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Fachartikel, 21.04.2009
Deutsche Industrie
Chancen durch Megatrends
Auch wenn die Wirtschaftskrise derzeit vielen deutschen Unternehmen das Leben schwermacht – die deutsche Industrie ist fit wie nie zuvor und hat alle Chancen, in den kommenden Jahrzehnten von den globalen Megatrends zu profitieren. Wohin die Reise geht und welche wirtschaftspolitischen Weichen dafür noch zu stellen sind, zeigt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW).*)
Die westlichen Länder bezeichnen sich zwar selbst gern als Industriestaaten, doch an der Wertschöpfung gemessen verliert das Verarbeitende Gewerbe seit Jahrzehnten an Bedeutung. In Frankreich und Großbritannien zum Beispiel ist der Industrie-Anteil seit Anfang der siebziger Jahre um jeweils rund die Hälfte geschrumpft, Japan und die USA melden Rückgänge von annähernd 40 Prozent.

Auch in Deutschland hat die Industrie nicht mehr das Gewicht früherer Zeiten. Dennoch nimmt die Bundesrepublik eine Sonderstellung ein. Zum einen ist der industrielle Wertschöpfungsanteil nach wie vor höher als bei der internationalen Konkurrenz, zum anderen ist der Abwärtstrend längst gestoppt:

Seit Mitte der neunziger Jahre konnte die deutsche Industrie wieder Boden gutmachen und hat im vergangenen Aufschwung erstmals seit vielen Jahren sogar Beschäftigung aufgebaut – allein von 2006 auf 2007 entstanden 84.000 neue Jobs.

Dieser Erfolg ist zudem nicht wegen, sondern trotz der Standortpolitik zustande gekommen. Statt das Land in guten Zeiten wetterfest zu machen und grundlegende Weichen neu zu stellen, sind viele Reformen entweder nur Stückwerk geblieben (wie im Gesundheitswesen und auf dem Arbeitsmarkt), oder sie wurden ganz unterlassen (wie in Sachen Steuerstruktur) beziehungsweise wieder rückgängig gemacht (wie in der Rentenpolitik).

Jetzt, mitten in der größten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten, steht Deutschland an einem Scheideweg: Entweder fällt das Land in seine langjährige Unbeweglichkeit zurück, oder es gelingt ihm, an die Reformerfolge der Agenda 2010 anzuknüpfen und auf einen deutlich höheren Wachstumspfad einzuschwenken.

Dass dies möglich ist, zeigt ein Blick in die ökonomische Kristallkugel. Der globale Strukturwandel, daran besteht kaum Zweifel, wird sich fortsetzen und dabei bestimmten Megatrends folgen. Das IW Köln hat die zehn wichtigsten Trends dahingehend untersucht, welche Chancen sie insbesondere den Industriebranchen bieten.

Die meisten dieser Entwicklungen sind nicht unbedingt neu. Die Globalisierung zum Beispiel läuft in ihrer derzeitigen Form schon seit rund 20 Jahren. Wenn das Thema trotzdem ganz oben auf der Agenda bleibt, dann deshalb, weil mit China, Indien und Russland neue Wachstumszentren entstehen, die allein aufgrund ihrer Größe alle anderen in den Schatten stellen. Das wiederum generiert einen weiteren Trend: die Wohlstandsorientierung der aufstrebenden Volkswirtschaften.Und deren Nachholbedarf eröffnet der deutschen Industrie große Absatzchancen.

In der IW-Untersuchung geht es allerdings nicht darum, ob Entwicklungen wie die Wohlstandsorientierung, der Klimawandel und die Ressourcenknappheit gut oder schlecht sind und was eventuell dafür oder dagegen getan werden müsste. Die Studie verfolgt vielmehr einen pragmatischen Ansatz: Die Trends existieren, also muss die Welt mit ihnen leben und das Beste daraus machen.

Dazu gehört, dass viele negative Begleiterscheinungen des einen oder anderen Trends eben nur mit der Industrie gemildert oder gelöst werden können – und nicht gegen sie. Beispiel Urbanisierung: Die Zahl der Menschen, die in Städten leben, wird sich bis 2050 auf rund 6,4 Milliarden verdoppeln und entsprechende Ansprüche an die urbane Infrastruktur stellen. Da Megastädte wie Mumbai, Delhi oder Mexiko City damit aber schon heute heillos überfordert sind, müssen sie Milliarden investieren – ausländischen Unternehmen, die in diesen Sektoren gut aufgestellt sind, winkt also ein riesiges Marktpotenzial.

Ähnliches gilt für den Megatrend des technischen Fortschritts. Für manche Menschen ist zum Beispiel die Bio- und Gentechnologie ein großes Problem, andere sehen darin die Zukunft. Die sogenannten Life Sciences – zu denen auch die Chemie, die Medizin, die Ernährungswissenschaften und die Psychologie gehören – haben aus heutiger Sicht jedenfalls das Zeug dazu, eine neue globale Wachstumswelle auszulösen.

Ob Deutschland an diesen Trends partizipieren wird oder nicht, hängt vor allem von den wirtschaftspolitischen Weichenstellungen ab. Die Welt wird sich auch künftig in atemberaubendem Tempo verändern. Das Problem dieses Wandels liegt jedoch nicht darin, dass die Zeit mancher Branchen abläuft und dort unweigerlich Arbeitsplätze verloren gehen, sondern vielmehr darin, dass neue Wirtschaftsfelder und damit Beschäftigungsmöglichkeiten gar nicht oder nur unzureichend erschlossen werden.

Der Schlüssel für eine prosperierende Zukunft heißt also Veränderungsbereitschaft. Dass ausgerechnet diese Eigenschaft in Deutschland nicht besonders viel zählt, muss eigentlich verwundern. Denn kaum ein anderes Land hat in der Vergangenheit so stark vom Wandel – sprich der Globalisierung – profitiert:

Fast die Hälfte des deutschen Bruttoinlandsprodukts stammt aus dem Export.

Den permanenten Wandel zu erklären, also einerseits Unvermeidliches zu benennen und andererseits Chancen aufzuzeigen, ist daher die wichtigste Zukunftsaufgabe der Politik. Dass sie zudem die bekannten Mängel in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abstellen muss, versteht sich von selbst.

*) Vgl. Michael Grömling, Hans-Joachim Haß: Globale Megatrends und Perspektiven der deutschen Industrie, IW-Analysen Nr. 47, Köln 2009, 88 Seiten, 16,90 Euro. Bestellung über Fax:
0221 4981-445 oder unter:
www.divkoeln.de


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