Die Zahl der Nutzer von Facebook, Twitter & Co. steigt stetig an. Dabei werden die sozialen Medien nicht nur privat genutzt, sondern auch immer mehr innerhalb der Arbeitszeit. Gerade hier ist es sehr umstritten, ob sich durch die Nutzung informationelle Vor- oder Nachteile ergeben, ganz unabhängig von der fragwürdigen Rechtslage. Viele Unternehmen gehen dazu über, bestimmte Seiten zu sperren, weil ihrer Meinung nach dadurch nicht nur unberechtigt Arbeitszeit für (meist) betriebsfremde Themen verwendet wird, sondern auch die Gefahr des Verrats von Geschäftsgeheimnissen steigt.
Auch wenn diese Risiken nicht von der Hand zu weisen sind, muss kritisch hinterfragt werden, ob eine derartige Vorgehensweise zielführend ist, denn beim Social Media ist das wie bei einem Flaschengeist: Einmal freigelassen, ist er nicht mehr zu fangen. Schließlich verfügt heute fast jeder über mobile private Geräte, die er auch am Arbeitsplatz mitführt und über die er leicht die Sperre des lokalen Festnetzes/Intranets umgehen kann. Auch verhindern Verbote der Sozialen Medien am Arbeitsplatz sicher nicht, dass sich der ein oder andere Arbeitnehmer außerhalb der Arbeitszeit und des Arbeitsortes über sein Arbeitsumfeld und seinen Arbeitgeber äußert.
Die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
a) Individualarbeitsrecht
Arbeitgeber und Arbeitnehmer regeln ihr direktes Rechtsverhältnis im Kern im Arbeitsvertrag, ergänzt durch das sogenannte Direktions- oder Weisungsrecht des Arbeitgebers und die arbeitsrechtlichen Gesetze und kollektiven Regelungen. Der Umgang mit Social Media hat sich an diesen Rahmenbedingungen zu orientieren.
Im Rahmen des Direktionsrechts kann der Arbeitgeber auch bestimmte IT-Anwendungen und deren Nutzung regeln, soweit arbeitsvertragliche Regelungen oder entsprechende Betriebsvereinbarungen nicht entgegenstehen und auch relevante Interessen des jeweiligen Arbeitnehmers entsprechend berücksichtigt worden sind. Entscheidende Klarheit kann nur dann hergestellt werden, wenn genau geregelt wird, für welche Zwecke das jeweilige IT-Werkzeug eingesetzt werden kann und darf und welche Nutzenziele damit verbunden sind. Nur über einen klaren Rahmen sind die Beurteilung eines Missbrauchs jenseits tolerierbarer Grenzen und in Folge entsprechende arbeitsrechtliche Maßnahmen wie eine Abmahnung oder eine direkte (außerordentliche) Kündigung, möglich. Der Arbeitgeber muss dabei sicherstellen, dass eine eindeutige Kenntnisnahme der jeweiligen „Spielregeln“ nachweisbar möglich ist.
b) Kollektives Arbeitsrecht
Neben dem Individualarbeitsrecht spielt bei der Nutzung bzw. Regelung von Social Media in Unternehmen vor allem das Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) eine erhebliche Rolle.
§ 87 I BetrVG sieht bei der Einführung von Intranetlösungen Beteiligungsrechte des Betriebsrates vor, um ggf. widerstreitende Interessen zu regeln: Einerseits das Recht des Arbeitgebers auf Kontrolle der Erfüllung der jeweiligen Arbeitsaufgaben und das Interesse des Arbeitnehmers, dass hierdurch keine Überwachungsmöglichkeiten geschaffen werden, die zur Verletzung der Persönlichkeitsrechte eingesetzt werden können oder objektiv zur Überwachung geeignet und einer Auswertung der Arbeitnehmerdaten dienlich sind, da die meisten Social Media Tools heute die Möglichkeit einer umfassenden Auswertung der jeweiligen Nutzungsdaten ermöglichen. Es bietet sich daher zur Regelung aller potentiellen Probleme an, mit dem Betriebsrat auch entsprechende Betriebsvereinbarungen abzuschließen.
Trotz aller technischen oder rechtlichen Vorkehrungen, ist und bleibt die Nutzung sozialer Medien eine Einstellungs- und Kulturfrage im Unternehmen. Wie in der Kindererziehung ist es regelmäßig besser, anstelle von Verboten und Sperren zu einem mündigen und selbstkritischen Umgang mit diesen Medien zu erziehen und über deren Chancen und Risiken zu informieren. Schließlich eröffnen in einer vernetzten Welt diese Medien nicht nur Risiken, sondern schaffen den heute unumgänglichen Link zur Welt und deren Know how. Jedem Arbeitnehmer obliegt der Schutz interner Information sowohl aus seinen vertraglichen Pflichten, seiner generellen Treuepflicht sowie dem Schutzinteresse des Arbeitgebers im Hinblick auf einen ungestörten Betrieb und Wahrung von Betriebsgeheimnissen. Diese Beschränkungen der Äußerungen von Arbeitnehmern über ihre Tätigkeit und das eigene Unternehmen in der Öffentlichkeit gab es auch schon weit vor Social Media & Co..
Nach Art 5 I1 GG hat jeder das Recht, im Rahmen der Gesetze und ohne Verletzung der Rechte Dritter sowie Behauptung unwahrer Tatsachen, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten, auch im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses. Verbreitet ein Arbeitnehmer z.B. über das Internet eine bewusst falsche Aussage, führt dies regelmäßig zur Unzulässigkeit der jeweiligen Aussage, ohne dass er sich auf die Meinungsfreiheit berufen könnte. Mitarbeiter sind also aufgrund der bestehenden Rücksichtnahmepflicht verpflichtet, Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu wahren.
Ansonsten lässt sich aus der arbeitsrechtlichen Rücksichtnahmepflicht ableiten, dass es gerade wegen der (unbegrenzten) Öffentlichkeit von Äußerung in einem Sozialen Netzwerk ein rechtswidriger Verstoß gegen die „Treue- und Loyalitätspflicht“ ist, wenn das Unternehmen dadurch geschädigt wird. Äußerungen von Mitarbeitern im Web oder Internet sind also nicht immer von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Es liegt im ureigensten Interesse aller Betriebsparteien, sich über die Rechte und deren Grenzen auf allen Seiten individuelle Klarheit zu verschaffen und ggf. entsprechende Regelungen zu schaffen.
Dies kann ähnlich einer Corporate Governance in Form einer differenzierten Social Media Governance oder Richtlinien erfolgen. Darin sollte vor allem geregelt werden,