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Fachartikel, 14.05.2012
Inhalt statt bloses Wortgetöse
Wirkungsvolle Kommunikation heißt Klartext sprechen
Verbale Beschönigungen, Manipulationen, inhaltsleere Luftblasen etc. - unsere Kommunikation ist allzu häufig alles andere als klar. Dabei heißt das Gebot der Stunde angesichts der Informationsflut, Sachverhalte auf den Punkt zu bringen.
Wir Menschen des 21. Jahrhunderts sind bedauernswerte Geschöpfe: Die so genannte Informationsgesellschaft deckt uns mit einer unglaublichen Flut von Botschaften zu. Werbung ist allgegenwärtig. In Blogs und auf Twitter, in Facebook und auf XING werden wir mit Meinungen, Ansichten und Thesen bombardiert, überall werden wir mit Musik und Wortsendungen berieselt. Leider aber zeigt sich uns aber mit einer kritischen Haltung schon auf den zweiten Blick, dass wir es zum großen Teil mit Banalitäten und Plattitüden, mit bloßem Wortgetöse oder dem Transport von heißer Luft, mit Floskeln, Klischees, Wortblähungen und Phrasendrescherei zu tun haben. Meist wollen uns die Verfasser dieses Sprachmülls beeindrucken oder auf sich aufmerksam machen. Klopfen wir die Botschaften auf ihren Gehalt ab, bleibt zumeist nicht viel übrig.

Gefährlicher wird es, wenn wir beeinflusst werden sollen. Das ist ja bei seriösen Angeboten auf dem Markt durchaus legitim, sofern wir Beeinflussung als Versuch verstehen, uns die Augen zu öffnen oder als Absicht, mit wichtigen Informationen unser Verhalten in die richtige oder eine für uns vorteilhaftere Richtung zu lenken. Leider aber sind auch hier viele Botschaften nicht im Klartext geschrieben. Sie vernebeln die Tatsachen, spielen sie herunter oder stehen nicht ehrlich dazu, unsere Haltung verändern zu wollen. Geht es um Werbung, gelten diese Aussagen ebenso. Werbung hat ehrlich, offen und nicht irreführend zu sein, wenn sie den Gesetzen der Lauterkeit gehorchen will.

Schließlich sollen auch die Politiker nicht ungeschoren davon kommen: Da Politik und politische Statements immer auch Beeinflussungsversuche sind (Wahlen sind immer!), missbraucht auch sie unsere Sprache und lullt uns zumeist ein.

„Es bestand zu keiner Zeit eine Gefahr für die Bevölkerung“

Ob irgendwo ein Industriewerk brennt oder ob chemische Substanzen aus einem Eisenbahnwaggon ausgeflossen sind, ob Rauchentwicklung die Menschen beunruhigt oder merkwürdige Gerüche durch ein Wohngebiet ziehen, ob im schlimmsten Fall eine Panne in einem Atomkraftwerk oder einem Waffenlager passiert ist: Die Botschaft, die von den Verantwortlichen an die Allgemeinheit während oder nach dem Vorfall ausgesandt wird, tönt allerorten und immer gleich: „Es bestand zu keiner Zeit eine Gefahr für die Bevölkerung“. Diese Aussage besitzt mittlerweile eine Gebetsmühlenhaftigkeit, dass wir sie schon deshalb nicht mehr glauben. Die Substanz der sprachlichen Aussage ist zwar durchaus klar, aber die Formulierung ist als Folge zahlloser Verharmlosungen, die mit genau diesem Satz vollzogen wurden, dermaßen abgelutscht, dass sie uns nur noch ein müdes Lächeln abringt.

Wie funktioniert denn sprachliches Manipulieren grundsätzlich? Es gibt einige typische Merkmale, die sich charakterisieren durch die Verwendung
  • von Wörtern, die starke Assoziationen auslösen („existentielle Bedrohung“)
  • von bekannten Wörtern in neuem Bedeutungszusammenhang („der Marathonläufer unter den Batterien“)
  • von Schlagwörtern („damit Sie ruhig schlafen können“)
  • von Neuschöpfungen von Wörtern („unkaputtbar“) des vereinnahmenden „wir“, um ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen
  • von Leerformeln, also Scheinaussagen mit extrem allgemeiner Bedeutung („weil Sie sich auf uns verlassen können“)
  • Lüge oder unsorgfältiger Umgang mit der Wahrheit: sprachliche Ehrlichkeit in der Werbung
Werbung soll informieren, sie soll mittels erhellender Fakten Einsichten bewirken und schließlich den potenziellen Käufer auch beeinflussen. Tut sie das ehrlich und lauter, manipuliert sie nicht. Leider gibt es zahllose negative Beispiele. Foodwatch zeichnete heuer Ferrero als dreistesten Werbelügner aus, weil das Unternehmen seine „Milchschnitte“ (nur schon der Produktname ist irreführend) als „leichte Zwischenmahlzeit“ bewirbt. Leicht an der Milchschnitte ist wahrscheinlich nur das reine Gewicht in Gramm, aber sicherlich nicht sein Fett- und Zuckergehalt…

Natürlich: Menschen haben sich immer schon sprachlich beeinflusst. Seit aber wirksame Werbekampagnen Milliardengewinne versprechen, sind hier fast alle Schranken gefallen. Da wird zwar nur selten faustdick gelogen, aber doch oft recht großzügig mit der Wahrheit umgegangen. Oft ist es das sprachliche Umfeld, das manipulative Wirkung erzeugt. Wenn eine Versicherungsgesellschaft den Begriff „Sicherheit“ benutzt, ist das weit weniger problematisch, als wenn das ein AKW-Betreiber tut! KLARTEXT reden bedeutet deshalb, dass sich der Sprecher/Verfasser von Botschaften bewusst ist, in welchem Kontext ein Inhalt steht und wie er dadurch beeinflusst wird.

Auch in der Politik wird öfter mal unsorgfältig mit der Wahrheit umgegangen. Dies passiert meist, indem nur Teile der vorhandenen Fakten tatsächlich geäußert werden. Berühmt geworden ist vor Jahren Kurt Waldheim, der österreichische Bundeskanzler, dessen NS-Vergangenheit zum öffentlichen Thema wurde. Waldheim hat sich auf die unglückliche Taktik versteift, immer nur das zuzugeben, was man ihm unbestreitbar belegen konnte. Dieses Verhalten ist später sprichwörtlich zu „Waldheim-Verhalten“ geworden. Dass in der Politik tatsächlich dreist und generell gelogen wird, kommt zwar vor, ist aber zum Glück doch noch nicht Alltag. Wenn in Wahlkämpfen unsorgfältig mit der Wahrheit umgegangen wird, handelt es sich meistens um Versprechen und Zukunftsbewertungen. Da niemand in die Zukunft schauen kann, darf das aber nicht überbewertet werden.

Kommunikation als homöopathisches Verfahren: Von verbalen Luftblasen

Wesentlich öfter werden in der Kommunikation, auch in der privaten, Fakten so stark abgeschwächt, bis schließlich Wahrheit oder Fakten gar nicht mehr feststellbar sind. Das erinnert stark an die Heilmethode der Homöopathie, die nach demselben Prinzip verfährt: Ein Wirkstoff wird so stark verdünnt, bis er schließlich nicht mehr nachweisbar ist. Der Unterschied zur Kommunikation liegt allerdings darin, dass in der Homöopathie der Placebo-Effekt noch wirken kann. In der Kommunikation aber führt Inhaltslosigkeit zu Phrasendrescherei, das heißt zum sinnlosen Austausch von Worthülsen und Banalitäten. Wenn ein Interview mit einem Politiker oder Wirtschaftsvertreter so beginnt: „Bevor ich Ihre wirklich sehr wichtige und fachlich außerordentlich fundierte Frage beantworte, lieber Herr XY, lassen sie mich noch ein Stück ausholen, um Ihnen die gesamte Bandbreite der komplexen Sachlage an verschiedenen relevanten Fakten zu verdeutlichen. (…)“ Solche Anfänge von Aussagen sind offene Eingeständnisse, dass der Sprechende nichts zu sagen hat.

Wer inhaltsarm kommuniziert, ist leicht zu erkennen: Hier kommen nämlich so genannte Füllwörter gehäuft vor. Wörter wie „im Grunde genommen, sozusagen, prinzipiell, eigentlich, vom Ansatz her, wie gesagt, fraglos oder gewissermaßen“ verlieren bei näherer Betrachtung jeden Sinn. Allenfalls dienen sie vermeintlich dazu, klug zu klingen und Bildung vorzutäuschen. In Tat und Wahrheit aber sind es verbale Luftblasen, ohne Substanz und ohne Bedeutung für die Aussage.

Wenn Sie etwas zu sagen haben, schwächen Sie also Ihre Aussagen nicht freiwillig ab. Sagen Sie, was Sache ist und nennen Sie Fakten. Reden Sie nicht um den Brei herum. Ein schönes Beispiel noch zum Schluss; es stammt aus einem Interview mit einem Ethnologen: „Die Leute sind natürlich total verschieden, aber Menschen sind nun mal verschieden, und wenn man das alles auf Mentalitäten schiebt, dann zieht man Wände hoch, die unüberwindbar sind.“

Umsatzeinbruch oder schwierige Marktlage? Unfall oder Störung? Konfliktstark oder zickig?

Bereits den alten Griechen war das rhetorische Mittel der Beschönigung (Euphemismus) bekannt. Es kann ja durchaus Situationen geben, wo wir unsere Mitmenschen nicht mit der ganzen Härte der Fakten belasten wollen, etwa wenn wir Angehörigen von den Details eines tödlichen Unfalls berichten müssen. In solchen, aber nur in solchen Fällen sind gewisse und wohl dosierte Beschönigungen erlaubt. Wer beruflich oder politisch kommuniziert, muss sich aber bewusst sein, dass Beschönigungen die Vorstufe des Lügens sind.

Sie sollten jemandem, der sich gerade sehr streitsüchtig oder einfach schwierig benimmt, nicht sagen, er oder sie sei „konfliktstark“, wenn Sie eigentlich „zickig“ meinen! Viele Menschen, gerade im Geschäftsleben, nennen die Dinge aber nicht beim Namen: Wenn Sie etwas „teuer“ finden, muss das auch so gesagt werden. Wenn dann der Ausdruck „kostenintensiv“ gebraucht wird, wirkt das nur lächerlich. In der Politik kann man nach jedem Wahlgang Beschönigungen der übelsten Art hören. Dass ein Verantwortlicher offen zugibt, dass seine Partei „verloren“ hat, ist äußerst selten. Meist werden die unangenehmen Fakten so zurechtgebogen, dass sie nicht mehr als Niederlage wirken. Am schlimmsten ist es dann, wenn die Wählerschaft beschuldigt wird: „Unsere Botschaft wurde nicht verstanden“. Das bedeutet ja im Klartext nichts anderes, als „Der Wähler war zu dumm, uns zu wählen.“

Fazit

Schreiben Sie und sprechen Sie immer Klartext! Verwenden Sie prägnante Formulierungen und Ausdrücke. Prägnanz heißt, kurz und klar zu sein. Sagen Sie zudem immer so wenig wie möglich und so viel wie nötig. Wecken Sie mit Ihren Texten und Aussagen das Interesse der Zuhörer- oder Leserschaft und vermeiden Sie Begriffe, welche negative Gefühle bei Ihren Botschafts-Empfängern auslösen. Bei allem Klartext-Kommunizieren ist es zudem wichtig, den schmalen Grat zwischen Brüskheit und Klarheit nicht aus den Augen zu verlieren. Sehr hilfreich dazu sind die Erkenntnisse aus der Kommunikationstheorie zu positivem und negativem Sprechen.
QUERVERWEIS
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Über Hans Eigenmann
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Hans Eigenmann, geboren 1956, studierter Germanist und Historiker mit gewerblicher Erstausbildung, lebt und arbeitet in Schaffhausen (Schweiz). Er wirkt als Trainer und führt sein eigenes Unternehmen, BRAinPUT GmbH, Training und Coaching. ...
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