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Fachartikel, 30.04.2009
Führungsdefizite
Was das Beispiel „Klinsmann“ Führungskräften zeigt
Das Scheitern von Klinsmann als Cheftrainer des FC Bayern München war absehbar. Denn er machte Fehler, die viele Führungskräfte in der Startphase begehen. Davon sind viele Managementberater überzeugt.
„Good bye, Klinsi“, „Bayern München zieht Reißleine“, „Aus für den letzten Reformator“– mit solchen Überschriften berichteten die Medien von Jürgen Klinsmanns Entlassung als Cheftrainer des deutschen Fußball-Rekordmeisters. Und dies so intensiv, dass man vorübergehend denken konnte: Der Klinsmann-Sturz hat für Deutschland eine größere Bedeutung als die Wirtschaftskrise. Dabei kam die Entlassung keinesfalls überraschend. „Sie war absehbar.“ Davon ist Unternehmensberater Dr. Georg Kraus, Bruchsal, überzeugt.

Nicht wegen der blamablen Niederlagen gegen Wolfsburg und Barcelona. Auch nicht weil der Gewinn der Deutschen Meisterschaft immer unwahrscheinlicher wurde. Das alles hätten die Bayern-Bosse verkraftet. Viel bedrohlicher war für sie laut Kraus, dass sich plötzlich, wegen der Konstanz mit der die Vereine Hertha BSC, Hamburger SV und Vfb Stuttgart spielten, die Frage stellte: Kommen wir überhaupt in die Champions League?“

Die Bayern-Manager mussten handeln

„In dieser Situation musste die Führung des Vereins die Reißleine ziehen“, betont Kraus. „Denn das Nicht-Erreichen der Deutschen Meisterschaft hätte zwar am Stolz des 1. FC Bayern genagt – mehr aber nicht. Eine Spielzeit hingegen ohne Präsenz in der europäischen Königsklasse hätte den wirtschaftlichen Erfolg und die Marktposition des Unternehmens FC Bayern München nachhaltig gefährdet. Da mussten die Unternehmensführer handeln.“

Wäre das Erreichen eines Champigons-League-Platzes nicht gefährdet gewesen, hätten die Vereinsoberen vermutlich die noch verbleibenden vier, fünf Spiele der Saison abgewartet und erst danach das Aus verkündet. „Denn dass das Projekt Klinsmann gescheitert ist, das war wahrscheinlich allen Beteiligten schon vor Monaten klar“, vermutet Kraus.

Ein Projektmanager, aber keine Führungskraft

Doch warum ist Strahlemann Klinsmann beim 1. FC Bayern gescheitert? Dass er Menschen motivieren und Dinge bewegen kann, dies hatte er bei der WM 2006 bewiesen. Damals schmiedete er aus einer Truppe eher mittelmäßiger Profi-Kicker eine Mannschaft, die ganz Deutschland entzückte. „Stimmt“, sagt Klaus Kissel von der Unternehmensberatung ifsm, Urbar, „damals war seine Funktion aber auch eine andere als bei Bayern München.“ Als Nationaltrainer glich die Rolle von Klinsmann eher der eines Projektmanagers, der sich mit den Mitgliedern seines Teams für einen überschaubaren Zeitraum regelmäßig trifft, um gemeinsam eine prestigeträchtige Sonderaufgabe zu erfüllen. Zu diesen Treffen eilten die National-Kicker gerne. Nicht nur weil es für sie eine Auszeichnung war, zum Kreis der Auserwählten zu gehören. Auch die Aussicht sich auf der Bühne WM weltweit präsentieren zu können, war für sie verlockend. Hinzu kam: Die Treffen mit den anderen Nationalmannschaftskollegen waren für sie willkommene Ausflüge aus dem tristen, weil zur Routine gewordenen Bundesliga-Alltag. Entsprechend leicht waren die Elite-Kicker zu motivieren.

Anders war die Situation, als Klinsmann seinen Job Bundesliga-Trainer antrat. Nun war Klinsmann nicht mehr als Projektmanager, sondern als Führungskraft gefragt. Das heißt, er traf sich fortan nicht mehr sporadisch, sondern Tag für Tag mit den Profi-Kickern und musste dafür sorgen, dass diese auch ihre „lästigen“ Alltagsaufgaben bestmöglich erfüllen. „Und hierbei ist Klinsmann kläglich gescheitert“, konstatiert Unternehmensberater Peter Schreiber, Ilsfeld. Seines Erachtens wurden bereits sehr früh die Weichen in Richtung Misserfolg gestellt.

Zu früh, zu viele Veränderungen verkündet

Anfang 2008, als es um die Frage ging, ob Klinsmann neuer Bayern-Trainer werden solle, präsentierte dieser der Vereinsführung ein Konzept, wie sich der deutsche Top-Club zu einem Spitzen-Club weltweit entwickelt. Die Vereinsbosse waren begeistert. Soweit so gut! Ein taktischer Fehler war es laut Schreiber aber, bei Amtsantritt sogleich lauthals zu verkünden: Künftig machen wir alles anders! „Denn wie musste das auf die altgedienten Mitarbeiter des 1. FC Bayern wirken?“, fragt Johann Scholten von der WSFB Beratergruppe, Wiesbaden. In ihren Ohren mussten diese Aussagen wie folgt klingen: „Bisher haben wir in den Augen unserer Chefs alles falsch oder nicht gut genug gemacht. Und das obwohl, unser Verein tiefschwarze Zahlen schreibt und gerade Deutscher Meister sowie Pokalsieger wurde.“ Entsprechend musste auch Klinsmanns Aussage „Ich werde dafür sorgen, dass ihr jeder Tag etwas besser werdet“ auf die Spieler wirken – insbesondere auf die Leistungsträger.

Klüger wäre es gewesen, betont Scholten, am Anfang zu schweigen. Klinsmann hätte zunächst einige Wochen die Mannschaft trainieren und sich mit den Abläufen beim FC Bayern vertraut machen sollen. Denn danach hätte er den Vereinsangestellten gegenüber viel besser begründen können, warum gewisse Änderungen nötig sind. Und im Gespräch mit den Spielern hätte er präziser darlegen können, wo er bei ihnen noch Entwicklungspotenzial sieht und was sie aus seiner Warte tun sollten, um dieses zu entfalten. Dann wäre dies auch für Top-Spieler wie Ribéry, Toni sowie van Bommel überzeugender gewesen.

Die Leitwölfe nicht mit ins Boot geholt

Dass sie vorschnell irgendwelche Konzepte oder Visionen verkünden, diesen Fehler begehen Führungskräfte oft in der Startphase, betont Markus Hornung von der Unternehmensberatung EQ Dynamics, München. Der Grund: „Sie wollen Dynamik und Tatkraft beweisen und wissen oft gar nicht, welche Reaktionen ihre Äußerungen im Innenleben der Organisation auslösen, für die sie noch ein Fremdkörper sind.“ Viel sinnvoller wäre es vielfach am Anfang zu sagen: „Ich treffe in den ersten Wochen noch keine wegweisenden Entscheidungen. Ich schaue mir das Ganze erst einmal an.“ Dies gilt insbesondere für Newcomer, die zuvor zum Beispiel in einer anderen Branche gearbeitet haben. Oder wie Klinsmann bei seinem Amtsantritt noch nie Vereinstrainer waren. Denn gerade ihnen treten die alten Hasen in der Organisation, die sich nicht so leicht bluffen lassen wie der Nachwuchs, zunächst „abwartend skeptisch“ gegenüber – gemäß der Maxime: „Der soll erst mal im Alltag zeigen, was er kann.“

Dies war auch bei Bayern München der Fall. Dort hatte Klinsmann von Anfang an Probleme damit, die Leitwölfe in der Mannschaft als Mitstreiter zu gewinnen. Und als seine ersten taktischen Anweisungen nicht zum gewünschten Erfolg führten, gingen sie zunehmend auf Distanz. Sie stellten die fachliche Kompetenz des Trainers in Frage. Und irgendwann stellten sie mehr oder minder explizit die Machtfrage, was unter anderem dazu führte, dass Klinsmann den Mannschaftskapitän van Bommel für einige Spiele auf die Ersatzbank „strafversetzte“. Dass die mannschaftsinternen Leitwölfe nicht bedingungslos Klinsmann folgten, spürten auch solche „spät-pubertierenden Jungstars“ wie Podolski. Weshalb Klinsmann mit ihnen pausenlos Autoritätsprobleme hatte.

Erfolgsrhetorik wirkte irgendwann abgedroschen

Das Einzige, was Klinsmann in dieser verfahrenen Situation hätte helfen können, wären Erfolge gewesen. Doch diese blieben aus. Deshalb hatte Klinsmann am Ende nur noch die beiden Möglichkeiten, sich das Scheitern einzugestehen oder sich in eine „Durchhalte-“ oder „Erfolgsrhetorik“ zu flüchten. Klinsmann entschied sich zumindest öffentlich für Letzteres. Nach jeder noch so schmerzhaften Niederlage betonte er, warum seine Arbeit trotzdem erfolgreich sei. Gebetsmühlensartig wiederholte er, in einigen Wochen werde seine Mannschaft an der Spitze der Bundesligatabelle stehen. Doch weil seine Ankündigungen nie in Erfüllung gingen, dachte manch Zuhörer irgendwann: „Maulheld“.

Vermutlich dachten dies irgendwann auch einige Bayern-Bosse, obwohl sie es waren, die mit Klinsmann aufs falsche Pferd gesetzt hatten. Also entschieden sie: Wir ersetzen Klinsmann durch den Interimsmanager Jupp Heynckes. Ihm können wir aufgrund seiner Erfahrung unser Team anvertrauen.

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