Ein Innovationsprediger auf dem trendgipfel 2010 in Frankfurt feuert seine Gemeinde an: "Kämpfen Sie für eine Idee! Wenn Sie davon überzeugt sind, geben Sie nicht auf, sondern setzen Sie sich dafür ein!" Die Predigt wird durch einen Nichtgläubigen unterbrochen: "Was tun Sie, wenn die Idee nicht gut ist!" Vereinzeltes Kichern unter den Andächtigen. Ratlose Stille von der Kanzel.
Topkreative in Werbeagenturen wissen, dass man mit einer Idee allein niemals punktet. Im Gegenteil, der Kunde reagiert verwirrt, fühlt sich überrumpelt und überlegt, wie er den Pseudokreativen schnell wieder los wird. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer. Woher weiß man denn, ob die Idee wirklich gut ist? Es fehlt ja der Vergleich. Ralph Waldo Emerson bringt die Sachlage auf den Punkt: "Es ist das Schicksal des Genies, unverstanden zu bleiben. Aber nicht jeder Unverstandene ist ein Genie."
"Ideen sind wie Kinder - die eigenen liebt man am meisten." - Lothar Schmidt
Problemfall 1: Ideen können blind machen. Man kann nicht nur vor Liebe blind werden, sondern auch vor Ideen. Was tun, wenn ein Mitarbeiter für seine Idee brennt, diese aber nicht den hohen Ansprüchen des Unternehmens gerecht wird? Was tun, wenn die Idee entweder nicht genügend durchdacht, veraltet oder zu aufwendig zu realisieren ist? Insbesondere junge Kreative in Werbeagenturen unterliegen dieser Gefahr. Sie brennen lichterloh für ihren Einfall und lassen sich nicht davon abbringen. Man benötigt viel Fingerspitzengefühl um den Kreativen davon zu überzeugen die Idee in die "Ablage P" zu befördern und ihn andererseits zu motivieren nochmals neue Entwürfe anzufertigen
Problemfall 2: Innovation ist mit hohen R&D Kosten verbunden und das Ergebnis ist ungewiss. Laut einer Studie des Instituts für angewandte Innovationsforschung an der Ruhr-Universität Bochum scheitern neun von zehn Innovationen. Da ist es geboten viel Zeit und Gedankengut in die erste Stufe - die Ideenfindungsphase zu stecken. Viele Innovationen scheitern schon deshalb, weil das Problem nicht wirklich gründlich betrachtet worden ist. Auf den ersten Blick scheint es viele Lösungen zu geben. Je tiefer man jedoch bohrt, desto komplexer sind die Anforderungen, die eine optimale Lösung mit sich bringen sollte. Diese eine elegante Lösung offenbart sich erst nach mehrmaliger Auseinandersetzung mit der Problemstellung.
Wie man Ideen richtig beurteilt
In der Werbeindustrie werden Ideen wie am Fließband produziert. Je besser die Ideenfabrik, desto höher ist die interne Ausschussrate. Das heißt, nur ein Bruchteil der Einfälle werden dem Kunden präsentiert. Dies liegt an den harten internen Auswahlkriterien, denen sich jeder Kreative stellen muss. In der legendären Werbeagentur Springer & Jacoby gab es die Regel der 3E's nach der Ideen beurteilt wurden: einfach, exakt, einfallsreich. Jede Idee wurde von den Kreativdirektoren nach dieser Regel bewertet.
Ein Ideenmanager bewertet nicht nur Ideen, sondern denkt auch strategisch und prozessorientiert: "Wieviel Ideen verträgt unser Unternehmen?" Welche Ressourcen stehen uns zur Verfügung?" Aufbauend auf diesen Fragen hat das Trainingsunternehmen IQudo das 3R-Modell entwickelt. Dabei wurde die Grundidee der Springer & Jacoby-Regel, nur drei Kriterien anzuwenden, beibehalten. Drei Kriterien kann jeder Mitarbeiter in sich verinnerlichen. Die "3R" stehen für: Ressourcen, Resonanz und Rock 'n' Roll.
Während den Sommerferien flüchtet ganz Paris in den Süden. Für die Zurückgebliebenen hat sich die Pariser Stadtverwaltung einen besonderen Sommerhit ausgedacht. Einen Strand mitten in Paris. Dafür wird die Hauptverkehrsstraße entlang der Seine für einen Monat gesperrt. Man hat an alles gedacht. Strandliegen, Eisstände und Beachvolleyballfelder.
Die vorhandenen Ressourcen werden optimal genützt. Die in dieser Zeit wenig befahrene Hauptstraße wird anderweitig eingesetzt. Die Idee passt zur Vision der Stadt: einen hohen Mehrwert für Touristen als auch für Einwohner zu bieten. Und rocken tut die Idee allemal. Den Liebenden von Pont-Neuf eine Sommeroase zum Ausruhen zu spendieren ist schon eine filmreife Aufgabe.
Der US-Kreativdirektor Alex Bogusky empfiehlt seinen Kreativen sich wie ein Ninja-Kämpfer zu verhalten. Seine Schützlinge gehen mit der Einstellung in den Ring, dass alle ihre Lieblinge vom Kunden abgeschossen werden. So werden Konzepte rational, ohne persönliche Vorlieben vorgestellt. Der Kunde weiß nicht, welche Idee der Kreative bevorzugt. Er entscheidet unabhängig von den Präferenzen des Kreativen. Die Idee allein überzeugt. Der Erfolg spricht für die Kreativschmiede aus Miami. Crispin, Porter + Bogusky wurde von der amerikanischen Advertising Age 2009 zur Agentur des Jahrzehnts gewählt.
Wie man die Ideenqualität der Mitarbeiter erhöht
Um kreative Prozesse innerhalb des Unternehmen zu beschleunigen und Mitarbeiter für den Innovationsprozess zu begeistern, führte Robert Iger, CEO bei Disney zur Förderung von Kreativität und Transparenz im Unternehmen die One-on-One Time mit dem CEO ein. Mitarbeiter aus allen Abteilungen haben die Möglichkeit ihre Ideen dem Vorstand oder dem Geschäftsführer direkt mitzuteilen. Graham Hopper, Vice President und General Manager of Buena Vista Games meint zu den Methoden von Robert Iger: "Sie können sich nicht vorstellen, wie motivierend es für Entwickler ist ihre Ideen direkt dem CEO präsentieren zu können. Nach dem Gespräch bekommt ihre Arbeit einen völlig neuen Sinn."
Um seine Kreativmitarbeiter anzuspornen, rief Konstantin Jacoby von Springer & Jacoby den Wettbewerb "Goldidee" aus. Eine Goldidee ist ein außergewöhnlicher Einfall, etwas noch nie Dagewesenes. Eine Idee mit der man beim Art Directors Club (ADC) Deutschland, der höchsten Jury der deutschen Werbeindustrie, Gold holt.
Jacoby suchte nicht nach einer Idee, sondern nach einem Geniestreich! Einmal im Monat ging er durch die Abteilungen und hörte sich jede Idee von den über einhundert Textern, Artdirektoren und Graphikpraktikanten an. Der Gedanke, eine Idee dem Übervater der deutschen Werbung präsentieren zu müssen, motivierte zur Höchstleistung.
Kreativagenturen nehmen regelmäßig an nationalen und internationalen Wettbewerben teil, um ihre kreative Exzellenz unter Beweis zu stellen. Für Kreative ist es das Höchste, Preise zu gewinnen. Durch Auszeichnungen erhöhen sich das Ansehen in der Branche und der Marktwert. Für Ruhm und Ehre legen Art Direktoren und Texter unbezahlte Nacht- und Wochenendschichten ein. Auch Sterneköche nehmen viele Entbehrungen auf sich um im Guide Michelin zu stehen. Dazu der Drei-Sterne Koch Harald Wohlfahrt aus der Schwarzwaldstube in Tonbach: "Ich habe in dieser Küche jedes Weihnachten, jedes Ostern, jedes Pfingsten verbracht. Ich habe keine teure Uhr, ich brauche kein großes Auto, das ist mir alles nicht wichtig. Kochen ist mir wichtig."* In jeder Branche gibt es Innovations-Wettbewerbe, an denen ein Unternehmen teilnehmen kann. Die Aussicht auf Anerkennung aus der Branche, ist ein nicht zu unterschätzender Antriebsfaktor für Mitarbeiter.
Ein guter Kreativer kann nicht nur eine geniale Idee aus dem Hut zaubern, sondern zehn. Als Führungsverantworlicher empfiehlt man eben genau dieses einem jungen Wilden: "Setz' dich nochmals hin, entwickle Alternativen zu deiner jetzigen Idee und komme nächste Woche mit den drei besten wieder." Durch das Vergleichen der Ideen beginnt der junge Erfinder zu relativieren. Er stellt fest, dass die erste Idee gar nicht so genial war. Die zweite oder fünfte ist besser. Es greift das Prinzip: Das Bessere ist der Feind des Guten. Es kann auch sein, dass sich der Kreative nach dem Vergleich bestärkt fühlt, den ursprünglichen Einfall zu verfolgen. Der Vergleich erhöht die Gewinnchancen. Innovation ist ein Glücksspiel und Menschen die fleißig sind haben in der Regel mehr Glück als die anderen.
4 + 3 Tipps für bessere Ideen im Unternehmen
Für Ideenmanager
Für Kreativmitarbeiter