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Fachartikel, 02.08.2006
Steuern und Recht
Zeitnahe Betriebsprüfung im Unternehmen
Der herkömmliche Ablauf einer Betriebsprüfung ist den meisten Unternehmern hinlänglich bekannt: Man bekommt Post vom Finanzamt, die eine Prüfungsanordnung für die zurückliegenden drei oder vier Jahre enthält, der Prüfer erscheint und gräbt in der Vergangenheit.
Papiere, Sachverhalte und Unterlagen über manchmal vergessene und manchmal verdrängte Sachverhalte müssen rekonstruiert und zusammengetragen werden. Die sich aus der Betriebsprüfung ergebenden – in der Regel – gewinnerhöhenden Feststellungen führen zu Änderungen der Steuerbescheide für die jeweiligen Jahre.

Aufgrund der in der Abgabenordnung festgeschriebenen Vollverzinsung kommt neben den Steuernachzahlungen noch eine erhebliche Belastung aus den festgesetzten Zinsen hinzu. Diese sind nach geltendem Recht weder steuerlich absetzbar noch sind sie mit 6 % pro Jahr zurzeit übermäßig günstig.

Dem stellt die Finanzverwaltung in verschiedenen Finanzamtsbezirken, so auch im Bezirk der Groß- und Konzernbetriebsprüfung Bielefeld, das Modell der begleitenden oder zeitnahen Betriebsprüfung gegenüber.

Anders als bei herkömmlichen Betriebsprüfungen erscheint der Prüfer jährlich, und zwar zu einem Zeitpunkt, an dem die Bilanz aufgestellt und die Steuererklärungen vorbereitet sind, die Veranlagung jedoch noch nicht stattgefunden hat. Dies bedeutet, dass im Rahmen der Betriebsprüfung noch Änderungen in den Jahresabschlüssen vorgenommen werden können und der schließlich beim Finanzamt eingereichte Jahresabschluss nebst Steuererklärungen bereits geprüft ist und sofort ohne Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 AO veranlagt wird. Damit können streitige Sachverhalte sofort geklärt werden, eine Verzinsungsproblematik kann nicht entstehen. Sachverhalte, über die kein Einvernehmen erzielt werden kann, können ohne weitere Zeitverzögerung und Rechtsbehelfsverfahren oder im finanzgerichtlichen Verfahren geklärt werden.

Daneben erweist sich die begleitende Betriebsprüfung insbesondere im Bereich der Umstruk-turierung von Unternehmen als sehr hilfreich. Ohne den langwierigen und umständlichen Weg über eine verbindliche Auskunft gehen zu müssen, können die geplanten Maßnahmen sofort mit dem zuständigen Finanzamt verhandelt werden und deren Umsetzung wird zugleich im Rahmen der begleitenden Betriebsprüfung mitgeprüft und abgesegnet. Dies alles mag dem einen oder anderen Mandanten oder Berater nach zuviel Nähe zur Finanzverwaltung klingen.

Kritik gibt es natürlich auch aus den Reihen der Finanzverwaltungen, soweit sich dort die Verwaltung weniger als Dienstleister für den Bürger, denn als Zuchtmeister der Steuerpflichtigen versteht. Von Seiten der Steuerpflichtigen und auch der Beraterschaft muss man sich darüber im Klaren sein, dass die Zeiten, in denen man die Hoffnung haben konnte, dass der Prüfer in einem Wust von Unterlagen für einen Zeitraum von drei oder vier Jahren das eine oder andere eher übersehen wird, als bei jährlichen Prüfungen, zumindest für die Zukunft vorüber sind. Die Finanzamtverwaltung hat EDV-technisch aufgerüstet und ist über den Einsatz von Prüfungssoftware mittlerweile in der Lage, ihre Prüfungen auch über mehrere Jahre äußerst effizient zu gestalten.

Der Hoffnung, jede Lösung die man als Berater favorisiert, werde von den Finanzverwaltungen mitgetragen, darf man sich nicht hingeben. Jedoch ist festzustellen, dass die in diesem Modellversuch integrierten Finanzbeamten wirtschaftlichen Argumenten sehr aufgeschlossen gegenüberstehen und sich in der Regel vernünftige Kompromisse finden lassen.

Nicht jedes Unternehmen hat die Möglichkeit, an diesem Modellversuch teilzunehmen

Die Finanzverwaltung wählt diese aus. Kriterium ist in erster Linie die reibungslose Erfüllung steuerlicher Pflichten in der Vergangenheit. Die Resonanz bei den teilnehmenden Unternehmen ist bislang durchweg gut.

Allerdings bleibt ein Nachteil, der jedoch weniger mit dem beschriebenen Modell sondern mit dem chaotischen deutschen Steuerrecht zu tun hat. Die Steuererklärungen werden ohne Vorbehalt der Nachprüfung veranlagt und daher bestandskräftig. In der Vergangenheit hat es immer wieder Fälle gegeben, in denen sich im Laufe der Zeit die finanzgerichtliche Rechtsprechung geändert hat oder die Finanzverwaltung zu bestimmten Sachverhalten Schreiben oder Erlasse veröffentlicht hat, die dann auf alle Steuerpflichtigen anzuwenden waren, die noch nicht endgültig veranlagt waren. Bei der herkömmlichen Methode einer Betriebsprüfung eröffnete sich damit ein relativ langer Zeitraum, in dem theoretisch Änderungen noch durchgeführt werden konnten. Dies ist mit der zeitnahen Betriebsprüfung so nicht der Fall.

Sollte es bekannte kritische Sachverhalte geben, mag es sich im einen oder anderen Fall anbieten, aus dem Modell der zeitnahen Betriebsprüfung auszusteigen. Im Übrigen muss der Berater und am Ende nach entsprechender Unterrichtung der Mandant entscheiden, ob er dieses Risiko eingehen will.
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