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Fachartikel, 05.02.2008
Mystery Shopping
Wenn der Vertrieb auf Messen „lahmt“
­Selbst für erfahrene Verkäufer sind Messen ein ungewohntes Terrain. Unter anderem, weil sie dort Personen kontaktieren müssen, die sie nicht kennen. Entsprechend unsicher agieren sie oft. Ähnliche Beobachtungen machte auch der Vertriebsleiter eines IT-Unternehmens und handelte: Um seinen Vertrieb für ­Messen fit zu machen und das Trainingskonzept gezielt auf dessen Schwachstellen ausrichten zu können, setzte er auf „Mystery Shopping“ – mit Erfolg.­
„Wir können auf Messen nicht einfach unsere Produkte auf den Stand zu stellen und abwarten, ob sich jemand zufällig dafür interessiert“, betont Jan Schadel, Vertriebsleiter bei einem IT-Unternehmen*. „Unsere Standmitarbeiter müssen aktiv auf die Besuchern zugehen und ihnen die Vorzüge unserer ‚Problemlösungen’ aufzeigen. Sonst rechnet sich ein Messeauftritt für unser Unternehmen nicht. Schließlich kostet er uns einen sechsstelligen Betrag.“

Zwei Tage schulte deshalb der Arbeitgeber von Schadel vor der jüngsten SYSTEMS, München, zunächst seine Standmitarbeiter. Da das Unternehmen aber unsicher war, ob seine Mitarbeiter das Gelernte im Messealltag umsetzen können, entschied es sich, das Verhalten der Standmitarbeiter auf der Elektronikmesse von einem „unbeteiligten Dritten“ checken zu lassen – „um anhand der Erkenntnisse auch das Trainingskonzept für unser Standpersonal zu überarbeiten“, erläutert Schadel.

Verschiedene Kundentypen mimen

Mit dem Durchführen der Checks beauftragte Schadel das Trainings- und Beratungsunternehmen Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, das zuvor bereits das Messetraining durchgeführt hatte. Dieses ermittelt für Unternehmen, sofern gewünscht, auch, ob deren Mitarbeiter das gewünschte Verkäuferverhalten zeigen – auf Messen und im Vertriebsalltag. Hierfür setzt Dr. Kraus & Partner, wie Geschäftsführer Christian Herlan erläutert, so genannte „Mystery-Shopper“ beziehungsweise „-visitors“ ein – also Testkunden, die zum Beispiel auf Messen den Stand des betreffenden Unternehmens aufsuchen. „Nach Absprache mit unserem Auftraggeber mimen sie dort bestimmte Kundentypen, die das Auftreten und Verhalten des Stand- oder Verkaufspersonals beobachten und beurteilen.“

Herlan und das IT-Unternehmen vereinbarten: Während der SYSTEMS sollen täglich vier Mystery-Visitors mehrfach den Stand des Unternehmens besuchen. Dabei sollen sich jeweils zwei als Einkäufer von potenziellen Industriekunden und zwei als Fachbesucher ohne Kaufautorisation ausgeben. Diese Rollenteilung wurde gewählt, „weil sich die Standbesucher in zwei Gruppen einteilen lassen“, erklärt Herlan. Zum einen die „fachlichen Experten“. Sie interessieren sich primär für die technische Lösung, können aber alleine keine Kaufentscheidung treffen. Zum anderen die Geschäftsführer und Einkäufer von Unternehmen oder ähnliche Entscheider. „Sie interessieren sich vorwiegend für den Nutzen der Produkte und deren Preis-Leistungs-Verhältnis.“

Zu welcher Gruppe ein Besucher zählt, das müssen die Standmitarbeiter im laufenden Messebetrieb stets ermitteln – nicht nur um ihre Gespräche zielorientiert führen zu können, sondern auch damit diese nicht endlos dauern. Schließlich sollen sie während der Messetage „möglichst viele qualifizierte Gespräche führen“, wie Schadel betont. „Und dies setzt eine bestimmte Fragetechnik und eine gewisse Systematik im Gesprächsaufbau voraus.“

Schwachstelle Bedarfsermittlung

Bei ihren Besuchen auf dem des SYSTEMS-Stand überprüften die Mystery-Visitors von Dr. Kraus & Partner das Kommunikations- und Verkaufsverhalten der einzelnen Mitarbeiter und deckten dabei auf: Viele Standmitarbeiter des IT-Unternehmens präsentieren den Besuchern unmittelbar nach deren Begrüßung die Produkte ihres Arbeitgebers. Vor allem, wenn Hochbetrieb herrscht, vergessen sie zuvor zu ermitteln:

  • Welche Funktion hat mein Gesprächspartner in seinem Unternehmen?
  • Welchen Einfluss hat er auf die Kaufentscheidung?
  • Welchen Bedarf hat sein Unternehmen – wann?
  • Wie weit ist die Kaufentscheidung fortgeschritten?
  • Mit welchen Mitbewerbern hat der Gesprächspartner Kontakt?
  • Was gefällt ihm (nicht) an deren Angeboten?

Die Mystery-Shopper analysierten auch, ob die Standmitarbeiter die Produkte so präsentieren, dass für die Besucher deren Vorzüge für ihr Unternehmen deutlich werden. „Keine einfache Aufgabe“, betont Björn Raupach, der für Dr. Kraus & Partner unter anderem als Messetrainer und Mystery-Shopper arbeitet. „Denn dazu müssen die Standmitarbeiter aus den Infos der Besucher zunächst ableiten, welche Nutzenerwartung der potenzielle Kunde hat und welche Leistungsmerkmale für ihn folglich wichtig sind.“

Vielen Standmitarbeitern fiel das Darlegen des individuellen Kundennutzens schwer – auch weil sie kaum Hilfsmittel zur Hand hatten, um den Besuchern die Vorzüge bestimmter technischer Lösungen bildhaft vor Augen zu führen. Für Verkaufsleiter Schadel eine wichtige Information, zeigt sie ihm doch: „Hierauf sollten wir beim Vorbereiten von Messen stärker achten.“

Gewonnene Infos besser dokumentieren

Die Mystery-Shopper checkten auch, ob die Standmitarbeiter die gewonnenen Infos so dokumentieren, dass dem Besucher nach der Messe ein individuelles Angebot unterbreitet werden kann. Sie analysierten zudem das Auftreten der Standmitarbeiter – zum Beispiel ihr nonverbales Verhalten: Signalisiert ihre Körpersprache den Besuchern eher „Ich bin für Sie da“ oder „Sprich mich nicht an“? Auch wie Standmitarbeiter auf die körperlichen Signale von Kunden reagieren, untersuchten sie. Dabei stellten sie fest: Die Standmitarbeiter reagieren kaum auf die Körpersprache potenzieller Kunden. So sprachen sie zum Beispiel nur sehr selten Messebesucher an, die sich zögernd vor dem Stand aufhielten. Selbst wenn sie auf dem Stand suchend herumirrten, wurden sie oft nicht kontaktiert.

Auch das Outfit der Standmitarbeiter nahmen die Mystery-Visitors unter die Lupe – vor allem, um zu ermitteln, ob ihr Gesamtauftritt dem Anlass „Messe“ entspricht. Getestet wurden zudem ihre Englisch-Kenntnisse, da man laut Herlan auf einer Messe wie der SYSTEMS „mit dem Besuch von Einkäufern aus aller Herren Länder rechnen muss“.

Gegen Ende jedes Messetags erstellten die Mitarbeiter von Dr. Kraus & Partner einen Bericht, in dem sie ihre Beobachtungen zusammenfassten – auch bezogen auf die einzelnen Standmitarbeiter. Nicht um diese zu kritisieren, sondern um ihnen am nächsten Morgen, bevor die Messehallen ihre Pforten wieder öffneten, Tipps zu geben, was sie besser machen können. Durch dieses Vorgehen konnte das IT-Unternehmen bereits während der SYSTEMS viele Schwachpunkte beheben. „Was dazu beitrug“, betont Schadel, „dass der Messebesuch für uns ein Erfolg war.“
Anke Hofmann

* Der Name des Verkaufsleiters wurde auf Wunsch des Unternehmens geändert.

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