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Kolumne
Chefsache Führung, 03.02.2010
Weg vom Neid
Von „überhöhten“ Manager-Boni und falschen Motivationen
Der englische Finanzminister Alistair Darling beabsichtigt, die Boni der Investmentbanker durch eine Extraabgabe wegzubesteuern. Frankreichs Präsident Nicolas Sarcozy bläst ins gleiche Horn. Deutschlands Politikerelite - allen voran Bundeskanzlerin Merkel - würde auch gern entspechend Publicity-trächtig handeln, darf aber nicht wegen des im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatzes. Dabei geht die Diskussion am eigentlich zentralen Punkt vorbei.
Der englische Finanzminister Alistair Darling beabsichtigt, die Boni der Investmentbanker durch eine Extraabgabe wegzubesteuern. Frankreichs Präsident Nicolas Sarcozy bläst ins gleiche Horn. Deutschlands Politikerelite - allen voran Bundeskanzlerin Merkel - würde auch gern entspechend Publicity-trächtig handeln, darf aber nicht wegen des im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatzes. Dabei geht die Diskussion am eigentlich zentralen Punkt vorbei.

Die Zeit vergeht schnell und des Menschen Fähigkeit zu vergessen und zu verdrängen läuft mal wieder zur Höchstform auf. Kaum 15 Monate sind seit der Lehman-Pleite vergangen. Mit Milliarden wurden die in Schieflage geratenen Banken durch die betroffenen Staaten gerettet. Und kaum haben sich die Märkte etwas erholt, geht das Spiel von vorne los. Nichts gelernt. Stattdessen verkünden viele, primär im Investmentbanking tätige Institute die ersten Milliardengewinne, so auch Deutschlands Primus: die Deutsche Bank. Allein im 3. Quartal wurde ein Ergebnis von 1,4 Mrd., für die ersten neuen Monate insgesamt 3,6 Mrd.€ ausgewiesen, primär verdient im Investmentbanking. In London, neben New York das Herz des Investmentbankings, sollen allein für 2009 6,0 Mrd. £ (6,6 Mrd. €) Boni ausgeschüttet werden. Vorrangig an die Banker, welche vorher durch ihr Handeln die Krise (mit) verursacht haben. Zynisch. Oder ist die Kritik an solchen Zahlungen doch nur Ausdruck von Neid?

Ohne allein auf die Banken zu schauen, ist aber zu fragen, welche Interessenslagen da aufeinander treffen: Der Arbeitgeber will und erwartet ein Höchstmaß an Leistung für sein Geld. Der Arbeitnehmer wünscht sich einen sicheren Arbeitsplatz bei guter Bezahlung. Außerdem entsteht unter den Kollegen ein zunehmend härter geführter Verdrängungswettbewerb. Hier geht es ums Gewinnen oder zumindest nicht negativ auffallen, denn sonst ist man schnell raus aus dem Spiel. Auch die Verbraucher – zumeist ja Mitarbeiter eines Unternehmens - wollen erstklassige Leistung für wenig Geld; die „Geiz-ist-geil“-Mentalität existiert in weiten Teilen unserer Gesellschaft noch immer.

Politisch ist es populär, Menschen an den Pranger zu stellen. Das lenkt so schön ab von den eigenen Verfehlungen. Denn Hedgefonds konnten in Deutschland ja erst tätig werden, nachdem die rot-grüne Regierung die entsprechenden gesetzlichen Grundlagen dafür geschaffen hatte. Und gesellschaftlich befinden wir uns mitten im Spagat zwischen Sozial- und Leistungskultur. Unter diesen Rahmenbedingungen bekommt Geld einen hohen Stellenwert. Als Äquivalent für eine Arbeitsleistung, als Identifikationsmittel im Verdrängungswettbewerb und um sich möglichst viel für einen Euro kaufen zu können.

Im Grunde ist die Diskussion über die Gehaltshöhe von Bankmanagern und Mitarbeitern polemisch und geht völlig am Ziel vorbei. Zu fragen ist: Motiviert Geld überhaupt? Die Motivationstheorie behauptet: nein, Geld ist nur ein sogenannter „Hygienefaktor“. Das Verhalten der Banker scheint uns da etwas anderes zu lehren. Haben doch kurzfristig wirkende, finanzielle Anreize sie erst zu ihrem kurzfristigen Denken und Handeln bewogen.

Worum es eigentlich geht ist viel elementarer: Das Prinzip des Tauschhandels, auch bekannt als Synallagma. Damit ist das Gegenseitigkeitsverhältnis zweier Leistungen beim Vertrag gemeint – beispielsweise Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsvertrag, die eingehalten werden müssen. Oder, wie das alte römische Recht es nennt: „Do ut des“ also „Ich gebe, damit du gibst“. Wenn wir uns darauf beschränken, können wir uns die ganze Neiddiskussion sparen. Letztlich ist zu prüfen, ob das Gehalt des Mitarbeiters der erbrachten Leistung bzw. den vertraglichen Vereinbarungen entspricht. Basta.

In unserer Marktwirtschaft gibt es ein weiteres Prinzip: Angebot und Nachfrage bestimmen primär den Preis auf dem Arbeitsmarkt. Mitarbeiter vergessen in diesem Zusammenhang gerne, dass sie, obwohl fest angestellt in einem Unternehmen, dennoch permanent auf diesem Arbeitsmarkt unterwegs sind. Dieses Denken würde ihnen bei der nächsten Gehaltsdiskussion helfen. Denn niemand zwingt sie, für das angebotene Gehalt dort weiter zu arbeiten. Und sollte er sich doch für den Verbleib entscheiden, hat er die Folgen billigend in Kauf genommen. Und dazu gehört auch, die erwartete Leistung abzuliefern – eventuell sogar für ein etwas geringeres Gehalt. Ohne wenn und aber, denn dafür hat sich der Mitarbeiter entschieden.

Führungskräfte haben ihren Mitarbeitern diese Grundprinzipien zu vermitteln und sie entsprechend immer wieder daran zu erinnern. So muss den Mitarbeitern klar sein, dass sie ihr Geld allein für Leistung und nicht fürs Sesselwärmen oder Bullshit-Bingo spielen bekommen. Zugleich muss jeder Mitarbeiter die Erfahrung machen, dass sich Spitzenleistung lohnt und wertgeschätzt wird. Und das heißt nicht nur monetär. In diesem Kontext sollen Manager, gleich ob in Dax-Konzernen oder kleinen Unternehmen, ruhig genau so viel verdienen, wie sind wert sind. Der Wert darf sich jedoch dabei allein an dem von ihnen dauerhaft geschaffenen Unternehmenswert bemessen. Und zwar nach der Devise: Erst die Leistung, dann das Geld.
ZUM KOLUMNIST
Über Roland Jäger
Roland Jäger ist Unternehmensberater, Trainer, Coach und Buchautor. Nach Berufsjahren im Banken- und Finanzwesen arbeitete er im Management einer renommierten Privatbank und in einem bedeutenden Beratungsunternehmen. Seit 2002 ist er Inhaber der rj management ... mehr
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