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Fachartikel, 08.03.2007
IT und Telekommunikation
Globalisierung des IT-Business ist mehr als Lohnkostenarbitrage
Die Internationalisierung der eigenen Geschäftsaktivitäten wird für viele IT-Dienstleister zunehmend zu einem Muss, gerade wenn sie mittelständische oder große Kunden bedienen und auf dem weltweiten IT-Services-Markt konkurrenzfähig bleiben wollen. Beitrag über die Chancen und Risiken sowie die Anforderungen im Hinblick auf die Erschließung internationaler IT-Service- und Absatzmärkte.
Die Logik der Globalisierung in der IT-Services-Welt scheint auf den ersten Blick sehr einfach. Die weltweite Verbreitung des Internet sorgt dafür, dass Informationen fast zum Nulltarif ausgetauscht werden. IT-Services, bei denen Austausch und Aufbereitung von Informationen im Mittelpunkt stehen, werden damit weltweit handelbar. Und wenn die Kosten für den Informationsaustausch keine Rolle mehr spielen – so die Idee – dann werden die Lohnkosten zum Nonplusultra im nun weltweiten Wettbewerb der IT-Services-Branche.

Zweistellige Wachstumsraten indischer IT-Konzerne und millionenschwere Investitionsprogramme globaler Player in Indien, China und anderswo scheinen diese einfache Logik zu bestätigen. Sie zeigt sich auch in den Präsentationen führender IT-Dienstleister, die heute kaum noch ohne die obligatorischen Landkarten mit roten und grünen Sternchen in Mumbai, Krakow oder Sao Paulo auskommen. „Global Delivery” heißt das Zauberwort, welches je nach Standpunkt des Betrachters für Pioniergeist im 21. Jahrhundert oder ein neues Bedrohungsszenario für die westliche Welt steht.

Dass es in der Praxis nicht ganz so einfach läuft, mussten bereits viele Offshoring-Pioniere lernen. Denn den Kostenvorteilen durch Lohnkostenarbitrage steht auch ein signifikanter Aufwand gegenüber. Neben offensichtlichen Kosten für Reisen, Trainings und Telekommunikation sollte u.a. auch Zeit und Geld für die Behebung auftretender Kommunikationsfehler oder Investitionen in Disaster-Recovery-Lösungen eingeplant werden.

Hinzu kommt, dass auch indische, polnische oder russische IT-Ingenieure das Gesetz von Angebot und Nachfrage kennen. Und wenn die ganze Welt Arbeitskräfte aus Indien, Polen oder Russland nachfragt, dann steigen dort auch die Löhne und die Fluktuation der Arbeitskräfte. Der Business Case – zumindest wenn er allein auf das Lohnkostenargument baut – stellt sich bei gründlicher Betrachtung oft weniger klar dar, als es die bunten Beraterfolien suggerieren.

„Wenn die Margen gar nicht so gigantisch ausfallen, warum dann das Geschäft internationalisieren?” fragen nun die Globalisierungskritiker, von denen es hierzulande ja nicht Wenige gibt. Deren Schlussfolgerung frei nach dem Motto „Verbleibe doch, es ist so schön” erweist sich jedoch bei genauerem Hinsehen ebenfalls als wenig brauchbar. Denn es sind vor allem die Forderungen der Kunden, welche hierzulande die Internationalisierung des IT-Services-Marktes vorantreiben. Dies ist ein zentrales Ergebnis des Forschungsprojektes INTERDIG, in dem Berlecon Partner ist.

Und gerade im Exportland Deutschland, wo schon die mittelständischen Industriekunden im Ausland aktiv sind, sollte die Forderung nach einer globalen Unterstützung der IT zu wettbewerbsfähigen Preisen ernst genommen werden. IT-Dienstleister, die mittelständische oder große Kunden bedienen und auf dem Weltmarkt mit indischen, britischen und amerikanischen Wettbewerbern konkurrieren, werden deshalb dauerhaft nicht an der Internationalisierung ihres Geschäfts vorbeikommen.

Hinzu kommt, dass im IT-Dienstleistungsmarkt die Spezialisten rar sind. Ressourcenknappheit gibt es vor allem bei Spezialaufgaben mit hohem Anforderungsniveau, wo – dies zeigt die Markanalyse IT-Services von Berlecon Research – noch überdurchschnittliche Preise erzielt werden können. Aus dieser Perspektive bietet globale Arbeitsteilung weit mehr Chancen als nur die Ausnutzung von Lohnkostenvorteilen.

Berlecon Research führt derzeit im Rahmen von INTERDIG zahlreiche Gespräche mit auslandserfahrenen IT-Dienstleistern. Ziel der Gespräche ist es, zu erfahren, was sich hinter den oft propagierten globalen Liefer- und Absatzmodellen verbirgt, wo die kritischen Herausforderungen bei deren Aufbau lauern und welche Erfolgsstrategien sich bewährt haben. Die Erkenntnisse daraus sollen deutschen IT-Dienstleistern bei der Formulierung und Umsetzung von Internationalisierungsstrategien helfen.

Und schon die ersten Gespräche lassen erkennen, dass es beim Thema „Global Delivery” um weit mehr geht als um simple Lohnkostenarbitrage. So lässt sich das Thema Globalisierung kaum trennen von anderen aktuellen Themen wie der Industrialisierung und Standardisierung des IT-Dienstleistungsmarktes. Schließlich müssen Organisationen länderübergreifend reibungslos zusammenarbeiten. Dies ist nur möglich, wenn die Prozesse klar strukturiert, die Schnittstellen definiert und unternehmensweit einheitliche Standards verwendet werden. Wer Probleme auslagert – so eine alte Regel aus dem Outsourcing-Geschäft – der holt sich Chaos ins Haus.

Tatsächlich birgt schon allein die Erledigung der oben angeführten Hausaufgaben ein großes Kostensenkungspotenzial. Unternehmen dürften damit ein großes Stück in Richtung internationale Wettbewerbsfähigkeit vorankommen – unabhängig davon, ob Teilleistungen später nach Indien, Polen oder Russland ausgelagert werden.

Aufbau und Einbindung von Ressourcen aus Niedriglohnländern sind jedoch nur eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite geht es bei „Global Delivery” auch wesentlich darum, einen weltweiten Support der Kunden sicherzustellen. Hier gilt es zum einen, wirklich internationale Organisations- und Verrechnungsstrukturen aufzubauen, bei denen das Kundenprojekt als Gesamtes und nicht lokale Sichtweisen im Vordergrund stehen. Zum anderen müssen Support-Einheiten aufgebaut werden, die sichtbar vor Ort agieren und die lokalen Gegebenheiten berücksichtigen – ein Problem übrigens, welches die meisten indischen Anbieter in Deutschland noch nicht lösen konnten.

Die Ausgangssituation der deutschen IT-Dienstleister beim Aufbau globaler Liefer- oder Absatzmodelle ist bei genauerem Hinsehen tatsächlich gar nicht so übel wie häufig diskutiert. „Prozessoptimierung” ist ein geflügeltes Wort unter den deutschen Managern und das Prozessdenken der Deutschen gilt im Ausland als legendär – im Guten wie im Schlechten. Zudem können deutsche IT-Dienstleister häufig auf einen international aktiven Kundenstamm aufbauen, was dem erfolgreichen Aufbau von Vorort-Einheiten im Ausland zugute kommen dürfte. Schließlich können sie als Spätstarter auch von den Fehlern und Erfolgen der Offshoring-Pioniere aus anderen Nationen lernen.

Quick Wins durch Lohnkostenarbitrage sind im dynamischen Offshoring-Markt zwar kaum noch zu realisieren, aber beim nachhaltigen Aufbau globaler Liefermodelle gibt es durchaus noch Marktpotenzial.
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