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Fachartikel, 13.06.2008
Application Service Providing
Aspekte von „Software on Demand“
Weil Software teuer ist und schnell veraltet, erfreuen sich Geschäftsmodelle wie das „Application Service Providing“ (ASP) bei Unternehmen immer größerer Beliebtheit. Das Interessante: Statt die Software kaufen zu müssen, zahlen Unternehmen nur für die Zeit, in der die Software auch tatsächlich genutzt wird, das heißt die Software wird nicht auf Dauer überlassen, sondern „online“ und „on demand“ zur zeitweiligen Nutzung bereitgestellt.
Das Besondere am ASP ist, dass der Anbieter Software lediglich auf seinem Server bereitstellt und dem Kunden gestattet, diese Software für eine begrenzte Zeit über das Internet oder andere elektronische Netze zu nutzen. Die Software verbleibt während der gesamten Nutzungsdauer auf dem Rechner des Anbieters. Dem Kunden werden die jeweils benötigten Funktionen der Anwendungen lediglich über Datenleitungen auf seinem Bildschirm zur Verfügung gestellt. Da die Bereitstellung der Software über Telekommunikation erfolgt, findet auch das Telemediengesetz (TMG) für ASP-Verträge Anwendung. Telemedien sind gemäß § 4 TMG zulassungs- und anmeldefrei. Die Anbieter, die ASP geschäftsmäßig anbieten, haben gemäß § 5 TMD die dort geforderten Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten:

Vertragstypologische Einordnung des ASP-Vertrages

Der Jurist steht bei neuen Geschäftsmodellen immer wieder vor dem Problem, den Vertrag, der die neuen Geschäftsprozesse regelt, den gesetzlich geregelten und bekannten Vertragstypen zuzuordnen. Diese Zuordnung ist wesentlich, um die gesetzlichen Rechte und Pflichten der Parteien durch gesetzliche Regelungen zu ersetzten, wenn der von den Parteien geschlossene Vertrag Lücken und Unstimmigkeiten aufweist. Auch sind zumindest in Verträgen, die als Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet werden, Bestimmungen unwirksam, die dem Vertragstyp widersprechen.

Welcher Vertragstyp ist nun der passende für den ASP-Vertrag? Für eine Antwort sind die einzelnen Leistungen des Providers im Rahmen von ASP zu untersuchen und den gängigen Vertragstypen zuzuordnen. Zu den Leistungen des Providers in einem ASP-Vertrag gehören

  • Gewährung der Nutzung für eine begrenzte Zeit.
  • Einräumung der notwendigen Rechte
  • Datensicherung
  • Anpassung der Software
  • Korrektur und Änderung der Software
  • Installation alle neuen Programmkorrekturen

Diese Leistungen können, abhängig von der besondere Ausformung Dienst-, Miet- oder Werkleistungen sein. Es wäre also denkbar, dem ASP-Vertrag als gemischttypologischen Vertrag zu bezeichnen, und für die einzelnen Leistung die jeweils vertragstypologisch passenden Regelungen in den ASP-Vertrag aufzunehmen. Dies würde zu Widersprüchen in den einzelnen Regelungen führen. Um dies zu vermeiden, wird in der Praxis ein solcher gemischt typologischer Vertrag letztlich dem Vertragtyp unterstellt, der die Hauptleistung des Vertrages regelt. Bei einem ASP-Vertrag liegt der Schwerpunkt der Leistungen in der Regel darin, dass der Anbieter dem Kunden die Nutzung der Software für eine begrenzte Zeit gewährt. Diese ist eine mietvertragliche Leistung.

:::::::::::::: Der ASP-Vertrag als Dienstvertrag

Dennoch wird immer wieder die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem ASP-Vertrag um einen Dienstvertrag handelt. Bei Leistungsstörung hätte der Kunde dann keine verschuldens-unabhängigen Mängelansprüche (Gewährleistungsansprüche) wie Nacherfüllung, Rücktritt, Minderung, sondern nur einen Schadensersatzanspruch bei Verschulden des Anbieters.

:::::::::::::: Der ASP-Vertrag als Mietvertrag

In der Literatur und in der Rechsprechung ist aber die eindeutige Tendenz zu beobachten, den ASP-Vertrag als Mietvertrag zu qualifizieren. Um diese Vertragsform anzunehmen, musste aber erst einmal die Streitfrage geklärt werden, ob Software eine Sache in Sinne von § 90 BGB darstellt oder nicht. Diesen seit langem von IT-Juristen mit viel Eifer geführten Disput hat der 12. Zivilsenat beim Bundesgerichtshof (BGH) pragmatisch beendet, in dem er die Sacheigenschaft der Software von dem Datenträger, auf der sich die Software befindet, befreite. Der BGH entschied (Urt. v. 15.11.2006 - Az.: XII ZR 120/04), dass eine Software nur nutzbar sei, wenn sie irgendwo auf einem Datenträger verkörpert sei. Dieser müsse sich nicht im Besitz des Kunden befinden. Eine Software sei daher auch eine Sache, wenn Sie nicht beim Kunden sondern beim Anbieter verkörpert vorliege. (siehe hierzu Beitrag der IT-Recht-Kanzlei). Nach Auffassung des BGH ist der ASP-Vertrag daher ein Mietvertrag.

Pflichten des Anbieters im Mietvertrag

Wird der ASP-Vertrag nun also nach der Entscheidung des BGH als Mietvertrag angesehen, dann ist der Anbieter gemäß § 535 Abs.1 S.1 BGB verpflichtet alles zu tun, um dem Mieter den Gebrauch der Mietsache, also der ASP-Software, während der gesamten Mietzeit zu er-möglichen. Der Vermieter muss demnach die ASP-Software in der Weise bereitstellen, dass der Mieter in der Lage ist, die Sache - wie vertraglich vereinbart - zu nutzen. Eine weitere Hauptleistungspflicht des Vermieters stellt die Instandhaltungspflicht dar, vgl. § 535 Abs.1 S. 2 BGB. Demnach hat der Vermieter dafür Sorge zu tragen, dass sich die Sache während der gesamten Vertragsdauer in einem Zustand befindet, der den vertragsmäßigen Gebrauch ermöglicht.

Ist die Mietsache mangelhaft, dann kann der Mieter gemäß

  • § 536 BGB die Vergütung mindern,
  • § 536a BGB Schadensersatz verlangen,
  • § 536a BGB den Mangel selbst beseitige (etwas schwierig, wenn die Sache nicht im Besitz des Mieters ist)
  • und gemäß § 543 BGB den Mietvertrag kündigen.

Da eine Hauptpflicht des Vermieters die Instandhaltungspflicht ist, erscheint es problema-tisch, zusätzlich zur Vergütung des ASP-Vertrages eine Pflegegebühr zu berechnen. Etwas anderes gilt, wenn die Pflege auch die Bereitstellung von Updates oder Upgrades mit funktionalen Erweiterungen beinhaltet. Diese Leistung gehört nicht zu den Pflichten des Vermieters und kann gesondert in Rechnung gestellt werden.

Pflichten und Rechte des Nutzers von ASP im Mietvertrag

:::::::::::::: Nutzungsrechte

Da der Nutzer die Software mietet bekommt er auch lediglich die entsprechenden Rechte. Das Erschöpfungsprinzip gilt im Falle der Vermietung nicht (siehe hierzu. Beitrag der IT-Recht-Kanzlei). Das Recht auf Weitergabe der Software kann daher auch in den AGB wirksam ausgeschlossen werden.
Der Kunde erhält danach lediglich einfache, nicht übertragbare auf die Laufzeit des ASP-Vertrages beschränkte Rechte, die ASP-Software nur auf dem Server des Anbieters zu nutzen.

:::::::::::::: Haftung des Providers

Wie oben schon aufgeführt, haftet der Anbieter verschuldensunabhängig dafür, dass der vertragsgemäße Gebrauch der ASP-Software während der gesamten Vertragszeit möglich ist. Es ist somit für den Anbieter unverzichtbar, vertraglich möglichst transparent den Umfang des vereinbarten Gebrauchs festzulegen. Es ist somit dem Provider, aber auch dem Kunden zu raten, vertraglich den Umfang des vereinbarten Gebrauchs detailliert festzulegen.

Regelungsumfang des ASP-Vertrages

Ein mietrechtlich gestalteter ASP-Vertrag sollte mindestens Regelungen enthalten über

  • die Beschreibung des Leistungsumfangs der ASP-Software,
  • die technische Verfügbarkeit. Hierzu gehören u.a.

    ::: die Zeiten, in der die Software zur Verfügung steht,
    ::: die zulässige maximale ununterbrochene Ausfallzeit,
    ::: die Zeiten für Wartungsarbeiten etc.,
    ::: und - wenn erforderlich - Sanktionen für den Fall der Nichteinhaltung der Verfügbarkeit,
  • Laufzeit,
  • Vergütung,
  • die Haftung bei Sachmängeln,
  • die Haftung bei Rechten Dritter an der Software,
  • Datensicherheit und Datenschutz.

Vorteile und Nachteile von ASP-Lösungen für den Nutzer

:::::::::::::: Vorteile

  • Keine Anschaffungskosten
  • Vergütung nur für den tatsächlichen Gebrauch. Das heißt, dass ein Nutzer Software nutzen kann, die er sich bei Kauf oder Miete möglicher Weise nicht leisten könnte.
  • Ständige Aktualität der Software
  • Keine Implementierungskosten
  • Keine Kosten für interne IT-Leistungen
  • Weltweite Verfügbarkeit
  • Einführung neuer Software ohne große Bindung an den Hersteller möglich
  • Kompetenz des ASP-Anbieters gegenüber interner Lösung
  • Risikoverlagerung zum ASP-Provider durch einklagbares Service-Level-Agreement (SLA)

:::::::::::::: Nachteile:

  • Abhängigkeit vom Provider
  • Bei ständiger Nutzung teurer als bei einmaligem Kauf
  • Keine Kontrolle mehr über die eigenen Daten
  • Keine Möglichkeit mehr, bei Problemen sich selbst zu helfen
  • Verzicht auf eigene IT-Kompetenz
  • Längere Antwortzeiten
  • Abhängigkeit von den Unberechenbarkeiten des Internets oder anderer Telekommunikationsnetze

Vorteile und Nachteile von ASP-Lösungen für den Anbieter

:::::::::::::: Vorteile:

  • Erschließung von neuen direkten Vertriebskanälen zum Endnutzer ohne Hilfe von Händlern
  • Senkung der Betriebskosten
  • Steigerung der Absatzmöglichkeiten für die Software
  • Möglichkeit zum Verkauf von zusätzlichen IT-Dienstleistungen, wie Customizing, Schulung etc.

:::::::::::::: Nachteile

  • Keine Beschränkung der Mängelhaftung auf ein Jahr ab Überlassung, sondern Haftung für Mängel während der gesamten Überlassungszeit
  • Erhöhte Sorgfaltspflichten gegenüber der einmaligen Leistung bei Verkauf von Software
  • bei Problemen mit der Internetverbindung ist keine Nutzung der Anwendung möglich
  • Telekommunikationskosten durch den Datentransfer zum ASP-Anbieter
  • weniger Sicherheit bei vertraulichen Daten als bei einer lokalen Speicherung

Fazit:

Der ASP-Vertrag bietet die Möglichkeit, Software zu mieten, die beim Anbieter installiert ist und nur für die Zeit zu vergüten, in der sich die Software tatsächlich im Einsatz befindet. Der Vorteil des ASP ist in erster Linie Kosteneinsparung, die insbesondere dann stark ins Gewicht fällt, wenn eine teure Software selten genutzt wird. Der Nachteil ist die riskante Abhängigkeit, in die sich ein Nutzer begibt, wenn er über seine IT-Lösung und seine Daten nicht selbst verfügen kann.

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Max Lion Keller ist Rechtsanwalt bei der IT-Recht-Kanzlei in München. Seine Tätigkeitsschwerpunkte umfassen den gewerblichen Rechtsschutz, das Softwarelizenzrecht sowie die Themen IT-Security und E-Commerce. Die Münchner IT-Recht ...
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