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Fachartikel, 20.06.2006
Karriere
Mobbing im (betrieblichen) Alltag durchschauen
Die durch Mobbing verursachten betriebswirtschaftlichen und gesellschaftlichen Kosten sind hoch. Für die Firmen ergeben sich Kosten durch (krankheitsbedingte) Abwesenheiten, Fluktuation oder verminderte Arbeitsleistung.
Exakte Kostenrechnungen gibt es nicht. Der Schaden allein der schweizer Volkswirtschaft durch Mobbing wird jedoch nach jüngsten Schätzung auf vier bis sieben Milliarden Franken pro Jahr geschätzt.

Die Kosten des betroffenen Mobbingopfers lassen sich nicht in Franken aufwägen. Verfolgt man die Berichterstattung in den Medien, so scheint das Phänomen Mobbing überhand zu nehmen. Es häufen sich Berichte von Betroffenen, die ihre Situation am Arbeitsplatz als belastend, ja unerträglich, erleben. Tatsächlich steigt durch die verschärfte Arbeitsmarktsituation der Leistungsdruck und die Rivalität in den Betrieben.

Im beruflichen Alltag ist es meist schwierig zu erkennen, wann Mobbing beginnt. Die Anfänge sind harmlos und schleichend. Typischerweise steht am Anfang ein beruflicher Konflikt, der, weil als belanglos eingeschätzt, nicht weiter beachtet wird. Die Beteiligten nehmen die Bissigkeiten und die dummen Sprüche auf die leichte Schulter. Niemand will sie ernst nehmen. Doch diese Angriffe werden stärker und anhaltender und untergraben das Selbstvertrauen des Opfers. Auch unbewältigte Konflikte fördern das Entstehen eines Mobbing-Prozesses, bei dem der ursprüngliche Auslöser immer mehr in den Hintergrund tritt.

Der Betroffene wird in eine Aussenseiterrolle gedrängt. Er verliert sein Ansehen in der Firma und wird zur Unperson gestempelt. Die Arbeitskollegen und -kolleginnen beginnen sich vom Gemobbten zu distanzieren und Informationen zu unterschlagen. Häufig wird der Betroffene in seiner Möglichkeit eingeschränkt sich mitzuteilen, z.B. durch ständiges Unterbrechen oder anhaltende Kritik. Auch werden seine sozialen Beziehungen innerhalb des Betriebes erschwert, z.B. durch Ignorieren des Kollegen oder Versetzung in ein abgelegenes Büro.

Durch das Verbreiten von Gerüchten wird die berufliche Qualifikation in Frage gestellt. Schlussendlich wird die Qualität der Arbeit eingeschränkt, indem der Betroffene z.B. sinnlose oder gar keine Aufgaben übertragen bekommt. Durch Mobbing wird für den Betroffenen eine gemeine Spirale in Gang gesetzt: Zunächst kommt es durch das Mobbing zu einer Leistungsminderung, die Motivation lässt nach und die Konzentrationsfähigkeit sinkt. Bald kann der Betroffene deswegen seine Arbeit nicht mehr in ausreichender Qualität erledigen, was zu neuem Druck und Ängsten führt.

Gemobbte Personen fühlen sich unterlegen und resignieren. Als Reaktion auf diese Behandlung zeigen sich Verhaltensweisen wie Rückzug, Misstrauen oder Aggressionen – wodurch sich die Aussenseiterrolle des Betroffenen weiter verstärkt. Als Folge des Mobbings ist die Arbeitsleistung des Mitarbeiters häufig eingeschränkt: Aufgrund mangelnder Konzentration unterlaufen ihm Fehler, es können psychosomatische Beschwerden auftreten, die zu wiederholter krankheitsbedingter Abwesenheit führen. Am Ende eines fortgeschrittenen Mobbing-Prozesses steht meist die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Viele der Betroffenen kündigen selbst, weil
die Arbeitssituation für sie unerträglich geworden ist, anderen wird – meist unter einem Vorwand – gekündigt.

Definition von Mobbing

Unter Mobbing (engl. „to mob“ übersetzt anpöbeln, schikanieren) werden negative meist kommunikative Handlungen am Arbeitsplatz verstanden. Mobbing findet aber auch in Vereinen oder in der Nachbarschaft statt. Die Handlungen sind gegen eine Person gerichtet, werden systematisch betrieben und finden über einen längeren Zeitraum (mehr als ein halbes Jahr) ein- oder mehrmals pro Woche statt. Je ausgeprägter die Mobbing-Aktionen sind, desto stärker und nachhaltiger sind die individuellen Auswirkungen. Die gemobbten Personen fühlen sich mit der Zeit unterlegen.

Mobbing entsteht meist als Folge des Zusammentreffens mehrerer ungünstiger Umstände. Gemobbt wird aus den verschiedensten Gründen:

::: Eigene Frustration oder Langeweile

::: Druck, Missgunst, Besitzstandswahrung, Angst um den Arbeitsplatz oder harter Konkurrenzkampf

::: Unfairer Kampf um eine bestimmte Position

::: Das Team sucht / braucht einen Sündenbock. Lieber mit harten Bandagen kämpfen, anstatt selber Zielscheibe zu sein

::: Eine systematische Vogel-Strauss-Politik der Vorgesetzten

::: Oft gibt es in den betroffenen Firmen organisatorische Mängel. Grosser Zeitdruck, starre Hierarchien oder geringe eigene Handlungsmöglichkeiten begünstigen das Mobbing.

Bei allgemeiner Unzufriedenheit der Mitarbeitenden tritt Mobbing häufiger auf. Mobbinghandlungen finden bewusst und unbewusst statt. Erkennbar sind bei Mobbing die Handlungen. Sie sind ein möglicher Ansatzpunkt für Veränderungen, da sie zu den verantwortlichen Personen und den Ursachen in der Organisation führen. Mobbing wird in den unterschiedlichen Mobbing-Handlungen offenbar. Diese sind fast immer auch für Aussenstehende erkennbar, da man diese Taten sehen, hören und fühlen kann.

Fünf verschiedene Phasen

Der verstorbene Arbeitspsychologe Prof. Heinz Leymann hat sich intensiv mit dem Thema Mobbing befasst und verschiedene Bücher publiziert. Folgende fünf Kategorien sind von ihm dargestellt worden:

1) Angriffe auf die Möglichkeit sich mitzuteilen, z.B. durch ständige Kritik oder Beschimpfungen. Spitze Bemerkungen und Gehässigkeiten gegenüber der gemobbten Person.

2) Angriffe auf die sozialen Beziehungen, z.B. durch Nichtbeachtung, Ignorieren oder Desinteresse. Niemand will mehr mit der betroffenen Person zusammen arbeiten. Sie wird nicht mehr akzeptiert und respektiert.

3) Angriffe auf das soziale Ansehen, durch Klatsch und Tratsch, falsche Nachreden und Beleidigungen. Man imitiert z.B. den Gang, die Stimme oder Gesten, um jemanden lächerlich zu machen.

4) Angriffe auf die Qualität der Arbeit, z.B. durch Informationszurückhaltung oder dadurch, dass Aufgaben zugeteilt werden, die von der Person nicht zu bewältigen sind. Dadurch wird die betroffene Person immer unsicherer und macht (noch mehr) Fehler. Das unsichere Verhalten, das erst durch Mobbing entstanden ist, dient zur Rechtfertigung weiter gehender Ausgrenzungen.

5) Angriffe auf die Gesundheit, worunter z.B. auch Gewaltandrohungen oder sexuelle Übergriffe zu zählen sind.

Nicht nur an der Basis – Anzeichen beobachten

Nebst der Wahrnehmung der eigenen Persönlichkeit ist die Förderung der Sozialkompetenz - z.B. der Steigerung der Konfliktlösekompetenzen und Kommunikationstraining - enorm wichtig. In diesem Zusammenhang kommt Führungskräften und Personalverantwortlichen eine wichtige Bedeutung zu, denn in der Abteilung, der kleinsten Arbeitseinheit innerhalb der Firma, entsteht die Arbeitsatmosphäre für die Mitarbeiter.

Ein weiterer entscheidender Punkt ist die so genannte Opfermentalität. Sie trifft auf Menschen zu, die sich wiederholt in der Opferrolle wiederfinden. Wenn sie zu den Menschen gehören, die Schwierigkeiten haben, eigenverantwortlich zu handeln, sich durchzusetzen, Grenzen zu setzen und für sich selbst einzustehen, dann strahlen sie das unbewusst durch ihre Sprache und ihr Verhalten aus. Menschen mit dieser Ausstrahlung sind die bevorzugten Opfer der Mobber. Durch die (non-)verbale Kommunikation drücken Menschen immer aus, was man mit ihnen machen kann. Es gilt also eigene Anteile zu erkennen und diese zu reflektieren, sowie neue Bewältigungsstrategien zu erlernen.

Präventiv wirken und eigenes Verhalten überprüfen

::: Selbstverantwortung für die eigene Zufriedenheit (Work-Life-Balance)
::: Reflektion der eigenen Einstellungen.

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Einige mögliche Opfersätze: „Konflikte dürfen nicht offen angesprochen werden!“ „Keiner versteht mich!“ „Ich darf keine Schwäche zeigen, ich muss immer stark sein!“ etc. Wenn Schwächen nicht gezeigt oder Konflikte nicht offen angesprochen werden dürfen, ziehen sich betroffene Menschen innerlich enttäuscht zurück oder äussern sich lautstark und unangemessen. Die Gegenseite kann dann das Schweigen bzw. die Worte beliebig deuten.
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::: Stärkung von Selbstvertrauen
::: Methoden zur Konfliktlösung erarbeiten
::: Erkennen von Handlungsalternativen
::: Besserer Umgang mit Ängsten und Unsicherheiten
::: Eigene Anteile formulieren
::: Lösungsziele erarbeiten


Firmen und Organisationen sind in Mobbing-Situationen oft betriebsblind. Es wird oft als ein Zeichen der Schwäche gedeutet, wenn die Führungspersönlichkeit Hilfe sucht. Einzel-Coaching oder Team-Supervision wird oft erst bei der ausgebrochenen und offensichtlichen Krise gesucht.
Doch genau das bewusstere Miteinander-Umgehen, das Einhalten von gemeinsam vereinbarten Kommunikationsregeln und der Mut, schleichende Konflikte offen anzusprechen, ist wichtig.

Ebenfalls das Ausgleichen von Machtverhältnissen, sodass weniger wichtige bzw. weniger laut gesagte Aussagen ebenfalls gehört werden. In Konfliktsituationen gilt es ein Gleichgewicht der Kräfte herzustellen, denn wenn zwei etwa gleich starke Parteien einen Konflikt zu lösen haben, besteht eine grössere Chance, den Konflikt ohne Verlierer zu lösen. Somit besteht auch die Möglichkeit, dass nachhaltige Vereinbarungen getroffen werden.

Machen Sie in Ihrem Arbeitsalltag entsprechende Feststellungen, sollten Sie die Gründe dafür suchen. Erkennen Sie in Ihrem Arbeitsumfeld eine Mobbing-Situation, sollten Sie diese unbedingt ernst nehmen und nach Entlastungs- und Lösungsmöglichkeiten suchen. Ihre Mitarbeiter und Arbeitskollegen werden es Ihnen danken!
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