Wie auch bei den nach geltendem Recht bereits bestehenden Ausnahmen vom Widerrufsrecht lassen auch die vorstehenden, neu hinzugekommen Ausnahmen einigen Raum für Interpretationen. Eine genaue Grenzziehung wird wohl erst durch die Rechtsprechung getroffen werden.
Gründe des Gesundheitsschutzes und der Hygiene – was ist erfasst?
Insbesondere hinsichtlich des Ausschlussgrundes nach § 312g Abs. 2 Nr. 3 BGB-RegE besteht ein erheblicher Auslegungsspielraum. Derzeit ist noch ungeklärt, welche Produkte konkret aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zu einer Rückgabe geeignet sein sollen. Zum sachlichen Anwendungsbereich dieses Ausnahmetatbestands äußert sich weder die Richtlinie noch die deutsche Gesetzesbegründung.
Mit einiger Sicherheit fallen solche Produkte in den sachlichen Anwendungsbereich, die ihre Verwendung im Körper des Menschen finden (z.B. bestimme Artikel der Intimhygiene wie etwa Tampons, Sexspielzeuge wie Vibratoren oder Artikel der Mundhygiene wie etwa Zahnbürsten oder Zahnseide). Bei entsprechend weiter Auslegung des Ausnahmetatbestands ließe sich aber durchaus vertreten, dass z.B. auch Bekleidung, die direkt auf der menschlichen Haut oder dem Haar getragen wird (z.B. Unterwäsche, Badebekleidung, Socken, Mützen) und bestimmte, besonders hygienekritische Lebensmittel diesem unterfallen.
Jedenfalls ist für diesen Ausnahmetatbestand erforderlich, dass die entsprechenden Produkte für den Verbraucher auch in deutlicher Weise versiegelt sind und diese Versiegelung nach der Lieferung auch entfernt wurde. Hierfür ist regelmäßig nicht ausreichend, dass die Produkte durch die Verpackung völlig umschlossen werden, z.B. von einer Kunststofffolie. So ist Händlern, die sich auf diesen Ausnahmetatbestand berufen wollen zu empfehlen, dem Verbraucher z.B. durch einen entsprechenden Aufkleber auf der das Produkt versiegelnden Verpackung deutlich zu machen, dass er durch das Öffnen der Versiegelung sein Widerrufsrecht verliert.
Waren, die untrennbar mit anderen Gütern vermischt wurden
Unter den Ausnahmetatbestand des § 312g Abs. 2 Nr. 4 BGB-RegE fällt etwa die Lieferung von Heizöl, welches der Verbraucher im Internet bestellt hat und das bereits in einen Tank gefüllt wurde, in welchem sich noch eine Restmenge Heizöl befunden hat. Durch die untrennbare Vermischung von neuem und altem Heizöl erlischt das Widerrufsrecht des Verbrauchers.
Alkoholische Getränke
Ergebnis einer erfolgreichen Lobbyarbeit französischer Winzer ist die Ausnahmeregelung des § 312g Abs. 2 Nr. 5 BGB-RegE. Kann die Lieferung alkoholischer Getränke, deren Preis bereits bei Vertragsschluss vereinbart wurde, frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss erfolgen und unterliegt deren aktueller Wert Schwankungen, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat, besteht kein Widerrufsrecht.
Widerrufsrecht auch beim Download digitaler Inhalte
Auch hinsichtlich des Bestehens eines Widerrufrechts bei „Downloads“ wurde eine ausdrückliche Regelung in § 356 Abs. 5 BGB-RegE geschaffen.
„Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten auch dann, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht mit Beginn der Vertragsausführung verliert.“
Bisher war umstritten, ob dem Verbraucher bei der Lieferung digitaler Inhalte, die nicht auf einem materiellen Datenträger erfolgt, ein Widerrufsrecht zusteht, weil diese Lieferung als Dienstleistung zu verstehen ist oder ob das Widerrufsrecht ausgeschlossen ist, weil „Downloads“ Waren darstellen, die zur Rücksendung nicht geeignet sind.
§ 356 Abs. 5 BGB-RegE trifft nun bezüglich „Downloads“ eine eindeutige Regelung: Es besteht auch hier ein Widerrufsrecht des Verbrauchers, das jedoch unter bestimmten Voraussetzungen vorzeitig erlöschen kann.
Weitere Ausnahmen
Nach geltendem Recht finden sich weitere Ausnahmen vom Widerrufsrecht in der Vorschrift des § 312d Abs. 4 BGB. Bis auf kleinere Änderungen der Formulierungen decken sich diese bestehenden Ausnahmen mit den weiteren Ausnahmen des § 312g Abs. 2 BGB-RegE.
3. Einheitliche Widerrufsfrist
Nach derzeitigem Recht existieren in Deutschland zwei Widerrufsfristen: Zum einen die 14-tägige Regelfrist, zum anderen die verlängerte Frist von einem Monat für den Fall, dass der Unternehmer den Verbraucher verspätet über sein Widerrufsrecht belehrt. Die Belehrung über die 14-tägige Regelfrist wurde in der Vergangenheit vielen Unternehmern zum Verhängnis, die es versäumt haben, den Verbraucher rechtzeitig zu belehren oder aus technischen Gründen gar keine rechtzeitige Belehrung vornehmen konnten.
Damit ist nun Schluss. Es gilt künftig nur noch eine europaweit einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen.
4. Kein unendliches Widerrufsrecht mehr
§ 357 Abs. 4 S. 3 BGB bestimmt derzeit, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht erlischt, wenn er vom Unternehmer nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Die Folge ist ein quasi unendliches Widerrufsrecht.
Künftig erlischt das Widerrufsrecht des Verbrauchers in jedem Falle spätestens nach Ablauf von 12 Monaten und 14 Tagen nach dem Vorliegen der Voraussetzungen für den Fristbeginn nach § 356 Abs. 2 BGB-RegE oder § 355 Abs. 2 S. 2 BGB-RegE, vgl. § 356 Abs. 6 BGB-RegE.
5. Ausübung des Widerrufsrechts nur noch durch eindeutige Erklärung möglich
Nach dem geltenden Recht ist der Verbraucher nicht gehalten, sein Widerrufsrecht durch ausdrückliche Erklärung des Widerrufs gegenüber dem Unternehmer auszuüben. Nach § 355 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Verbraucher bislang den Widerruf auch wirksam ausüben, indem er die Sache an den Unternehmer zurückschickt. Anerkannt ist auch, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht durch schlüssiges Handeln, etwa durch Nichtannahme der Lieferung des Unternehmers ausüben kann.
In der Praxis führte dies häufig zu Missverständnissen. So kann sich ein Unternehmer nicht sicher sein, ob der Verbraucher bei bloßer Rücksendung der Sache auf sein gesetzliches Widerrufsrecht oder seine gesetzlichen Mängelrechte stützt. Ein Ärgernis stellen auch beim Frachtführer eingelagerte, aber vom Verbraucher nicht abgeholte Sendungen dar, weil regelmäßig unklar ist, warum der Verbraucher die Lieferung nicht abholt.
Auch damit ist künftig Schluss. § 355 Abs. 1 S. 2 und 3 BGB-RegE bestimmt:
„Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer. Aus der Erklärung muss der Entschluss des Verbrauchers zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen.“
Die bloße Rücksendung der Ware an den Unternehmer reicht damit künftig nicht mehr aus, das Widerrufsrecht wirksam auszuüben. Damit werden die vorgenannten Unklarheiten vermieden.
Widerrufsformular muss zur Verfügung gestellt werden
Künftig muss der Unternehmer dem Verbraucher jedoch ein Widerrufsformular an die Hand geben:
„Muster-Widerrufsformular
(Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus und senden Sie es zurück.)
— An [hier ist der Name, die Anschrift und gegebenenfalls die Faxnummer und E-Mail-Adresse des Unternehmers durch den Unternehmer einzufügen]:
— Hiermit widerrufe(n) ich/wir (*) den von mir/uns (*) abgeschlossenen Vertrag über den Kauf der folgenden Waren (*)/ die Erbringung der folgenden Dienstleistung (*)
— Bestellt am (*)/erhalten am (*)
— Name des/der Verbraucher(s)
— Anschrift des/der Verbraucher(s)
— Unterschrift des/der Verbraucher(s) (nur bei Mitteilung auf Papier)
— Datum
_______________
(*) Unzutreffendes streichen.“
Dieses Formular kann der Verbraucher zur Erklärung seines Widerrufs ausfüllen und an den Unternehmer schicken.
Der Unternehmer kann dem Verbraucher auch ermöglichen, sein Widerrufsrecht über ein auf der Internetseite des Unternehmers vorgehaltenes Formular auszuüben. Räumt er diese Möglichkeit ein, hat der Unternehmer den Zugang des Widerrufs dem Verbraucher auf einem dauerhaften Datenträger (z.B. per Email) zu bestätigen.
Der Verbraucher muss sich zur Erklärung seines Widerrufs aber nicht zwingend dieses Formulars bedienen.
6. Erklärung des Widerrufs nicht mehr an Einhaltung der Textform geknüpft
Nach geltendem Recht muss der Verbraucher nach §§ 355 Abs. 1 S. 2, 126b BGB die Textform wahren, will er sein Widerrufsrecht durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer ausüben. Dieses Formerfordernis für die Erklärung des Widerrufs besteht künftig nicht mehr. So es künftig möglich, dass der Verbraucher telefonisch widerruft.
Nach derzeitigem Recht stellt es eine Todsünde des Unternehmers dar, wenn dieser im Rahmen der Widerrufsbelehrung bei den Daten zum Widerrufsadressaten eine Telefonnummer angibt. Dies deswegen, weil der Verbraucher dadurch der Ansicht sein könnte, er könne wirksam telefonisch widerrufen.
Künftig sieht die Musterwiderrufsbelehrung ausdrücklich die Aufnahme einer Telefonnummer des Unternehmers vor, eben weil die wirksame Erklärung des Widerrufs nicht mehr an die Einhaltung der Textform geknüpft ist sondern künftig vielmehr auch (fern)mündlich erfolgen kann.
7. Anspruch auf Erstattung der Hinsendekosten nur noch bezüglich der Kosten des Standardversands
Bereits nach derzeitiger Rechtslage sind Unternehmer verpflichtet, widerrufenden Verbrauchern die Hinsendekosten, also die Kosten, die für die Lieferung der Ware vom Unternehmer zum Verbraucher angefallen sind zu erstatten, auch wenn es an einer eindeutigen gesetzlichen Regelung diesbezüglich fehlt. Diese Pflicht des Unternehmers schreibt künftig § 357 Abs. 2 BGB-RegE eindeutig fest:
„Der Unternehmer muss auch etwaige Zahlungen des Verbrauchers für die Lieferung zurückgewähren. Dies gilt nicht, soweit dem Verbraucher zusätzliche Kosten entstanden sind, weil er sich für eine andere Art der Lieferung als die vom Unternehmer angebotene günstigste Standardlieferung entschieden hat.“
Auch wenn dies auf den ersten Blick nicht unbedingt positiv für den Händler klingt, bringt die Neuregelung Händlern Vorteile: Nach bisheriger Rechtslage konnte sich der Verbraucher die Ware abweichend von einer angebotenen Standardversandmethode des Unternehmers auch „teurer“ zuschicken lassen, etwa als Express- oder Nachnahmesendung. Die dafür fälligen Aufschläge sind im Widerrufsfall ebenfalls an den Verbraucher zu erstatten. Das ist künftig nicht mehr der Fall: Wählt der Verbraucher eine teurere Versandform aus als den vom Unternehmer angebotenen Standardversand, bleibt er im Widerrufsfall auf den dadurch verursachten Mehrkosten sitzen. Der Unternehmer muss künftig also nur noch Hinsendekosten in der Höhe erstatten, soweit sie für den von ihm angebotenen Standardversand angefallen wären.
8. Verbraucher trägt unabhängig vom Preis der zurückzusendenden Sache die unmittelbaren Kosten der Rücksendung
Mit das größte Problem stellte in der Praxis bisher die Tragung der Rücksendekosten, also derjenigen Kosten, die für den Versand der Ware vom Verbraucher zurück zum Unternehmer entstehen dar. Genauer gesagt macht die sog. „40-Euro-Klausel“ vielen Unternehmern Probleme und ist beliebtes Ziel von Abmahnungen, etwa wenn es an einer vertraglichen Auferlegung der Rücksendekosten fehlt und der Verbraucher trotzdem im Rahmen der Widerrufsbelehrung über die Tragung der Rücksendekosten belehrt wird.
Derzeit verhält es sich so, dass grundsätzlich der Unternehmer die Kosten der Rücksendung zu tragen hat. Besteht jedoch ein Widerrufsrecht des Verbrauchers, entspricht die gelieferte Ware der bestellten und übersteigt der Preis der zurückzusendenden Sache den Betrag von 40,-- Euro nicht bzw. hat der Verbraucher bei einem höheren Preis der Sache die Gegenleistung oder eine Teilzahlung zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht erbracht, hat der Verbraucher die regelmäßigen Kosten der Rücksendung tragen, wenn der Unternehmer ihm diese durch vertragliche Vereinbarung auferlegt und ihn über diese Rechtsfolge auch belehrt hat.
Bei einem das Widerrufsrecht ersetzenden Rückgaberecht nach § 356 BGB hat der Unternehmer derzeit immer die Rücksendekosten zu tragen.
Die leidige 40-Euro-Klausel ist vom Tisch
Zukünftig es genau umgekehrt: Nach § 357 Abs. 6 BGB-RegE trägt dann der Verbraucher die unmittelbaren Kosten der Rücksendung, und zwar unabhängig vom Preis der zurückzusendenden Sache. Dies gilt jedoch dann nicht, entweder wenn der Unternehmer angeboten hat, die Rücksendekosten selbst zu tragen oder wenn der Unternehmer es versäumt hat, den Verbraucher von dieser Kostentragungspflicht zu unterrichten.
9. Verbraucher müssen künftig auch nicht paketversandfähige Waren an den Unternehmer zurückschicken
Nach derzeitigem Recht ist der Verbraucher bei Widerruf nur dann zur Rücksendung der Ware verpflichtet, wenn die Ware durch Paket versandt werden kann, § 357 Abs. 2 S. 1 BGB. Im Umkehrschluss muss der Unternehmer nach einem Widerruf solche Waren beim Verbraucher abholen lassen, die sich nicht in einem Paket versenden lassen (z.B. Speditionsware). Künftig muss der Verbraucher sämtliche Waren an den Unternehmer zurückschicken, auch solche, die nicht per Paket verschickt werden können. Der Verbraucher wird sich also daran gewöhnen müssen, nach seinem Widerruf ggf. auch die oft umständliche Beauftragung einer Spedition zu arrangieren.
Die Pflicht zur Rücksendung der Ware besteht nur dann nicht, wenn der Unternehmer dem Verbraucher angeboten hat, die Ware abzuholen, § 357 Abs. 5 BGB-RegE.
Vorherige Angabe der Rücksendekosten im Rahmen der Widerrufsbelehrung bei nicht paketversandfähigen Waren
Soweit, so gut. Der Teufel steckt mal wieder im Detail. Das Muster der neuen Widerrufsbelehrung sieht vor, dass der Unternehmer bei nicht paketversandfähigen Waren, sofern er nicht selbst die Rücksendekosten tragen will, die Kosten der Rücksendung im Rahmen der Widerrufsbelehrung anzugeben hat. Diese Angabe hat grundsätzlich beziffert zu erfolgen, nur ausnahmsweise in Form einer Schätzung eines Höchstbetrags, wenn die Kosten der Rücksendung vernünftigerweise nicht im Voraus berechnet werden können.
In der Praxis wird diese Pflichtangabe in der Widerrufsbelehrung Händler großes Kopfzerbrechen bereiten. Dazu ausführlicher in unserem Artikel über die neue Widerrufsbelehrung 2014.
10. Zügigere Abwicklung des Widerrufs
Zu begrüßen ist auch, dass künftig die empfangenen Leistungen, also sowohl die erhaltene Ware als auch der erhaltene Kaufpreis, spätestens nach 14 Tagen zurückzugeben bzw. zu erstatten sind, § 357 Abs. 1 BGB-RegE. Dies fördert eine rasche Abwicklung des Widerrufs. Denn bislang sieht das Gesetz nur eine klare Erstattungsfrist von 30 Tagen für den Unternehmer vor, so dass sich viele Verbraucher auf Kosten des Unternehmers mit der Rücksendung Zeit lassen.
Unternehmer müssen für Erstattungen selbes Zahlungsmittel wie Verbraucher verwenden
Weiterhin regelt § 357 Abs. 3 BGB-RegE in diesem Zusammenhang, dass der Unternehmer für die Rückzahlung des Kaufpreises und der Hinsendekosten das selbe Zahlungsmittel verwenden muss, das auch der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat. Dies gilt nur dann nicht, wenn die Parteien etwas anderes vereinbart haben und dem Verbraucher dadurch keine Kosten entstehen.
11. Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers im Rahmen der Rückabwicklung
Begrüßenswert ist ebenfalls, dass dem Unternehmer künftig ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der Erstattung von Kaufpreis und Hinsendekosten zusteht, bis er die zurückgesandte Ware erhalten hat oder der Verbraucher zumindest die Absendung dieser nachweist, § 357 Abs. 4 BGB-RegE. Der Unternehmer muss also künftig nicht an den Verbraucher leisten, und anschließend seiner Ware hinterherlaufen. Dieses Zurückbehaltungsrecht hat der Unternehmer jedoch dann nicht, wenn er angeboten hat, die Ware beim Verbraucher abzuholen.
12. Neuerungen beim Wertersatz
Eine Neuregelung werden auch die Wertersatzvorschriften erfahren. Wird bislang vom Gesetz zwischen einem Wertersatz für gezogene Nutzungen aus der Ware und einem Wertersatz für eine Verschlechterung der Ware unterschieden, spielt künftig nur noch der Wertersatz für einen Wertverlust der Ware eine Rolle. Künftig hat der Verbraucher nach § 357 Abs. 7 BGB-RegE nur dann an den Unternehmer Wertersatz zu leisten, wenn
"1. der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war, und
2. der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat."
Zum Anwendungsbereich dieses Wertersatzanspruchs führt die Gesetzesbegründung zum Regierungsentwurf aus:
„Absatz 7 schafft eine Anspruchsgrundlage für einen Wertersatzanspruch des Unternehmers gegen den Verbraucher und setzt damit Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie um. Die Rechtsfolge entspricht weitgehend der geltenden Rechtslage. Der Verbraucher schuldet hiernach Wertersatz für einen Wertverlust der Ware, sofern der Wertverlust auf einen für die Prüfung der Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren nicht notwendigen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist. In diesem Fall verliert der Verbraucher das Widerrufsrecht nicht, haftet aber für einen etwaigen Wertverlust der Waren.
Wenn er Beschaffenheit, Eigenschaften und Funktionsweise der Waren feststellen will, sollte der Verbraucher mit ihnen nur so umgehen und sie nur so in Augenschein nehmen, wie er das in einem Geschäft tun dürfte. So sollte der Verbraucher beispielsweise ein Kleidungsstück nur anprobieren, nicht jedoch tragen dürfen. Der Verbraucher sollte die Waren daher während der Widerrufsfrist mit der gebührenden Sorgfalt behandeln und in Augenschein nehmen (siehe Erwägungsgrund 47).
(…)
Unter Wertverlust der Ware können sowohl die normale Abnutzung infolge der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme und des weiteren Gebrauchs der Ware als auch darüber hinausgehende Verschlechterungen wie z. B. eine Beschädigung der Ware infolge unsachgemäßer Handhabung oder übermäßiger Inanspruchnahme fallen. Auch ein vollständiger Wertverlust oder Untergang der Sache durch unsachgemäßen Umgang kann erfasst sein. Voraussetzung ist jedoch immer, dass der Wertverlust nicht auf den zur Prüfung der Ware notwendigen Umgang zurückzuführen ist. Zur Prüfung der Ware kann im Einzelfall auch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme gehören. Umgekehrt kann nach der Verkehrssitte eine Prüfung der Ware durch Ingebrauchnahme oder Öffnen der Verpackung unüblich sein, z. B. bei Medikamenten oder Kosmetik. Mit Artikel 14 Absatz 2 der Richtlinie sollten unter den dort genannten Voraussetzungen alle möglichen Verschlechterungen der Ware erfasst sein. Auf die Abgrenzung zwischen linearer Wertminderung oder sonstiger (darüber hinausgehender) Verschlechterung kommt es mithin nicht an.“