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Fachartikel, 22.06.2007
Bildung und Beruf
Weiterbildung für den Betriebsrat – und alles auf Kosten des Arbeitsgebers?
Seminare für allgemeines Arbeitsrecht, betriebliche Altersversorgung, Frauenförderpläne, Grundlagenseminare für neue Betriebsräte, Rhetorik-Kurse, Tarifrecht und Vermögensbildung – die Liste der Angebote zur Aus- und Weiterbildung von Betriebsräten liest sich lang und geht noch weiter. Wenig verwunderlich, wenn es für einen Arbeitgeber nicht immer ersichtlich scheint, warum er für den eigenen Betriebsrat den Aufenthalt in einem 5-Sterne-Hotel zum Thema “Minderheiten in der Berufswelt” zahlen soll und er sich deshalb weigert, die Kosten für das Seminar zu tragen.
Gemäß § 37 Absatz 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Arbeitgeber Betriebsratsmitglieder für die Teilnahme an erforderlichen Schulungs- und Bildungsveranstaltungen zu befreien. Die dabei geleisteten “Arbeitsstunden” werden vergütet. Erfolgen die Schulungen außerhalb der Arbeitszeit, muss der Arbeitgeber die Fortzahlung des Arbeitsentgelts auch für diese Zeit gewähren. Gleiches gilt für geeignete Maßnahmen im Sinne von § 37 Absatz 7 BetrVG.

Hintergrund dieser Ansprüche ist, dass ein Betriebsrat vielseitigen und zum Teil schwierigen Aufgabenstellungen gegenübersteht, die er ohne entsprechende Schulungen nicht sachgerecht lösen kann. Es soll eine “intellektuelle Waffengleichheit” zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschaffen werden.

Kostenerstattung

Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung über die Kosten von Schulungs- und Bildungsveranstaltungen findet sich weder in § 37 BetrVG noch in anderen Vorschriften. Der Begriff der Kosten umfasst neben den Schulungskosten selbst grundsätzlich auch die Fahrt-, Verpflegungs- und Übernachtungskosten eines Betriebsratsmitglieds. So urteilte das Bunderverfassungsgericht (BVerfG) bereits am 14.02.1978 - Aktenzeichen 1 BvR 466/75.

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Heute unstreitig hat der Arbeitgeber grundsätzlich die Kosten der erforderlichen Schulungs- und Bildungsveranstaltungen als Kosten der Tätigkeit des Betriebsrats zu tragen.
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Das Wissen der Betriebsratsmitglieder um ihre gesetzlichen Aufgaben und die praktische Durchführung dieser Aufgaben im Betrieb sind derartig eng miteinander verbunden, dass sie nicht getrennt werden können. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) sieht Schulungs- und Bildungsveranstaltungen als erforderlich an, wenn der Betriebsrat sie unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Situation benötigt, um seine derzeitigen oder demnächst anfallenden Aufgaben sachgerecht wahrnehmen zu können.

Unter die erforderlichen Kosten fallen zum Beispiel die Kosten für die Vermittlung von Grundwissen im Rahmen von Einführungslehrgängen für neue Betriebsratsmitglieder, die Vermittlung von Kenntnissen über das BetrVG, das Arbeitsrecht, das Arbeitsschutzrecht, der Arbeitssicherheit, des jeweiligen Tarifvertrags, der Grundlagen allgemeiner rechtlicher, wirtschaftlicher und technischer Art und so weiter. Zunächst streitig, mittlerweile jedoch zugunsten des Betriebsrats geklärt, ist die Frage, ob auch Rhetorikseminare dazugehören und damit vom Arbeitgeber zu tragen sind.

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Je spezialiserter das Schulungsangebot ist, um so mehr ist die konkrete Situation des Betriebes und der bisherige Wissensstand des entsprechenden Betriebsratsmitglieds von Bedeutung.
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Zu beachten ist weiterhin, dass dieser Anspruch nach dem BAG vom Grundsatz der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit eingeschränkt wird. Hier sind zum Beispiel die Dauer und die Kosten der Schulung und die Teilnehmerzahl jeweils im Verhältnis zur Betriebsgröße und zur Leistungsfähigkeit des Betriebes zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung dieser Kriterien steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Diesen hat er selbstverständlich nach pflichtgemäßem Ermessen auszuüben.

Der Betriebsrat, beziehungsweise der einzelne Schulungsteilnehmer, hat entsprechend § 666 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die erstattungsfähigen Kosten nachzuweisen. Demgegenüber ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, auch die Kosten von lediglich geeigneten Schulungs- und Bildungsveranstaltungen zu tragen.

Als geeignet sind Veranstaltungen anzusehen, die im Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit stehen und von Inhalt und Zielsetzung her einen nennenswerten Vorteil für eine sach- und fachgerechte Erfüllung der im Gesetz vorgesehenen Betriebsratsaufgaben erwarten lassen. Das sind zum Beispiel Themen der Tarifpolitik, der Sozialpolitik sowie Themen wirtschaftlicher Art, Themen der Frauenförderung, der Stellung der Frauen und Ausländer in Gesellschaft und Beruf, des betrieblichen Umweltschutzes, des Arbeitsmarktes und der Vermögensbildung der Arbeitnehmer.

Veranstaltungen, die lediglich Allgemeinbildung gesellschafts- oder staatsbürgerlicher Art vermitteln, sind im Sinne des § 37 Absatz 7 BetrVG nicht geeignet. Eine Kostentragungspflicht käme nur dann in Betracht, wenn bei einer Schulungs- und Bildungsveranstaltung (mindestens zu 50 Prozent) auch Kenntnisse vermittelt würden, die für die Betriebsratsarbeit im Sinne des § 37 Absatz 6 BetrVG erforderlich sind.

Verfahren

Der Anspruch eines Betriebsratsmitglieds auf Übernahme der Kosten setzt generell den ordnungsgemäßen, vorherigen Beschluss des Betriebsrats zur Teilnahe an der konkret besuchten Schulung voraus. Streitigkeiten über Geschäftsführungskosten des Betriebsrats werden im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren entschieden. Dies gilt auch für Ansprüche einzelner Betriebsratsmitglieder, da der Anspruch im Betriebsratsamt und nicht im Arbeitsverhältnis wurzelt.

Stand: 22.01.2007

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