VOLLTEXTSUCHE
Fachartikel, 03.07.2007
Mitarbeiterführung
Management by objectives – Kooperation statt autoritärer Legitimation
Das „Management by objectives“, zu Deutsch „Führen über Ziele“, zählt zu den Klassikern unter den Management-Konzepten. Seit einigen Jahren erlebt der Ansatz einer auf dem Prinzip der Zielvereinbarung aufbauenden Mitarbeiterführung eine Renaissance. Statt jedoch dem eigentlichen Kern diese Führungsansatzes, Mitarbeiter stärker in die Verantwortung und Zieldefinition einzubinden, Rechnung zu tragen, wird dieser allzu oft zur Legitimation der eigenen Autorität missbraucht.
Immer wieder kann man in Gesprächen mit Personalverantwortlichen von Unternehmen diese voller Stolz die frohe Botschaft künden hören: „Wir schulen unsere gesamte Führungsmannschaft top-down zum Thema ‚Führen über Ziele’.“ Ein Hinweis, der in gewisser Hinsicht überrascht, ist doch der Führungsansatz des „management by objectives“ (MbO) längst ein Klassiker und alles andere als neu. Denn bereits 1954 stellte der im vergangenen Jahr verstorbene Peter F. Drucker das MbO als Instrument der Mitarbeiterführung vor.

Dennoch entdecken viele Unternehmen das „Führen über Ziele“ neu. Dies gilt sogar für Unternehmen, in denen es bereits seit Jahrzehnten zu den offiziellen Führungsinstrumenten zählt. Häufig verstaubte es bei ihnen jedoch nach einer anfänglichen Euphorie in der Schublade, unter anderem weil vielfach Postulate übersehen wurden, die mit MbO verbunden sind. So zum Beispiel Druckers Annahme: Die mit den Mitarbeitern vereinbarten Ziele müssen aus den Zielsetzungen des Gesamtunternehmens abgeleitet werden. Stattdessen formulierte jeder Bereich seine eigenen Ziele. Ein Abstimmen mit der Gesamtstrategie erfolgte nicht.

Integration als Postulat

Ein wesentlicher Aspekt des Managementkonzepts basierte auf Druckers Ziel, Mitarbeiter besser in die Geschäftsprozesse zu integrieren. Die Grundüberlegung: Werden Mitarbeiter in die Zielformulierung involviert, steigt auch ihr Engagement und Beitrag, um diese Ziele zu erreichen – vorausgesetzt, sie erhalten die nötigen Handlungs- und Entscheidungsspielräume. Ein Postulat, das jedoch zahlreiche Führungskräfte nicht beachteten. Stattdessen nutzten sie häufig ihr Wissen um die Ziele als eine Art Geheimwissen, um ihre eigene Position zu stärken und sie zu legitimieren. Und ließen sie dann ihre Mitarbeiter an ihrem Wissen teilhaben, so taten sie dies oft nur aus dem einem Grund: um deren Leistung zu kontrollieren. Dadurch verkam das Führen über Ziele zu einem reinen Formalismus, weil ihm das partnerschaftlich-kooperative Element fehlte.

Ein solcher Umgang mit dem Thema Zielvereinbarung ist jedoch falsch. Wird das „Führen über Ziele“ als Kontrollinstrument missbraucht, wäre es sinnvoller, zum alten Befehl-Gehorsam-Prinzip zurückzukehren. Denn dann geht just das Positive verloren, das dieses System auszeichnet. Den Mitarbeitern wird weder deutlich, in welchem Sinnzusammenhang ihre Tätigkeit steht, noch welche Bedeutung ihr Tun für den Erfolg des Unternehmens hat. Folglich entwickeln sie auch nicht das nötige Engagement für das Erreichen der Ziele. Und schon gar nicht können sie sich, wenn sie bei ihrer Arbeit vor grundlegenden Entscheidungen stehen, allein für das richtige Handeln entscheiden, weil ihnen die nötige Orientierung fehlt.

Zahlreiche Unternehmen haben dies erkannt. Eine zentrale Ursache hierfür liegt in der strategischen Neuorientierung vieler Unternehmen in den zurückliegenden Jahren. In diesem Zusammenhang definierten die Topmanager auch die Kernkompetenzen und -prozesse ihrer Unternehmen neu. Diese strategischen Entscheidungen mussten sie den Mitarbeitern mitteilen; außerdem mussten sie ihnen vermitteln, welche Konsequenzen sich hieraus für ihre (Alltags-)Arbeit ergeben. Hierfür sind Zielvereinbarungsgespräche ein geeignetes Instrument.

Hinzu kommt noch ein weiterer Grund: Meist war mit der Umstrukturierung der Unternehmen ein Abbau von Personal und Hierarchieebenen verbunden. Deshalb haben die (verbliebenen) Führungskräfte heute größere Aufgabenfelder. Also müssen sie ihre Energien und Ressourcen sowie die ihrer Mitarbeiter stärker bündeln. Sonst erreichen sie ihre Ziele nicht. Auch hierfür ist das MbO ein geeignetes Instrument.

Ziele, Maßnahmen und Aufgaben unterscheiden

In vielen Unternehmen haben die Erfahrung mit dem MbO zu einem Umdenken geführt: Das Führen über Ziele wird zunehmend als Koordinations- und Kommunikationsinstrument entdeckt. Auch haben viele Unternehmen mittlerweile erkannt, dass dieser Managementansatz eine bestimmte Unternehmenskultur voraussetzt. So kann eine auf Zielvereinbarungen basierender Führungsansatz nur gelingen, wenn im dem Unternehmen eine Vertrauenskultur besteht, in der die Mitarbeiter und das Management auch offen miteinander kommunizieren – eine zentrale Voraussetzung, um Zielkonflikte zu vermeiden und zu lösen.

Für Führungskräfte bedeutet dies zunächst eine höhere zeitliche Belastung. Sie müssen mehr Zeit in das Gespräch mit ihren Mitarbeitern investieren. Werden die vereinbarten Ziele anschließend aber von den Mitarbeitern getragen und kontrollieren sie deren Erreichen weitgehend selbst, gewinnen die Führungskräfte dadurch Freiräume und Zeit. Inwieweit dies auch gelingt, hängt von den Inhalten der Zielvereinbarungsgespräche ab. Oft reden Führungskräfte in den Zielvereinbarungsgesprächen mit ihren Mitarbeitern mehr über Aufgaben und Maßnahmen als über Ziele. Viele kennen den Unterschied zwischen Zielen, Maßnahmen und Aufgaben nicht. Dies liegt zum Teil daran, dass bei den Führungskräften Schulungs- und Informationsdefizite bestehen.

Ein weiterer Grund liegt in dem Umstand, dass die Entscheidungs- und Handlungsspielräume der Mitarbeiter in der Regel umso kleiner werden, je weiter man in der Unternehmenshierarchie nach unten kommt. Das erschwert es, qualifizierte Ziele zu vereinbaren, weshalb in den Zielvereinbarungen oft nur Aufgaben aufgelistet werden. Deshalb empfiehlt es sich häufig, zwar mit allen Mitarbeitern Mitarbeitergespräche zu führen, Zielvereinbarungsgespräche aber nur (abhängig von der Unternehmensgröße) mit den ersten zwei bis drei Führungsebenen.

Ziele abstimmen und kommunizieren

Die vereinbarten Ziele müssen auch an die nachgeordnete Hierarchieebene und die Kollegen in den anderen Unternehmensbereichen, mit denen die Beteiligten im Arbeitsalltag kooperieren, kommuniziert werden. Sonst ist ein Abstimmen der Ziele nicht möglich. Hieran mangelt es in vielen Unternehmen. Dabei ist dieser Prozess extrem wichtig; denn in ihm werden alle Beteiligten sensibler für die Schnittstellen, an denen in der Regel die meisten Konflikte entstehen.

Beim Einführen des MbO spielen die Top-Manager eine Schlüsselrolle. Sie müssen das „Führen über Ziele“ promoten. Aber auch nach dem Einführen ist ihre aktive Mitarbeit gefragt. Ohne ein aktives Vorleben von oben, verwässert das System sehr schnell und erstarrt in einem reinen Formalismus. Dann wird das Vereinbaren der Ziele von den Beteiligten als reine Zeitverschwendung erfahren. Die Führungskräfte sehen hierin kein sinnvolles Instrument der Mitarbeiterführung und die Mitarbeiter kein Instrument, das ihnen ein effektives (Zusammen-)Arbeiten erleichtert.

Werben für das neue Führungsverständnis

Ein häufiges Problem in vielen Unternehmen ist, dass selbst in jenen, in denen das Top-Management seit Jahren für MbO wirbt, die Führungskräfte nicht voll hinter diesem Managementsystem stehen, weil sie ein anderes Führungsverständnis haben. Ein Manko, das nur beseitigt werden kann, wenn das Top-Management zum einen weiterhin beharrlich für die Veränderung wirbt und ein Unternehmen zum anderen seine Führungskräfte entsprechend fördert und entwickelt. Gleichzeitig gilt es für das Top-Management auch den nötigen Veränderungsdruck zu erzeugen und dabei den Mitarbeitern zu signalisieren, das eine solche Veränderung der Zusammenarbeit nicht nur gewollt, sondern auch notwendig ist.

Da sich manche Unternehmen bei der Einführung eines solch umfassenden Führungssystems wie MbO überfordert sehen, empfiehlt es sich in vielen Fällen, das System zunächst – sozusagen als Pilotprojekt – nur in einem Unternehmensbereich einzuführen. Außerdem sollte die Zielvereinbarung mit der Vergütung gekoppelt werden. Das erhöht die Verbindlichkeit. Schließlich ist das Vergütungssystem für die Mitarbeiter ein wichtiger Indikator dafür, was der Unternehmensleitung wirklich wichtig ist.

:::::::::::::::::::::::::::::::
Buchtipp
:::::::::::::::::::::::::::::::

ZUM AUTOR
Über Dr. Georg Kraus
Dr. Kraus & Partner
Dr. Georg Kraus ist Inhaber der Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner und Autor des „Change Management Handbuch" sowie zahlreicher Projektmanagement-Bücher. Die Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, unterstützt ...
Dr. Kraus & Partner
Werner-von-Siemens-Str. 2-6
76646 Bruchsal

+49-7251-989034
WEITERE ARTIKEL DIESES AUTORS
Unternehmensentwicklung
Viele Top-Manager befassen sich ungern mit dem Thema Unternehmenskultur. Dabei hat die ... mehr

ANDERE ARTIKEL AUS DIESEM RESSORT
SUCHE
Volltextsuche





Profisuche
Anzeige
PRESSEFORUM MITTELSTAND
Pressedienst
LETZTE UNTERNEHMENSMELDUNGEN
Anzeige
BRANCHENVERZEICHNIS
Branchenverzeichnis
Kostenlose Corporate Showrooms inklusive Pressefach
Kostenloser Online-Dienst mit hochwertigen Corporate Showrooms (Microsites) - jetzt recherchieren und eintragen! Weitere Infos/kostenlos eintragen
EINTRÄGE
PR-DIENSTLEISTERVERZEICHNIS
PR-Dienstleisterverzeichnis
Kostenlos als PR-Agentur/-Dienstleister eintragen
Kostenfreies Verzeichnis für PR-Agenturen und sonstige PR-Dienstleister mit umfangreichen Microsites (inkl. Kunden-Pressefächern). zum PR-Dienstleisterverzeichnis
BUSINESS-SERVICES
© novo per motio KG