VOLLTEXTSUCHE
Fachartikel, 11.05.2007
Change-Management
Neue Ideen und Veränderungen erfolgreich durchsetzen
Die kontinuierliche Verbesserung der Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen setzt die Bereitschaft zur Veränderung voraus. Veränderungen sind jedoch nicht aller Menschen Sache. Selbst wenn die ersten angebissen haben, heißt das noch lange nicht, dass alle anderen mitmachen. Um neue Ideen und Veränderungen erfolgreich durchzusetzen, gilt es, die breite Masse im Unternehmen dafür zu gewinnen.
Das haben Sie sicher schon erlebt. Sie haben in Ihrem Unternehmen Neues eingeführt, einen Change. Schnell können Sie eine ganze Reihe von Chefs, Kollegen, Mitarbeitern begeistern. Sie schaukeln sich gegenseitig hoch. Und Ihre ersten Fans liefern Ihnen 1000 neue Ideen, was man noch alles machen könnte. Davon euphorisiert wollen Sie voll durchstarten. Sie können sich gar nicht mehr vorstellen, dass es Leute gibt, die auf diesen Ihren Change-Zug nicht aufspringen wollen, die das Neue ablehnen könnten. Und dann nach einiger Zeit die Enttäuschung: Sie erreichen die breite Masse der Zielgruppe nicht. Die scheinen nur zuzuschauen und darauf zu warten, dass auch dieser Change-Kelch, wie so viele zuvor, an ihnen vorüber geht.

Wie viele CRM-Systeme sind eingeführt worden, aber werden nur halbherzig oder gar nicht genutzt?! Oder Accountmanagement-Systeme? Oder neue Führungsleitlinien? Oder Kundenorientierungsoffensiven? Viel zu viele Change-Projekt-Leichen. Schlimmer noch: Am Ende stört es niemanden, dass die Projekte versanden. Die Mitarbeiter sehen immer wieder, dass „eine neue Sau durchs Dorf“ gejagt wird. Sie wissen schon, dass nicht alles so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird, dass das Management es eh nicht so ernst gemeint hat. Ein persönliches, im wahrsten Sinne des Wortes, einschneidendes Erlebnis werde ich nie vergessen.

Als ich noch bei der damals zweitgrößten Computerfirma der Welt war, machten mein Kollege Lutz und ich dem European Management-Team einen weit reichenden Vorschlag zum Thema Business Consultancy. Zu zweit, hervorragend getaktet, hatten wir es geschafft, die Manager für unseren Vorschlag zu begeistern. Schließlich haben wir ja nur das eingesetzt, was wir anderen in Seminaren beizubringen versuchen: Wie man Ideen verkaufen sollte! Wir bekamen grünes Licht für dieses Projekt. Und, wir „rannten los“, in die einzelnen Länder und Countrymanagement-Teams.

3 Monate später, im nächsten Meeting des europäischen Management-Teams wurden uns abrupt und mit voller Kraft die Trensen (das ist das Zaumzeug von Pferden, mit einem Metallstück, das das Pferd im Maul hat) bis weit hinter die Ohren gerissen. Das tat weh. Das Projekt wurde beerdigt. Wir hatten in bester Absicht viel Durcheinander angerichtet. Wir konnten viele Manager begeistern. Klar. Und die Manager fingen schnurstracks an, das alles zu implementieren. Nur, das alles war noch längst nicht ausgegoren, und, vor allen Dingen, unser Change-Marketing beruhte nur darauf, Leute zu begeistern, egal wie. Wir sahen und hörten nur die Fans. Die im Dunkeln sahen wir bei unseren Businesstrips nicht.

Klar, die Topmanager waren schnell begeistert, hatten wir ihnen doch versprochen, dass sie damit vor allem bei den Großkunden zügig und großen Erfolg haben werden. Begeistern konnten wir schon sehr gut. Wir hatten also viele Begeisterte, aber noch mehr Bestürzte, Verweigerer, Zuschauer, Abwarter. Vor lauter gegenseitiger Begeisterung hatten wir die Bestürzten, die Verweigerer, die Bedenkenträger, etc. vollkommen ausgeblendet. Und gerade mit diesen haben wir die schnell begeisterten Manager allein gelassen. Und die hatten ihren Ärger, vor Ort, allein gelassen von uns Begeisterern.

Es gibt immer einige, die man schnell begeistern kann. Begeistert sind sofort diejenigen, die selbst immer und immer wieder neue Ideen haben, die riesigen Spaß daran haben, das Neue mitzugestalten, ihre Ideen einzubringen. Die haben Ideen, Ideen, Ideen. Die geben frei- und freuwillig ihre Ideen, ihre Zeit und Energie her. Das sind die typischen freiwilligen Aktivisten für Arbeitsgruppen bzw. (in neu-deutsch) Task Forces. Das waren wir, Lutz und ich und ein paar andere Manager im o.a. Beispiel. Wir kannten ein Netzwerk von Ver-Rückten (Das Wort kommt von verrücken, etwas von seinem gewohnten Platz weg rücken, von der eingespulten Norm weg rücken!). Wir wurden gestoppt. Aber: Die Geschichte ging weiter.

Wir sind zwar voll auf die Nase gefallen, aber da waren dennoch einige begeisterte und mutige Manager, die erkannten, dass man aus dem Neuen durchaus etwas machen könnte. Sie erkannten den Kern des Neuen, das Neue vom Neuen. Die Macher übernahmen. Das sind die Menschen, die gerne die Initiative ergreifen und aktiv gestalten wollen (deswegen mein Kunstwort Creaktivität: Es reicht nicht Ideen zu haben, sondern man muss auch wissen und beherrschen, wie man diese aktiv umsetzt), die gerne ein Risiko eingehen, die nicht auf Perfektion, sondern auf das Neue stehen, auf „Das haben/machen die anderen noch nicht“. Sie wollen die ersten sein, sie wollen sich mit dem Neuen schmücken. Sie packen an, machen das Neue zum Projekt. Lutz und ich wunderten uns, dass da plötzlich andere Manager unsere Idee als ihre eigene verkauften. Wir erkannten schnell, dass wir gut daran taten, uns nicht gekränkt zu fühlen, sondern genau dieses als unsere Chance zu sehen. Wir hatten die Macher für uns, wir hatten Sponsoren. Und wir zogen uns, „bescheiden“ geworden, zurück auf unsere Consultant-Rolle. Wir gehorchten, führten aus: Wir machten endlich unsere Hausaufgaben. Wir haben unser Konzept und unsere Strategie schriftlich ausgearbeitet, kurz gefasst. Und die Macher haben das dann implementiert. Pilotprojekte liefen. Einige erfolgreich, andere weniger erfolgreich. Aber, das Neue nahm Fahrt auf.

Und dann das für uns damals Change-Unerfahrene Überraschende: Die Macher verloren recht schnell das Interesse, ihre Zeit und Energie weiter zu investieren. Warum? Sie dachten, die Sache wäre gelaufen. Es lief ja. Doch: Fehlanzeige! Die Sache war angelaufen, ja, Aber sie lief nicht richtig weiter, drohte in den Lähmschichten der „Konservierer“, „Bedenkenträger“, „Zauderer“ und „Rechthaber“ zu ersticken. Und die Zuschauer, die schweigende Mehrheit begann sich abzuwenden, weil sie nicht sehen konnten, was und wie das Neue wirken würde. Währenddessen waren die „Spinner“ und die „Macher“ schon längst wieder bei neuen Projekten. Und hier waren wir genau in unsere nächste Falle gestolpert: Wir hatten alle gestempelt, abgestempelt, als „Lähmschicht“. Wir sahen im Prinzip nur zwei Gruppen: Die Mit-Macher und die Lähmschicht. Eine schlimme Falle, wie Sie unten sehen werden. Ohne Ihnen zu nahe zu treten: Könnten Sie auch schon in diese Falle getappt sein? Unsere Herausforderung also: Wie kommen wir an diese „Lähm-schichten“ ran? Wie können wir die große Masse der Manager und Professionals, wenn schon nicht für das Neue begeistern, dann doch sie davon überzeugen, dass das Neue gut nicht nur für das Unternehmen und für unsere Kunden ist, sondern auch für sie? Schließlich sollten ja sie, die Professionals, als Berater das Neue, die neue Art, Kundenunternehmen zu beraten, umsetzen. Wir merkten, dass wir in ein ganz andersartiges Spiel einsteigen mussten.

Crossing the Chasm

Nachher ist man klüger als vorher. Im 1991 erschienen Buch „Crossing the Chasm“ von Geoffrey A. Moore fand ich endlich die Lösung für mein Change-Desaster-Problem damals Anfang der 80er Jahre. Moore beschreibt den „Technology Adoption Life Cycle“. Er sieht bei Produkteinführungen 5 verschiedene, aufeinander folgende Gruppen von Kunden, die sich in der Einstellung gegenüber dem Produkt, gegenüber dem Neuen ganz wesentlich unterscheiden. Konsequenz: Diese Gruppen müssen als Zielgruppen unterschiedlich angegangen werden. Sie werden sehen, dass Sie die Gedanken quasi komplett auf die Einführung von Neuem, auf das Veränderungsmanagement in Ihrem Unternehmen übertragen können.

:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Innovators: Die Enthusiasten
:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Sie wollen die Wahrheit, die Hintergründe wissen, Sie wollen auch auf die Probleme hingewiesen werden. Sie wollen kein Marketingmaterial. Sie brauchen keine Nutzenargumente. Sie wollen ganz simpel diejenigen sein, die das Neue als Erste haben, ausprobieren, besser machen. Sie sind an dem Neuen an und für sich interessiert. Diese Personen sind quasi Ihre besten Helfer in der Entwicklung des Neuen. Sie wollen den direkten Kontakt zu Ihnen. Sie verstehen sich als Teil des Projektteams, wollen mitmachen. Sie würden es Ihnen nicht verzeihen, wenn sie Informationen zurückhalten, Probleme verschleiern würden. Probleme und Herausforderungen und Unzulänglichkeiten sind es ja gerade, was sie am Neuen reizt. Sie wollen Teil des Teams sein, das das Neue zum Laufen bringt. Sie wollen beweisen, dass es geht.

:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Early Adopters: Die Visionäre
:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Diese Visionäre erkennen sehr schnell, wie sie sich das Neue zur Erreichung ihrer eigenen strategischen Ziele nutzbar machen können. Sie haben „Träume“, wollen ehrgeizige Ziele erreichen; sie streben einen Durchbruch an, nicht klein-kleine Schritte. Das Neue ist ein Erfolgshebel für ihren persönlichen Erfolg. Sie wollen sich damit profilieren. Sie geben Energie und Zeit und Geld, um das Neue in Projekten zu verwirklichen. Sie sind ehrgeizig. Meist sind sie erst neulich in die höheren Managementebenen hinein gekommen und müssen/wollen sich erst noch richtig beweisen, zeigen, was sie können. Dafür gehen sie große Risiken ein. Man muss ihren Traum verstehen und bestärken. Dann sind sie auch hervorragende Sponsoren und Referenzen, stellen sich hinter Sie und das Neue. Wenn man ihre Träume kennt, kann man ihnen leicht das Neue verkaufen. Es ist aber nicht leicht, sie zufrieden zu stellen. Träume sind so wie sie geträumt werden meist nur schwer zu verwirklichen. Ihre Anspruchsmesslatte liegt hoch. Daher kommt es darauf an, ihre Erwartungen zu managen. Und sie wollen, dass Sie das Projekt professionell angehen, mit Meilensteinen, mit Phasen und so weiter. Seien Sie gefasst, sie drücken aufs Tempo, wollen, dass die „Deadlines“ eingehalten werden. Klar, Sie wollen Erfolg herzeigen. Daher werden sie Sie auch leicht fallen lassen, wenn Sie versagen. Sie mögen sich nicht durch Sie und Ihre Unprofessionalität vor den Augen anderer blamieren lassen. Und nach diesen ersten beiden Gruppen kommt der Chasm, die Kluft, der Abgrund. Ab hier gilt es, das Change Marketing anders zu gestalten.

:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Early Majority: Die Pragmatiker
:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die Pragmatiker werden sich wohl kaum freiwillig für Pilotprojekte melden. Ihr Thema ist Sicherheit. Sie streben ganz simpel kleine, aber sichere Fortschritte an. Keine großen Sprünge. Deshalb muss sich das Neue schon bewiesen haben. Es ist schwer, sie zu überzeugen, mitzumachen. Aber, wenn sie einmal eingekauft sind, dann sind sie loyal und bleiben dabei. Das Neue wird dann der neue Standard. Daher kommt es ihnen darauf an, dass Sie mit Ihrem Projekt-Team saubere Arbeit leisten, dass Sie rundum Unterstützung leisten. Es dürfen keinerlei Probleme aufkommen. Sie mit Ihrem Team müssen also 100% offiziell im Sattel sitzen, anerkannt sein, eingespielt sein. Man muss sich voll auf Sie verlassen können. Sie brauchen Referenzen; das gibt dieser Gruppe die Sicherheit, dass es läuft. Sie müssen also geduldig sein, wenn Sie den Pragmatikern das Neue verkaufen wollen. Sie müssen voll deren Situation und Businessbedingungen verstehen und darauf eingehen können.

:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Late Majority: Die Konservativen
:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Die Konservativen sind absolut gegen Veränderungen, die Brüche in der Entwicklung darstellen könnten; eines muss sich ganz einfach aus dem anderen ergeben. Eigentlich interessiert sie das Neue überhaupt nicht, es sei denn, sie sehen, dass (fast) alle anderen schon das Neue einsetzen, und dass sie sich gezwungen sehen, mit allen anderen gleich zu ziehen. Das heißt aber nicht, dass sie das Neue jemals wirklich lieben werden. Für sie muss alles ausgereift und einfach anzuwenden sein. Keine Komplizierungen. Kein Schnickschnack. Sie wollen so wenig Energie und Zeit wie möglich dafür aufwenden. Sozusagen „Plug and Play“. Das Neue, die Lösung, muss voll auf sie, ihre Bedarfe und Bedürfnisse abgestimmt sein.

:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Laggards: Die Skeptiker
:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::

Bei dieser Gruppe kommt es darauf an, deren Einfluss auf die anderen zu reduzieren. Sie finden immer noch ein Beispiel, wo etwas Neues nicht funktioniert hat und wo viel Geld für Unausgegorenes zum Fenster hinaus geschmissen worden ist. In der Tat könnten die Skeptiker Ihnen viele wertvolle Hinweise geben. Sie finden garantiert die letzten Fehler im Neuen. Diese Ablehnungsgründe können für Sie Hinweise darauf sein, wie Sie das Neue weiter entwickeln sollten. Sie zeigen Ihnen die Unterschiede zwischen Ihren Versprechungen und den tatsächlichen Leistungen des Neuen gnadenlos auf. Den Bock zum Gärtner machen? Keine Angst vor diesen Skeptikern. Einige der Wortführer können Sie ohne weiteres in Ihr Projektteam involvieren. Die werden Ihnen enorme Schwierigkeiten machen, aber auch enorme Vorteile bieten. Nehmen Sie sie und ihre Einwände voll ernst und arbeiten sie daran. Es könnte sein, dass Sie dieser Gruppe dann helfen, sich selbst zu überzeugen. Und so könnten Sie den Change quasi von hinten aufrollen.

::::::::::::::::::::::::::::::::::::::
Buchtipp
::::::::::::::::::::::::::::::::::::::


ZUM AUTOR
Über Dr. Reiner Czichos
ctn - consulting & training network
Dr. Reiner Czichos ist Experte für professionelles Veränderungsmanagement und Projektmanagement. Er arbeitet seit über 30 Jahren als Trainer, Berater, Moderator, Organisations- und Personalentwickler. Unter dem Motto „Das einzig ...
ctn - consulting & training network
Merkstraße 19
82405 Wessobrunn

+08809-922-704
WEITERE ARTIKEL DIESES AUTORS
ANDERE ARTIKEL AUS DIESEM RESSORT
SUCHE
Volltextsuche





Profisuche
Anzeige
PRESSEFORUM MITTELSTAND
Pressedienst
LETZTE UNTERNEHMENSMELDUNGEN
Anzeige
BRANCHENVERZEICHNIS
Branchenverzeichnis
Kostenlose Corporate Showrooms inklusive Pressefach
Kostenloser Online-Dienst mit hochwertigen Corporate Showrooms (Microsites) - jetzt recherchieren und eintragen! Weitere Infos/kostenlos eintragen
EINTRÄGE
PR-DIENSTLEISTERVERZEICHNIS
PR-Dienstleisterverzeichnis
Kostenlos als PR-Agentur/-Dienstleister eintragen
Kostenfreies Verzeichnis für PR-Agenturen und sonstige PR-Dienstleister mit umfangreichen Microsites (inkl. Kunden-Pressefächern). zum PR-Dienstleisterverzeichnis
BUSINESS-SERVICES
© novo per motio KG