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Fachartikel, 21.09.2009
Konjunkturprognose
Deutsche Wirtschaft rappelt sich langsam auf
Im Jahr 2010 wird sich die von der globalen Wirtschaftskrise schwer gebeutelte deutsche Wirtschaft wieder langsam erholen. Dennoch bleibt die Lage weiter kritisch: Nach einer Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) liefert lediglich der Außenhandel halbwegs erfreuliche Nachrichten, während der Arbeitsmarkt, die Investitionen, der private Konsum sowie die Staatsfinanzen im kommenden Jahr weiter deutliche Krisensymptome zeigen werden.*) Nach einer Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft wird sich die deutsche Wirtschaft 2010 wieder langsam erholen. Zum Artikel...
Wäre die deutsche Wirtschaft ein Patient, so befände sie sich nach ein paar Monaten auf der Intensivstation jetzt in der heiklen ersten Phase der Rekonvaleszenz: Es geht ihr zwar schon besser, doch von der Topverfassung, in der sich die Konjunktur Anfang 2008 zeigte, ist das Land weit entfernt.

Die Krise hat der konjunkturellen Entwicklung in der Bundesrepublik vor allem in den Monaten rund um den Jahreswechsel 2008/2009 arge Blessuren zugefügt. Erfreulicherweise hat sich die industrielle Produktion jedoch schneller stabilisiert als erwartet. Das hilft auch der Gesamtwirtschaft auf die Beine, die bereits seit dem zweiten Quartal 2009 wieder Anzeichen von Auftrieb zeigt. Das IW Köln schätzt die Entwicklung daher wie folgt ein:

Während das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr um 41/2 Prozent sinkt, steigt es im kommenden Jahr um voraussichtlich 11/2 Prozent.

Der Weg der konjunkturellen Erholung ist allerdings noch lang – und wird nicht ohne Rückschläge bleiben. Ein Blick auf die Krankenakte zeigt, wo es im Einzelnen hakt:

Außenhandel


Dass die deutsche Wirtschaft innerhalb eines Jahres in eine so schlechte Verfassung geriet, lag vor allem am stark rückläufigen internationalen Handel. Drei Viertel des Rückgangs der gesamtwirtschaftlichen Leistung lassen sich auf den einbrechenden Außenbeitrag zurückführen. Der Export als Schrittmacher der heimischen Konjunktur gab im ersten Halbjahr 2009 um 19 Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreswert nach; auch die Importe gingen in diesem Zeitraum um 10 Prozent zurück.

Seit dem Frühjahr haben sich die deutschen Auslandsaktivitäten jedoch ein klein wenig berappelt. Der Warenhandel zieht leicht an und auch die Auftragseingänge der Industrie aus dem Ausland senden Signale einer Wiederbelebung. Daraus folgt:

Dieses Jahr werden die deutschen Exporte um 15 Prozent einbrechen, die Importe um 91/2 Prozent. Im Jahr 2010 dürften die Waren- und Dienstleistungsausfuhren ein Plus von 5 Prozent verbuchen und die Einfuhren um 3 Prozent zulegen.

Der grenzüberschreitende Handel kann damit im kommenden Jahr wieder einen positiven Beitrag zum Wirtschaftswachstum leisten.

Investitionen

Die Ausrüstungsinvestitionen wurden seit dem Ausbruch der Wirtschaftskrise gewaltig zurückgefahren. Seit ihrem Höhepunkt im dritten Quartal 2008 sind sie in einem bisher ungekannten Ausmaß abgestürzt, wobei sich die Betriebe auch in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres mit Ausgaben für Maschinen und Produktionsanlagen sehr zurückhielten.

Im zweiten Halbjahr 2009 sind die Unternehmen nicht mehr ganz so verzagt, wobei die Investitionstätigkeit aber immer noch leicht rückläufig ist. Die Prognose fällt daher folgendermaßen aus:

Die Ausrüstungsinvestitionen schrumpfen in diesem Jahr gegenüber 2008 real um 22 Prozent. Für 2010 ist allenfalls ein winziges Plus zu erwarten.

Dieses Szenario ist allerdings nur dann zu erwarten, wenn es in Deutschland nicht zu einer Kreditklemme kommt. Etwas besser fällt die Diagnose für die Bauinvestitionen aus. Sie werden – nicht zuletzt aufgrund der Konjunkturprogramme, die vor allem den öffentlichen Bau stimulieren – 2009 nur leicht nachgeben und im kommenden Jahr ein Plus von fast 2 Prozent erreichen. Im zweiten Halbjahr 2010 dürfte sich die Bautätigkeit allerdings schon wieder leicht abschwächen.

Arbeitsmarkt

Während in der öffentlichen Wahrnehmung die Finanz- und Wirtschaftskrise teils schon als überwunden gilt, ist sie auf dem Arbeitsmarkt noch gar nicht richtig angekommen: Trotz Konjunktureinbruch waren zur Jahresmitte „nur“ rund 250.000 mehr Personen arbeitslos als ein Jahr zuvor. Hauptgrund für diesen moderaten Anstieg ist der weit verbreitete Einsatz der Kurzarbeit. Insgesamt erhielten im Sommer 2009 etwa 1,4 Millionen Arbeitnehmer Kurzarbeitergeld. Rein rechnerisch konnten auf diesem Weg rund 450.000 volle Stellen erhalten werden – denn so viel Arbeitszeit haben in der Summe alle Kurzarbeiter zum genannten Zeitpunkt weniger in ihren Betrieben geleistet.

Die Arbeitsmarktaussichten sind allerdings alles andere als günstig. Die Erwerbslosigkeit in Deutschland steigt im kommenden Jahr deutlich – nicht nur, weil die reale Wirtschaftsleistung noch einige Jahre unter dem Niveau von 2008 bleiben dürfte, sondern auch, weil das Auslaufen der Kurzarbeit Kündigungen nach sich zieht:

Im Jahr 2010 dürften weitere 700.000 Personen ihren Job verlieren und die Arbeitslosenzahl dürfte die 4,2-Millionen-Marke überschreiten. Die Arbeitslosenquote klettert damit voraussichtlich von derzeit 8 auf 91/2 Prozent.

Die Wirtschaftskrise wirft den deutschen Arbeitsmarkt somit um einige Jahre zurück. Allerdings fällt der Stellenabbau nicht so dramatisch aus wie zwischen 2003 und 2005.

Privater Konsum

Selbst von der tiefen Export-, Investitions- und Produktionskrise lassen sich die Bundesbürger die Kauflaune nicht gänzlich verderben: Der reale private Verbrauch in Deutschland liegt 2009 immerhin rund ein halbes Prozent über dem Niveau des Vorjahres. Das ist zu einem guten Teil auf die Abwrackprämie zurückzuführen. Einen solchen stützenden Sondereffekt wird es im kommenden Jahr nicht geben. Zusätzlich bewirkt die schlechtere Lage auf dem Arbeitsmarkt, dass die Menschen ihre Portemonnaies häufiger verschlossen halten. Die realen Konsumausgaben dürften deshalb 2010 ein halbes Prozent niedriger sein als in diesem Jahr.

Staatsfinanzen

Die gegenwärtige Rezession belastet die öffentlichen Haushalte in enormem Maße. Das gesunkene Steueraufkommen sowie die Kosten für die Konjunkturpakete und andere fiskalpolitische Maßnahmen wie die Ausweitung der Kurzarbeit führen dazu, dass der Staat in diesem Jahr ein Defizit von 87 Milliarden Euro verbuchen muss – das sind rund 31/2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

Im kommenden Jahr fällt die Finanzierungslücke noch größer aus – dann geben Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen voraussichtlich 136 Milliarden Euro mehr aus, als sie einnehmen. Das entspricht 51/2 Prozent der nominalen Wirtschaftsleistung und liegt damit deutlich über der Höchstgrenze von 3 Prozent, die der Europäische Stabilitäts- und Wachstumspakt als zulässig ansieht.


*) Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Forschungsgruppe Konjunktur): Erholung in der Weltwirtschaft nach tiefemSturz – moderat, aber synchron, IW-Konjunkturprognose Herbst 2009, in: IW-Trends 3/2009
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