VOLLTEXTSUCHE
Fachartikel, 23.06.2009
Arbeitsmarkt
Ältere Ingenieure – aus Erfahrung gut
Bis zum Jahr 2020 werden 470.000 Ingenieure altersbedingt aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Um ihren künftigen Personalbedarf decken zu können, stellen die Unternehmen bereits heute verstärkt über 50-jährige Ingenieure ein. Und diese bleiben nach einer Umfrage der Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult umso länger im Erwerbsleben, desto stärker ihr Arbeitgeber ihre individuellen Erfahrungen und Stärken berücksichtigt.*)
Bis zum Jahr 2020 wird fast jeder zweite derzeit beschäftigte Ingenieur in den Ruhestand wechseln. Würde man nur diese Gruppe ersetzen wollen, müssten rund eine halbe Million Fachkräfte nachrücken. Bislang gibt es in den ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen aber nicht genügend Absolventen, um die sich öffnende Lücke zu schließen – vor allem, da sogar mit einer steigenden Fachkräftenachfrage gerechnet wird.

Gerade in kleinen und mittleren Unternehmen kommen in den nächsten Jahren viele altgediente Technikexperten ins Ruhestandsalter. Die Betriebe versuchen deshalb, ihre Spezialisten möglichst lange zu halten. Wie sie das tun, hat die Institut der deutschen Wirtschaft Köln Consult im Rahmen einer aktuellen Umfrage für das IW-Zukunftspanel ermittelt. Im Februar und März 2009 wurden gut 3.900 Unternehmen der Industrie und industrienaher Dienstleistungsbranchen befragt.

In jedem zweiten dieser Betriebe sind Ingenieur-„Üfüs“ tätig, also Ingenieure im Alter von 50 Jahren und darüber. Zwischen 2004 und 2008 hat knapp jedes fünfte Unternehmen, das Ingenieure beschäftigt, gezielt Fachkräfte mit langjähriger Erfahrung eingestellt. In der Maschinenbauindustrie schloss sogar mehr als jede vierte Firma Arbeitsverträge mit älteren Ingenieuren ab. Die Logistikbranche benötigt dagegen offenbar nicht so viel zusätzliches „erfahrenes Ingenieurwissen“ – dort stellte lediglich jedes achte Unternehmen ältere Ingenieure neu ein.

Da nur ein Teil der Betriebe zwischen 2004 und 2008 neues Personal suchte, dürfte der tatsächliche Anteil innerhalb der einzelnen Branchen sogar noch höher liegen. Die gestiegene Nachfrage nach Senior-Ingenieuren hat dazu geführt, dass es deutlich weniger solcher arbeitslosen Fachkräfte gibt:

Waren im Jahr 1999 noch rund 42.400 Ingenieure im Alter von 50 oder mehr Jahren arbeitslos, so ist deren Zahl bis 2008 um ungefähr 80 Prozent auf etwa 8.900 gesunken – das bedeutet quasi Vollbeschäftigung.

Unternehmen schätzen ältere Ingenieure vor allem wegen ihrer Projekterfahrung und wegen ihres umfangreichen technischen Know-hows. Für 82 Prozent beziehungsweise 71 Prozent der Personalchefs waren solches Erfahrungs- und Fachwissen sehr wichtige Kriterien bei der Einstellung der reiferen Kollegen. Nur rund 30 bzw. knapp 40 Prozent der Betriebe stellten dagegen Ingenieur-„Üfüs“ ein, weil sonst keine Fachkräfte zu bekommen waren oder die Jungingenieure nicht das nötige Spezialwissen mitbrachten.

Die Lohnkosten- und Eingliederungszuschüsse der Bundesagentur für Arbeit setzen dabei keine großen Anreize – nur etwa jeder sechste Betrieb sagt, dies spiele für die Beschäftigung älterer Ingenieure eine Rolle.

Die Unternehmen decken ihren Bedarf an qualifizierten Ingenieuren jedoch nicht allein aus dem Pool der Arbeitslosen. Jedes fünfte Unternehmen, in dem Ingenieure arbeiten, hat in den vergangenen fünf Jahren bereits aus dem Erwerbsleben ausgeschiedene Fachleute reaktiviert, die sogenannten Silver Workers.

Vor allem in der Elektroindustrie und im Fahrzeugbau, im Maschinenbau, in der Chemischen Industrie sowie bei unternehmensnahen Dienstleistern sind viele Senior-Experten aktiv. Meist greifen größere Betriebe auf den Erfahrungsschatz der reiferen Spezialisten zurück – sie können sich die höheren Saläre dieser Experten allerdings auch eher leisten als kleinere Firmen.

Unternehmen, die ältere Ingenieure beschäftigen, wollen diese möglichst lange halten. Auf diese Weise lassen sich nicht nur die Folgen des demografischen Wandels weiter in die Zukunft verlagern, sondern es bleibt auch wichtiges Erfahrungswissen im Betrieb. Drei von vier dieser Firmen tun deshalb einiges für die älteren Ingenieure – die Maßnahmen reichen von attraktiven Aufgaben über eine altersgerechte Arbeitsplatzgestaltung
bis zu speziellen Gesundheitstrainings.

Meist wird den reiferen Mitarbeitern Projektverantwortung übertragen – dies ist bei etwa zwei Dritteln der Unternehmen, die ältere Ingenieure beschäftigen, der Fall. Auf Platz zwei steht die Know-how-Auffrischung:

Mehr als zwei Fünftel der Firmen, in denen ältere Ingenieure arbeiten, bieten diesen berufliche Weiterbildungsmaßnahmen an.

Eher sporadisch werden präventive oder therapeutische Gesundheitsmaßnahmen offeriert – Ingenieure sind in der Regel körperlich nicht so stark belastet wie andere Berufsgruppen. Insgesamt zahlen sich diese personalpolitischen Maßnahmen für die Betriebe aus:

In Unternehmen, die sich gezielt bemühen, ältere Ingenieure zu halten, haben diese im Schnitt der vergangenen fünf Jahre erst mit 63,2 Jahren aufgehört zu arbeiten. In Firmen, die diese Experten nicht in großem Umfang fördern, gehen ältere Ingenieure zwei Jahre früher in Rente.

Gleichwohl ist sich nur knapp ein Viertel der Ingenieure beschäftigenden Firmen über die Probleme im Klaren, die aufgrund der demografischen Entwicklung und der gleichzeitig steigenden Nachfrage nach technischen Fachkräften auf sie zukommen. Die übrigen schätzen den Einfluss des demografischen Wandels auf ihre Personalsituation noch als eher schwach oder sogar sehr schwach ein. Am meisten alarmiert sind die Unternehmen, bei denen Ingenieure in den kommenden fünf Jahren aus Altersgründen aus dem Erwerbsleben ausscheiden.

*) Vgl. Vera Erdmann, Oliver Koppel: Beschäftigungsperspektiven älterer Ingenieure in deutschen Industrieunternehmen, in: IWTrends 2/2009

ZUM AUTOR
Über Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln e.V.
Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln e.V.
Postfach 101942
50459 Köln

+49-221-49810
WEITERE ARTIKEL DIESES AUTORS
Studie zur gesellschaftlichen Mitte
Vom Facharbeiter bis zum Gymnasiallehrer – die Mittelschicht in Deutschland ist bunter und ... mehr

ANDERE ARTIKEL AUS DIESEM RESSORT
SUCHE
Volltextsuche





Profisuche
Anzeige
PRESSEFORUM MITTELSTAND
Pressedienst
LETZTE UNTERNEHMENSMELDUNGEN
Anzeige
BRANCHENVERZEICHNIS
Branchenverzeichnis
Kostenlose Corporate Showrooms inklusive Pressefach
Kostenloser Online-Dienst mit hochwertigen Corporate Showrooms (Microsites) - jetzt recherchieren und eintragen! Weitere Infos/kostenlos eintragen
EINTRÄGE
PR-DIENSTLEISTERVERZEICHNIS
PR-Dienstleisterverzeichnis
Kostenlos als PR-Agentur/-Dienstleister eintragen
Kostenfreies Verzeichnis für PR-Agenturen und sonstige PR-Dienstleister mit umfangreichen Microsites (inkl. Kunden-Pressefächern). zum PR-Dienstleisterverzeichnis
BUSINESS-SERVICES
© novo per motio KG