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Fachartikel, 05.05.2009
Konjunktur
Deutsche Volkswirtschaft in schwerer See
Gestrauchelte Finanzinstitute, Industriegiganten in Geldnot – die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise schlägt hohe Wellen. Auch die besonders stark globalisierte deutsche Volkswirtschaft bekommt die Auswirkungen schmerzlich zu spüren. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) prognostiziert für 2009 einen Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um gut viereinhalb Prozent. Im Jahr 2010 ist allenfalls ein geringes Wachstum drin.*)
Schönreden hilft nichts – die deutsche Wirtschaft steckt in ihrer schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Im vergangenen Jahr gab es noch Hoffnung, die Finanzmarktturbulenzen würden die übrigen Wirtschaftsbereiche verschonen. Doch inzwischen haben alle Sektoren mit heftigem Gegenwind zu kämpfen – und das rund um den Globus. Entsprechend ausgebremst wird auch der Welthandel – was gerade das stark exportorientierte Deutschland hart trifft.

Diese widrigen Umstände prägen die Frühjahrsprognose des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln. Zwar dürften die Belastungen von Seiten der Außenwirtschaft in den kommenden Monaten allmählich abnehmen, doch leidet die hiesige Konjunktur zunehmend unter der einbrechenden Investitionstätigkeit und dem rückläufigen Konsum. Daher wird die Talsohle, die im Verlauf dieses Jahres erreicht wird, nur sehr langsam durchschritten:

Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird 2009 um gut 41/2 Prozent sinken und im kommenden Jahr allenfalls um 1/2 Prozent zulegen.

Diese Einschätzungen spiegeln sich auch in der aktuellen IW-Konjunkturumfrage wider, an der im April mehr als 1.900 Unternehmen in West- und Ostdeutschland teilgenommen haben. Die Prognose- und Umfrageergebnisse im Einzelnen:

::: Produktion

Die Krise ist längst bei den hiesigen Firmen angekommen. Im Frühjahr 2009 sprechen 64 Prozent der Unternehmen von einer ungünstigeren Produktionslage als vor einem Jahr. Nur noch in 10 Prozent der Betriebe fällt der Vorjahresvergleich positiv aus. Die Aussichten sind keineswegs rosiger:

In Westdeutschland gehen zwei Drittel der Firmen von einer rückläufigen Produktion im Jahr 2009 aus; nur ein Zehntel erwartet ein Plus. Im Osten sind 53 Prozent der Betriebe skeptisch und lediglich 14 Prozent zuversichtlich.

Zum Vergleich: Im vergangenen Herbst hatten gerade einmal 38 Prozent der west- und 32 Prozent der ostdeutschen Unternehmen für 2009 einen sinkenden Output auf der Rechnung. Am stärksten gebeutelt wird der Investitionsgütersektor. Im Westen erwarten 82 Prozent der Hersteller von Maschinen und Produktionsanlagen eine sinkende Fertigungsmenge, im Osten sind es 72 Prozent; nur knapp 8 Prozent in den westlichen und 9 Prozent in den östlichen Bundesländern halten einen Anstieg für wahrscheinlich.

Die besten Perspektiven hat die Bauwirtschaft – wenngleich dort ebenfalls etwa jede zweite west- wie ostdeutsche Firma für 2009 einen Produktionsrückgang erwartet. Immerhin hofft jedes achte Bauunternehmen dank der staatlichen Konjunkturpakete auf bessere Geschäfte als im Vorjahr.

Außenhandel

Wer auf den Märkten rund um den Globus aktiv ist, hat es momentan besonders schwer – und wenn er noch so hochwertige Produkte anbietet. Denn in vielen Ländern halten die Kunden ihr Geld eisern zusammen. Die lange Zeit von Exporterfolgen verwöhnte deutsche Wirtschaft blickt daher sorgenvoll nach vorne – lediglich 7 Prozent der Unternehmen rechnen für 2009 mit höheren Ausfuhren als im vergangenen Jahr, 56 Prozent dagegen mit einem Minus. Wie dramatisch der Abwärtstrend verläuft, verdeutlicht auch die IW-Prognose:

Die preisbereinigten Exporte von Waren und Dienstleistungen schrumpfen 2009 gegenüber dem Vorjahr um 17 Prozent. Im Jahr 2010 dürften die Ausfuhren um 2 Prozent steigen.

Damit resultieren 2009 rund drei Viertel des Wachstumseinbruchs in der deutschen Wirtschaft aus dem schwachen Außenhandel. Im kommenden Jahr kann das Auslandsgeschäft die Konjunktur dann wieder ein wenig stützen. Vorausgesetzt wird dabei, dass die globale Wirtschaftsleistung – nach einem 1-prozentigen realen Rückgang in diesem Jahr – um 2 Prozent wächst, die weltweit geschnürten Konjunkturprogramme dem Abschwung entgegenwirken, der Welthandel nicht durch neue Handelsbeschränkungen wesentlich beeinträchtigt wird und sich die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft verbessert.

::: Investitionen

Hier stehen die Zeichen ebenfalls auf Sturm – im Westen der Bundesrepublik sind 58 Prozent und im Osten 54 Prozent der Unternehmen davon überzeugt, dass ihre Investitionen 2009 sinken werden. Einen Aufwärtstrend sehen gerade mal 11 Prozent der west- und 16 Prozent der ostdeutschen Firmen. Der Saldo war mit minus 47 bzw. 39 Prozentpunkten noch nie so negativ – in der vorherigen Investitionskrise von 2002 bis 2003 erreichten die tiefsten Werte im Westen minus 27 und im Osten minus 33 Prozentpunkte.

Der wesentliche Grund für die aktuelle Skepsis dürften wiederum die trüben Aussichten für die Weltwirtschaft und den globalen Handel sein. Sie zwingen vor allem die exportorientierten Unternehmen in Deutschland zu Abstrichen bei ihren Investitionsvorhaben. Entsprechend drastisch hat sich die Auftragslage bei den Produzenten von Investitionsgütern verschlechtert:

Das IW Köln geht für 2009 von einem Einbruch der realen Ausrüstungsinvestitionen um 15 Prozent aus. Im kommenden Jahr ist allenfalls eine Stagnation drin.

Etwas glimpflicher kommen die Bauinvestitionen davon, die 2009 lediglich um 3 Prozent sinken dürften – vor allem die öffentliche Bautätigkeit wird sich durch die Impulse aus den Konjunkturprogrammen bald beleben. Somit kann 2010 ein Bau-Plus von 2 Prozent erreicht werden.

::: Arbeitsmarkt

Auch wenn beschäftigungssichernde Instrumente wie die Kurzarbeit einiges abfedern, rechnen 56 Prozent der Unternehmen in diesem Jahr mit einem Stellenabbau. Lediglich 8 Prozent planen, ihr Personal aufzustocken. Im westdeutschen Investitionsgüterbereich müssen voraussichtlich sogar drei Viertel der Firmen Arbeitsplätze streichen. Im ostdeutschen Dienstleistungsgewerbe halten dagegen „nur“ 30 Prozent der Betriebe Stellenkürzungen für unausweichlich; 13 Prozent wollen zusätzliche Mitarbeiter anheuern.

Unterm Strich wird die Zahl der Erwerbstätigen in diesem und im kommenden Jahr um jeweils knapp 11/2 Prozent zurückgehen – das bedeutet einen Verlust von insgesamt 1,1 Millionen Arbeitsplätzen.

Spiegelbildlich dazu steigt die Zahl der Arbeitslosen 2009 um gut 480.000 auf 3,75 Millionen. Im Jahresmittel 2010 ist dann mit gut 4,3 Millionen Jobsuchern zu rechnen.

::: Privater Konsum

Die negative Arbeitsmarktentwicklung sowie die Flaute an den Finanzmärkten setzen den Arbeits- und Vermögenseinkommen der privaten Haushalte zu. Dies können weder die staatlichen Konjunkturpakete noch die stark gesunkenen Inflationsraten ausgleichen. Die realen privaten Konsumausgaben werden daher 2009 leicht, im kommenden Jahr stärker sinken.

::: Staatsfinanzen

Die teils konjunkturbedingt, teils z.B. aufgrund der Änderungen im Einkommenssteuertarif schrumpfenden Steuereinnahmen machen dem Fiskus 2009 ebenso zu schaffen wie die steigenden Ausgaben – in Form höherer Sozialleistungen zur Abfederung der Rezession sowie der Kosten der Konjunkturprogramme. Dadurch rauscht das Staatsbudget um 77 Milliarden Euro ins Minus – das entspricht gut 3 Prozent des BIP. Im Jahr 2010 dürfte sich der Trend noch beschleunigen, denn dann fehlen dem Fiskus wahrscheinlich 124 Milliarden Euro bzw.
über 5 Prozent der Wirtschaftsleistung.

*) Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft Köln (Arbeitsgruppe Konjunktur): In der Tiefebene – IW-Konjunkturprognose Frühjahr 2009, in: IW-Trends 2/2009

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