VOLLTEXTSUCHE
Fachartikel, 07.02.2013
Löhne und Gehälter
Allgemeiner Mindestlohn - ein Instrument mit Tücken
Rund jeder fünfte Beschäftigte in Deutschland wäre von der Einführung eines allgemeinen Mindestlohns von 8,50 Euro pro Stunde betroffen. Ein solcher wäre allerdings beschäftigungspolitisch riskant und zur Verringerung von Armutsrisiken ineffizient, zeigt eine Studie des IW Köln*).

Der Mindestlohn ist in Deutschland hoffähig geworden – inzwischen fordern ihn nicht mehr nur Gewerkschaften, SPD und „Die  Linke“. Selbst CDU und CSU haben 2011 beschlossen, künftig für Branchen ohne allgemeingültigen Tarifvertrag eine Lohnuntergrenze einzuführen. Auf den ersten Blick würden von einem generellen Mindestlohn viele Arbeitnehmer  profitieren:

Bei den von Sozialdemokraten und DGB geforderten 8,50 Euro je Stunde hätten 19 Prozent der Beschäftigten mehr Geld in der Tasche. Ein Mindestlohn von 7,50  Euro  würde immerhin 14 Prozent begünstigen.

Bei den unter 25-Jährigen würde ein Mindestlohn von 8,50 Euro je Stunde sogar für fast jeden zweiten eine höhere Bezahlung bedeuten.

Ob jemand von einem staatlich verordneten Mindestlohn profitiert, hängt auch von der Branche ab. In der Industrie oder der Energiewirtschaft zum Beispiel würde sich der Mindestlohn nur auf relativ wenige Arbeitsplätze  auswirken.  Von denMitarbeitern in der Gastronomie verdienen dagegen 60 Prozent weniger als 8,50 Euro. Das liegt vor allem daran, dass dort kleinere Betriebe dominieren – diese zahlen im Schnitt niedrigere Löhne als große Firmen.

Diese Fakten sagen allerdings wenig darüber aus, ob ein gesetzlicher Mindestlohn sinnvoll wäre. Genau das  muss  aber  aus  zwei  Gründen bezweifelt werden:

1. Der geforderte Mindestlohnsatz ist zu hoch.

Eine starre Lohnuntergrenze führt nur dann nicht zu größeren Jobverlusten,  wenn  sich  die  betroffenen  Arbeitsplätze  für  die Unternehmen  auch  zum  höheren Lohn noch rechnen. Ob dies jedoch bei  einem  Mindestlohn  von  8,50 Euro der Fall wäre, ist fraglich. Denn das wären immerhin 53 Prozent des durchschnittlichen  Bruttostundenlohns  eines  Vollzeitbeschäftigten. Das  ist  ein  hoher  Wert,  vor  allem verglichen  mit  jenen  Ländern,  die von den Befürwortern des Mindestlohns  oft  als  Beleg  für  dessen  Arbeitsmarktverträglichkeit  genannt werden.

In Frankreich zum Beispiel beträgt der Mindestlohnsatz 48 Prozent des Durchschnittslohns; zudem federt die Regierung die negativen  Wirkungen auf den Arbeitsmarkt durch großzügige Lohnsubventionen an die Betriebe ab. In Großbritannien liegt der 1999 eingeführte gesetzliche Mindestlohn nur bei 38 Prozent des durchschnittlichen  Entgelts – und hat deshalb auch kaum zu Jobverlusten geführt.

2. Der  Mindestlohn kann Armut nicht effizient bekämpfen.  

Als Argument für einen gesetzlichen Mindestlohn ist immer wieder zu hören, dass er helfe,  „Armut  trotz  Arbeit“  zu verhindern. Tatsächlich aber lebt zum Beispiel fast die Hälfte all derjenigen  Arbeitnehmer,  die  weniger als 8,50 Euro je Stunde verdienen, mit  einem Partner zusammen, der ein höheres Einkommen bezieht. Die sogenannte Einkommensarmut ist deshalb viel weniger verbreitet, als man vermuten mag.

Im Jahr 2011 waren nur 18 Prozent aller Beschäftigten mit einem Stundenlohn von maximal 8,50 Euro einkommensarm, verdienten also weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens.

Von den Vollzeitbeschäftigten mit einem Stundenlohn von höchstens 8,50 Euro fielen sogar nur 14 Prozent unter diese Armutsschwelle.

Dies bedeutet umgekehrt, dass ein Mindestlohn  von  8,50  Euro  sehr häufig Personen begünstigen würde, die auf eine solche Unterstützung gar nicht angewiesen sind. Wenn sich diese Arbeitsplätze allerdings nicht mehr rentieren und die Beschäftigten deshalb entlassen würden, wären die Folgen  gravierend.  Denn von  den Arbeitslosen sind fast viermal so viele einkommensarm wie von den Geringverdienern.

Besonders problematisch wäre ein Mindestlohn wohl für Jugendliche. Sie starten nun einmal mit wenig berufsbezogenen Kenntnissen und entsprechend geringem Lohn ins Arbeitsleben, steigern aber mit zunehmender Erfahrung auch ihr Einkommen.  Verhindert ein zu hoher Mindestlohn jedoch den Berufseinstieg, ist dem Nachwuchs der Weg nach oben von vornherein verbaut.

*) aus IW-Trends 1/2013 - Moritz Heumer, Hagen Lesch, Christoph Schröder: Mindestlohn, Einkommensverteilung und Armutsrisiko

ZUM AUTOR
Über Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln e.V.
Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ist das führende private Wirtschaftsforschungsinstitut in Deutschland. Das Institut vertritt eine klare marktwirtschaftliche Position und will das Verständnis wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse in Politik und Öffentlichkeit festigen und verbessern. Dazu analysiert das ...
Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln e.V.
Postfach 101942
50459 Köln

+49-221-49810
WEITERE ARTIKEL DIESES AUTORS
Studie zur gesellschaftlichen Mitte
Vom Facharbeiter bis zum Gymnasiallehrer – die Mittelschicht in Deutschland ist bunter und ... mehr

ANDERE ARTIKEL AUS DIESEM RESSORT
SUCHE
Volltextsuche





Profisuche
Anzeige
PRESSEFORUM MITTELSTAND
Pressedienst
LETZTE UNTERNEHMENSMELDUNGEN
Anzeige
BRANCHENVERZEICHNIS
Branchenverzeichnis
Kostenlose Corporate Showrooms inklusive Pressefach
Kostenloser Online-Dienst mit hochwertigen Corporate Showrooms (Microsites) - jetzt recherchieren und eintragen! Weitere Infos/kostenlos eintragen
EINTRÄGE
PR-DIENSTLEISTERVERZEICHNIS
PR-Dienstleisterverzeichnis
Kostenlos als PR-Agentur/-Dienstleister eintragen
Kostenfreies Verzeichnis für PR-Agenturen und sonstige PR-Dienstleister mit umfangreichen Microsites (inkl. Kunden-Pressefächern). zum PR-Dienstleisterverzeichnis
BUSINESS-SERVICES
© novo per motio KG