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Fachartikel, 17.11.2006
Marketing-Leitfaden
Empfehlungsmarketing - Eine alte Kaufmannstugend wird neu erfunden (Teil 1)
Die Grenzen der klassischen Werbung (TV, Radio, Print, Plakat) sind erreicht. Die Werbebudgets steigen kräftig weiter, der Werbedruck wird ständig erhöht, doch die Wirkung sinkt dramatisch. 1. Teil des 2-teiligen Marketing-Leitfaden zu den Vorteilen, Einsatzfeldern und Instrumenten von Empfehlungsmarketing (Viral Marketing).
Wir Verbraucher sind kaum noch zu packen. Fernsehspots? Wohnzimmer-Spam! Anzeigen-Studium? Zeitverschwendung! Postwurfsendungen? Briefkasten-Spam! Werbe-Anrufe? Falsch verbunden! Gegenüber den meisten Werbeformen sind wir inzwischen immun: Wir schauen nicht mehr hin, wir hören nicht mehr zu. Wir fühlen uns gestört, wir sind angeödet und lassen uns nicht länger täuschen.

Empfehlungsmarketing schlägt klassisches Marketing

Menschen hören eher auf Freunde als auf Werbung. Eine glaubwürdige Empfehlung ist jeder Werbesendung deutlich überlegen. Gerade in turbulenten Zeiten leihen wir unser Ohr vor allem denen, die uns nahe stehen, denen wir wirklich vertrauen können, die ihre praktischen Erfahrungen wohlwollend mit uns teilen: verlässlichen Empfehlern. Eine fundierte Empfehlung hat manchmal geradezu magische Anziehungskraft. Gut gestreut und in das richtige Umfeld gebracht löst sie Wellen weiterer Empfehlungen aus. Wie dies systematisch entwickelt wird, steht in meinem Buch "Zukunftstrend Empfehlungsmarketing".

Das Empfehlungsmarketing - einst nur die meist lästige und oft auch penetrante Frage nach ein paar Adressen - hat sich mächtig weiterentwickelt. Pfiffige, bislang noch wenig beanspruchte Werbeformen und insbesondere das Internet eröffnen heute völlig neue Wege in Sachen Mundpropaganda. Im folgenden Beitrag möchte ich hervorheben:

1. das Guerilla-Marketing
2. das Buzz-Marketing
3. das Viral-Marketing

1. Wie Guerilla-Marketing funktioniert

Hinter diesem martialisch klingendem Begriff steckt ein offensives Marketing der Überraschungen. Guerilla-Marketing setzt auf Brain statt Budget, auf große Ideen für kleine Portemonnaies. Ursprünglich wurde Guerilla-Marketing als Waffe für Firmen mit knappen Werbegeldern im Kampf aus dem Hinterhalt gegen die ganz Großen entwickelt - daher der Name. Inzwischen wird es auch von Weltmarken genutzt, um mit unkonventionellen Methoden Aufmerksamkeit zu erzielen und eine öffentliche Diskussion anzuregen.

Legendär ist das Bild von Linford Christie mit den Puma-Augen anlässlich der Präsentation von Sport-Ausrüstung für die olympischen Spiele in Atlanta. Das Foto mit den Logo-Kontaktlinsen des Sportartikelherstellers ging um die ganze Welt und erreichte ein Interesse, das mit klassischer Werbung so nie möglich gewesen wäre – zu einem Bruchteil der Kosten.

Che Guevara im Marketing-Mix

Gut gemachte Guerilla-Marketing-Aktionen sind kreativ, mutig und frech, laut und rebellisch, idealerweise geradezu spektakulär. Sie kommen überraschend und meist unangekündigt aus dem Nichts daher und verschwinden dann wieder. Sie polarisieren und bringen sich so ins Gespräch. Man mag sie oder man mag sie nicht – Hauptsache, man redet über sie. Ihre Wirkung ist meist emotionaler Natur und damit auch nachhaltiger als konventionelle Werbung.

Tribis, eine Schweizer Hundeschule aus Bubikon machte beispielsweise wie folgt auf sich aufmerksam: Wenn Hundebesitzer nach dem Einkaufen zu ihrem vor dem Laden angebundenen Hund zurückkehrten, bekamen sie einen Schrecken. Ihr Vierbeiner hatte einem Stofffetzen zwischen den Zähnen, der wie ein Stück Hosenbein aussah. Erst bei näherem Hinsehen konnten sie auf dem Jeansstoff lesen: „Glück gehabt, das ist nur ein Fetzen Werbung. Falls Sie aber ernsthaft an den Manieren Ihres Lieblings gezweifelt haben, wird es Zeit für einen Termin bei uns.“ Die Resonanz war gewaltig. In kürzester Zeit waren die Kurse ausgebucht, so dass die Aktion vorzeitig gestoppt werden musste. Kleines Budget, pfiffige Idee, große Wirkung.

Als einmaliges und meist unterhaltsames Ereignis sorgt Guerilla Marketing für eine selbständige Weiterverbreitung der Botschaft per Mund-zu-Mund-Propaganda über das Internet und oft auch über die Presse. Der Autovermieter Sixt nutzt beispielsweise ganz bewusst provokante Werbemotive mit dem ausdrücklichen Ziel, eine hohe Medienresonanz zu erreichen. Abmahnungen werden dabei nicht nur billigend in Kauf genommen, sondern sind geradezu erwünscht.

Eine Gefahr im Guerilla-Marketing ist die mangelnde Kontrollierbarkeit. Zu den Kernaufgaben derartiger Aktionen zählt ja, für Agitationen zu sorgen. Das kann sowohl die Befürworter mobilisieren, die sich schützend vor die Marke stellen, als auch Gegner auf den Plan rufen, die die Marke beschädigen.

Letzteres hat die Automarke Chevrolet bei ihrem Geländewagen Tahoe zu spüren bekommen. Chevrolet stellte eine Internetseite online, die es den Besuchern ermöglichte, Videoclips mit eigenen Werbesprüchen zu vervollständigen. Viele Teilnehmer haben diese Gelegenheit genutzt, um sich auf ironische Weise über den hohen Benzinverbrauch der Autos lustig zu machen. In einem der Clips fährt der Tahoe durch eine Wüstenlandschaft. Ein zynischer Text zum Clip lautet: \"Das Öl unseres Planeten ist beinahe aufgebraucht. Man benötigt kein GPS, um zu sehen wohin uns dieser Weg führt.“

2. Wie Buzz-Marketing funktioniert

Aus den USA schwappen derzeit ganz neue Formen der Mundpropaganda zu uns herüber. Sie entstehen nicht aus dem ‚Good-will’, den zufriedene Kunden ihrem Anbieter mehr oder weniger uneigennützig entgegenbringen, sondern sie werden durch spezialisierte Agenturen, die es inzwischen auch in Deutschland gibt, planmäßig initiiert und müssen bezahlt werden.

Solche Buzz-Agenturen haben so genannte ‚Buzzer’ (to buzz = ausschwärmen) in ihrer Datenbank, die vorgegebene Produkte zwar gezielt, aber dennoch zwanglos in ihrem Umfeld ins Gespräch bringen. Die ausgewählten ‚Agenten’ bekommen Produktmuster und Anleitungen für die Kundenansprache. Sie arbeiten unentgeltlich und unterliegen keinem Zwang. Sie tun und sagen, was sie wollen.

‚Buzzen’ ist für sie eine Chance, Spaß zu haben, an einen Informationsvorsprung zu kommen, ihr Geltungsbedürfnis zu nähren, anderen zu helfen oder Einfluss zu nehmen. Das bringt Selbstbewusstsein und Prestige. ‚Buzzer’ sind also in aller Regel Selbstdarsteller und Vorreiter, ihre ‚Opfer’ sind Leute, die dazugehören wollen oder Angst haben, den Anschluss zu verlieren. Außerdem können ‚Buzzer’ neue Produkte testen, bevor sie auf den Markt kommen und so an deren Entwicklung Anteil nehmen. Oder gar noch notwendige Änderungen anschieben.

Buzzen als neuer Zeitvertreib

Wie Buzz-Agenten den anvisierten Kunden ein Produkt im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft machen können, wurde bei einer neuen Wurstsorte der Marke Al Fresco deutlich. Dem produzierenden Unternehmen Kayem Foods war es mit herkömmlichem Marketing nicht gelungen, ihr Produkt auf die Teller der amerikanischen Verbraucher zu bekommen. So wurde eine Truppe von Buzz-Agenten angeheuert. Sie organisierten Grillfeste, priesen die neue Wurst in Supermärkten und Grillstuben, erzählten Freunden und Verwandten davon, fragten nach der Wurst in allen möglichen Läden und beschwerten sich, dass sie dort nicht im Regal lag. So setzte eine glühende Nachfrage ein, die Verkaufszahlen schossen in die Höhe und der Umsatz stieg unmittelbar nach der Kampagne um 1,2 Millionen Dollar.

Abzuwarten bleibt bei dieser neuen Form der Mundpropaganda, ob die jeweiligen Zielpersonen die aktivierten Werber wirklich als uneigennützig und glaubwürdig erleben und den mehr oder weniger gut gemeinten Ratschlägen vertrauensvoll folgen werden. Oder aber ob sie darin einen neuen subversiven Versuch sehen, mit Tricks und Tücken insgeheim getäuscht und verführt zu werden.

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Buchtipp
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Anne M. Schüller
Zukunftstrend Empfehlungsmarketing
Der beste Umsatzbeschleuniger aller Zeiten
BusinessVillage 2005, 135 Seiten,
ISBN 3-934424-65-1, € 21,80
eBook: PB-587, € 14,80 (www.businessvillage.de)

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Anne M. Schüller Marketing Consulting
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