der wertschöpfenden Prozesse im Zusammenhang können Durchlaufzeiten und Bestände um bis zu 50 Prozent gesenkt werden – mit den Folgen schnellerer Auftragsbearbeitung, Produktion, Auslieferung, Rechnungsstellung, Zahlungseingang, höherer Kundenzufriedenheit und geringerer Kapitalbindungskosten!
In fünf Schritten zum Erfolg
1. Schritt: Auswahl von Produkt und Team
Werstromdesign beginnt immer mit der Auswahl eines Produkts oder einer Dienstleistung. Am besten eignen sich Güter mit vielen Herstellungsschritten und Schnittstellen, da hier das Optimierungspotenzial am größten ist. Weitere Auswahlkriterien können sein:
Weiterhin wird ein Team zusammengestellt, welches den Ist-Wertstrom des ausgesuchten Produktes erfasst und den Ziel-Wertstrom entwickelt und umsetzt. Die Teammitglieder sollten zum einen aus Mitarbeitern des betroffenen Bereichs stammen, wegen ihres
Expertenwissens. Um hemmende Phänomene wie Betriebs- oder Bereichsblindheit auszuschalten, sollten unbedingt Mitarbeiter aus anderen Bereichen hinzugezogen werden. Dies fördert das Querdenken und verhindert das Abgleiten in einen „Stuckstate“. Nach einer
kurzen Einführung in die Prinzipien des Wertstromdesigns und die Symbole zur grafischen Darstellung geht es los!
2. Schritt: Erfassen des Ist-Wertstroms
Um die Informations- und Materialflüsse für die ausgesuchte Dienstleistung oder das Produkt mittels Wertstromsymbolen zu skizzieren, geht das Team die Wege zu Fuß ab, ausgestattet mit Bleistift und Papier. Ausgangspunkt ist immer der Kunde: Was möchte er wann in welcher Qualität und in welcher Menge? Es wird flussaufwärts vorgegangen, vom Versand bis hin zum Auftragsklärung. So wird der Fokus automatisch auf die Prozesse gelegt, die den Kunden direkt betreffen und die die vorgelagerten Schritte auslösen. Für der Darstellung gilt: Der Dokumentenfluss wird in der oberen Hälfte des Blattes von rechts nach links abgebildet, der Materialfluss in der unteren Hälfte von links nach rechts.
3. Schritt: Analyse des Ist-Wertstroms
Durch die Analyse des Ist-Wertstroms wird die manchmal unübersichtliche Vielzahl von Ereignissen und Informationen, die mit der Unternehmensstruktur verknüpft ist, aus Sicht des produktspezifischen Wertstroms und dessen Kunden verständlich. Mit den durch Beobachtung gewonnenen Informationen und in der Skizze dokumentierten Daten wird die Durchlaufzeit abgeleitet. Es wird immer wieder Stellen geben, an denen sich Dokumente wie nicht bearbeitete E-Mails stauen, was die Durchlaufzeit und die Bestandskosten erhöht. Diese Punkte werden in der Skizze kenntlich gemacht, weil man daran erkennen kann, wo der Fluss zum Erliegen kommt.
4. Schritt: Erstellen des Ziel-Wertstroms
Der Ziel-Wertstrom soll Verschwendung eliminieren. Dabei muss unter anderem darauf geachtet werden, dass ein Prozess nur das herstellt, was der nächste benötigt, und erst dann, wenn er es benötigt (Pull-Prinzip); zu frühe Produktion und damit Überproduktion (zu viele gedruckte Info-Broschüren, zu früh bestelltes Material) wird von Toyota als die schlimmste Verschwendung überhaupt betrachtet. Der Anspruch an den Zielwertstrom: Alle Prozesse vom Endkunden bis hin zum Materialeingang werden als kontinuierlicher Fluss ohne Umwege und mit möglichst geringen Durchlaufzeiten und Kosten dargestellt.
5. Schritt: Umsetzung des Ziel-Wertstroms
Da der Ziel-Wertstrom den gesamten Fluss durch das Unternehmen berücksichtigt, empfiehlt es sich, die Umsetzung in kleinere Schritte aufzuteilen. Die Reihenfolge der Schritte und die dazugehörigen Verantwortlichkeiten werden in einem Projektplan festgehalten. Bei der Umsetzung gilt das Sofort-Prinzip. Es ist wichtig, schnell ins Tun zu kommen: Ein Ziel-Wertstrom liefert nur in der Umsetzung Einsparungen, nicht auf dem Papier, auf dem er gezeichnet ist! Schnelle Umsetzung garantiert außerdem schnelle Erfolge und steigert die Motivation, Wertstromdesign konsequent und unternehmensübergreifend einzuführen.
Die Weichen stellen für nachhaltigen Erfolg
Unternehmen sind meist nach Funktionen und Abteilungen gegliedert und nicht nach dem Fluss der wertschöpfenden Aktivitäten. Oft gibt es im Unternehmen niemanden, der den gesamten Wertstrom überblickt. Deshalb funktionieren einzelne Bereiche aus ihrer Sicht zwar rationell und effizient, nicht aber aus Sicht des ganzen Wertstroms. Für nachhaltige Erfolge ist es notwendig, von dieser isolierten Betrachtungsweise wegzukommen und einer Person die Hauptverantwortung für den Wertstrom und dessen Verbesserung zu übertragen. Dieser sogenannte Wertstrommanager sollte über den Fortschritt bei der Einführung des Zielwertstroms an die oberste Führungskraft berichten, damit er die erforderlichen Befugnisse erhält, Änderungen über Funktions- und Abteilungsgrenzen hinweg umzusetzen. Dies kann zunächst ein Übergangsmanager oder ein externer Berater sein, der sein Know-how auf ein Mitglied des Wertstromteams überträgt mit dem Ziel, dass dieser die Rolle für die weiteren Wertstromdesigns übernimmt.
Ungeachtet dessen aber gilt: Ein Workshop alleine macht noch keinen Lean Management-Prozess. Vielmehr müssen für eine erfolgreiche Umsetzung des Lean Managements im Büro folgende Erfolgsfaktoren erfüllt sein:
Und auch hier gilt: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel! Nach jedem umgesetzten Zielwertstrom sind weitere Steigerungen möglich!
Quellen:
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Kostenfreies PDF-Dokument
Lösungsfokussiertes Lean Management im Büro
Präsentation zu den Grundlagen, Vorteilen und Lösungsprinzipien für ein Lean Management im Büro und in welchen Schritten dabei vorgegangen werden sollte.