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Fachartikel, 02.06.2008
Fachhochschule und Wirtschaft Hand in Hand
Zum Informatiker geeignet?
Im Beruf sind andere Fähigkeiten als in der Schule gefragt. Deshalb ist bei den meisten Privatuniversitäten die Abiturnote nur ein Auswahlkriterium bei der Vergabe von Studienplätzen. So auch bei der Fachhochschule der Wirtschaft Hannover (FHDW). Sie lädt die jungen Männer und Frauen, die sich zum Beispiel für ein Studium in Informatik- bzw. Wirtschaftsinformatik interessieren, zu einem halbtägigen Auswahlverfahren mit Firmenvertretern ein.
Im Seminarraum, an dessen Tür das Schild „Auswahlverfahren“ hängt, herrscht nervöse Spannung. Unsicher blicken die achtzehn jungen Männer und Frauen, alle etwa 20 Jahre alt, im Raum umher. Verstohlen mustern sie die beiden Herren, die an der Stirnseite der hufeisenförmig aufgestellten Tische sitzen. Dann ergreift endlich der erste das Wort: Prof. Dr. Günther Hellberg, Inhaber des Lehrstuhls Netze und Betriebssysteme an der Fachhochschule der Wirtschaft Hannover (FHDW). Mit einem aufmunternden Lächeln begrüßt er die Bewerber um einen Informatikstudienplatz. Dann erteilt er seinem Tischnachbarn Prof. Dr. Harald König das Wort. Der Softwareengineering-Spezialist und Verantwortliche für den Studiengang Wirtschaftsinformatik stellt das Studienangebot der privaten Fachhochschule vor.

Außer den Studiengängen Informatik und Wirtschaftsinformatik werden an der FHDW betriebswirtschaftliche Bachelor- und Masterstudiengänge angeboten. Die Bachelor-Studiengänge dauern jeweils drei Jahre. Und in ihnen wechseln Theoriephasen an der Hochschule und Praxisphasen in der Industrie vierteljährlich ab. König nennt auch einige der über 200 Unternehmen, mit denen die Fachhochschule kooperiert. Im Bereich Informatik gehören dazu solche Unternehmen wie Sennheiser Electronic, Höft & Wessel und Kind Hörgeräte; des Weiteren auffallend viele Versicherungen. Darunter solche Konzerne wie HDI und Talanx.

(Fach-)Wissen allein ist nicht genug

Dann erklärt Günther Hellberg das Auswahlverfahren der Fachhochschule. „Bei uns braucht niemand ein Super-Abi“, betont er, „ein Notendurchschnitt von 2,9 genügt.“ An der FHDW zählen andere Qualitäten. Solche, auf die es im späteren Beruf vor allem ankommt. Zum Beispiel, ob ein Bewerber gut in einem Team arbeitet oder wie er Probleme, auf die er im Berufsalltag stößt, angeht; außerdem soziale und kommunikative Kompetenzen. Hierüber sagt die Abiturnote aber nichts aus. Deshalb gibt es an der FHDW das Auswahlverfahren – „damit wir die Bewerber persönlich kennen lernen und einen Eindruck von ihren Fähigkeiten und Entwicklungsmöglichkeiten gewinnen“.

Zu Beginn des Auswahlverfahrens werden die Englischkenntnisse überprüft. Dabei steht das Sprachverständnis im Vordergrund. Weiter geht es mit einem Test zum logisch-abstrakten Denkvermögen. In 45 Minuten sollen die Teilnehmer 48 Aufgaben lösen. Dann ist Zeit für eine kurze Kaffeepause. Studienplatzbewerberin Susanne Vogt* schenkt sich gerade eine Tasse Kaffee ein, als Tobias Weiß zu ihr stößt. „Puh“, stöhnt der frischgebackene Abiturient. „Ich glaube, ich habe alles falsch beantwortet.“ Während er dies im Flüsterton sagt, blickt er unsicher über seine Schulter. Es könnte ja ein„Prüfer“ hinter ihm stehen. Die sollen seine Unsicherheit nicht bemerken. Schließlich will er einen souveränen Eindruck hinterlassen. Doch es droht keine Gefahr. Die beiden Professoren Hellberg und König werten in einem Nebenraum die Tests aus.

Dann liegen die Ergebnisse vor. Sie sind erfreulich. Die meisten Bewerber haben das Soll erfüllt und mindestens 40 Fragen richtig beantwortet; der Rest liegt nur knapp darunter. Tobias Weiß blickt erleichtert zu Susanne Vogt. Sie lächelt ihm aufmunternd zu. Denn nun ist klar: Weiß kann nicht wie befürchtet „alles falsch“ gemacht haben. Hinzu kommt: Die Testergebnisse sind nur ein Aufnahmekriterium. Auch Bewerber, die die Soll-Punktzahl nicht erreichten, können noch einen Studienplatz zu ergattern – „wenn sie in der Vorstellungsrunde und beim Bearbeiten der Fallstudie einen guten Eindruck hinterlassen“, erläutert Hellberg.

Künftige Arbeitgeber beschnuppern

Prof. König stellt drei Damen und Herren vor, die in der Kaffeepause zur Gruppe stießen. Sie arbeiten für Unternehmen, die FHDW-Studenten Praktikumsplätze zur Verfügung stellen. Sie werden die Bewerber unter anderem beim Lösen der Fallstudie beobachten. Doch zunächst stellen sich die Bewerber vor und schildern, warum sie sich für ein Informatik-Studium an der FHDW interessieren. Lars Winter ist als Erster dran. „Mir gefällt, dass das Studium nur drei Jahre dauert“, betont der 21-Jährige. Alle anderen Bewerber nicken. „Außerdem spricht mich der Wechsel zwischen Studien- und Praxisphasen an. So kann man das Gelernte sofort umsetzen“, ergänzt Winter. Dann ist Susanne Vogt an der Reihe. Sie wurde durch das gute Abschneiden der FHDW beim CHE-Hochschulranking auf die private Fachhochschule aufmerksam. Außerdem gefällt ihr gefällt, dass die Hochschule mit vielen Versicherungen kooperiert. „Versicherungsinformatiker werden zurzeit händeringend gesucht.“ Das weiß die junge Frau von ihrem Vater, einem auf IT-Berufe spezialisierten Personalberater.

Die Vorstellungsrunde zeigt: Die Bewerber bringen unterschiedliche Voraussetzungen mit. Susanne Vogt präsentiert sich sehr selbstbewusst. Johannes Göbel hingegen ringt anfangs nach Worten. In Fahrt kommt er erst, als er schildert, wie er einmal ein Steuerungsprogramm für die Unterhaltungselektronik in seinem Elternhaus programmierte. „Leider funktionierte danach kein Lautsprecher und Bildschirm mehr“, gesteht er. Alle schmunzeln, auch die Unternehmensvertreter.

Dies ermutigt Tobias Weiß zur Frage an die Unternehmensvertreter, welche Erfahrungen sie bisher mit FHDW-Studenten gesammelt hätten. Christiane Besa-Schmidt, Aus- und Weiterbildungs-Referentin bei den VGH Versicherungen, Hannover ergreift das Wort: „Wir kooperieren seit Jahren mit der FHDW und haben nur gute Erfahrungen damit gemacht.“ Dem stimmt Urich Büchler zu. Er ist Entwicklungsleiter Fahrzeugsysteme bei der Höft & Wessel AG.

Bewerber bearbeiten Fallstudie

Nach der Vorstellungsrunde sollen die Bewerber in Gruppen eine Fallstudie bearbeiten. „Wie Sie dabei vorgehen, entscheiden Sie“, erläutert Prof. König. In der Fallstudie erhält der (Wirtschafts-)Informatiker eines Unternehmens den Auftrag, mit einer Projektgruppe eine Software zu entwickeln und zu implementieren, die die Auftragsbearbeitung verkürzt und die Fehlerquote minimiert. Wer der Gruppe angehören sollte, steht in den Unterlagen nicht. Das sollen die Teilnehmer herausfinden. Außerdem sollen sie überlegen, welche Kompetenzen die Projektgruppe braucht, damit sie das Projekt erfolgreich durchführen kann.

„Komisch ist“, beginnt Susanne Vogt, „dass der Chef dem Informatiker den Auftrag in der Kantine beim Mittagessen erteilt.“ Das fiel auch zwei anderen Bewerbern auf. Johannes Göbel interveniert: „Sollen wir erst mal unser Vorgehen festlegen?“ Die anderen sind einverstanden. Sie beschließen, Kleingruppen zu bilden. Jede Gruppe soll einen Verantwortlichen benennen, der später die Ergebnisse präsentiert. Ein klar strukturiertes Vorgehen! Nur umgesetzt wird es nicht. Stattdessen diskutieren die Bewerber in der Großgruppe weiter.

Währenddessen machen sich die Beobachter Notizen. „Dominiert die Gruppe anfangs, gibt aber die Meinungsführerschaft am Ende freiwillig ab“, notiert Ulrich Büchler bei Susanne Vogt. Hinter dem Namen Johannes Göbel steht: „Hinterfragt Dinge und spricht die richtigen Themen an.“ Plötzlich mahnt Göbel zur Eile. „Wir haben nur noch zehn Minuten Zeit. Wollen wir noch mal durchsprechen, wie wir die Ergebnisse präsentieren?“ Er strukturiert nun zunehmend die Arbeit der Gruppe, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Das bringt ihm bei den Beobachtern Pluspunkte ein. Johannes Göbel hat auch die richtige Idee, was der Informatiker zunächst tun sollte: Zu seinem Chef gehen und mit ihm den Auftrag klären. „Denn der Auftrag enthält zwei gegenläufige Ziele: Einerseits soll alles schneller gehen, andererseits soll die Fehlerquote reduziert werden.“

Zeigen was man kann

Bei der Präsentation fällt auf: Johannes Göbel trieb zwar den Prozess in der Gruppe am weitesten voran, bei der Präsentation ihrer Arbeitsergebnisse sagt er aber kein Wort. Das lässt den Schluss zu: Einerseits kann Göbel andere am Erfolg teilhaben lassen, andererseits kommt er in einem Unternehmen nicht weit, wenn er seine Leistung nicht sichtbar macht. Denn dort steigen oft die „eloquenten Redner“ nach oben.

Dann ist das Auswahlverfahren beendet. Die Unternehmensvertreter haben nun ein Bild von den Kandidaten, ihren Fähigkeiten und Potenzialen. Bevor die Bewerber verabschiedet werden, stehen die FHDW- und die Unternehmensvertreter ihnen nochmals Rede und Antwort, auch zu fachlichen Fragen. Schließlich wird das Thema Beratung der Bewerber an der FHDW groß geschrieben. Auch an diesem Nachmittag. „Wie geht es nun weiter? Wie kommen wir mit den Praktikumsfirmen in Kontakt, wenn uns die FHDW annimmt?“, will Susanne Vogt wissen.

Professor Hellberg erklärt das weitere Vorgehen: „Wir werden uns nun mit den Unternehmensvertretern beraten und jeden Bewerber bewerten. Danach entscheiden wir über eine Zusage. In einigen Tagen informieren wir Sie, ob Sie einen Studienplatz erhalten. Wenn ja, senden wir Ihnen eine Liste mit den Adressen der Unternehmen, bei denen Sie sich um Praktikumsstellen bewerben können.“ Die angehenden Studenten können sich aber auch bei einem Unternehmen, das nicht auf der Liste steht, eine Praktikumsstelle suchen. Die FHDW informiert dann das neue Partnerunternehmen über das Studienmodell.

* Die Namen aller Bewerber(innen) wurden geändert.

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