VOLLTEXTSUCHE
Fachartikel, 29.08.2006
Arbeitsrecht
Abfindung oder Prozessieren?
Die Kündigung als Rechenbeispiel. Vom Sinn und Unsinn eines Kündigungsschutzprozesses und der Frage ob eine Abfindung des Arbeitnehmers einem möglichen Prozess vorzuziehen ist.
Mit dem Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ist seit dem 01.01.2004 ein neuer gesetzlicher Abfindungsanspruch normiert worden. Anhand eines konkreten Fallbeispiels soll für Arbeitgeber aufgezeigt werden, welches Vorgehen sich als wirtschaftlich erweist und was dabei zu beachten ist.

Ein Unternehmer beabsichtigt aus betriebsbedingten Gründen einem seiner Arbeitnehmer zu kündigen, welchen er seit 10 Jahren beschäftigt. Der monatliche Bruttoverdienst beträgt 2.000 Euro. Der Betrieb des Unternehmers beschäftigt mehr als 10 Arbeitnehmer. Nach dem KSchG hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf eine Abfindung unter der Voraussetzung, dass der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse kündigt und der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der 3-Wochen-Frist keine Kündigungsschutzklage erhebt. Die Höhe der Abfindung beträgt für jedes Jahr der Dauer der Beschäftigung 0,5 Monatsverdienste. Im vorgestellten Fall würde die Abfindungshöhe daher 10.000 Euro betragen.

Da gerade Kündigungen spannungsgeladen sind, entscheiden sich sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber gerne “für die harte (Prozess)Tour”.

In der Praxis sind gut 90% aller arbeitsgerichtlichen Verfahren Kündigungsschutzklagen von denen ein Großteil mit einem gerichtlichen Vergleich endet. Der sozialversicherungsrechtliche Aspekt hinsichtlich Sperrzeit sowie Kostenfragen sollte aber nicht außer Acht gelassen werden. So ist vielen Arbeitnehmern und Arbeitgebern nicht bewusst, dass Sie im I. instanzlichen Verfahren vor den Arbeitsgerichten die Kosten eines Rechtsanwalts immer selbst tragen, denn es besteht gegen die unterliegende Partei kein Anspruch auf Kostenerstattung.

Zahlen oder Prozessieren?

Der Streitwert im Kündigungsschutzverfahren beträgt 3-Brutto-Monatsgehälter. Hier also 6.000 Euro. Bei diesem Streitwert verursacht ein Kündigungsschutzprozess für den Arbeitgeber ungefähre Kosten - selbst wenn er betriebsbedingte Gründe nachweisen kann und im Prozess obsiegt - von,

1. I. Instanz Beendigung mit Abfindungs - Vergleich: 10.000 Euro Abfindung + 1.500 Euro Anwaltskosten

2. I. Instanz Beendigung mit obsiegenden Urteil: keine Abfindung, aber 1.150 Euro Anwaltskosten

3. II. Instanz Beendigung mit Abfindungs - Vergleich: 10.000 Euro Abfindung + 1.850 Euro Anwaltskosten

4. II. Instanz Beendigung mit obsiegenden Urteil: keine Abfindung + 1.400 Euro Anwaltskosten trägt der Gegner

Geht man bei den Varianten 2 und 4 davon aus, dass der Arbeitnehmer obsiegt, so trägt der Arbeitgeber zusätzlich die Kosten des Annahmeverzugslohns, da das Arbeitsverhältnis nicht beendet ist.

Im konkreten Fall daher für jeden Monat 2.000 Euro. Bis die Parteien das Urteil der II. Instanz in den Händen halten ist mit einer Verfahrensdauer von bis zu 24 Monaten zu rechnen. Unterliegt der Arbeitgeber so summiert sich sein Risiko auf Zahlung des Annahmeverzugslohnes auf 48.000 Euro! Einschließlich der Kosten für den eigenen und den gegnerischen Rechtsanwalt über zwei Instanzen auf mithin 53.100 Euro!

Der Kündigungsgrund

Zwar verlangt der Gesetzeswortlaut, dass die Kündigung auf betriebsbedingte Gründe gestützt wird. Tatsächlich vorliegen müssen diese aber nicht, so dass es für das Zustandekommen der Abfindungsvereinbarung keine Rolle spielt, ob tatsächlich nur betriebliche Gründe für die Kündigung ausschlaggebend waren. Hierin liegt auch der Charme des Gesetzes, sich rechtswirksam und wirtschaftlich von einem Arbeitnehmer zu trennen. Gerade wenn Unsicherheiten dahingehend bestehen, ob der Kündigungsgrund einer Überprüfung im Kündigungsschutzprozess standhält. Die Praxis zeigt, dass dies oft genug gerade nicht der Fall ist und das Risiko der richtigen Sozialauswahl für den Arbeitgeber exponentiell wächst, je mehr Arbeitnehmer er in seinem Betrieb beschäftigt.

Darin liegt auch der Grund, warum Kündigungsschutzverfahren zu einem Großteil in der I. Instanz mit einem Abfindungsvergleich und den daraus entstehenden Kostennachteilen für beide Parteien enden. Zumal der Arbeitnehmer mit dem Mittel der Kündigungsschutzklage oft eine Abfindung und nicht primär die Rückkehr an den Arbeitsplatz anstrebt.

Sperrzeitfragen

Nach der Durchführungsanweisung der Bundesagentur für Arbeit droht keine Sperrzeit, wenn die »nicht offensichtlich rechtswidrige arbeitgeberseitige Kündigung auf betriebsbedingte Gründe gestützt wird und eine Abfindung gezahlt wird«.

Zum Vorgehen des Arbeitgebers

Die Kündigung bedarf der Schriftform, muss den Hinweis nach § 1 a KSchG enthalten und mit der Unterschrift schließen. Sowohl die Kündigung als auch der abzugebende Hinweis sind unbedingt und unwiderruflich.

- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -
§ 1 a KSchG ist oftmals für den Arbeitgeber eine lohnenswerte Alternative, da...
- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - -

::: zeitnah innerhalb von 3 Wochen Klarheit über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses besteht,

::: die Zahlungskonditionen planbar feststehen,

::: Abfindungsvereinbarung ist im Gegensatz zum gerichtlichen Vergleich kein Vollstreckungstitel,

::: kein unkalkulierbares Risiko über den Umfang von Annahmeverzugslohn und Anwaltskosten,

::: betriebsbedingte Gründe müssen für die Kündigung nicht ausschlaggebend sein.
ZUM AUTOR
Über AdvoGarantService GmbH
AdvoGarantService GmbH
Mittelstrasse 7
50672 Köln

+49-0221-2920100
WEITERE ARTIKEL DIESES AUTORS
Chance für Steuersünder
Steuerhinterziehung – sei es privat oder unternehmerisch durch beispielsweise Schwarzgeschäfte - ... mehr

ANDERE ARTIKEL AUS DIESEM RESSORT
SUCHE
Volltextsuche





Profisuche
Anzeige
PRESSEFORUM MITTELSTAND
Pressedienst
LETZTE UNTERNEHMENSMELDUNGEN
Anzeige
BRANCHENVERZEICHNIS
Branchenverzeichnis
Kostenlose Corporate Showrooms inklusive Pressefach
Kostenloser Online-Dienst mit hochwertigen Corporate Showrooms (Microsites) - jetzt recherchieren und eintragen! Weitere Infos/kostenlos eintragen
EINTRÄGE
PR-DIENSTLEISTERVERZEICHNIS
PR-Dienstleisterverzeichnis
Kostenlos als PR-Agentur/-Dienstleister eintragen
Kostenfreies Verzeichnis für PR-Agenturen und sonstige PR-Dienstleister mit umfangreichen Microsites (inkl. Kunden-Pressefächern). zum PR-Dienstleisterverzeichnis
BUSINESS-SERVICES
© novo per motio KG