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Fachartikel, 27.11.2013
Urteil Wettbewerbsrecht
Produktbezogene Werbung mit der ISO-Norm 9001 unzulässig
Gerade im Online-Handel ist Werbung mit Zertifizierungen weit verbreitet, suggerieren solche doch eine besondere Wertigkeit des Produktes respektive Online-Shops. Beim Werben mit Zertifikaten ist jedoch Vorsicht geboten, wie ein aktuelles Urteil zeigt.

Mit Urteil vom 13.08.2013 entschied das Landgericht München I, dass die Werbung mit der EN ISO 9001 auf einem Produkt ohne weitere Angaben eine unzulässige Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darstellt und damit wettbewerbswidrig ist.

Zur Bedeutung der ISO-Normen

Die EN ISO 9000f. sind Normen des Qualitätsmanagements, die die Erfüllung bestimmter Standards in einem Unternehmen dokumentieren und vor allem gegenüber Dritten Wirkung entfalten sollen. Sie beziehen sich ausschließlich auf die technischen und organisatorischen Abläufe innerhalb von Betrieben.

Von der International Organisation of Standardization (ISO) entwickelt, wird die Einhaltung der Normen von einer unabhängigen Zertifizierungsstelle geprüft und bei positiver Feststellung für einen befristeten Zeitraum beurkundet.

Die Zertifizierung des Qualitätsmanagements eines Betriebes ist gesetzlich nicht zwingend, sondern stellt lediglich ein Prädikat dar, welches diesem eine besonders funktionelle, effektive und leistungsorientierte Arbeitsweise bescheinigt.

Die EN ISO 9001 legt die Mindestanforderungen an ein Qualitätsmanagement-System fest, welchen ein Unternehmen zur Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen genügen muss, um etwaige Kundenerwartungen und behördliche Anforderungen zu erfüllen. Dabei werden insbesondere Aspekte der Kundenorientierung, der Unternehmensstruktur und der Prozessoptimierung berücksichtigt.

Die Werbung mit Zertifikaten

Grundsätzlich dienen Zertifikate dazu, einen Betrieb oder ein Produkt hinsichtlich bestimmter Aspekte auszuzeichnen und ihnen eine besondere Leistungsfähigkeit oder aber eine qualitative Höherwertigkeit zu attestieren, und dürfen in der Werbung verwendet werden.

Allerdings muss der Bezugspunkt der Beurkundung für den Verbraucher klar ersichtlich sein, sodass grundsätzlich offenbart werden muss, ob es sich bei dem verwendeten Zertifikat um ein produkt- oder betriebsbezogenes handelt. Geht dies nicht aus der Geläufigkeit und Art der Zertifizierung, die ein durchschnittlicher Verbraucher grundsätzlich richtig zu beurteilen in der Lage ist, hervor, muss ein etwaiger Hinweis auf deren Bedeutung erfolgen.

Etwaige Unachtsamkeiten bei der Anwendung dieser Zertifikate können eine Irreführung nach §5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG begründen und so eine abmahnbare, wettbewerbswidrige Handlung darstellen.

Die Entscheidung des Gerichts


Das OLG München I hatte einen Fall zu entscheiden, in dem die Parteien – beide Vertreiber von Motiv- und Farbkontaktlinsen im Online-Handel- über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit eines Hinweises auf die EN ISO 9001 ohne weitere Ausführungen auf einer Produktverpackung der Beklagten stritten. Die Klägerpartei rügte eine Irreführung seitens der Beklagten und klagte mithin auf Unterlassung.

Das Gericht befand die Klage für zulässig, indem es eine Irreführung durch die Beklagte im Sinne des §5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG bejahte. Durch den Verweis auf die EN ISO 9001 ohne weitere Erklärungen hinsichtlich der Bedeutung der Norm auf der Verpackung werde dem Verbraucher fälschlicherweise eine besondere Qualität des Produktes suggeriert, durch die es sich insofern von gleichartigen Produkten anderer Anbieter abheben solle.

Einem durchschnittlichen, situationsbedingt aufmerksamen Verbraucher, auf den für die Bewertung des Irreführungspotenzials einer Handlung stets abzustellen sei, sei indes nicht bekannt, dass sich die ISO 9001 auf Anforderungen an Qualitätsmanagementsysteme und somit auf unternehmensinterne Abläufe beziehe. Aus diesem Grunde werde der Verbraucher im Regelfall die Norm als Auszeichnung der Qualität des Produktes oder zumindest als Nachweis eines besonderen Herstellungsprozesses verstehen und somit ein produktbezogenes Zertifikat annehmen, das ihn in seiner Kaufentscheidung vermeintlich beeinflussen könne.

Fazit

Bei der Werbung mit Zertifikaten auf Produkten ist grundsätzlich Vorsicht geboten. Insbesondere bei der Anwendung von nicht allseits geläufigen, speziellen Zertifizierungssystemen besteht für den Fall, dass ein durchschnittlicher Verbraucher den Bezugspunkt der Beurkundung nicht eindeutig nachvollziehen kann, ein hohes Abmahnrisiko aus dem Irreführungspotenzial der Werbung heraus.

Im Rahmen der Angabe der Einhaltung von ISO-Normen sollte somit stets darauf hingewiesen werden, dass sich diese auf das herstellende Unternehmen an sich und nicht auf das betroffene Produkt und dessen Beschaffenheit beziehen.

Dabei vermag die musterhafte Formulierung „Hergestellt in einem ISO-9001-zertifizierten Betrieb“ nicht nur dem Irreführungsverbot des §5 UWG zu genügen, sondern zugleich dem Kunden in wettbewerbsrechtlich zulässiger Form die Einhaltung bestimmter unternehmerischer Mindeststandards zu garantieren und so immerhin eine besondere Wertigkeit des Betriebes zu implizieren.

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Über Phil Salewski
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Phil Salewski ist freier juristischer Mitarbeiter der Münchner IT-Recht Kanzlei. Die IT-Recht Kanzlei ist eine Sozietät, die sich auf das IT-und Vergaberecht spezialisiert hat, um ihren Mandanten eine professionelle und umfassende juristische Beratung in diesem Bereich sicherstellen zu können.
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