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Fachartikel, 28.06.2012
Defizit Grundbildung
Nachsitzen im Betrieb
Lesen, Schreiben, Rechnen – was bei Schulkindern vorausgesetzt wird, ist noch lange nicht für jeden Erwachsenen selbstverständlich: Fast jeder fünfte Erwerbstätige hat keine Berufsausbildung, mitunter nicht mal einen Schulabschluss – und weist folglich große Lücken in der Grundbildung auf. Mithilfe gezielter betrieblicher Weiterbildung ließe sich das ändern.
Sie  arbeiten  als  Haushaltshilfe, Lagerist,  Maler,  Fensterputzer, Gärtner  oder  Koch:  Geringqualifizierte  müssen  ihren  Lebensunterhalt in der Regel mit einfachen,  manuellen  Tätigkeiten  bestreiten. Die Zahl der Un- und Angelernten  ist  trotz  des  Trends  zur Höherqualifizierung  überraschend groß:

Rund  7,3  Millionen  Beschäftigte – also 18 Prozent aller Erwerbstätigen in  Deutschland  –  haben  keinen  Berufsabschluss.

Zwar  war  diese  Quote  in  Westdeutschland  in  den  1980er  Jahren mehr als doppelt so hoch – damals gab es allerdings auch noch entsprechend viele einfache Jobs. Seitdem haben  neue  Technologien  und  die fortschreitende Automatisierung die Arbeitsprozesse  derart  verändert, dass  die Anforderungen an die Erwerbstätigen  sprunghaft  gestiegen sind. Wer heute  ohne Berufsausbildung  dasteht,  kann  die  steigende Komplexität  der  Arbeitsaufgaben deshalb kaum noch bewältigen. Das gilt erst  recht für das  Drittel  jener Geringqualifizierten,  die  nicht  einmal über einen Schulabschluss verfügen.

Vielen An- und Ungelernten mangelt  es  schon  an  grundlegenden Kompetenzen: Sie können nicht ausreichend lesen, schreiben und rechnen,  um  in  der  modernen  Arbeitswelt  zurechtzukommen.  Selbst  bei einfachen Tätigkeiten kommt es heutzutage nicht nur auf einen  angemessenen  Umgang  mit Kunden und Kollegen an: Vielmehr müssen auch in solchen Jobs Sicherheitsvorschriften  verstanden  und Informationen  korrekt  weitergegeben werden können. Eine Befragung des  Instituts  der  deutschen  Wirtschaft Köln (IW) von mehr als 1.100 Unternehmen zeigt, dass die Arbeitgeber von ihren an- und ungelernten Mitarbeitern zunächst vor allem die guten  alten  Tugenden  erwarten:

Ehrlichkeit,  Zuverlässigkeit  und Pünktlichkeit  sind  für  fast  alle  Firmen die entscheidenden Einstellungskriterien bei der Auswahl von Geringqualifizierten.

Fast genauso wichtig ist den Arbeitgebern, dass diese Mitarbeiter in der Lage sind, deutsch zu sprechen und tätigkeitsrelevante Texte zu verstehen. Mathematische Kenntnisse wie Bruchrechnen haben als Einstellungskriterium  hingegen  eine  deutlich geringere Bedeutung.

Die mangelnde Grundbildung der Geringqualifizierten  wird  von  den meisten Firmen nicht nachgebessert. Zwar engagieren sich die Unternehmen recht aktiv für Qualifizierungsmaßnahmen – im Jahr 2010 führten mehr  als  80  Prozent  der  Firmen formelle  oder  informelle  Weiterbildungsmaßnahmen durch; doch die Angebote  konzentrieren  sich  meist auf  die  Vermittlung  betriebsrelevanter Kenntnisse. Zudem beteiligen sich Mitarbeiter ohne Berufsausbildung vergleichsweise selten an Weiterbildungsmaßnahmen:

Rund 46 Prozent der Erwerbstätigen, die 2010 an einer betrieblichen Weiterbildung teilnahmen, haben eine duale Berufsausbildung durchlaufen; weitere knapp 29 Prozent haben ein Studium absolviert; nur etwas mehr als 7 Prozent konnten überhaupt keine Berufsausbildung vorweisen.


Gleichwohl wäre fast ein Drittel der  Unternehmen  bereit,  Geringqualifizierten am Arbeitsplatz Nachhilfe im Lesen und Rechnen zu geben.  Bei  staatlicher  Unterstützung stiege der Anteil der förderbereiten Unternehmen sogar auf 38 Prozent an.  Am  ehesten  tendieren  größere Industriebetriebe  dazu,  sich  dieser Aufgabe  zu  stellen.  Die  Mehrheit jedoch, jede zweite Firma, sieht auch bei entsprechender Förderung keine Veranlassung, die Grundbildung ihrer an- und ungelernten Mitarbeiter nachzubessern.

Um die Arbeitsmarktchancen von geringqualifizierten Erwerbstätigen dennoch zu verbessern, hat das Bundesbildungsministerium ein Förderprogramm  aufgelegt,  das  noch  bis 2015 läuft. Eine Möglichkeit sollte dabei  sein,  dass  Bildungsträger  gemeinsam  mit  Unternehmen  Strategien  entwickeln,  wie  Geringqualifizierte am Arbeitsplatz Mindestkompetenzen im Lesen, Schreiben und Rechnen erwerben können.
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