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Fachartikel, 26.03.2010
Unternehmensentwicklung
Struktur statt Motivation
Erfolgreiche Unternehmen haben intern Strukturen, die die Mitarbeiter dazu bringen, das zu tun, was ihr Chef sich wünscht. Denn Systeme und Strukturen geben Halt, weisen den Mitarbeitern den Weg und legen damit den Grundstein für ein erfolgreiche und somit nachhaltige Unternehmensentwicklung.
Mitarbeiter versuchen, erstens, unangenehme Gefühle zu vermeiden, zweitens, angenehme Gefühle zu erreichen, und drittens, den Weg des geringsten Widerstands zu gehen. Mitarbeiter wählen in einer Situation daher stets die Alternative, die für sie bequem und mit möglichst wenig Aufwand verbunden ist. Damit unterscheiden sie sich von Unternehmern, die in der Regel große Mühen auf sich nehmen, um ihren Betrieb erfolgreich zu gestalten – in der Erwartung, dass sich dies für sie auszahlen wird (positives Gefühl).

Um zu erreichen, dass die Mitarbeiter tun, was sie tun sollen, nutzen die meisten Unternehmer zwei Instrumente. Zum ersten gehören Anreize und Belohnungen, zum zweiten Strafen. Kurzfristig lassen sich mit diesen Instrumenten durchaus Erfolge erzielen, aber langfristig wirken sie sich kontraproduktiv aus. Strafen müssen immer härter werden, und Belohnungen müssen immer höher werden, damit sie wirken. Und Chefs, die nicht die angekündigten Register ziehen, gelten schnell als unglaubwürdig und inkonsequent. Außerdem müssen sie, bei aller Härte, immer fair und berechenbar bleiben, sonst bringen sie die gesamte Belegschaft gegen sich auf.

Belohnungen haben ebenfalls eine Kehrseite. Sie erhöhen nämlich die Kosten – bei einem zweifelhaften Nutzen – und erzeugen bei den Mitarbeitern eine hohe Erwartungshaltung für die Zukunft. Belohnungen können also dazu führen, dass der Unternehmer plötzlich einem Erwartungsdruck durch die Gruppe ausgesetzt wird, den er nicht mehr befriedigen kann.

Unternehmensstrukturen optimieren

Wie bewegen Sie also Ihre Mitarbeiter dazu, das zu tun, was Sie von Ihnen wollen? Weder mit Strafe noch mit Belohnung, sondern durch Strukturen. Die Strukturen bestimmen nämlich dauerhaft – und mehr als alles Andere –, wie sich das System Unternehmen verhält und wie der Weg des geringsten Widerstands verläuft. Mitarbeiter werden zwar weiterhin diesen Weg suchen, nur dass ihnen jetzt die Struktur diesen Weg maßgeblich vorgibt. Mit der Zeit lernen die Mitarbeiter zudem, dass sie gegen diese Struktur nicht ankommen, da sie stärker und dauerhaft wirksam ist.

Generell gilt: Systeme (Unternehmen) organisieren und erhalten sich durch Strukturen! Jeder Betrieb – auch Ihrer – muss also eine Struktur entwickeln, damit das Unternehmen überhaupt funktionieren kann. Je optimaler diese Struktur ist, desto erfolgreicher ist Ihr Unternehmen. Ist hingegen die Struktur schwach, fehlt der Erfolg. Daran ändern auch Maßnahmen wie Motivationsveranstaltungen, Incentives, Provisionen, Beteiligungsversuche, Bestechungsversuche, Überredungskünste, Wettbewerbe, Seminare, Ausbildungen, Feiern, psychologische Betreuung, Bestrafungen, Geschenke, Gehaltserhöhungen, Beschimpfungen oder Jammern nichts.

Konzentrieren Sie sich deshalb darauf, die für Ihren Betrieb passenden Strukturen zu etablieren. Jedes Unternehmen hat zwar Strukturen, aber wenn diese willkürlich entstehen, besteht die große Gefahr, dass die geschäftlichen Ziele nicht auf dem Weg des geringsten Widerstands liegen. Daher gilt: Überprüfen Sie zunächst die vorhandenen Strukturen in Ihrem Unternehmen. Wenn diese den Erfolg behindern – in diesem Fall spricht man von „limitierenden Strukturen“ –, schaffen Sie neue, erfolgsfördernde Strukturen.

Neue Strukturen aufbauen

Limitierende Strukturen erkennen Sie daran, dass der Bereich, den diese Strukturen betreffen, trotz hoher Anstrengungen stagniert. Indizien dafür sind zum Beispiel, wenn Aktivitäten zur Kundengewinnung nur dann erbracht werden, wenn der Umsatz nachlässt. Steigt der Umsatz, werden die Aktivitäten weitgehend eingestellt, da alle Energie zur Auftragsbearbeitung benötigt wird. Erst wenn der Umsatz wieder sinkt, wird dann wieder akquiriert. Ein Wachstum des Unternehmens ist so aber nicht möglich.

Ein ebenfalls weit breitestes Beispiel für mangelhafte Strukturen verdeutlicht folgendes Szenario: Der Unternehmer agiert sehr erfolgreich, weshalb er neue Mitarbeiter einstellt. Allerdings muss er sich nun mehr als bislang mit internen Aufgaben wie Führung und Verwaltung beschäftigen, statt wie bisher den Verkauf anzukurbeln. Was passiert? Der Umsatz sinkt langsam, während die Kosten steigen. Mitarbeiter werden wieder entlassen, danach zieht der Umsatz wieder an, weil sich der Chef wieder um den Vertrieb kümmert. Dann beginnt der Kreislauf von vorne.

Dass eine Belohnung eine gute Struktur nicht ersetzen kann, zeigt sich bei Verkäufern. Diese geben richtig Gas, wenn sie Geld benötigen, denn schließlich verdienen sie provisionsabhängig. Verkaufen Sie viel, steigt ihr Einkommen dank höherer Provisionen. Daraufhin lässt im Allgemeinen ihr Verkaufserfolg nach, da sie wieder den Weg des geringsten Widerstands gehen und sich um die Auseinandersetzung mit Kunden drücken.

Jedes Mal, wenn Sie also eine solche Oszillation in Ihrem Unternehmen erkennen, sollten Sie versuchen, herauszufinden, welche Mechanik hinter dieser Schwingung steckt. Häufig ist eine solche Analyse mit bestimmten Schwierigkeiten verbunden, weil man die beiden Pole der Schwingung nicht einfach erkennt. Dann neigt man dazu, wieder in Aktivitäten zu investieren, um der Situation Herr zu werden. Häufig hat man dann zunächst große Hoffnungen, weil die Aktivität kurzfristig eine Veränderung herbeiführt. Langfristig kehrt man jedoch wieder zur alten Situation zurück. Man dreht sich also im Kreis.

Um diesem Zyklus zu entkommen, benötigen Sie ein Spannungselement, das Sie aus dieser Dynamik herauszieht. Das kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass Sie eine unternehmerische Vision formulieren, die Mitarbeiter und Kunden ständig zu positiver Unterstützung motiviert. Oft ist es für Unternehmen zwar nicht einfach, motivierende Visionen zu entwickeln, die dauerhaft positive Spannung in die Unternehmensentwicklung bringen. Trotzdem sollten Sie einen wichtigen Teil der unternehmerischen Kreativität genau in diese Vision investieren.

Weiterhin ist es wichtig, dass Sie die Spannung zwischen der gewünschten Vision und der Realität nicht dadurch verringert, dass Sie die gegenwärtige Situation falsch darstellen, indem Sie zum Beispiel vorgeben, bestimmte Erfolge und Ergebnisse, z.B. ausgezeichneten Service, bereits erzielt zu haben. Eine solche Beschönigung verringert nur die Spannung zwischen der Realität und der Vision und führt dazu, dass Anstrengungen ausbleiben.

Pragmatische Ansätze, um Spannungen zu erzeugen

Um den Weg des geringsten Widerstands in einzelnen Arbeitsbereichen oder Geschäftsprozessen günstig zu beeinflussen, können Sie auf die folgenden Elemente zurückgreifen.

1. Regeln und Gesetze

Die wichtigsten Arbeitsanweisungen müssen in Form von Regeln oder „Gesetzen“ formuliert werden. Gegen unternehmensinterne Gesetze wird nur ausgesprochen selten verstoßen, und wenn, dann sollte dies Konsequenzen nach sich ziehen. Ein Unternehmer hat beispielsweise allen Verkäufern die klare Regel „Wir lügen Kunden nicht an“ gegeben. Diese Regel führte dazu, dass der Verkauf keine Zusagen mehr gibt, die das Unternehmen später nicht erfüllen konnte und die andere Mitarbeiter dann berichtigen mussten. Den Verkäufern ist klar, dass ein Verstoß gegen diese Regel großen Widerstand und ggf. sogar eine Kündigung hervorrufen wird.

2. Automatisieren von Widerständen und Kontrollen

Da es nicht sinnvoll ist, die eigenen Mitarbeiter ständig bei ihren Aktivitäten zu kontrollieren, können Sie Kontrollpunkte und Widerstände quasi automatisch in die Arbeitsabläufe integrieren. So können Sie beispielsweise Ihre Software so anpassen, dass man einen bestimmten Bearbeitungsschritt erst durchführen kann, wenn zuvor eine andere Aktivität erbracht wurde. Außerdem können Kontrollen an Kunden oder Mitarbeiter übertragen werden, so dass der Unternehmer diese nicht durchführen muss. Eine Möglichkeit der automatischen Kontrolle besteht zum Beispiel darin, einen Arbeitsschritt zur Voraussetzung dafür zu machen, dass ein Kollege seine Tätigkeit abschließen kann. In diesem Fall wird der besagte Kollege die Kontrolle für Sie durchführen.

3. Entstörung


Unter „Entstörung“ versteht man die Beseitigung von Faktoren, die Leistungen negativ beeinflussen oder verhindern. Diese Faktoren können unterschiedlicher Natur sein. So kann ein einziger Mitarbeiter, der besonders gesprächig ist, andere von deren Arbeit abhalten. In diesem Fall kann eine Versetzung (anderes Büro) oder eine Kündigung zur Leistungssteigerung der anderen beitragen. Auch defekte Geräte oder umständlich zu bedienende Software können die Leistung von Mitarbeitern beeinträchtigen und sollten schnellstens durch besser funktionierende Produkte ersetzt werden. Sind externe Ursachen für Störungen verantwortlich, zum Beispiel fehlt ein Mitarbeiter immer wieder, weil seine Kinder krank werden, so helfen oft Gespräche und die klare Aufforderung diesen Aspekt privat anders zu regeln. Ist der eigene Geschäfts-/Partner der Störfaktor, so muss dieses Thema mit oberster Priorität bearbeitet werden.

4. Arbeitspläne


Manche Mitarbeiter haben Probleme, ihre Zeit effektiv einzuteilen. Sie erledigen viele Dinge in falscher Reihenfolge und zu ungünstigen Zeiten. Das Problem wird verstärkt, wenn der Mitarbeiter mehrere Rollen ausübt.  Hier können Sie mit Arbeitsplänen experimentieren, die bestimmten Tätigkeiten Zeitfenster innerhalb einer Woche zuweisen. Hierdurch stellen Sie sicher, dass alle wichtigen Tätigkeiten auch bearbeitet werden. Da eine Aufgabe erfahrungsgemäß immer so lange dauert, wie man dem Mitarbeiter dafür Zeit lässt, kann hierdurch die Effektivität deutlich erhöht werden. Übrigens kann man diesen Effekt auch für die eigene Zeiteinteilung nutzen.

4. Bequemlichkeit

Für alle wichtigen Aktivitäten die im Unternehmen durch Mitarbeiter ausgeübt werden, gilt die folgende Regel: Es muss angenehmer sein, bestimmte Dinge zu tun, als diese nicht zu tun! Mit anderen Worten: Sorgen Sie dafür, dass Unterlassungen tatsächlich unangenehm sind. In vielen Fällen ist zu beobachten, dass eine Unterlassung keine Konsequenzen nach sich zieht oder der Mitarbeiter zwar ermahnt wird (= 30 Sekunden unangenehm), aber dann die versäumte Tätigkeit nicht nachholen muss (= 2 Stunden unangenehme Arbeit erspart). Machen Sie es also zur Regel, dass alle vermeidbaren Versäumnisse sofort aufzuarbeiten sind, gegebenenfalls auch in unbezahlten Überstunden. Dann lernen die Mitarbeiter, dass es nicht akzeptabel ist, ohne plausible vorherige Begründung eine Tätigkeit zu unterlassen oder zu verschieben.

Sie sehen, durch kreative Konstruktion von Abläufen, durch Entstörung und klare Regeln ist es möglich, wirksame Strukturen zu schaffen. Beachten Sie dabei immer, dass klare, ethische Grundsätze beachtet werden, denn es handelt sich hierbei um sehr wirksame Methoden, die sich bei unsachgemäßer Anwendung auch negativ auswirken können. Gehen Sie jedoch behutsam vor, werden Sie die Ergebnisse Ihres Unternehmens deutlich steigern können.
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Über Dr. Jochen Sommer
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Dr. Jochen Sommer ist Geschäftsführer der Sommer Solutions GmbH in Linsengericht. Der erfahrene Berater hat ein Analyse-, Beratungs- und Coachingsystem entwickelt, das Unternehmer modular nutzen können, um ihr Unternehmen einerseits ...
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