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Kolumne
Wachstumstreiber, 18.08.2009
Austauschbarkeit
Die Achillesferse jedes Unternehmens
Die Wirtschaftskrise ist schonungslos. Sie zeigt, wie austauschbar Produkte und Leistungen sind und Kunden sich entweder in Verzicht üben oder woanders kaufen. Die Folge: Nach Märklin, Rosenthal und Schiesser ging nun mit dem Pianoforte-Hersteller Schimmel ein weiteres Marken-Traditionsunternehmen in der aktuellen Krise in die Knie und meldete Insolvenz an.
Tradition, guter Name und die Ausrichtung auf eine „Ein-Produkt-Strategie“ helfen in der Krise nicht weiter. Interessant dabei ist, dass die Krise bei diesen Unternehmen das Fass nur zum Überlaufen brachte. Die Probleme, sich am Markt ausreichend Akzeptanz zu verschaffen und die Produkte wirtschaftlich zu produzieren und zu verkaufen, bestanden schon seit Jahren.  

Dabei ist nicht nur die Austauschbarkeit das Problem, sondern auch der unvorbereitete Zustand des Unternehmens. Das Festhalten an der Tradition und der Sicht „ was nicht sein kann, darf auch nicht sein“. Ein Paradebeispiel in dieser häufig anzutreffenden Art der Unternehmensführung war der Verfall von Polaroid und Agfa, die beide die Bedeutung der digitalen Technologie ignorierten.

Dabei gibt es ein exzellentes Verfahren, um sich frühzeitig darauf einzurichten und wachstumsorientierte Strategien einzuleiten: Horizontales Zooming. Den eigenen Aktionsradius aus der Vogelperspektive zu betrachten und sich damit zu beschäftigen, welche Produkte, Technologien, allgemeine Entwicklungen und Trends das eigene Geschäft ersetzen könnten.

Diese Sichtweise hilft bei akuter Gefährdung. Sie hilft aber auch, um engen oder preisintensiven Märkten zu entkommen. Und sie verhindert wirkungsvoll, sich auf den Verdiensten der Vergangenheit auszuruhen, wie das folgende Beispiel zeigt:

Der Geschäftsführer eines weltbekannten Getränkeherstellers rüttelte sein Team, das sich bei einem Marktanteil von über 60% im Softdrinkbereich auf den Lorbeeren auszuruhen drohte, mit der Frage wach: „Was ist unser Anteil am Durst der Welt“? Die Antwort lieferte er gleich mit: 0,8%! Und schon war klar, wo der neue Wettbewerb sitzt: Tee, Kaffee, Wein, Bier und Wasser. Den Anteil von 0,8% in 10 Jahren zu verdoppeln war sein neues Ziel. Ein Ziel das alle verstanden, annahmen und in der Folgezeit deutlich früher erreichten.

Mit dieser Sichtweise werden Produktpaletten erweitert, neue Anwendungsfelder geboren, neue Zielgruppen entdeckt und der Markt von B2C zu B2B und umgekehrt gewandelt. Die Frage „Was ist mein Anteil an gespielter Klaviermusik?“ könnte sich in ein „Anteil an gehörter Klaviermusik“ ändern und damit den Aktionsradius um ein Vielfaches erweitern. So kann das Unternehmen genügend Spielraum für neues, getragenes Wachstum gewinnen. Doch solange in Unternehmen die „was nicht sein kann, darf auch nicht sein“-Haltung anzutreffen ist, wird die Krise weiterhin ihre Opfer finden.

Ein wohltuendes, exotisches Beispiel, wie sich eine ganze Region mit dem existenziellen Thema der Austauschbarkeit beschäftigt, ist der Skiort Ischgl in Tirol. Wenn die klimatische Entwicklung weiter so fortschreitet, muss damit gerechnet werden, dass die Klimaerwärmung  die Aufrechterhaltung des Skibetriebes in 20 bis 40 Jahren nicht mehr zulässt. Aus diesem Grund gibt es eine Reihe von Initiativen, die sich mit diesem Thema beschäftigen, Lösungen andenken und sammeln: von „Downhill Bubbles“ über Treppenkonzepte bis hin zu einer karibischen Badeinsel werden dort regelmäßig neue Möglichkeiten thematisiert.

Diese Herangehensweise an das Wissen um die eigene Austauschbarkeit ermöglicht Gelassenheit und Pünktlichkeit. Denn die Maßnahmen können dann alle rechtzeitig und aus eigener Kraft umgesetzt werden und neues Wachstum zulassen.
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Über Christian Kalkbrenner
Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Marketing und Personal startete Christian Kalkbrenner 1986 seine Karriere als Trainee bei einem mittelständischen Weltmarktführer der Automobilzuliefererindustrie. Dort wurde er zunächst ... mehr
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