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Fachartikel, 21.02.2011
Gute Ziele, schlechte Ziele
Die Hürden zur Zielerreichung eliminieren
"Formulieren Sie Ziele!" Ein Tipp, der in keinem Erfolgsratgeber fehlen darf. Doch wie definiert man individuelle, zugkräftige Ziele? Ein Blick durch neurobiologische Brille gibt Aufschluss, wie sich die Weichen für eine erfolgreiche Zielerreichung stellen lassen.

Bei Zielen geht es um das, was Ihnen wichtig ist. Es geht um das Wozu. Erst wenn Sie ein Motiv haben, erst wenn Sie definieren können, warum es für Sie Sinn macht, kann das selbst gesteckte Ziel ausreichend Zugkraft entwickeln, um nach Umsetzung zu drängen. Prüfen Sie einmal bei den Zielen, die Sie bisher nicht erreicht haben, ob Sie die Frage nach dem Wozu gut beantworten können.

Achten Sie unbedingt darauf, dass Sie das Ziel als Annäherungsziel, also positiv formulieren. Vermeidungsziele sind schlechte Ziele. »Ich will in Konflikten nicht immer nachgeben«, eignet sich nicht als zugkräftiges Ziel, denn es wird Ihnen schwerfallen, den Zielzustand zu assoziieren. Wie sieht das aus und wie fühlt sich das an, wenn etwas nicht da ist? Für Ihr Gehirn ist es dann nämlich noch immer da, wenn auch in der negierten Form. Sie aktivieren mit Vermeidungszielen das entsprechende neuronale Muster (»Ich gebe in Konflikten immer nach«) und erweisen sich damit einen Bärendienst. Das sollten Sie unbedingt vermeiden. Stattdessen sollten Sie die Aussage in ein Annäherungsziel umformulieren, zum Beispiel: »Ich will in Konflikten selbstbewusst auftreten.« Noch stärker wird dieses Ziel, wenn Sie daraus zusätzlich eine Haltung formulieren. Die könnte in diesem Fall etwa so aussehen: »Ich kann auf meine Kenntnisse und Stärken vertrauen.« Oder: »Ich bin es wert, gehört zu werden.«

Antizipieren Sie Ihr Ziel. Dies aktiviert die gleichen motivationalen Schemata wie reales Erleben. Machen Sie sich also ein Bild von dem, was Sie genau erreichen wollen. Denn unser Gehirn kann mit abstrakten Größen wie erfolgreicher Verkäufer oder kreativer Designer wenig anfangen. Was machen Sie genau und wie machen Sie es genau, wenn Sie Ihr Ziel erreicht haben? Noch besser wird es, wenn Sie hierzu ein positives Körpergefühl wahrnehmen. Achten Sie dabei auch auf Ihre Körperhaltung, auf Ihre Mimik und Gestik, wenn Sie das Ziel assoziieren. Hier kommen die somatischen Marker zum Zuge. Erfasst Sie ein angenehmes Gefühl bei der Assoziation des Ziels oder fühlt es sich eher etwas mulmig an? Spätestens hier werden Sie spüren, ob es implizite Einwände gegen das Ziel gibt oder nicht.

Ziele, die nicht sinnspezifisch sind, von denen Sie also keine Vorstellung entwickeln können, sind ebenso Pseudoziele wie solche Ziele, die Sie sich allein aufgrund einer kognitiven Überzeugung gesetzt haben. »Ich will die Firma meines Vaters übernehmen, weil das eine gute Chance für mich ist«, verdient hinterfragt zu werden. Ist diese Chance attraktiv? Was macht sie so attraktiv? Welche eigenen Bedürfnisse würden durch diese Chance erfüllt?

Wichtig ist außerdem, dass Ihre Ziele tatsächlich Ihrer Kontrolle unterliegen. Für das Ziel »Ich möchte Abteilungsleiter werden« trifft das schwerlich zu. Sie sollten dann überlegen, was in Ihrer Macht liegt, um sich diesem Ziel anzunähern. Sie könnten Ihr Ziel dann vielleicht so formulieren: »Ich will alles tun, um meine Führungsqualitäten zu entwickeln/unter Beweis zu stellen.« Das können Sie steuern. Ob Sie Abteilungsleiter werden, entscheiden Sie wahrscheinlich nicht.

Und schließlich: Wann genau haben Sie Ihr Ziel erreicht? Nichts ist schlimmerer Selbstbetrug als das Warten auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Setzen Sie sich also einen konkreten Termin und fangen Sie jetzt an! Begehen Sie nicht den Fehler, in der Imagination des Ziels zu verharren. Zum Abschluss dieses Kapitels werde ich Ihnen ein Modell vorstellen, das Ihnen dabei hilft, Ziele in Handlungen zu überführen.


Noch ein Punkt, der mir wichtig erscheint: Sie sollten bedenken, dass wir meist überschätzen, was wir in einem Jahr schaffen. und unterschätzen, was wir in zehn Jahren erreichen können. Fangen Sie daher am besten mit Fernzielen an. Wo wollen Sie in zehn Jahren stehen? Entwickeln Sie daraus schrittweise Ihre Nahziele.

Im Coaching nimmt die Arbeit mit Zielen eine Schlüsselposition ein. Glaube allein versetzt nämlich allen anderen Annahmen zum Trotz noch keine Berge, aber konkrete und attraktive Ziele lassen Ihnen unter Umständen Flügel wachsen! Hier noch einmal zusammengefasst die Bedingungen für wohlformulierte Ziele:

  • Positiv formuliert: Wo will ich hin? (Nicht: Wovon will ich weg)
  • Sinnspezifisch: Wie stelle ich mir den Zielzustand genau vor? Welche Körpersignale nehme ich bei der Assoziation des Ziels wahr?
  • Attraktiv: Warum will ich dieses Ziel erreichen? Was motiviert mich?
  • Kontrollierbar: Unterliegt die Zielerreichung allein meiner Kontrolle? Wie merke ich, ob ich mein Ziel erreicht habe?
  • Ökologisch: Erhöht das Ziel mein inneres Gleichgewicht? Gibt es Einwände gegen dieses Ziel?
  • Terminiert: Bis wann möchte ich mein Ziel erreichen?

Prüfen Sie einmal Ihre Ziele anhand dieser Kriterien. Vielleicht werden Sie feststellen, dass das ein oder andere Ziel gar nicht so fest verankert ist, wie Sie dachten, oder dass es eher ein vordergründiges Ziel mit wenig Zugkraft ist. Vielleicht haben Sie Ihr Ziel aber auch klar genug vor Augen, nur irgendwie fehlt die Initialzündung zum Durchstarten. Dann sollten Sie schleunigst Ihre Ressourcen aktivieren.

Ohne Ressourcen geht nichts

Wir erleben derzeit eine Inflation von Castingshows im Fernsehen, in denen sich Menschen tummeln, die von einem maßlos selbstüberschätzenden, teilweise hypermanischen Selbstbild erfasst sind. Man sollte ihnen besser raten, sich einem Therapeuten und nicht bei Dieter Bohlen vorzustellen. Bei ersterem könnten sie wenigstens noch auf empathische Unterstützung hoffen, die bei letzterem nicht so ganz gesichert ist. Nichts ist unmöglich? Doch: Omnipotenz. Jenseits dessen ist aber vieles möglich.

Worauf ich hinaus will: Schauen Sie genau, welche Ressourcen Sie haben, um Ihre Ziele zu erreichen. Ressourcen sind all die Dinge, die Sie positiv und motivierend bei der Erreichung Ihrer Ziele unterstützen. Ressourcen sind nach Grawe stark motivational besetzt und stützen Ihr Selbstwertgefühl. Storch und Krause bezeichnen als Ressourcen »Alles, was geeignet ist, erwünschte neuronale Erregungsmuster zu erzeugen, zu aktivieren oder zu verstärken« (Storch und Krause 2007: 179). Dies kann die Vorstellung des Zielzustandes selbst sein, dies können bestimmte Fähigkeiten, Werte, Glaubenssätze, angenehme Situationen und Erlebnisse sein, kurzum: alles, was Sie in Bezug auf Ihr Ziel unterstützt.

Also: Wo liegen Ihre Ressourcen und Potenziale? Der eine oder die andere von Ihnen wird sich hier vielleicht schwertun. Wer derzeit in einem Krisentief steckt, erkennt seine Stärken oft nur schwer. Ressourcen aber hat jeder und jede, denn sonst wäre er oder sie im Leben nicht dort angekommen, wo er/sie jetzt steht. Es kommt darauf an, diese bewusst wahrzunehmen und so zu stärken, dass daraus dominante neuronale Muster, Potenziale, werden.

Wenn Sie ein bestimmtes berufliches Ziel vor Augen haben, dann stellt sich natürlich immer die Frage, über welche erforderlichen Potenziale Sie schon verfügen und welche Sie noch entwickeln müssen. Oft führt der Weg nicht direkt zum Ziel, sondern über mehrere Stufen und manchmal auch nur über nicht vermeidbare Umwege. Wer gegen den Wind segeln will, muss kreuzen! Spätestens hier sollten Sie den Zeithorizont im Auge behalten und diesen gegebenenfalls korrigieren.

Veränderungsängste überwinden

Es kann in Veränderungsprozessen keine Sicherheit geben – außer derjenigen, die in Ihnen selbst steckt. Die Sicherheit, dass Sie, egal was geschieht, Probleme lösen und Ziele erreichen können, ist die wichtigste Ressource, die Sie brauchen. Nicht alles wird Ihnen auf Anhieb gelingen. Sie werden auch Fehler machen. Misserfolge sind zum Lernen da.
Das liest sich so leicht, aber nicht jeder kann das so sehen. Viele Menschen stolpern genau an diesem Punkt. Sie lassen sich durch Rückschläge vom Ziel abbringen.

Ziele und Ressourcen müssen stark genug sein, um die Widerstände zu überwinden, auf die Sie wahrscheinlich stoßen werden. Denn eines ist klar: Ihnen wird nichts geschenkt. Sie brauchen Durchhaltevermögen. Wer nicht wie ein Bach zu Tal plätschern oder seine Kraft in einer Tretmühle vergeuden will, der muss Widerstände überwinden und Steine aus dem Weg räumen können. Dafür brauchen Sie genügend Treibstoff. Wenn Sie kein eindeutiges Gefühl für das Warum entwickelt haben, dann werden Ihre unbewussten Erfahrungsanteile signalisieren, dass es schlauer ist, die gewohnte Straße zu benutzen, anstatt einen neuen, unbekannten Weg einzuschlagen. Der könnte ja gefährlich für Sie sein. Also: Schärfen Sie Ihre Säge, damit Sie gut durchs Dickicht kommen.

Und damit wären wir dann bei den Persönlichkeitsanteilen, welche Ihren gesetzten Zielen entgegenwirken. Angst ist eine solche starke Kraft. Angst aktiviert in Ihnen die Vermeidungsschemata. Und die führen Sie weg von und nicht hin zu. Sie werden Ihre Ziele nicht erreichen, wenn Sie den ängstlichen und zweifelnden Anteilen nicht die Kraft Ihrer Ressourcen und die eines starken Bildes Ihrer Zukunft entgegensetzen können.

Was Sie aber in jedem Fall vermeiden sollten, ist, alte Muster zu bekämpfen. Vergeuden Sie Ihre Energie nicht auf diese Weise! Wertschätzen Sie Ihre alten Muster, denn die waren Ihnen mit Sicherheit schon nützlich und können es auch in Zukunft sein. Erweitern Sie Ihr Repertoire um neue Muster und Sie werden feststellen, dass die alten Muster von ganz allein in den Hintergrund treten.

Und damit Ihre Ziele und Ressourcen nicht beim ersten Sturm fortgeblasen werden, sollten Sie diese gut verankern. Nichts ist stärker als erprobte Muster. Auch Ihr Umfeld wird von Ihnen eher die alten Verhaltensmuster erwarten und irritiert oder sogar ablehnend reagieren, wenn Sie mit unerwartetem Verhalten aufwarten. Und damit in solchen Situationen die alten Muster nicht wieder Oberhand gewinnen, nutzen Sie bewusstes Priming! Helfen Sie der Bahnung Ihrer neuen Muster ein wenig nach. Sie können sich zum Beispiel mit dem Durchlaufen der logischen Ebenen nach Dilts in einen ressourcenvollen Zustand versetzen, bevor Sie einen grandiosen Vortrag halten wollen. Oder Sie stellen ein inspirierendes Bild auf Ihren Schreibtisch, das Sie daran erinnert, sich fortan nur noch mit wichtigen Dingen zu beschäftigen. Oder Sie ziehen den Anzug an, der Ihnen am meisten Selbstbewusstsein verleiht, bevor Sie zum Vorstellungsgespräch gehen. Ich bin sicher, Ihnen fällt noch mehr ein.

Diese Techniken sind keineswegs Hokuspokus. Es konnte inzwischen wissenschaftlich belegt werden, dass Priming die Aktivierung bestimmter Muster fördert (Storch und Krause 2007). Ebenso hilft mentales Training, neue Fertigkeiten zu vertiefen. Dies kann jedoch nur unterstützend wirken. Neue Muster entstehen am besten durch aktives Tun und reale Erfahrung.

Gerald Hüther hat dies in sehr schöne Worte gefasst: »Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, und wenn der Wille stark genug ist und derselbe Weg immer wieder benutzt wird, entsteht daraus allmählich eine Straße und irgendwann sogar eine Autobahn, auch im Hirn. Und weil es dann immer schwerer fällt, diese eingefahrenen Bahnen später wieder einmal zu verlassen, sollte die Entscheidung, wie und wofür man sein Gehirn benutzt, mit viel Umsicht und Bedacht gefällt werden.« (Hüther 2007: 98)

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ZUM AUTOR
Über Dr. Constantin Sander
BusinessVillage GmbH
Dr. Constantin Sander (www.mind-steps.de) hat acht Jahre Forschung und neun Jahre Marketing und Vertrieb als Background. Er ist Business-Coach in Heidelberg. Kürzlich hat er sein Debüt als Buchautor präsentiert: „Change! Bewegung im Kopf“, ist Ende Mai bei BusinessVillage erscheinen.
BusinessVillage GmbH
Reinhäuser Landstrasse 22
37083 Göttingen

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