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Fachartikel, 23.08.2007
Risikomanagement
Integriertes Qualitätsmanagement zur Risikominimierung in der Industrie
Beispiele aus der Energiewirtschaft (Kernkraft) ebenso wie aus der Luft- und Raumfahrtindustrie zeigen immer wieder deutlich auf: Mag der Aufwand im Hinblick auf die Vermeidung von Risiken auch noch so immens sein, gibt es dennoch nie eine hundertprozentige Gewähr dafür, dass es nicht doch irgendwann zu großen Störfällen kommen kann. Da sich ein gewisses Restrisiko nicht ausschließen lässt, gilt es umso mehr dieses zumindest beherrschbar zu machen. Modernes Risiko- und Qualitätsmanagement in der Industrie bedeutet, die Risiken zu kennen, diese transparent zu machen (Tracebility), zu bewerten und zu beherrschen.
Technische Risiken, und um die soll es im nachfolgenden gehen, sind oft die Folge komplexer Zusammenhänge. Kommt es zum Störfall beziehungsweise treten die Risiken ein, kann dies weit reichende Folgen für ein Unternehmen haben – angefangen von immensen finanziellen Aufwendungen und/oder Einbußen und einer nachhaltigen Beschädigung des Firmenimages bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen für die Unternehmensleitung bzw. die leitenden und ausführenden Mitarbeiter.

Waren es früher vor allem Überlegungen, die Gewährleistungskosten zu begrenzen, sind es heute vor allem die Produkthaftungsansprüche, die einen „Ausfall“ zu einem „Störfall“ machen können. Gleichzeitig wandelten sich die verwendeten Methoden von der Zuverlässigkeitsrechnung (deren wohl bekanntestes Ergebnis die MTBF (mean time between failure) ist), zur Betrachtung des Risikos und der Fehlerfolgen für das Produkt, die Umwelt und die Verfügbarkeit.

Mögliche Ansätze zum Risikomanagement

Geht es darum, Risiken beurteilen und beherrschbar zu machen, bieten sich unter anderem folgende Ansätze an:

  • Risikobeurteilung
  • Fehlerbaumanalyse (FTA)
  • Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA)
  • Traceability

Diese Methoden können nicht nur zur Beurteilung von Produkten oder technischen Prozessen sondern auch zur Risikobetrachtung von z.B. Auftrags- oder Entwicklungsprozessen angewandt werden.

Als wenig formalisierte Methode bleibt die Risikobeurteilung oft auf Checklisten oder ähnlich eindimensionale Instrumente beschränkt, die meist darauf in erster Linie nur darauf abzielen, über den klaren Sachverstand des Teams das Ausmaß bzw. die Höhe des Risikos abzufragen und so ein Ranking abzuleiten. Diese Risikobeurteilungen werden etwa bei Entwicklungs-Reviews als lästige Übung angesehen. Zu Risikoschwerpunkten werden dann meist textliche Angaben ergänzt: „Was kann passieren?“ „Was können wir zur Vermeidung tun?“ Das Vorgehen ist insgesamt wenig methodisch und nicht genormt, die Ergebnisse sind genau so gut oder schlecht wie die undokumentierten Annahmen des Teams.

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Die Fehlerbaumanalyse
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Die Fehlerbaumanalyse (DIN 25424, FTA, Fault Tree Analysis) bietet einen wesentlich systematischeren Ansatz:

  • Systemanalyse (Systemelemente werden in einer Baumstruktur dargestellt)
  • Festlegung unerwünschter Ereignisse (Fehler)
  • Analyse der Ursache-Wirkung-Ketten
  • Zuordnung von Versagensarten

Der entstehende Fehlerbaum ist formal einem Fehlernetz in der FMEA sehr ähnlich. Er kann qualitativ wie auch rechnerisch bearbeitet werden, wobei zur Unterstützung und Dokumentation fertige Auswertewerkzeuge und –programme zur Verfügung gestellt werden.
Das Team muss interdisziplinär sein und durch einen methodensicheren Moderator gelenkt werden.

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Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse
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Die Fehler-Möglichkeits- und Einflussanalyse (FMEA) als sicher komplexeste der vorgestellten Methoden geht ihrerseits ebenfalls wieder von einer festen Roadmap aus:

  • Systemanalyse
  • Funktionsnetz (Welche Funktionen sind erwünscht?)
  • Fehlernetz (Welche Fehler können auftreten?)
  • Bewertung IST-Stand
  • Maßnahmenentscheid (Wollen wir etwas verbessern?)
  • Bewertung SOLL-Stand

Die beiden Bewertungen des IST und Soll Standes stützen sich auf drei Faktoren, zu denen es branchen- und anwendungsrelevante Kataloge gibt:

  • B Bedeutung
  • A Auftretenswahrscheinlichkeit
  • E Entdeckungswahrscheinlichkeit

Diese drei Bewertungen können anschließend zur so genannten RPZ (Risiko-Prioritätszahl) verrechnet werden.
Nach momentanem Verständnis sind in der Regel dann Maßnahmen vorzuschlagen, wenn

  • die RPZ größer 100 oder
  • das Produkt BxA > 70 ist

Die FMEA bietet dabei den Vorteil einer vorausschauenden Bewertung auch der geplanten Maßnahme, so dass z.B. in einem Investitionsantrag auch beziffert werden kann, um wie viel sich eine RPZ verändert, wenn die beantragte Summe investiert wird.

Traceability

Traceability umfasst sowohl das Konzept zur Informationsbeschaffung der Prozesswerte, deren eindeutige Identifikation als auch die Mechanismen zur Revisualisierung und der statistischen Aufbereitung. Die Revisualisierungsform der Prozessdaten sind von der Datenart und den spezifischen Anforderung abhängig. Für die Realisierung der Dokumentation eines Herstellungsprozesses ist es erforderlich, alle relevanten Fertigungsinformationen abzustimmen und zu beschreiben. Das Traceabilitykonzept beschreibt zusätzlich die Umsetzung der Traceabilityanforderungen innerhalb der Fertigung. Hohen Stellenwert hat dabei die prozesssichere Durchgängigkeit der Informationsbeschaffung und die eindeutige Zuordnung der Prozesswerte zu Produkten bzw. Chargen unter Berücksichtigung der Herstellungsorte (Maschinen).

Traceability-Lösungen unterstützen Kunden dabei zurückzuverfolgen, welche Teile wann, wo, in welchen Produkten, unter welchen Produktionsbedingungen (inhouse oder extern) verbaut und wohin geliefert wurden. Zudem gibt sie einen Überblick darüber, welche Rohstoffe aus welchen Lieferungen in die Produktion eingegangen sind, an welcher Maschine wann und von wem produziert wurde und wer sie mit welchen Qualitätsdaten kontrolliert hat. Traceability-Lösungen müssen die lückenlose Rückverfolgung aller Fertigungschargen vom Produktionswerk bis zum Zwischenlager sicherstellen und sämtliche Materialbewegungen erfassen. Endprodukte erhalten z. B einen Identifikations-Barcode/RFID, der alle relevanten Produktions- und Kundeninformationen enthält – darunter Herstellerwerk, Produktionsdatum, -schicht und -charge oder Material- und Dekornummer. Traceability-Lösungen müssen sich möglichst nahtlos in bestehende IT-Infrastrukturen integrieren. Die konkreten Kundenanforderungen für ein Traceability Management System sind sehr unterschiedlich und sind für verschiedene Ebenen gefordert.

Gute Moderation und gutes Tool sparen viel Geld

Erst eine gute Moderation ermöglicht es dem oft umfangreichen Team, zielgerichtet zu arbeiten. Methodische Fehler werden ebenso vermieden wie Sackgassen oder endlose Diskussionen. Das gute Tool wiederum unterstützt nicht nur die richtige Anwendung der Methodik, nein, erst so wird die oft geforderte mehrsprachige Dokumentation und die Auswertung/Präsentation in unterschiedlichen, vom Kunden erwarteten Ergebnisformularen möglich. Ideal natürlich, wenn dies in einer integrierten Umgebung stattfindet:

  • Beschlossene Maßnahmen fließen automatisch ins Maßnahmencontrolling,
  • Reklamationen (8D-Berichte) werden direkt mit der zugehörigen FMEA verknüpft
  • weitere Q-Planungsdokumente nutzen die Eingaben der FMEA und vermeiden so Doppelarbeiten.

Präventive Fehlervermeidung durch IT-Unterstützung

Will man den Anforderungen an solche Systeme und Methoden Rechnung tragen, braucht es spezielle für das industrielle Qualitätsmanagement konzipierte Softwarelösungen. So können beispielsweise im Rahmen einer Lösung der IBS AG mit Hilfe des FMEA Moduls Fehler bereits im Vorfeld der Produktion erkannt und vermieden werden, was zu einer Steigerung der Funktionssicherheit und Zuverlässigkeit der Produkte führt. Durch die Sammlung der Daten in einer relationalen Datenbank entsteht eine umfangreiche Wissensdatenbank, auf die jederzeit zugegriffen werden kann, was die Erstellung einer neuen FMEA wesentlich effizienter werden lässt. Somit fließen Erfahrungen aus vorhergehenden Projekten mit in neue Entwicklungen ein und tragen dazu bei, dass die Entwicklungsprozesse verkürzt werden und eine bessere Termintreue erzielt wird. Auch störungsärmere Serienanläufe und eine Reduzierung von Garantie- und Kulanzkosten sind die Folge.

Als Add-On zur FMEA bietet ein in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut entwickelter neuer Baustein Unterstützung bei der Erstellung von Prozess-FMEAs für komplexe Montageprozesse. Eine FPM (Fehler-Prozess-Matrix) ermöglicht dabei neben der Erfassung von auftretenden Fehlern innerhalb der Montageprozesse, der Risikobewertung und Optimierung vor allem die Kostenbetrachtung hinsichtlich Nacharbeit, Gewährleistung und Kulanz sowie der Investitionskosten für Abstellmaßnahmen. Ergänzend zur FMEA bietet eine Weiterentwicklung des Moduls Fehlerbaumanalyse, das auf Basis des FMEA Fehlernetzes arbeitet, Unterstützung im Hinblick auf die präventive Fehlervermeidung, die Bewertung der Fehlerfolgen und deren Risiken – modernes Risikomanagement, das den Anforderungen an eine Business Excellence Rechnung trägt.

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Veranstaltungshinweis
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11. IBS:expertenkreis - zweitägiger Kongress zu Manufacturing Execution Systemem (MES), Qualitäts- und Produktionsmanagement

Renommierte Kunden und Partnerunternehmen berichten im Rahmen der Veranstaltung über Strategien, Konzepte und praxiserprobte Lösungen, die innerhalb des Unternehmens zu einem entscheidenden Mehrwert im Hinblick auf die Optimierung und Automatisierung von Produktions-/Fertigungs- und Geschäftsprozessen geführt haben. Relevante Fachthemen werden anhand von Kundenberichten detailliert dargestellt und garantieren einen wertvollen Erfahrungsaustausch mit Fachkollegen. Break out Sessions für die Automotive-, Diskrete- und Prozessindustrie behandeln branchenbezogene Fachthemen.

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