Trotz aller finanziellen Probleme sind die ökonomischen Perspektiven für Griechenland, Italien, Portugal und Spanien günstiger als oft dargestellt. So sind die Exporte im Jahr 2011 kräftig gewachsen und haben damit maßgeblich zum Abbau der Handelsbilanzdefizite beigetragen.
Auch wenn die Zinsen auf ihre Staatsanleihen zuletzt gesunken sind und für finanzielle Entlastung sorgen: Noch stehen die Krisenländer vor der gewaltigen Herausforderung, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Ob dazu jedoch tatsächlich weitere drastische Lohnsenkungen von bis zu 30 Prozent nötig sind – wie manche Ökonomen fordern –, ist zweifelhaft. Denn obwohl sich an der Preis- und Kostensituation der Euro-Sorgenkinder im vergangenen Jahr meist nur wenig geändert hat, gab es beim Außenhandel einige erfreuliche Entwicklungen:
1. Handelsbilanzdefizite gesunkenGegenüber dem Jahr 2008, als die Importüberschüsse in fast allen der heutigen Krisenstaaten einen Höchststand erreichten, hat sich die Situation bis 2011 zum Teil deutlich verbessert:
Spanien verringerte sein Minus im Außenhandel mit Waren und Dienstleistungen von 5,8 Prozent auf nur noch 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.Griechenland und Portugal konnten ihre Handelsdefizite immerhin um mehr als die Hälfte abbauen.
2. Exporte dynamisch gewachsenSeit dem tiefen Wirtschaftseinbruch im Jahr 2009 hat der Außenhandel wieder kräftig zugelegt:
Im Jahr 2011 sind die Waren- und Dienstleistungsausfuhren in Portugal, Griechenland und Spanien um ungefähr 7 bis 9 Prozent gestiegen – etwa so stark wie in Deutschland.Zudem konnten diese drei Länder auf ihren Absatzmärkten Marktanteile hinzugewinnen – was im Hinblick auf ihre internationale Konkurrenzfähigkeit ebenfalls optimistisch stimmt. Offenbar ist das Exportangebot der südeuropäischen Staaten doch weltmarkttauglicher als oft vermutet.
3. Importwachstum gebremstZur Verbesserung der Handelsbilanzen hat auch die Entwicklung der Einfuhren beigetragen. Diese sind 2011 in Italien und Spanien deutlich langsamer gestiegen als zuvor, in Portugal sanken sie um 5 Prozent und in Griechenland sogar um 14 Prozent.
Zwar spiegelt die Verringerung der Importe die rückläufige Nachfrage in den Krisenländern wider, was mit einer sinkenden Produktion und Wohlstandseinbußen einhergeht. Diese negativen Effekte werden aber auf Dauer umso geringer ausfallen, je stärker die Nachfrage aus dem Ausland für positive Produktions- und Einkommensimpulse sorgt – und genau das versprechen die jüngsten Exportdaten.
Zweifellos sind zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit weitere Reformen notwendig, die die Bürger in den Krisenstaaten erheblich belasten werden. Doch auch hier besteht kein Grund schwarzzusehen. Denn zumindest in Italien, Portugal und Spanien steht die Mehrheit der Bevölkerung derzeit hinter dem Reformkurs ihrer jeweiligen Regierung.