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Fachartikel, 28.05.2014
Einflussnehmende Kommunikation
Rhetorik alleine reicht nicht
Alleorts erzählt man uns, dass Rhetorik das Mittel der Wahl ist, Botschaften zu übermitteln und beim Gegenüber zu verankern. Das ist aber nur die halbe Wahrheit.
Egal, wie gut du als Rhetoriker bist: Wenn du es nicht schaffst, deinem Gegenüber immer, und zwar wirklich immer Anerkennung, Wertschätzung, Respekt und Verständnis entgegenzubringen und auszudrücken, dann wirst du niemals wirkliche Beeinflussung erzielen. Denn die Voraussetzung hierfür ist, dass du deinen Gesprächspartner auf der emotionalen Ebene erreichst. Dass er dir wissend oder unwissend sein Innerstes öffnet.

Wir drücken unsere innere Rose, also all das, was uns als Person ausmacht, über unsere Gespräche aus und hoffen im Gegenzug, reichlich Dünger und Wasser für diese Blume in unserem Inneren zu erhalten. Du erinnerst dich an die hierfür benötigten Zutaten: Anerkennung, Wertschätzung, Respekt und Verständnis.

Der direkte Weg, deinem Gesprächspartner bewusst oder unbewusst zu zeigen, dass du ihn und all das, wofür er steht und was ihn ausmacht, nicht achtest, ist, ihm auf kommunikative Art zu verstehen zu geben, dass du seine Ansichten, Erfahrungen und Meinungen nicht ernst nimmst.

Dass du dich für sie nicht interessierst. Dass du sie als falsch betrachtest. Dass du auf sie keinen Wert legst. Dies ist der größte Fehler, den du bezüglich wertschätzender Kommunikation begehen kannst. Egal, wie gut du als Rhetoriker bist: Wenn du es nicht schaffst, deinem Gegenüber immer, und zwar wirklich immer Anerkennung, Wertschätzung, Respekt und Verständnis entgegenzubringen und auszudrücken, dann wirst du niemals wirkliche Beeinflussung erzielen. Denn die Voraussetzung hierfür ist, dass du deinen Gesprächspartner auf der emotionalen Ebene erreichst. Dass er dir wissend oder unwissend sein Innerstes öffnet. Dass er dir seine wachsenden Rosenblüten vertrauensvoll entgegenstreckt.

Den anderen erhören


Wenn du andere langfristig (aber auch punktuell) für dich einnehmen und kommunikativ beeinflussen willst, musst du ihnen erst einmal zeigen, dass du sie und ihre zum Ausdruck gebrachten Meinungen und Ansichten anerkennst und schätzt. Hieran führt kein Weg vorbei! Grundvoraussetzung dafür sind im Kern keine rein rhetorischen Kniffe, sondern die Kunst des richtigen Zuhörens. Durch die folgenden Techniken schaffst du es, deinem Gesprächspartner das Gefühl zu geben, dass du ihm nicht nur wirklich zuhörst, sondern ihn im wahrsten Sinne des Wortes erhörst! Er fühlt sich von dir respektiert und ernst genommen. Und genau deswegen beginnt er, dir zu vertrauen, und ist somit für deine Absichten, Vorschläge und Wünsche offen. Deine Chancen auf Gesprächserfolg steigen, je länger euer Gespräch dauert. Diese Erhörungstechniken sind weitläufig auch unter dem Sammelbegriff ›Aktives Zuhören‹ bekannt.

Nun liegt es in der Natur der Sache, dass Leute die Kunst des Sprechens als etwas Aktives, die Gabe des Zuhörens jedoch als etwas Passives wahrnehmen. Sprachkunst ist aufregend und spannend, aktives Zuhören langweilig und unspektakulär. Diese klassische Einstellung verbunden mit dem Fakt, dass wir Menschen uns irrsinnig schwertun, in einem Gespräch auch nur für eine halbe Minute unseren Mund zu halten, führt dazu, dass viele Trainer dem Wunsch ihrer Teilnehmer stattgeben und das Verhältnis von Sprachtechniken zu Zuhörtechniken klar oder sogar ausschließlich zugunsten ersterer ausrichten. Das ist schade und kontraproduktiv. Ohne solide Kenntnisse von Zuhörtechniken helfen dir die besten Sprachmuster wenig bis gar nichts. Du kommst selten oder gar nicht in die Nähe des Unterbewusstseins deines Gegenübers. Der größte Teil des von dir Gesagten verpufft an der Pforte zum emotionalen Reich des anderen. Außerdem beinhalten sämtliche Techniken des aktiven Zuhörens auch sprachliche Komponenten. Einfach nur still dasitzen und angestrengt zuhören ist nicht der Weg zur erfolgreichen Veränderung von Gesprächsverläufen und -ergebnissen.

Asiatische Weisheiten


Die folgenden Informationen habe ich aus dem Buch Zen in der Kunst des Zuhörens, geschrieben von Rebecca Z. Shafir, übernommen. Das Zeichen für ›Aufmerksam Zuhören‹ besteht aus mehreren Teilen. Links oben siehst du das Zeichen für ›Ohr‹, darunter das Symbol für ›gewickelter Faden‹ (von Yin zu Yang wechseln). Rechts befinden sich die ›Zehn‹ und das ›Auge‹ – gemeinsam bedeutet dies ›Mit zehn Augen prüfen‹. Darunter bildet das Symbol für ›Herz‹ den Abschluss. Das ganze Zeichen kann als ›Mit offenem (geradem) Herzen zuhören‹ oder ausführlicher als ›Wenn wir still sind, hören wir mit dem Herzen. Das Ohr ist zehn Augen wert‹ gedeutet werden. In östlichen Kulturen gilt Schweigen sowie das aktive Zuhören seit jeher als eine der wichtigsten und erstrebenswertesten Tugenden. Aus Studien ist bekannt, dass Amerikaner sich im Durchschnitt doppelt so lange wie Japaner unterhalten. In westlichen Kulturen kommt das Reden an erster, das Zuhören an zweiter und das aufmerksame Beobachten an dritter Stelle. In den fernöstlichen Kulturen hingegen ist die Reihenfolge genau umgekehrt: Platz eins: Aufmerksames Beobachten, Platz zwei: Zuhören, Platz drei: Reden.

Aktives Erhören, wozu?

Beim aktiven Erhören deines Gesprächspartners beziehungsweise beim aktiven Zuhören verstehst du dein Gegenüber von innen, offenbarst ihm dieses »Verstehen« auf wirksame Art und erklärst ihm gegebenenfalls mit eigenen Worten, wie du ihn verstanden hast. Und das tust du nicht ausschließlich auf der Sachebene, sondern, wie du sehen wirst, hauptsächlich emotionell.

Diese Kunst setzt eine bestimmte Grundeinstellung voraus: Den Wunsch, deinen Gesprächspartner wirklich verstehen zu wollen! Du willst dich in die Gefühls- und Gedankenwelt des anderen einfühlen und ihn und das von ihm Gesagte voll und ganz verstehen. Mit anderen Worten: Du gibst alles, um für eine begrenzte Zeit die Welt aus der Sichtweise deines Gegenübers wahrzunehmen. Du änderst deine Perspektive und lässt dein Ego außen vor!

Aktives Er- beziehungsweise Zuhören bedeutet nicht, dass du dem anderen zustimmst. Die Tatsache, dass du für eine bestimmte Zeit versuchst, die Sichtweise deines Gesprächspartners zu übernehmen, heißt noch lange nicht, dass du dessen Ansichten annimmst oder vertrittst. Im Gegenteil: Nachdem du selbige verstanden und vielleicht auch gründlich hinterfragt hast und so deinen Gesprächspartner und seine Motivationen besser verstehst, benutzt du – wo sinnvoll – dein gewonnenes Wissen, um deine eigene, vielleicht komplett unterschiedliche Sichtweise darzustellen und den anderen von selbiger zu überzeugen. Denn: Falls sich dein Gesprächspartner wirklich verstanden fühlt, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass auch du selbst verstanden wirst. Anders ausgedrückt: Er ist bereit für deine eigenen Wünsche und Anliegen. Du erreichst die wirklich wichtigen Punkte der Kommunikation – zwischenmenschliche und persönliche Auseinandersetzung – schneller. Und am wichtigsten: Dein Gegenüber ist sensibler für verschiedene Beeinflussungstechniken deinerseits.

Carl Rogers

Der Begriff ›Aktives Zuhören‹ stammt ursprünglich von Carl Rogers. Der Gründer der Sprachtherapie stellt bereits im letzten Jahrhundert fest, dass Patienten nicht nur Ratschläge und Lösungsvorschläge des Psychotherapeuten helfen, sondern dass jeder Mensch selbst Antworten auf eigene wichtige Fragen und Situationen entdeckt, wenn er sich in einer angstfreien Umgebung befindet. Dann findet er den Mut, eigenständig neue Ideen und Lösungswege zu entwickeln und umzusetzen. Ein guter Psychotherapeut textet daher seinen Patienten niemals zu oder bombardiert ihn mit gut gemeinten Vorschlägen – ganz egal ob er selbst bereits die eine oder andere Lösungsstrategie für seinen Patienten erkennt oder favorisiert. Im Gegenteil: Er unterstützt seinen Patienten stets durch aktives Zuhören darin, selbstständig Lösungen für anstehende Aufgaben oder Schwierigkeiten zu erkennen und diese auch bewusst oder unterbewusst außerhalb der Sitzungen weiterzuentwickeln. Er predigt nicht, sondern führt seinen Gesprächspartner zu den richtigen Möglichkeiten und Entscheidungen. Und dies auf eine solche Art, dass der Patient stets Selbsterkenntnis erlebt und Eigenverantwortung übernimmt.

Das bedeutet für dich, dass die folgenden Techniken dir nicht nur helfen, Gespräche in deinem Sinne zu beeinflussen, sondern dass du deinem Gesprächspartner dadurch auch ermöglichst, von sich aus reflektierter und effektiver in Gesprächen mit dir zu agieren. Frag nach bei Therapeuten, Business-Coaches & Co!

Dein kleines Ich

Stell dir vor, du nimmst an einem Training von mir teil. Bei einer der vielen Übungen meldest du dich gemeinsam mit zwei Kollegen für eine Demonstration. Ich übertrage dir die Rolle des Zuhörers und du erfährst, dass es deine Aufgabe ist, dich so gut wie nur irgendwie möglich zu konzentrieren. Dann nimmst du auf einem Stuhl Platz. Einer der beiden verbleibenden Freiwilligen setzt sich dir gegenüber hin. Sein Stuhl steht ungefähr einen Meter von dem deinen entfernt. Ich beginne mit den Spielregeln. »Dein Partner erhält von mir nun eine kurze Geschichte. Diese liest er dir deutlich vor. Deine Aufgabe ist es, dir in den nächsten eineinhalb Minuten möglichst viel davon zu merken und diese anschließend dem Rest von uns bestmöglich zu erzählen.« So weit, so gut! Du beginnst dich zu konzentrieren, während ich deinem Gegenüber eine kurze, ausgedruckte Geschichte überreiche. Darin geht es um ein Schweinchen und seine Suche nach einem Honigtopf. Aber natürlich weißt du das noch nicht.

»Um das Ganze etwas herausfordernder zu machen, kommt jetzt der dritte Teilnehmer ins Spiel«, fahre ich fort. Ich platziere einen Sessel exakt hinter den deinen, wieder in ungefähr einem Meter Abstand. Der übergebliebene zweite Partner setzt sich auf selbigen, sodass er dir auf den Hinterkopf schaut. »Der Kollege hinter dir erhält nun auch eine Geschichte von mir (einen kurzen Bericht über volkswirtschaftliche Entwicklungen in Fernost). Auch er wird dir gleich seine Informationen vorlesen und es ist deine Aufgabe, diese genau so sorgfältig zu verstehen und anschließend wiederzugeben. Und nun das Spezielle daran! Deine beiden Partner lesen dir, wenn es losgeht, ihren jeweiligen Text gleichzeitig vor!« Von hinten und von vorne werden dir die Geschichte des Schweinchens und der Business-Bericht vorgelesen. Neunzig Sekunden jede Menge Informationen. Und dann? Tja, dann bist du an der Reihe. Du trägst die beiden Texte eigenständig aus deiner Erinnerung vor. Was denkst du? Wie ergeht es dir dabei? Ganz klar. Du kannst dich an so gut wie gar nichts erinnern. Viel zu viele Informationen prasselten zu schnell von zwei Seiten auf dich ein. Heillose Überforderung! Was da jetzt mit dem Honigtopf und dem Schweinchen genau war: Fragezeichen! Asienentwicklungen im Detail: ebenfalls ein dickes, fettes Fragezeichen!

Und nun zur Moral der Geschichte: In dieser Demonstration geht es natürlich nicht darum, dass es unmöglich ist, zwei Personen auf einmal optimal zuzuhören und sich das Gesagte zu merken. Das ist logisch! Ansonsten könnten Firmen ja viel Zeit sparen, indem sie einfach bei Meetings Mitarbeiterpräsentationen parallel vortragen lassen. Vielmehr benutze ich diese Übung als Bild. Als Gleichnis, wenn du so willst. Der dir Gegenübersitzende steht für deinen Gesprächspartner. Er erzählt dir etwas (in diesem Fall die tolle Geschichte von Schweinchens Honigtopf) und du hörst aufmerksam zu, um die Informationen später optimal verwerten zu können. Und derjenige, der dir im Nacken sitzt und dich gleichzeitig mit wirtschaftlichen Gegebenheiten Asiens versorgt? Für wen steht der wohl? Ich sage es dir: Er ist dein kleines Ich.

Jeder von uns hat ein kleines Ich. Ich habe den kleinen Martin. Eine Anna hat ihre kleine Anna und du das deine. Dein kleines Ich lebt in deinem Kopf. Es ist die Stimme, die ständig zu dir spricht und dir deine Gedanken übermittelt. Nun schaut die Sache so aus: Es ist unmöglich, dass du dich gleichzeitig auf das Gesagte deines Gesprächspartners und die Einflüsterungen deines kleinen Ichs konzentrierst. Falls du das probierst, kannst du deine Konzentration weder effektiv auf das Eine noch auf das Andere richten. Wenn du in erster Linie deiner inneren Stimme zuhörst (und das tun die meisten Menschen mit Vorliebe), dann kannst du deinem Gesprächspartner nur noch äußerst oberflächlich folgen. Hinzu kommt noch, dass deine Denkgeschwindigkeit viel höher ist als die Sprechgeschwindigkeit jedes Menschen. Das Resultat ist immer ein Verlust deiner Aufnahmefähigkeit.

Natürlich kannst du einfach nur so tun, als ob du deinem Gesprächspartner wirklich zuhörst. Das Dumme ist nur, er merkt das in neun von zehn Fällen, und nicht nur das: Alle folgenden Techniken funktionieren dann nicht so, wie es vonnöten ist, um andere für dich einzunehmen. Der einzige wahre Weg, um dieses Dilemma zu lösen, ist, dein kleines Ich auszuschalten oder zumindest bewusst im Zaum zu halten. Wenn du andere ›erhörst‹, richtest du deine Aufmerksamkeit auf dein Gegenüber – exklusiv! Dein kleines Ich hat dann Sendepause. Und diese Erholungsphase tut ihm und dir von Zeit zu Zeit auch sehr gut.
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Über Martin Sernko
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Mag. Martin Sernko (http://www.sernko.com) zählt zu den führenden Kommunikationsexperten Europas. Seit zwanzig Jahren im Geschäft, entwickelt er bis heute, gemeinsam mit seinen Mitarbeitern, Beratungs-, Trainings- und ...
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