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Fachartikel, 04.11.2009
EIX-Prognosebörse
Wirtschaftsprognosen von jedermann
Künftig kann jeder Bürger selbst Konjunkturprognosen abgeben, indem er mit fiktiven Wertpapieren auf die Entwicklung von fünf ökonomischen Indikatoren (Bruttoinlandsprodukt, Inflationsrate, Arbeitslosenzahlen, Exporte und Bruttoanlageinvestitionen). Das Ganze funktioniert online über die Prognosebörse EIX und ist völlig kostenlos. Bezahlt wird mit fiktiven, sogenannten EIX-Euros.

Egal, ob Wirtschaftsforscher oder Bankvolkswirte – der Einbruch der Weltwirtschaft im letzten Quartal 2008 hat alle professionellen Konjunkturprognostiker überrascht und ihre Vorhersagen nichtig gemacht. Ein Grund für das Versagen der Prognosen: Es ist schwierig, die Summe der wirtschaftlichen Leistungen eines 80-Millionen-Volks für drei oder sechs Monate treffsicher vorherzusagen – vor allem, wenn ein Staat wie Deutschland Exportweltmeister ist und somit von den Launen der Weltkonjunktur abhängt.

Besonders schlecht fallen Prognosen aus, wenn große Schocks die Wirtschaft treffen. Deshalb waren die Konjunkturauguren im Herbst 2008 sehr verunsichert, schließlich gab es ein vergleichbares globales Ereignis zuletzt vor 80 Jahren. Ziemlich schnell zeigte sich, dass die Konjunktur viel stärker abrutschen würde, als selbst Pessimisten vermutet hatten.

Dadurch ergab sich für die Forschungsinstitute ein Dilemma: Sie hätten die obsoleten Prognosen einfach hinnehmen können – was die Wissenschaftler allerdings wenig glaubwürdig hätte erscheinen lassen. Oder aber sie hätten die ganze Prozedur der Prognose-Erstellung noch einmal durchlaufen müssen. In der Regel veröffentlichen Wirtschaftsforschungsinstitute nur zweimal im Jahr umfassende Ausblicke und halten sich in der Zwischenzeit eher zurück.

Eine weitere Schwäche der Prognosen ist, dass sie oft auf statistischen Regelmäßigkeiten beruhen und versuchen, aus der jüngsten Vergangenheit auf die künftigen Entwicklungen zu schließen – selbst wenn sich bereits abzeichnet, dass sich außergewöhnliche Vorgänge abspielen.

Der Einbruch der gesamtwirtschaftlichen Leistung im Herbst 2008 war so extrem, dass statistische Verfahren dies kaum oder gar nicht vorhersagen konnten – solche Negativ-Szenarien waren schlichtweg nicht vorgesehen.


Als Alternative zu statistischen Methoden bieten sich Befragungen an. Darauf greifen Prognostiker zwar gern zurück, doch Umfragen geben lediglich eine vage Richtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vor und sind zudem relativ aufwendig.

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln, das Handelsblatt, das Institute of Information Systems and Management (IISM) und das Forschungszentrum Informatik (FZI) der Universität Karlsruhe haben daher einen Mittelweg entwickelt: die Prognosebörse Economic Indicators eXchange, kurz EIX (Kasten).

Ein wichtiger Vorzug der EIX-Prognosebörse ist, dass kontinuierlich gehandelt wird – buchstäblich Tag und Nacht können Gebote eingestellt werden. Und jede neue Information verwandelt die EIX sofort in eine Vorhersage.

Derartige Börsen haben sich bisher in anderen Versuchen bewährt und zum Beispiel den Ausgang von Wahlen und Fußballspielen vergleichsweise gut vorhergesagt. Auch Unternehmen nutzen Prognosebörsen, um beispielsweise die Entwicklungszeiten ihrer Produkte abzuschätzen. Zwar könnten auch die Entwickler selbst befragt werden, doch diese sind – schon von Berufs wegen – meist zu optimistisch. Prognosebörsen sind ehrlicher und nutzen auch die Informationen jener Beschäftigten, deren Meinungen bei Befragungen nicht richtig in die Vorhersagen eingehen würden, weil manche entweder gar nicht befragt werden oder aber sich nicht trauen, wirklich ihre Meinung zu sagen.

Dass auf einer Prognosebörse wirklich jeder handeln kann, ist ein unschätzbarer Vorteil. So sind beispielsweise Informationen über das gesamtwirtschaftliche Geschehen quer über alle Bevölkerungsgruppen verteilt. Wer über spezielles Wissen verfügt, dürfte dementsprechend handeln – das heißt kaufen oder verkaufen – und dadurch den Preis gemäß seiner Einschätzung nach oben oder unten bewegen. Dass es klug ist, Wissen umfassend abzufragen, wurde auch wissenschaftlich untersucht und hat sich unter dem Stichwort „Weisheit der Massen“ etabliert.

Die Prognosebörse soll und wird andere Prognosetechniken nicht ersetzen, sondern ergänzen. Für die Methodenvielfalt gibt es sehr gute wissenschaftliche Gründe: Zahlreiche empirische Untersuchungen haben nachgewiesen, dass die Kombination von mehreren Wegen bessere und robustere Ergebnisse bringt.

Wie EIX funktioniert

Auf EIX (www.eix-market.de) werden keine Aktien von Unternehmen gehandelt, sondern die Anleger setzen mit fiktiven Wertpapieren auf die Entwicklung von fünf ökonomischen Indikatoren – und prognostizieren damit, wie sich die Konjunktur ihrer Erwartung nach entwickeln wird:

  • Inflation: Es zählt die Veränderung des Indexes der Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat.
  • Bruttoinlandsprodukt: Es zählt die Veränderung gegenüber dem Vorquartal auf Basis der preis-, saison- und kalenderbereinigten Werte.
  • Bruttoanlageinvestitionen: Es zählt die Veränderung gegenüber dem Vorquartal auf Basis der preis-, saison- und kalenderbereinigten Werte.
  • Exporte: Es zählt die Veränderung der Ausfuhren gegenüber dem Vormonat auf Basis der saison- und kalenderbereinigten Werte.
  • Arbeitslose: Es zählt die Zahl der Arbeitslosen. Gehandelt werden kann bis einige Tage vor Bekanntgabe der tatsächlichen Entwicklung der Indikatoren durch das Statistische Bundesamt.

Danach beginnt eine neue Handelsperiode. Anleger können ihre Aktien für jeweils drei Handelsperioden kaufen und verkaufen. EIX funktioniert kostenlos, bezahlt wird mit fiktiven EIX-Euros.

Ein Beispiel: Ein Anleger vermutet, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im dritten Quartal 2009 um 0,5 Prozent höher sein wird als das des zweiten Quartals – der „BIPKurs“ also um 0,5 Prozent steigt. Somit kauft er jetzt BIP-Aktien, weil er glaubt, dass diese im Wert zulegen. Damit sich auch kleine Änderungen im Geldbeutel bemerkbar machen, verändert sich der Marktpreis auf EIX zehnmal mehr als der Kurs: Aus 0,5 Prozent werden 5 Prozent, aus 1 Prozent 10 Prozent usw. Kauft der BIP-Aktionär beispielsweise ein Wertpapier für 100 EIX-Euro, könnte er am Ende 5 EIX-Euro Gewinn machen, sollte die Wirtschaftsleistung tatsächlich um 0,5 Prozent klettern.  Ob das der Fall ist, erfährt der Anleger in diesem Fall am 10. November – denn dann gibt das Statistische Bundesamt die BIP-Zahlen für das dritte Quartal von 2009 bekannt.

Wer mit seinen Prognosen die Wirklichkeit gut abbildet, vergrößert nicht nur sein virtuelles Portfolio. Jeden Monat gibt es zahlreiche Sachpreise zu gewinnen.

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Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) ist das führende private Wirtschaftsforschungsinstitut in Deutschland. Das Institut vertritt eine klare marktwirtschaftliche Position und will das Verständnis wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Prozesse in Politik und Öffentlichkeit festigen und verbessern. Dazu analysiert das ...
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