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Fachartikel, 08.05.2007
Personalauswahl
K.O.-Kriterien bei der Auswahl von Azubis
Bei der Vergabe von Lehrstellen an Auszubildende (Azubis) reichen vielen Unternehmen alleinig gute Noten nicht. Im Arbeitsalltag zählen nicht zuletzt das Arbeits- und Sozialverhalten. Ein Faktor, der auch zunehmend die Personalauswahl von Lehrlingen bestimmt.
Markus Schulze war sehr zuversichtlich. Schließlich hatte er im Zeugnis, das er nach der 9. Klasse erhielt, einen Notendurchschnitt von 2,4. Und in keinem Hauptfach war die Note schlechter als „befriedigend“. „Mit dem Zeugnis finde ich schnell eine Lehrstelle als Bürokaufmann“, dachte der Realschüler. Doch dann kam die erste Absage, die zweite, die dritte ... Und Schulze wurde immer unsicherer. Zumal der Zeitpunkt näher rückte, dass er nach der 10. Klasse die Schule verlassen würde. Also rief er nach der nächsten Absage bei dem Unternehmen an und fragte: Warum? Und erhielt die Antwort: „Sie haben in Arbeits- und im Sozialverhalten nur eine Drei. Außerdem stehen in Ihrem Zeugnis vier unentschuldigte Fehltage.“

Viele Schüler unterschätzen die Bedeutung der Kopfnoten. Sie wissen nicht, dass sie eine Drei im Arbeits- oder Sozialverhalten bei vielen Unternehmen automatisch aus dem Auswahlverfahren katapultiert. Zum Beispiel bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Das Unternehmen lädt nur Bewerber zum Auswahltest ein, die in „Mitarbeit“ und „Verhalten“, so heißen die Kopfnoten in Baden-Württemberg, „mindestens eine Zwei haben“. „Denn zu-verlässig und teamfähig müssen all unsere Mitarbeiter sein“, erklärt Ausbildungsleiter Manfred Rossmanith, der jährlich 90 Ausbildungsstellen besetzt. „Egal, welche Aufgabe sie in unserem Unternehmen haben.“

Ausschlusskriterium „Nummer 1“

Auch beim Frankfurter Bildungsdienstleister Provadis, der für mehrere Großunternehmen Jahr für Jahr geeignete Kandidaten für 500 Ausbildungsstellen sucht, sind die Kopfnoten das „Ausschlusskriterium Nummer 1“ bei der Vorauswahl der Bewerber. Wer sich mit einer Note schlechter als Drei bewirbt, erhält „sofort eine Absage“, betont Markus Vogel, der mit seinem Team für die Auswahl zuständig ist. „Und bei einer Drei schauen wir genauer hin. Denn dann zeigte die Person in der Regel bereits Verhaltensauffälligkeiten.“

Warum viele Unternehmen bei den Kopfnoten so streng sind, erläutert Claudia Marloff. Sie ist beim Pharmariesen Sanofi Aventis in Frankfurt für den Bereich Ausbildung zuständig: „Mathe- und Rechtschreibkenntnisse können wir relativ einfach mit einem Eignungstest überprüfen. Wie motiviert und teamfähig ein Bewerber ist, lässt sich aber selbst mit ausgeklügelten Tests nur schwer erkennen.“ Hinzu kommt: Wenn ein Azubi im Prozentrechnen Defizite hat, lässt sich dieses Manko in der Regel beheben – sofern er motiviert und lernwillig ist. Anders ist es, wenn er unzuverlässig und wenig verantwortungsbewusst ist. Dann können Unternehmen hiergegen meist wenig tun.

Eine Drei ist „Höchststrafe“

Ab welcher Note Bewerber aussortiert werden, ist von Unternehmen zu Unternehmen verschieden – auch weil die Bundesländer bei den Kopfnoten unterschiedliche Notenskalen haben. In Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gibt es nur die Noten 1 bis 4. In Niedersachsen hingegen gibt es fünf Noten und in Hessen sogar sechs. Deshalb ist in Baden-Württemberg laut Manfred Rossmanith eine Drei bereits „die Höchststrafe“. In Hessen hingegen ist eine Drei „durchaus üblich“ und eine Eins „so selten, dass wir solche Bewerber mit Kusshand nehmen“, verrät Markus Vogel.

Und in Bayern? Dort gibt es Kopfnoten nur in der Grundschule. Deshalb sind sie bei der Allianz Deutschland AG auch „kein K.O.-Kriterium“, erklärt Tobias Haasen, Leiter des Referates Berufsausbildung und zentrale Aufgaben. Denn die meisten Schüler, die sich bei dem Finanzkonzern mit Hauptsitz in München bewerben, kommen aus Bayern. „Dafür schauen wir im Assessment Center, das alle Bewerber durchlaufen, genau auf das Verhalten“, erläutert Haasen. Und nicht-bayrische Bewerber mit schlechten Kopfnoten und auffälligen Fehlzeiten? Sie sollten nicht überrascht sein, wenn ein Allianz-Mitarbeiter telefonisch nachfragt: Wie erklären Sie sich die schlechten Noten? Warum haben Sie so oft gefehlt? Hat der Bewerber keine überzeugende Begründung, wird’s mit der Einladung zum Assessment Center nichts.

Erklärungsbedarf bei Fehlzeiten

Folgenschwer sind vor allem unentschuldigte Fehlzeiten. Provadis sortiert schon Bewerber mit einem unentschuldigten Fehltag aus. Aber auch auf die Zahl der entschuldigten Fehltage achten die meisten Unternehmen genau. Schließlich schreiben manche Eltern ihrem Nachwuchs, wenn er mal wieder schwänzte, zähneknirschend eine Entschuldigung – weil sie wissen: Unentschuldigte Fehltage im Zeugnis sind ganz schlecht.

Ein Fallstrick, über den Schüler laut Aussagen von Manfred Rossmanith von Schwäbisch Hall oft stolpern, ist: Ihnen ist nicht ausreichend klar, dass sie sich um die Ausbildungsstellen zumeist nicht mit dem Schulabschlusszeugnis, sondern  je nach Schulart  bereits mit dem Zeugnis der 8., 9. oder 12. Klasse bewerben. Für einen Realschüler, die gerade in die 9. Klasse kommt, erscheint aber die Zeit bis zum Schulabschluss nach der 10. Klasse noch „endlos lang“. Entsprechend sorglos schlagen gerade die 14- bis 16-Jährigen oft über die Stränge, ohne sich der langfristigen Folgen für ihre Chancen am Arbeitsmarkt bewusst zu sein.

Übrigens: Markus Schulze hat inzwischen eine Lehrstelle gefunden – bei einer mittelständischen Spedition. Die Absagen, die er nach der 9. Klasse erhielt, schlugen ihm so auf den Magen, dass er sozusagen über Nacht zum „Musterschüler“ wurde. Und prompt wurde er auch zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Allerdings nicht von Großunternehmen, denn die hatten ihre Ausbildungsplätze bereits vergeben. Aber von kleinen und mittelständischen Betrieben. Denn dort stehen die Azubis  anders als in Großunternehmen  meist unter der ständigen Kontrolle des „Chefs“. Deshalb haben sie auch weniger Angst davor, dass „ein fauler Apfel“ auch das Verhalten der anderen Azubis negativ beeinflusst.
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