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Fachartikel, 07.02.2007
Bildung und Beruf
Mobbing – rechtliche Aspekte für Unternehmen und Mitarbeiter
Aktuelle Zahlen der Universität Frankfurt/Main sprechen von insgesamt 1,6 Millionen Mobbing-Opfern in Deutschland, einer Umfrage von TNS Emnid zufolge ist jeder sechste Mitarbeiter schon einmal gemobbt worden. Doch wann genau spricht man von Mobbing, wie können Unternehmen bzw. Mitarbeiter davor schützen und welche rechtliche Aspekten gilt es zu betrachten?
Mobbing beschreibt eine eskalierte, schwer einzudämmende Konfliktsituation zwischen Kollegen und/oder zwischen Arbeitnehmern und Vorgesetzten. Die Begrifflichkeit ist dem amerikanischen Sprachgebrauch entnommen. Mobbing ist der Oberbegriff für den Versuch, schlagwortartig eine arbeitsrechtliche und persönlichkeitsrechtsverletzende Situation zu beschreiben. Mobbing an sich ist kein Rechtsbegriff und schwer zu definieren. Beschreibungen wie “Krieg am Arbeitsplatz” kommen der Realität und der Wirklichkeit der betroffenen Personen nahe. Grundsätzlich bedarf es bei jeder Bewertung der Abgrenzung zu den im Unternehmen allgemein üblichen und herrschenden Verhaltensweisen sowie dem rechtlich erlaubten Verhalten innerhalb einer Gruppe.

Schließlich sollten von dem Begriff Mobbing keine kurzfristigen Konfliktsituationen unter Kollegen, mit Vorgestzten oder innerhalb von Abteilungen beschrieben werden. Denn ein besonderes, wesentliches Merkmal von Mobbing ist das dauerhaft abwertende, systematische und gesteuerte Verhalten gegenüber einem Einzelnen.

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Der betroffene Arbeitnehmer hat regelmäßig ein Beschwerderecht und kann sich an seinen Vorgesetzten wenden.
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Dieser ist aufgrund seiner umfassenden Fürsorgepflicht, die eine Nebenpflicht des Arbeitsverhältnisses darstellt, verpflichtet, den Arbeitnehmer zu schützen, auf das Verhalten der anderen Einfluss zu nehmen und mit arbeitsrechtlichen Mitteln gegenzusteuern. Neben einem gemeinsamen Gespräch zwischen den Betroffenen, einem Personalgespräch mit dem Dienstvorgesetzten und der Personalabteilung sind Umsetzungen oder Versetzungen vorzunehmen. Das geht bis zur Aussprache einer Abmahnung oder, im nachgewiesenen Wiederholungsfall, eine verhaltensbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber. Weiter hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Unterlassung gegenüber denjenigen, von denen das Mobbingverhalten ausgeht. Darüber hinaus hat er Schadenersatzansprüche, sowohl gegen den Arbeitgeber wie auch die handelnden Kollegen. Schließlich hat der Arbeitnehmer das Recht gegenüber seinem Arbeitgeber eine Abmahnung auszusprechen und bei Nichteinschreiten und Unterlassen von arbeitsrechtlich erforderlichen Handlungen von sich aus eine außerordentliche Kündigung auszusprechen.

Für den Verlust des Arbeitsplatzes kann er Schadensersatzansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld besteht für den Arbeitnehmer, wenn er aufgrund des Mobbings erkrankt. Für den Fall, dass keine Gesundheitsbeeinträchtigung vorliegt, hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts und den daraus resultierenden Folgen.

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Die Höhe der jeweils geschuldeten Entschädigung ist nach “billigem Ermessen” des entscheidenden Arbeitsgerichts zu bestimmen.
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Dabei spielt die Höhe des Verdienstes keine Rolle. Vielmehr kommt es darauf an, welche Art und Intensität die Beeinträchtigung hat, das Ausmaß des Verschuldens und die möglicherweise im Vorfeld vom Arbeitgeber ergriffenen Handlungen zur Abwehr, beziehungsweise zur Unterlassung der entstandenen Beeinträchtigungen und Schädigungen bei dem Arbeitnehmer. Zu berücksichtigen sind auch die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses, der arbeitsrechtliche Verlauf, die Gesamtumstände sowie die Art und Weise des tatsächlichen Geschehens im Zusammenhang mit dem Mobbing.

Wichtig ist dabei, möglicherweise bestehende, arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Anspruches zu beachten. Weiter besteht für die Geltendmachung des Anspruchs eine Darlegungs- und Beweislast bei dem Arbeitnehmer. Erst nach erfolgter Darlegung und genauem Sachvortrag mit Beweisangebot erfolgt eine Umkehr der Beweislast auf den Arbeitgeber, der dann wiederum im Einzelnen widerlegen muss.

Eine genaue Dokumentation, mit Angaben der beteiligten Personen, Ort, Uhrzeit und möglichen Zeugen sowie die nachvollziehbare Beschreibung der Entstehungsgeschichte ist ratsam. Oftmals hilft hier auch die Beweisführung durch einen behandelnden Arzt oder einen Psychologen, der den Arbeitnehmer während der Phase betreut und die jeweiligen Aussagen des Arbeitnehmers in seiner Behandlung oder Therapie nachvollziehen, dokumentieren und wiedergeben kann.

Bereits im Vorfeld ist es sinnvoll neben den jeweiligen Dienstvorgesetzten auch den Betriebsrat mit der Angelegenheit zu befassen. Es gehört zu den originären Aufgaben des Betriebsrates nach den Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes darüber zu wachen, dass die freie Entfaltung der Persönlichkeit der Arbeitnehmer geschützt und gefördert wird. Weiterhin ist der Betriebsrat verpflicht, allen an ihn herangetragenen Beschwerden nachzugehen und diese bei dem Arbeitgeber zu thematisieren.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass das Phänomen des Mobbings am Arbeitsplatz zunimmt und eine beträchtliche Dunkelziffer über das tatsächliche Vorkommen bereits vorhanden ist.

Die gerichtliche Verfolgung und die Sanktionierung durch die Arbeitgeber befindet sich noch in der Anfangszeit. Sehr tiefgehend befasst sich die Entscheidung des Arbeitsgerichts Eisenach, 3 Ca 1226/03 vom 30.08.2005, mit diesem Thema. Eine tatsächliche Verfolgung der zustehenden Ansprüche des betroffenen Arbeitnehmers scheitert oft an der schwierigen Darlegungs- und Beweislast für den geltend gemachten Anspruch bei den Arbeitsgerichten. Viele ziehen auch den persönlichen Rückzug und eine Kündigung dem harten Weg der Durchsetzung eigener Ansprüche gegenüber den Kollegen und dem Arbeitgeber vor. Oftmals sind auch die gesundheitlichen Auswirkungen und Beeinträchtigungen durch das seit langem bestehenden Mobbing so weit ausgeprägt, dass die psychische und physische Stärke für die Durchsetzung der Ansprüche nicht mehr gegeben ist.

Präventive Maßnahmen innerhalb eines Unternehmens sind bis dato noch nicht allgemein anerkannt und erst in wenigen Unternehmen installiert. Gemeinsame Gespräche mit den jeweiligen Vorgesetzten und dem Betriebsrat, der Einsatz von Konfliktlotsen, Mediationsverfahren oder Schulungen im Vorfeld zur Vermeidung solcher Verhaltensweisen, respektive dem Entstehen von solchen Konflikten, gehören in Deutschland noch nicht zum Unternehmensalltag.

Stand: 19.01.2007
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