Wie der Bundesgerichtshof (BGH) feststellt, muss eine Vertragspartei im Rahmen des Vertragsabschlusses über alle Umstände aufklären, die für die jeweils andere Vertragspartei wesentlich sind und bei deren Verletzung ein Schadenersatzanspruch entsteht. Die zentralen Eckpunkte, die im Rahmen von Vertragsverhandlungen dargestellt werden, müssen daher der Wahrheit entsprechen, vollständig und unmissverständlich sein und vor Vertragsschluss erläutert werden.
Im Zuge der so genannten Schuldrechtsmodernisierung, die zum 1. Januar 2002 in Kraft getreten ist, hat auch der Gesetzgeber diese Rechtsprechung aufgegriffen und im Gesetz geregelt (§ 311 BGB). Eine spezielle Gesetzgebung im Hinblick auf die vorvertragliche Aufklärung bei Franchise-Systemen steht in Deutschland (noch) aus. Gerade bei ausländischen Franchise-Systemen führt dies hin und wieder zu Unsicherheiten, da im Vorfeld nicht eindeutig festgelegt werden kann, welchen Pflichten ein Franchise-Geber im Einzelnen nachkommen muss, um seiner vorvertraglichen Aufklärungspflicht zu genügen.
Jeder Franchise-Geber, der den deutschen Markt für sich erschließen möchte, muss sich also mit dem allgemeinen Grundsatz der Haftung wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen beschäftigen. Ein Franchise-Geber darf daher nicht nur daran interessiert sein, seine Produkte und Dienstleistungen adäquat und marktbezogen zu bewerben, um möglichst erfolgreich zu wirtschaften. Im Rahmen der Vermarktung seiner Produkte und Dienstleistungen muss er sein gesamtes System darstellen, wenn er es seinen potentiellen Franchise-Nehmern vorstellt.
Die vorvertragliche Aufklärung geht in Deutschland im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts (OLG) München zurück. Dieses hat sich mit der vorvertraglichen Aufklärung bei Franchise-Systemen erstmals im Jahr 1987 befasst (Urteil vom 13. November 1987, BB 1988, 865). In einer weiteren Entscheidung vom 16. September 1993 (NJW 1994, 667) hatte sich das OLG München erneut mit der vorvertraglichen Aufklärungspflicht auseinandergesetzt und stellte seiner Entscheidung zwei Leitsätze voran.
Diese sind nach wie vor als Maßstab für den Inhalt der vorvertraglichen Aufklärungspflicht heranzuziehen:
Dies bedeutet, dass ein Franchise-Nehmer in Deutschland vom Franchise-Geber richtig und vollständig über die Rentabilität des Systems, auch im Hinblick auf Umsatzprognosen, unterrichtet werden muss. Der Franchise-Geber darf daher insbesondere eines nicht: Sein System in der Werbung und bei Verhandlungen mit Franchise-Nehmern erfolgreicher darstellen, als es tatsächlich ist.
Ausmaß der vorvertraglichen Aufklärungspflicht
Während sich das Kriterium der “Richtigkeit” noch recht einfach dahingehend eingrenzen läßt, dass ein Franchise-Geber im Rahmen der Vorstellung seines Franchise-Systems keine falschen Angaben machen darf, ist die Frage, wann eine Aufklärung als vollständig zu qualifizieren ist, schon deutlich schwieriger zu beantworten. Über welche Punkte muss also ein Franchise-Geber aufklären, wenn er das Kriterium der Vollständigkeit erfüllen möchte?
Allgemein beurteilt sich der Umfang der vorvertraglichen Aufklärung danach, ob der Franchise-Nehmer als Existenzgründer und damit als Verbraucher im Sinne von § 13 BGB oder als Unternehmer im Sinne von § 14 BGB anzusehen ist. Insoweit gilt der Grundsatz, dass umso geringere Anforderungen an die vorvertragliche Aufklärung zu stellen sind, je geschäftserfahrener der Franchise-Nehmer ist.
Die vorvertragliche Aufklärung darf auch nicht dahingehend verstanden werden, dass sie als Garantie für den wirtschaftlichen Erfolg eines Franchise-Nehmers angesehen wird. Über diese Aufklärung eine Rentabilitätsgarantie für den Franchise-Nehmer zu konstruieren, ist daher nicht möglich. Der Franchise-Geber darf sein System lediglich in der Werbung, aber auch bei Verhandlungen mit potentiellen Franchise-Nehmern, nicht erfolgreicher darstellen, als es tatsächlich ist.
Insgesamt muss dem Franchise-Vertrag ein eindeutiges, schlüssiges und nachvollziehbares (Marketing-) Konzept zugrunde liegen, das auf einer Erprobung durch den Franchise-Geber beruht und dessen daraus gewonnene Erfahrungen reflektiert. Nur wenn die vorvertragliche Aufklärung des Franchise-Gebers diesen Grundsätzen entspricht, ist auch sichergestellt, dass beim Abschluss eines Vertrages keine Informationsasymmetrie vorliegt. Schließlich soll es sich bei der angestrebten, vertraglichen Beziehung um ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Franchise-Geber und -Nehmer handeln.
Lesen Sie in Kürze im zweiten Teil, über welche Sachverhalte ein Franchise-Nehmer im Zusammenhang mit Franchise-Verträgen aufzuklären ist.
Link zum Autoren: Rechtsanwalt Christian Treumann, von Kenne & Dietrich Partnerschaft
Stand: 10.10.2007