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Fachartikel, 03.08.2006
E-Commerce und Internetvertrieb
Internationaler Vertrieb mithilfe des Internets
Deutschland in Weltmeisterstimmung – zumindest was den Exporthandel angeht, trifft dies schon seit Jahren zu. 2005 haben deutsche Unternehmen rund 786 Milliarden Euro im Ausland umgesetzt, soviel wie kein anderes Land. Welche Rolle das Internet für die Auslandsexpansion spielt, wird dabei schon seit längerem diskutiert.
2004 boten insgesamt 37 Prozent der Handelsunternehmen ihre Leistungen im Internet an, wie die Studie \'Internet im Handel 2004\' des ECC Handel ergab. Davon betrieb knapp die Hälfte der Unternehmen den Online-Handel auch im Ausland und machte damit 13 Prozent ihres gesamten Online-Umsatzes. Insgesamt verkaufen Unternehmen im Internet demnach überwiegend an inländische Kunden, wie auch der E-Commerce Pilot Survey von Eurostat von 2002 bestätigt.

Dennoch sagt dieser geringe Anteil von Online-Umsätzen im Ausland alleine wenig über die Bedeutung des Internets für die internationale Markterschließung aus. Das Internet, so vermuten viele Experten, sei gerade auf fremden Terrain für die Geschäftsanbahnung wichtig. Gar die Hauptrolle für den ausländischen Markterfolg schreiben einige Autoren dem Internet zu. So entstanden während der New-Economy-Blase reihenweise Strategie-Papiere mit Titeln, wie \'Wo der \'Amazon\' fließt – Die internationale Expansion von Internet-Händlern\'. Nach dem Börsencrash 2001 haben sich nun nüchternere Einschätzungen breit gemacht. Das Internet ist ein wichtiges Instrument zur Internationalisierung lautet das Credo – aber nur, wenn es von anderen Engagements begleitet wird.

Dieses Bild bestätigte sich bei einer Befragung von Dienstleistungsunternehmen des Fraunhofer Instituts. Etwa ein Viertel der Befragten nutzt das Internet für Auslandsaktivitäten, noch mehr setzten jedoch auf Kooperationen oder Niederlassungen im jeweiligen Land. Das Internet kann demnach nicht die Präsenz vor Ort ersetzen, aber ergänzen. Gründe, warum das Internet als alleiniger Vertriebsweg im Ausland wenig erfolgversprechend ist, sammelten Bent Petersen von der Copenhagen Business School und seine australischen Kollegen Lawrence Welch und Peter Liesch:

::: Die allermeisten Produkte müssten an lokale Bedürfnisse der Konsumenten angepasst werden. Ohne eine Präsenz im Ausland ließen sich die dafür nötigen Maßnahmen im Vertrieb, dem Marketing und im Servicebereich nicht durchführen.

::: Informationen und das Wissen über den zu erschließenden Markt stellten die kritischen Erfolgsfaktoren dar, die mit dem Internet alleine nur schwer zu erschließen seien.

::: Der elektronische Marktplatz erlaube Unternehmen, falsche Qualifikationen vorzutäuschen und damit potenzielle Geschäftspartner in die Irre zu führen. Für schlecht informierte Unternehmen stelle sich so der hoffnungsvolle Auslandskontakt oft als Flop heraus.

::: Das Internet verführe zu einer vorschnellen Expansion mit vielen Fehlentscheidungen. Als Begleiterscheinung einer neu entstehenden Technologie sprängen auch Unternehmen kurzentschlossen auf den Zug gen Ausland auf, die dafür nur schlecht vorbereitet seien.

::: Das Internet verschaffe neuen Unternehmen zwar eine schnelle Sichtbarkeit, die auch kurzfristige Erfolge bringen könne. Wenn dann aber andere pro-aktive Export-Aktivitäten fehlten, verlaufe das Auslandsengagement langfristig oft im Sande mit nicht widerrufbaren Kosten.

::: Schließlich könne der kulturelle Faktor allzu leicht unterschätzt werden. Selbst wenn die Internetsprache Englisch sei, blieben Unterschiede zwischen den Ländermärkten zum Teil gravierend. Ein ausländisches Unternehmen müsse sich darauf ganzheitlich einstellen. Nur eine in Landessprache programmierte Webseite sei auf jeden Fall zu wenig.

Trotz dieser Kritikpunkte bietet das Internet ein großes Potenzial, um das Auslandsengagement weiter voranzutreiben. Vor allem begleitend zu anderen Maßnahmen im Ausland schreiben Petersen, Welch und Liesch dem Internet eine wichtige Rolle zu:

::: Transaktionen könnten mit dem Internet schneller durchgeführt werden. Suchkosten, um internationale Kunden zu finden, reduzierten sich erheblich. Kontakte könnten schneller aufgebaut und Geschäfte schneller abgewickelt werden.

::: Lernprozesse werden durch das Internet in Gang gesetzt. Das Internet erleichtere ein Feedback an das Unternehmen. Verbesserungen im Auslandgeschäft seien dadurch besser möglich.

::: Durch den Online-Handel könnten Kundensegmente zielgenauer adressiert werden. Auch sehr spezialisierte Produkte fänden dadurch im Ausland ihre Abnehmer, ohne immense Kosten für das Unternehmen zu verursachen.

::: Dienstleistungen ließen sich zunehmend länderübergreifend vermarkten. Ein großes Zukunftspotenzial hielten Beratungsleistungen mit ausländischem Know-how sowie Weiterbildungen bereit.

Bei all der gedämpften Zurückhaltung um die Internationalisierung durch das Internet sollten deutsche Unternehmen sich von den bislang eher geringen Online-Umsätzen im Ausland nicht entmutigen lassen. Die Analyse von nackten Zahlen verstellt den Blick auf den Konsumententrend hin zum Online-Kauf. So ist der verhältnismäßig hohe Umsatzanteil im deutschen Online-Geschäft auch auf den großen deutschen Internetmarkt zurückzuführen. Laut ACNielsen sind die deutschen Konsumenten die stärksten Online-Shopper weltweit. Dagegen machen andere Konsumenten in Europa bislang eher einen weiten Bogen um das Internet. 55 Prozent der Europäer kaufen im Internet ein, und diese Prozentzahl treiben vor allem die online-begeisterten Deutschen nach oben, die in dieser Angabe der OECD enthalten sind. Mit zunehmender Verbreitung des Internets in europäischen und außerkontinentalen Ländern dürfte daher auch der internationale Online-Handel in naher Zukunft kräftig wachsen.

Damit ausländische Anbieter vom Online-Handel profitieren können, müssen sie aber erst einige Barrieren aus dem Weg räumen. In einer Studie von Georg Fassott und Folker Michaelsen wurde die Akzeptanz ausländischer Online-Shops bei Konsumenten getestet. Ergebnis: Eine ganze Reihe wahrgenommener Risiken hielt Konsumenten vom Online-Kauf bei ausländischen Unternehmen ab. Als größtes Problem nannten Internetnutzer, dass sie nicht erkennen könnten, ob es sich bei dem ausländischen Unternehmen um einen seriösen Anbieter handle oder nicht. Vor allem aus Angst, ihr Recht nicht durchsetzen oder Produkte nicht wieder zurückgeben zu können, vermeiden daher viele Konsumenten den Kauf im Ausland. Ebenfalls eine Rolle, wenn auch schwächer ausgeprägt, spielen Befürchtungen, dass der Anbieter die bestellten Produkte nicht liefert. Und als wäre dies nicht schon genug, verwirren auch Lieferkosten und Zoll- und Steuerfragen den Konsumenten und lassen ihn über die Höhe des tatsächlichen Gesamtpreises oft im Unklaren.

Eine umsichtige Gestaltung des Online-Auftritts kann daher die Markterschließung erheblich begünstigen. Dabei empfiehlt es sich oft, Funktionen auszugliedern und einheimischen Providern anzuvertrauen.

Produkte modifizieren

Sehr viele Produkte müssen an die Gegebenheiten des Marktes angepasst werden. Dies umfasst nicht nur das Produkt selber, sondern auch gängige Produktangaben, Darstellungsformen und die Navigationsstruktur auf der Webseite. Zur erfolgreichen Gestaltung ist auf jeden Fall das fundierte Wissen über die Wünsche der einheimischen Konsumenten notwendig.

Preisgestaltung

Preise müssen in der einheimischen Währung angegeben werden und dabei die oft komplexe Berechnung von Mehrwertsteuern und anderer Abgaben für den Kunden übernehmen. Ob Preise brutto oder netto angezeigt werden, hängt von den Gepflogenheiten in den einzelnen Länder ab. So gehen US-amerikanische Kunden im Gegensatz zu europäischen z.B. davon aus, dass Steuern in der Preisangabe noch nicht enthalten sind.

Steuergesetze beachten

Um Grenzwerte des Fernabsatzes in der EU zu beachten, muss der Mehrwertsteuersatz auf der Webseite evtl. auf die Umsatzhöhe angepasst werden. Auch die Art der Versteuerung kann je nach Ländermarkt variieren. Eine integrative Software-Lösung kann hier den Verwaltungsaufwand für das Unternehmen enorm reduzieren

Unterschiedliche Zahlungsmethoden

Gängige Zahlungsmethoden variieren zwischen den Ländern zum Teil erheblich. Während die Kreditkarte auf allen Kontinenten das im Internet am häufigsten genutzte Zahlungsmittel ist, kann die Verbreitung auf Länderebene sich dennoch stark unterscheiden. So sind die Überweisung und der Kauf auf Rechnung in Deutschland, Portugal, Griechenland, Spanien und Italien nach wie vor sehr beliebt, während Anbieter mit der Akzeptanz von Kreditkarten in den USA und Südafrika generell weniger Probleme haben werden. Auch PayPal und Debit Card sind in den Ländern zum Teil stark unterschiedlich verbreitet. Exotische länderspezifische Zahlungsmethoden, wie das elektronische Lastschriftverfahren (Deutschland) oder das Konbini (die Abholung in speziellen Geschäften in Japan), müssen evtl. berücksichtigt werden. Insgesamt empfiehlt sich eine individuelle Kombination von angebotenen Zahlungsmethoden nach den Gepflogenheiten des Ziel-Marktes.

Lieferung

Transportkosten spielen für Standortentscheidungen in der globalisierten Wirtschaft eine immer geringere Rolle. Mit gut ausgebauten Logistiknetzen können Kunden schnell und zumeist relativ kostengünstig beliefert werden. Insbesondere hier bringt das Outsourcing an sogenannte Third Party Provider, die den kompletten Abwicklungsprozess übernehmen, oft eine große Kostenersparnis.

Internet-Werbung

Die Internetnutzung unterscheidet sich oft national, dies gilt es bei der Bannerschaltung, aber auch beim E-Mail-Marketing zu beachten. Bei Banner-Werbung können schnell Reaktanzen entstehen, wenn nicht der Nerv der Konsumenten getroffen wird. Unternehmenseigene Newsletter werden schnell als Spam eingeordnet, wenn sie sich nicht an landesübliche Regeln halten oder von Internet Service Providern schon vorher aussortiert werden.

Nach dem Kauf ist vor dem Kauf

Die Art und Weise, wie ein Unternehmen mit Produktrückgaben, Beschwerden oder Kundenproblemen umgeht, hat einen großen Einfluss auf das Vertrauen der Kunden. Gerade ausländische Anbieter müssen hier einen pro-aktiven Kundensupport leisten. Dieser kann eine Telefon-Hotline in Landessprache zu ortsüblichen Bereitschaftszeiten umfassen oder aber auch die Zusammenarbeit mit Partnern, um After-Sales-Services zu erleichtern.

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Quellen:

::: AC Nielsen: Global Consumer Attitudes towards Online-Shops, Oktober 2005, Download unter: de.acnielsen.com/pubs/index.shtml am 27. Juni 2006

::: Bienzeisler, Bernd/Meiren, Thomas: Trendstudie Dienstleistungen – Ergebnisse einer Befragung zu Dienstleistungsproduktivität und Dienstleistungsinternationalisierung, Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO (Hg.), Stuttgart 2005.

::: E-Commerce-Center Handel: Internet im Handel 2004 – Status Quo und Entwicklungen, E-Commerce-Center Handel (Hg.), Köln 2004.

::: Fassott, Georg/Michaelsen, Folker: Wie weit reicht das Internet für deutsche Online-Shopper?, in: planung & analyse, 6/2003, S.41-46.

::: Petersen, Bent/Welch, Lawrence S./Liesch, Peter: The Internet And Foreign Market Expansion By Firms, Working Paper 7-2002, Copenhagen Business School, Department of International Economics and Management (Hg.), Copenhagen 2002.

::: Strosahl, John: Kein Babylonisches Sprachgewirr, in: eCommerce Magazin, Mai/Juni 2006, S.64-65.
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