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Kolumne
Beraten und verkauft, 05.12.2011
Scheinheilige Spenden-PR
Imagepflege mit dem guten Zweck
„Tue Gutes und rede darüber.“ Nach dieser Maxime agieren Unternehmen oft, wenn sie mittels PR versuchen, ihr Image zu pflegen. Zu Recht! Doch manchmal wäre es besser zu schweigen – zum Beispiel, wenn die Spende in keiner Relation zur Größe des Unternehmens oder des Events steht.
Alle Jahre wieder, wenn das erste Kerzlein am Adventskranz brennt, ist es wieder soweit: Dann wird so manch Unternehmer „rührselig“. Nein, nicht weil in der Vorweihnachtszeit die Kasse vieler Betriebe besonders süß klingelt, sondern weil er daran denkt, wie viel Freude es bereitet, an „arme“ Menschen mildtätige Gaben zu verteilen.

So zum Beispiel Florian und Markus Bauer, die die Privatmolkerei Bauer in fünfter Generation leiten. Sie verkünden in einer von ihrem Unternehmen verbreiteten Pressemitteilung, dass es ihnen „gerade zu Weihnachten eine Herzensangelegenheit“ sei, „Menschen zu unterstützen, die auf Hilfe angewiesen sind“. Deshalb spende das Familienunternehmen, dessen Joghurts fast jeder Konsument kennt, auch in diesem Jahr wieder „Geld an gemeinnützige Projekte“. Sehr schön denkt man. Doch dann liest man in der Pressemitteilung: Das Unternehmen spendet das Geld anstatt Weihnachtsgeschenke an Kunden und Geschäftspartner zu verteilen. Und: Das Unternehmen macht insgesamt nur 10 000 Euro als Spende locker, die es auf vier Organisationen verteilt. Und allmählich beschleicht einem beim Lesen der Verdacht: Vielleicht ist das Spenden doch keine „Herzensangelegenheit“, sondern eine Sparaktion, die zudem für PR-Zwecke ausgeschlachtet wird? Manchmal sollte man Dinge schlicht tun und schweigen, statt sie in die Welt hinaus zu posaunen. Zumindest dann, wenn der PR-Tamtam in keiner Relation zur Spende steht. Denn dann wird der „edle Spender“ unglaubwürdig.

Ähnlich verhält es, wenn so manche Honoratiorenvereinigung – egal, wie sie heißt – in der Vorweihnachtszeit mal wieder eine Benefiz-Veranstaltung durchführt. Auch dann denkt man sich zuweilen: Leute, muss das Wohltätigkeits-Tamtam denn sein? Könnt’ ihr es euch nicht einfach gemeinsam gut gehen lassen? Warum müsst ihr stets euren Vorsitzenden von der Presse ablichten lassen, wie er einen überdimensionalen Check, auf dem ein recht mickriger Betrag steht, dem eingeschüchterten Vertreter einer Hilfsorganisation überreicht?

So wie zum Beispiel der Lions-Club Darmstadt-Justus von Liebig in diesem Jahr. Er veranstaltete im November unter dem Motto „Tanzend helfen“ seinen 8. Benefiz-Ball – „eine rauschende Ballnacht eingebettet in ein anspruchsvolles Rahmenprogramm“. Für die Benefiz-Veranstaltung zahlte jeder der mehr als 500 Gäste 60 Euro Eintritt, und als Sponsoren konnte der Lions-Club neben zahlreichen ortsansässigen Betrieben, auch so kapitalkräftige Finanzdienstleister wie die Deutsche Bank und die Sparkasse Darmstadt gewinnen. Und was wurde nach der rauschenden Ballnacht dem Verein für krebskranke und chronisch kranke Kinder e.V. stolz überreicht: schlappe 10 000 Euro.

Für den Verein ist dies sicherlich eine beachtliche Summe – aber trotzdem ist der Betrag lächerlich, wenn man bedenkt, wie viele finanzkräftige Personen bei solchen Events meist im Saale sind. Ein Mehrfaches der Spendensumme käme bei solchen Benifiz-Veranstaltungen in der Regel gewiss zusammen, wenn jede anwesende Person schlicht das Geld spenden würde, das sie in einer Stunde verdient. Und ähnlich hoch wäre vermutlich der Spendenerlös, wenn man die von Sponsoren für die bei solchen Events übliche Tombola gestifteten Gegenstände schlicht bei Ebay versteigern würde.

Wenn es bei diesen Benifiz-Veranstaltungen wirklich um die „Herzensanlegenheit“ Spenden ginge, dann könnte man sich ihre zeit- und kostenintensive Vorbereitung und Durchführung schlicht sparen. Aber dann könnte ja der 1. Vorsitzende nicht auf die Bühne treten und – vor den Augen der Presse – einen Scheck überreichen. Und die teilnehmenden Honoratioren? Sie könnten sich nicht selbst beklatschen.
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Über Bernhard Kuntz
Bernhard Kuntz ist ein ausgewiesener Kenner des Bildungs- und Beratungsmarkts aufgrund seiner Tätigkeit als Redakteur des Fachmagazins 'management & seminar' (1989 bis 1992) und seiner über 15-jährigen Arbeit als Fachjournalist für Personal- und ... mehr
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