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Fachartikel, 24.05.2007
Finanzmanagement
Factoring – Forderungsmanagement der sicheren Art
Liquidität ist der Rohstoff für die Handlungsfähigkeit eines Unternehmens. Oftmals ist dieser Rohstoff jedoch knapp, weshalb viele Unternehmen nach Möglichkeiten suchen, ihren finanziellen Spielraum erweitern zu können. Eine Problem, vor dem auch die Stock Guss GmbH, eine mittlelständische Gießerei stand – und im Factoring, das heißt dem Forderungsverkauf, die Lösung fand.
1924 gegründet, blickt die Gießerei Stock Guss GmbH aus Neumünster in Schleswig-Holstein auf eine lange und erfolgreiche Firmengeschichte zurück und fertigt heute mit hundert Mitarbeitern vor allem Gussteile für Getriebe, Kompressoren, Pumpen, Verdichter und Windkraftanlagen. „Über mangelnde Aufträge können wir nicht klagen“, sagt Geschäftsführer Hanns-Joachim Oellers. Der Grund für die gute Auftragslage: Stock Guss hat sich auf Teile spezialisiert, die hohe Qualitätsanforderungen erfüllen müssen. So setzt zum Beispiel die Deutsche Bahn bei den für die Sicherheit so wichtigen Bremsen auf Teile von Stock Guss. Und auch Flügelbauer wie Steinway & Sons und Schimmel vertrauen auf das Unternehmen. Für sie fertigt Stock Guss Flügelrahmen, die Saiten-Zugkräfte von bis zu 20 Tonnen aushalten und zum schönen Klang der Flügel beitragen.

Doch helfen selbst die dicksten Aufträge Zulieferern nur wenig, wenn sie diese nicht vorfinanzieren können. Oder wenn zwischen dem Erfüllen der Aufträge und dem Begleichen der Rechnungen so viel Zeit verstreicht, dass der Betrieb in einen finanziellen Engpass gerät. Deshalb suchte Hanns-Joachim Oellers, als er vor drei Jahren die Geschäftsführung bei Stock Guss übernahm, nach Möglichkeiten, um den finanziellen Spielraum der Gießerei zu erweitern – „um unternehmerisch flexibler zu sein“.

Prämisse 1: Zuverlässigkeit und Flexibilität

Die erste Prämisse bei der Suche nach neuen Möglichkeiten zur Stärkung der finanziellen Handlungsfähigkeit für Oellers war: Die Erweiterung des finanziellen Spielraums sollte möglichst unabhängig von Banken erfolgen. „Denn die haben“, so Oellers Erfahrung, „oft wenig Verständnis für die großen Schwankungen auf den Konten von Auftragsfertigern wie Stock Guss.“ Und wenn die Kreditlinie mal kurzzeitig überschritten wird, weil zum Beispiel mehrere Großaufträge vorfinanziert werden müssen, dann können die Firmenbetreuer – selbst wenn sie wollen – oft den Kredit nicht erhöhen, weil die Eigenkapitalrichtlinien der Banken dies nicht gestatten. Also suchte Oellers nach einer anderen Finanzierungsquelle. Seine Anforderungen an sie:

::: Sie muss verlässlich und jederzeit nutzbar sein, so dass Stock Guss sie gezielt zur Finanzplanung einsetzen kann. Und:

::: Sie darf die Beziehung zu unseren Kunden und Lieferanten nicht belasten.

Als Folge dessen fing Oellers sich mit dem Instrument des Forderungsverkaufs, dem Factoring, zu befassen, bei dem eine Ankaufgesellschaft die offenen Rechnungen des Unternehmens kauft. Dieses Instrument kannte Oellers bereits aus der Zeit, als er in den USA arbeitete: „Dort verkaufen viele Zulieferer und Auftragsfertiger ihre Forderungen, um ihre Liquidität zu erhöhen.“ Von dieser USA-Erfahrung positiv geprägt und offen, hegte Oellers deshalb auch gegenüber einem Forderungsverkauf nicht die Bedenken wie manch anderer deutscher Mittelständler. Sie befürchten, dass ihnen ihre Geschäftspartner wirtschaftliche Probleme unterstellen, wenn sie Forderungen verkaufen. „Eine unberechtigte Befürchtung“, betont Oellers, der selbst gelernter Banker ist, „denn ein Unternehmen verschuldet sich nicht, wenn es Forderungen verkauft. Es verkauft bereits vorhandene Aktiva.“

Prämisse 2: Erfahrung und Gespür im Mittelstand

Oellers’ Suche nach einem geeigneten Partner für den Forderungsverkauf zog sich einige Zeit hin – unter anderem, weil er die Erfahrung sammelte, dass gerade die auf den Forderungsverkauf spezialisierten Töchter der Großbanken ihr Geschäft „eher bürokratisch“ handhaben. „Die agieren teilweise wie deren Kreditabteilungen.“ Eher zufällig stieß Oellers im Juni 2006 in einer Zeitung auf die HAWK Deutschland GmbH. Der in Bensheim (Hessen) ansässige Finanzdienstleister hat sich auf eine besondere Art des Forderungsankaufs spezialisiert: die Securitisation. Hierbei werden die aufgekauften Forderungen gebündelt in einen bankenunabhängigen Fonds eingebracht. Von diesem Fonds können institutionelle Kapitalanleger Anteile kaufen. Die verkauften Forderungen sind also am Kapitalmarkt refinanziert.

In Deutschland ist diese Form des Forderungsverkaufs noch recht unbekannt – obwohl sie schon lange praktiziert wird. In der Vergangenheit stand sie aber laut HAWK-Geschäftsführer Andreas Kircher ausschließlich Großunternehmen offen. HAWK ist laut seinen Aussagen der erste Finanzdienstleister, der sich auf den Ankauf von Forderungen von Mittelständlern spezialisiert hat  ab einem Forderungsvolumen von 60.000 Euro. Diese Spezialisierung sagt Oellers zu. Also vereinbarte er mit Kircher ein Treffen. Bei ihm teilte er dem HAWK-Geschäftsführer unter anderem mit, wie hoch der Liquiditätsbedarf von Stock Guss ist und von welchen Kunden das Unternehmen gerne Forderungen verkaufen würde – zum Beispiel, weil mit ihnen lange Zahlungsziele vereinbart wurden oder die offenen Forderungen eine bestimmte kritische Höhe überschreiten. „Ich bestimme also selbst, von welchen Kunden Stock Guss Forderungen verkauft“, konstatiert Oellers.

Prämisse 3: Schnell und unkompliziert

Nachdem Oellers Enscheidung, mit HAWK zu kooperieren, gefallen war, schickte er Kircher eine Übersicht über die Forderungen an die 34 ausgewählten Kunden, damit HAWK deren Bonität und Zahlungsmoral prüfen konnte. Darüber hinaus schickte Oellers HAWK eine Kreditorenliste, also eine Übersicht gegenüber welchen Unternehmen Stock Guss Zahlungsverpflichtungen hat. Dies ist laut Kircher nötig, um zu prüfen, inwieweit bei bestimmten Forderungen ein Eigentumsvorbehalt der Lieferanten besteht. Nach dieser Prüfung vereinbarte HAWK mit Oellers für die ausgewählten Kunden jeweils ein Limit für den Aufkauf von Forderungen. Aus der Addition dieser Limits ergab sich die Gesamtsumme, bis zu der Stock Guss offene Forderungen verkaufen kann. Dieser Betrag wurde in einem Rahmenvertrag festgehalten. „Vom Erstkontakt bis zum Vertragsabschluss vergingen gerade mal zwei Wochen“, berichtet Oellers. „Bei anderen Forderungsaufkäufern, mit denen ich zuvor sprach, steckten wir noch nach einem halben Jahr in den Vertragsverhandlungen.“

Ehe Oellers jedoch den Rahmenvertrag unterschrieb, informierte er seine Kunden über den geplanten Forderungsverkauf. Zwar wäre dies gewesen wäre nicht notwendig gewesen, da bei der von HAWK praktizierten Form des Forderungsverkaufs sich für die Kunden nichts ändert. So bekommen diese nur eine neue Kontonummer mitgeteilt, auf die sie künftig ihre Zahlungen überweisen sollen - ansonsten bleibt alles beim Alten. Selbst das Mahnwesen verbleibt beim Unternehmen. Trotzdem war es Oellers wichtig, seine Kunden vorab zu informieren, „denn als mittelständischer Zulieferer leben wir von der guten Beziehung zu unseren Kunden. Deshalb wollte ich mit offenen Karten spielen“. Negative Reaktionen seitens der Kunden gab es nicht.

Securitisation in der Praxis

Seit Ende Juni 2006 verkauft Stock Guss regelmäßig Forderungen an HAWK. Dies funktioniert wie folgt: Stock Guss schickt täglich eine Excel-Liste an den Finanzdienstleister, in der die offenen Forderungen mit den relevanten Daten – wie Rechnungsnummer und -betrag sowie Fälligkeit – aufgeführt sind. Erst bei HAWK werden die Daten ins System eingespielt. Der Vorteil für Stock Guss: Das Unternehmen kann sich die Kosten für eine eigene Schnittstelle sparen. „Und bereits am nächsten Morgen sind 80 Prozent des offenen Betrags auf unserem Konto“, erzählt Oellers begeistert. Der Rest wird Stock Guss gutgeschrieben, sobald der Kunde gezahlt hat. Oder spätestens 90 Tage nach Fälligkeit – selbst wenn der Kunde nicht zahlt. Dies ist möglich, weil HAWK die angekauften Forderungen versichert. Für diesen Service zahlt Stock Guss monatlich eine fixe Bereitstellungsgebühr. Deren Höhe hängt von der vereinbarten Obergrenze für den Forderungsverkauf und der Zahl der Debitoren ab. Bei einem Gesamtlimit von 120.000 Euro und 15 Debitoren beträgt sie zum Beispiel 500 Euro/Monat; bei 360.000 Euro 1000 Euro/Monat. Außerdem zahlt das Unternehmen Zinsen für die abgetretenen Forderungen, die noch nicht beglichen sind.

Dank dem Forderungsverkauf hat sich die Liquidität von Stock Guss laut Oellers „stark verbessert“. Ein Umstand, aus dem sich für das Unternehmen weitere Vorteile ergeben. So kann Oellers nun mit seinen Lieferanten bessere Konditionen aushandeln und käme sogar, so er es wollte, bei Banken leichter und günstiger an Kredite. Der Grund: Dadurch, dass das Unternehmen die verkauften Forderungen unmittelbar als Haben verbuchen kann, steigt auch seine Eigenkapitalquote. Hierdurch verbessert sich wiederum sein Rating. Was Oellers aber viel wichtiger ist: Seine unternehmerische Freiheit ist gewachsen.

Ein Plus an unternehmerische Freiheit

Besonders froh war Oellers über das Finanzierungsinstrument Securitisation, als er bei einem Schlüsselkunden wegen der gestiegenen Rohstoffkosten die Preise erhöhen musste. Als Geschäftsführer eines Zulieferer wusste er: Ohne Gegenleistung wird der Kunde die höheren Preise nicht akzeptieren. Wie erwartet formulierte der Kunde als Bedingung: „Im Gegenzug verlängern Sie die Zahlungsfrist von dreißig auf sechzig Tage.“ Für Oellers bedeutete dies: Wir bekommen unser Geld noch später und unsere Außenstände erhöhen sich. Also fragte er Kircher: „Können wir das Limit für diesen Kunden erhöhen?“ Innerhalb von 24 Stunden hatte er das „Okay“. Oellers: „Ohne HAWK hätten wir diesen Deal nicht machen können.“

Oellers ist begeistert, wie einfach Securitisation funktioniert. Er erläutert dies an einem Beispiel: „Nehmen wir an, wir haben für einen Kunden ein Limit von 40.000 Euro vereinbart und von den bereits verkauften Forderungen sind noch 30.000 Euro offen. Dann können wir noch Forderungen im Wert von 10.000 Euro an HAWK verkaufen. Zahlt nun der Kunde aber eine Rechnung über 20.000 Euro, dann erhöht sich dieser Betrag automatisch wieder auf 30.000 Euro.“ Der Forderungsverkauf funktioniert also ähnlich wie ein Dispokredit – nur dass Stock Guss das mit HAWK für Kunden vereinbarte Limit einfacher als einen Dispokredit erhöhen kann.
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