Betriebliche Nachfolgen brauchen Struktur und Bewusstheit, um in der Umsetzung erfolgreich zu sein. Wichtig ist in allen Phasen insbesondere das Bewusstsein, dass die Unternehmensnachfolge nicht das Ende, sondern der Anfang von etwas Neuem ist.
Die eigene Nachfolge zu regeln ist für viele Geschäftsführer eine große Herausforderung. Meistens lassen sich die Betroffenen (zu) lange treiben, bis sie von externen Faktoren zu einer Entscheidung gedrängt oder sogar gezwungen werden. Dies führt dann dazu, dass der betroffene Senior die Möglichkeit einer ausreichenden Vorbereitung versäumt und somit die wesentlichen Ziele, wie Alterssicherung, Absicherung des Unternehmens etc. nur noch mit Abstrichen realisierbar sind. Der Grund ist hierfür das Empfinden, dass man abgeben muss und sich der Senior psychologisch in einer passiven bzw. erduldenden Rolle sieht. Dabei ist gerade bei der Gestaltung der eigenen Nachfolge ein proaktiv handelnder Entrepreneur notwendig. Eine Strukturierung des Prozesses kann hier unterstützen und so den Weg für die wichtige eigene agierende Rolle bereiten. Diesen Prozess kann man in vier Phasen einteilen.
Orientierung und ZielfindungOft verläuft diese Phase unbewusst, obwohl sie ganz wesentlich den kompletten nachfolgenden Prozess beeinflusst. Die Herausforderung besteht hier darin, die emotionalen und rationalen Anforderungen, Faktoren, Ziele etc. bewusst transparent zu machen und in Einklang zu bringen.
In der ersten Etappe geht es um die eigene Orientierung und die Zielfindung. Man beginnt hier damit, die Motivation, die eigene Nachfolge regeln zu wollen, zu ergründen. Erst wenn dies klar herausgearbeitet wurde, kann man sich im nächsten Schritt mit der Zielsetzung beschäftigen. Liegt ein klares Zielbild für den Geschäftsführer vor, wird die Machbarkeit geprüft und danach werden Umsetzungsoptionen für die eigene persönliche Zukunft entwickelt. In dieser Orientierungsphase stehen sich insbesondere aktive, selbstständige Persönlichkeiten häufig mit eigenen diffusen Ängsten und Sorgen um ihr Lebenswerk und vor allem ihre persönliche Zukunft im Wege. In dieser Phase ist es notwendig kognitives Wissen, Erfahrungen, analytische Ergebnisse von höchst persönlichen Emotionen zu trennen, um den Blick für die Betriebsübergabe und die eigene Zukunftsplanung zu klären.
Übergabeplanung/-vorbereitungDiese Phase beginnt mit dem Prozessschritt der Szenarioentwicklung. Auf Basis der ausgewählten Option werden verschiedene Realisierungsmöglichkeiten definiert und eine davon ausgewählt. Der Unternehmer spielt mit dem Berater und dem Coach zusammen diverse Gedankenmodelle durch, die sich an der Größe und Komplexität der Übergabe orientieren. Für alle Eventualitäten und zur eigenen Sicherheit für das Gelingen der Übergabe erarbeitet der Senior auch einen „Plan B“. Erst danach identifiziert man den geeigneten Nachfolger.
Anschließend wird eine detaillierte Übergabeplanung erstellt. Erst in diesem und dem nächsten Prozessschritt werden Fachspezialisten benötigt und hinzugezogen. Je nach gewählter Übergabeart können dies Steuerberater/Wirtschaftsprüfer, Juristen, Personalberater etc. sein. Steht die Planung, folgt die Vorbereitung der Übergabe. Hier werden Termine fixiert, Verträge vorbereitet, die Kommunikation geregelt etc. Je nach Übergabeart müssen die einzelnen Prozessschritte dieser Phase in einer unterschiedlichen Reihenfolge kombiniert werden.
ÜbergabeHier kommt es für alle Beteiligten zum Schwur. Die Verträge werden ausverhandelt und unterzeichnet. Unmittelbar danach beginnt die abgestimmte Kommunikation an Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten etc. Es geht hier ausschließlich um „hard facts“. Das Zeitfenster für die eigentliche Übergabe sollte nicht zu lang bemessen sein, sonst besteht die Gefahr, dass man sich verzettelt oder das abgestimmte Paket wieder aufschnürt.
Umsetzung/IntegrationEin Aspekt dieser Phase ist die Umsetzung der Verträge/Vereinbarungen. Viel wichtiger als dieser eher technische Aspekt ist jedoch die Integration des Nachfolgers. Dies ist für beide Seiten wichtig. Der Nachfolger will und muss erfolgreich sein und der übergebende Unternehmer will seine persönliche Reputation gewahrt wissen. Darüber hinaus geht es in diesem Abschnitt für den Übergeber vor allen Dingen aber auch darum, die in der Phase der Orientierung entwickelte neue persönliche Zielsetzung auch aktiv anzugehen, denn die Betriebsübergabe ist nicht das Ende, sondern der Beginn der Realisierung einer oder vielleicht auch vieler neuer Perspektiven. In dieser Entwicklungsphase prüft der Senior seine emotionale Stimmungslage, ob beispielsweise der übernehmende Kandidat auch nicht nur den rationalen, sondern auch den gefühlten Vorstellungen des Unternehmers entspricht.
Mit der neu geschaffenen Struktur steigert der Geschäftsführer signifikant die Erfolgsaussichten der Unternehmensnachfolge, in dem er sich viele unbewusste Rollen und Emotionen bewusst und somit für ihn begreifbar werden lässt. Durch die Vielschichtigkeit des Nachfolgeprozesses und die betroffenen Ebenen der Rationalität und Emotionalität empfiehlt es sich für den betroffenen Senior, sich hierbei durch ein Tandem aus Nachfolgeberater und Coach begleiten zu lassen. Dies vermeidet falsche Abzweigungen und Sackgassen, welche zu Frust und familiären Spannungen führen können. Außerdem bleibt der Unternehmer so im „Driver-Seat“ und kann mit dieser Unterstützung den Prozess aktiv steuern.