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Fachartikel, 27.01.2011
Markenverantwortung
Viele starke Marken sind nur CSR-Leichtgewichte
Unzählige aktuelle CSR-Aktivitäten sind kaum mehr als kurzfristige, PR-trächtige Lippenbekenntnisse. Ernst zu nehmende unternehmerische Verantwortung ist demgegenüber langfristig angelegt und erhöht den Profit unter der Nebenbedingung möglichst geringer negativer Effekte für die eigenen Mitarbeiter, unsere Umwelt und die Gesellschaft als Ganzes.

Auch wenn viele Unternehmen es nicht gerne hören: Echte unternehmerische Verantwortung meint nicht ökologischen Ablasshandel, ökonomisches Gutmenschentum oder unbedingte soziale Großzügigkeit. Echte Corporate Social Responsibility (CSR) ist Chefsache und hat klaren strategischen Bezug, ist Teil des Kerngeschäfts und durchzieht die komplette Wertschöpfungskette, vom Lieferanten bis zum Kunden. Budgets sind zielgetrieben und nicht umsatzabhängig, werden in die Wertschöpfungskette des Unternehmens investiert und sind langfristig festgelegt.

Wie CSR erfolgreich praktiziert werden kann, macht seit Mitte der 1950er Jahre Deutschlands führender Babynahrungshersteller deutlich. Bereits 1956 stellte Hipp auf biologischen Landbau um. In ähnlicher Weise bietet Frosta seine Tiefkühlprodukte seit 2003 nur noch mit natürlichen Zutaten an und Trigema lässt als einziger deutscher Sport- und Freizeitkleidungshersteller ausschließlich in Deutschland fertigen – und sichert damit nicht nur hunderte von Arbeitsplätzen, sondern erspart sich und uns auch lange, die Umwelt schädigende Transportwege.

Einen eigenwilligen, überzeugungsgetriebenen Ansatz verfolgt auch Götz Werner bei dm. Die Drogeriekette stellt ihre Mitarbeiter in den Fordergrund, leitet sie zu eigenverantwortlichem Arbeiten an und gibt ihnen Raum zur Selbstentfaltung. Das ist glaubwürdig und passt zum Markenclaim „Hier bin ich Mensch, hier kauf ich ein.“ Zugleich ist dm hochprofitabel. Das ist kein Widerspruch, sondern klares Zeichen für erfolgreiche CSR. In ähnlicher Weiser sucht Edeka bundesweit den „MegaAzubi“ und betreibt darauf aufbauend intensive Nachwuchsförderung und Personalentwicklung – zum Nutzen der Mitarbeiter, aber auch ganz klar zum Vorteil des Unternehmens, das stets nach jungen Menschen Ausschau hält, die von sich sagen: „Wir lieben Lebensmittel.“

Die Deutsche Bank wiederum spart in den nächsten Jahren am Firmensitz in Frankfurt bis zu 55% Stromkosten und 45% Wasserkosten, da sie den Firmensitz für 200 Millionen Euro ökologisch modernisieren ließ. Demgegenüber reduzieren Miele-Waschmaschinen mit AutoDos-Modul den Waschmittelverbrauch um bis zu 30%, während i-Dos von Siemens den jährlichen Wasserverbrauch einer Waschmaschine um bis zu 7.000 Liter senkt und Rewe den CO2-Ausstoß je Quadratmeter Verkaufsfläche bis 2015 um 30% reduzieren möchte. Oder der Ventilatorenhersteller ebmpapst, der in seinen Printanzeigen fragt: „Wäre es nicht schön, wenn es eine Formel gäbe, die unternehmerische Verantwortung mit unternehmerischem Erfolg verbindet?“ Die Antwort liefert das Unternehmen gleich mit, indem es EC-Ventilatoren präsentiert, die den CO2-Ausstoß um 30% und die Betriebskosten um 41% senken.

Allen Beispielen echter CSR gemeinsam ist, dass sie bei den Mitarbeitern, der Umwelt bzw. der Gesellschaft als Ganzes ansetzen, Kosten sparen, die eigene Marke vom Wettbewerb differenzieren und/oder den Kunden einen echten Mehrwert bieten.

Noch ist es jedoch meist medienwirksamer und bequemer, temporär 1-2 Prozent vom Umsatz steuerbegünstigt zu spenden und umfassend darüber zu berichten als sich grundlegende Gedanken zum eigenen Tun und Lassen zu machen. Dank Social Media aber verlieren Unternehmen, die uns nur werblich glauben machen wollen, unternehmerisch verantwortlich zu handeln, immer mehr an Durchschlagkraft. Dazu trägt bei, dass CSR-Leichtgewichte leicht identifiziert werden können. Zu den typischen Kennzeichen zählen:

  1. Die Initiativen (Kampagnen) sind zeitlich begrenzt.
  2. Es werden umsatzabhängige Geldbeträge beworben.
  3. Die Erlöse gehen als steuerlich absetzbare Spende an Dritte.
Beliebte Empfänger der „Greenwashing“-Aktivisten sind der WWF, Unicef und die Rainforest Alliance. Sie werden meist nicht primär wegen ihrer hervorragenden Arbeit für Mensch bzw.  Natur ausgewählt, sondern vor allem aufgrund der Stärke ihrer Marken!

Das hat auch Haribo erkannt. Das Bonner Unternehmen spendete für jeden vom 14.12.2009 bis 30.3.2010 verkauftem Beutel Haribo-Goldbären zwei Cent an BILD hilft e.V. „Ein Herz für Kinder“. Insgesamt 1 Mio. Euro. Doch der Goldbärenhersteller ist nicht das einzige CSR-Leichtgewicht. In den letzten Jahren haben unzählige Markenhersteller ähnliche CSR-Kampagnen realisiert. Krombacher beispielsweise schützt seit 2002 immer mal wieder für ein paar Monate den Regenwald, Volvic lässt Brunnen in Äthiopien bauen und blend-a-med hat vor nicht allzu langer Zeit den Bau eines Gesundheitszentrums in einem SOS-Kinderdorf unterstützt, während mit dem Kauf von Pampers Tetanusimpfungen in Afrika finanziert wurden. Gardena wiederum hat in den Jahren 2007 und 2008 für jede verkaufte Wasserpumpe einen Euro an Unicef gespendet, was 1-2 Prozent vom Verkaufspreis entspricht. 2009 wiederum wurde vom 11.5. bis 31.7. im Internet zu Spenden aufgerufen, die vom Unternehmen bis zu einer Gesamtsumme von 35.000 Euro verdoppelt wurden.

Die genannten Projekten verbindet ist, dass der Bezug zum eigenen Angebot nicht oder nur bedingt gegeben ist. Es handelt sich meist eher um werblich nutzbaren Ablasshandel, der zudem anschaulich in mathematischen Gleichungen ausgedrückt werden kann: „1 Kasten = 1 m2“ (Krombacher)„1 Liter für 10 Liter“ (Volvic), „1m2 mit Alpinaweiß streichen = 100 m2 Alpen schützen“ und „5 wiederverwendete Handtücher = 1 neu gepflanzter Baum“ (Ibis Hotel).

Es gibt auch eine Reihe von Beispielen, die in die richtige Richtung weisen, bei denen aber noch unklar ist, ob es sich um CSR-Leichtgewichte handelt oder um ernstzunehmende CSR-Mitstreiter. Aktuelles Beispiel hierfür ist z.B. der Schuhhersteller Gallus. Im neuen Produktprogramm gibt es eine eigene Kollektion „Gallus earth“, bei deren Herstellung vegetabil gegerbtes Leder, lösungsfreie Klebstoffe, natürliche Druckfarben und Baumwollsenkel Verwendung finden. Leider spiegelt sich dieses umweltbewusste Denken nicht in den übrigen Kollektionen wieder – und greift damit zu kurz. CSR heißt nicht, für eine umweltbewusste Zielgruppe eine Kollektion „Öko-Schuhe“ anzubieten und die restlichen Schuhe auf herkömmliche Weise herzustellen, sondern den kompletten Herstellungsprozess so weit als möglich – und vor allem durchgängig – verantwortungsvoll zu gestalten. Aber vielleicht sind die „erdigen“ Schuhmodelle ja auch nur der erste Schritt und Gallus weitet die Verwendung umweltschonender Materialien schrittweise auf die übrigen Produktlinien aus. Zu wünschen wäre es jedenfalls, dass der Schuhhersteller den nächsten Schritt wagt und umfassend nachhaltig agiert! Das Gleiche wünschen wir uns für viele weitere CSR-Leichtgewichte.
ZUM AUTOR
Über Karsten Kilian
Markenlexikon.com
Karsten Kilian gilt als einer der führenden Markenexperten Europas. Mit Markenlexikon.com hat er das größte Markenportal im deutschsprachigen Raum aufgebaut. Nach seinem BWL-Studium an der Universität Mannheim und der University ...
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