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Kolumne
Chefsache Führung, 10.08.2009
1-2-3 – vorbei
Warum Mitarbeiter-Loyalität ein Mythos ist!
Innerhalb von drei Jahren entscheiden Mitarbeiter, auf welchem Leistungsniveau sie dauerhaft in der Organisation arbeiten werden. Meistens lautet die Entscheidung: Es darf noch etwas weniger sein. Und der Chef schaut weg, weil es unbequem für ihn ist, den Mitarbeiter zu mehr Leistung anzuhalten.

In Zeiten der wirtschaftlichen Krise gibt es sie noch: Neueinstellungen. Dankbarkeit wäre möglich, mindestens aber, dass der Arbeitnehmer sein Bestes gibt und an seine Leistungsgrenze geht. Warum? Weil er einen Vertrag unterschrieben hat, der es ihm erlaubt, ein regelmäßiges Einkommen zu sichern. Andererseits er sich dadurch auch verpflichtet hat, seine ganze Arbeitskraft in den Dienst des Unternehmens zu stellen. Und diesen Teil vergessen Mitarbeiter im Laufe der Zeit nur allzu gerne. Die logische Folge: Die Leistung sinkt, das finanzielle Anspruchsniveau bleibt bzw. steigt. Warum ist das so? Wie kann das passieren?

Kommt ein Mitarbeiter neu ins Unternehmen, steigert er im ersten halben Jahr kontinuierlich sein Engagement. Schließlich muss er sich im Vergleich zu seinen Kollegen als engagierter Mitarbeiter zeigen. Daneben gilt es, die Probezeit heil zu überstehen.

Spätestens nach einem Jahr überprüft er, wie seine Leistung im Vergleich zu seinen Kollegen ist. Ergebnis: Er ist ganz gut unterwegs. Und nun beginnt der unheilvolle Prozess. Er senkt probeweise sein Engagement. Diesen Prozess führt er – sofern die Führungskraft nicht eingreift – in den nächsten zwei Jahren kontinuierlich fort. Dabei erreicht er ein Leistungsniveau, das der Vergütung nicht mehr entspricht. In einigen Fällen entsteht hier ein krasses Missverhältnis zwischen gezeigter Leistung und dem genommenen Entgelt.

Spätestens nach drei Jahren trifft dieser Mitarbeiter eine finale Entscheidung. Dabei sind drei Typen zu unterscheiden: Die loyalen Deppen steigern ihre Leistung wieder, weil sie es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können. Dabei hegen sie die unerfüllbare Erwartungshaltung, dass der Chef ihnen dies persönlich danken wird. Das ist unrealistisch und naiv. Die Realisten denken „es geht auch mit noch weniger Leistung“ und senken diese weiter bis es selbst der Putzfrau auffällt. Die wirklich guten Mitarbeiter – die Unterforderten – sind meist frustriert und stellen an diesem Punkt fest, dass sie sich in diesem Unternehmen sowieso nicht angemessen weiterentwickeln können. Sie gehen und suchen sich einen Arbeitgeber mit einer deutlichen Leistungskultur, wo gute Leistung erkannt und belohnt, gleichzeitig Minderleistung von den Führungskräften konsequent sanktioniert wird.

Unternehmerisch ist das eine Katastrophe! Hier sorgen Führungskräfte einerseits nicht dafür, dass Mitarbeiter die vereinbarte Leistung erbringen, für die diese aber selbstverständlich das vereinbarte Entgelt kassieren. Andererseits werden wirklich gute und leistungswillige Mitarbeiter in die Mittelmäßigkeit geführt, demotiviert und am Ende frustriert.

Genau deswegen hat eine gute Führungskraft die Aufgabe, gute, leistungswillige Mitarbeiter zu erkennen, gezielt zu fördern und dafür zu sorgen, dass sie in der Organisation nach oben kommen. Selbst wenn das heißt, dass diese nach drei Jahren das Unternehmen oder zumindest die eigene Abteilung verlassen. Ebenso aber, die Leistung aller Mitarbeiter permanent im Auge zu behalten und bei Leistungsabfall umgehend einzuschreiten. Auch wenn das für den Chef unbequem ist und zusätzliche Arbeit bedeutet. Dafür wird er bezahlt. Das ist sein Job. Und darin liegt die eigentliche Ursache, der Kern des Problems. Nicht das Argument, „ich will dem Mitarbeiter ja nicht böse sein und es soll für ihn nicht unangenehm werden“, sondern purer Selbstschutz und das Kuscheln in der eigenen Komfortzone ist der Grund, warum der Chef hier nicht seinen Job macht.

Wie lässt sich das verhindern? Chefs sollten ihre Mitarbeiter regelmäßig an deren vertragliche Verpflichtungen erinnern. Umgekehrt würden Mitarbeiter es gegenüber dem Arbeitgeber ja auch tun, würde dieser nur eine Teilauszahlung des Gehaltes vornehmen oder verspätet zahlen. Ebenso hat jede Führungskraft die Pflicht, das Leistungsniveau ihrer Mitarbeiter zu beobachten und bei den ersten Anzeichen von Leistungsabfall den Mitarbeiter darauf anzusprechen. Frei nach dem Motto „Wehret den Anfängen“. Denn solche Gespräche werden nicht als Kritik, sondern als Unterstützung seitens des Mitarbeiters erlebt. Das ist eine Form, die eigenen Mitarbeiter Wert zu schätzen. Vergessen Sie Loyalität! Sie fördert die falsche emotionale Bindung, schafft ungesunde Abhängigkeit und keine echte Leistungsorientierung. Am Ende führt sie zu enttäuschten Mitarbeitern und letztendlich auch einem enttäuschten Chef.

ZUM KOLUMNIST
Über Roland Jäger
Roland Jäger ist Unternehmensberater, Trainer, Coach und Buchautor. Nach Berufsjahren im Banken- und Finanzwesen arbeitete er im Management einer renommierten Privatbank und in einem bedeutenden Beratungsunternehmen. Seit 2002 ist er Inhaber der rj management ... mehr
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