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Fachartikel, 21.04.2010
IW-Studie
Deutschlands Arbeitgeber setzen auf Familienfreundlichkeit
Obwohl die deutsche Wirtschaft immer noch mit den Folgen der größten Wirtschaftskrise seit Gründung der Bundesrepublik zu kämpfen hat, genießt das Thema Familienfreundlichkeit in deutschen Unternehmen weiter höchsten Stellenwert. Ganz oben dabei auf der Agenda: flexible Arbeitszeitmodelle und Fördermaßnahmen rund um die Elternzeit.*)
Wer Kinder oder pflegebedürftige Angehörige betreuen muss, steht als Berufstätiger vor einer echten Herkulesaufgabe. Und immer mehr Unternehmen begreifen diesen täglichen Spagat nicht länger als reine Privatsache der Betroffenen, sondern sehen sich selbst ebenfalls in der Verantwortung. Dies ist ein zentrales Ergebnis des jüngsten Unternehmensmonitors Familienfreundlichkeit, den das IW Köln im Auftrag des Bundesfamilienministeriums und der Robert Bosch Stiftung durchgeführt hat. Dafür wurden im Herbst 2009 zum dritten Mal nach 2003 und 2006 Geschäftsführer und Personalverantwortliche in Deutschland danach befragt, wie, in welchem Umfang und aus welchen Gründen sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie fördern:

Annähernd 80 Prozent der rund 1.300 befragten Unternehmen messen dem Thema Familienfreundlichkeit eine hohe beziehungsweise eine relativ hohe Bedeutung bei. Bei der ersten Befragung im Jahr 2003 waren es erst 46 Prozent.


Laut aktuellem Monitor gelten vier von zehn Unternehmen als ausgesprochen familienfreundlich. Dieses Prädikat wird verliehen, wenn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Betrieb selbstverständlich ist und wenn Mitarbeiter mit familiären Pflichten die gleichen Karriereperspektiven haben wie alle anderen. Außerdem informieren solche Betriebe ihre Beschäftigten regelmäßig über familienfreundliche Aktivitäten und/oder binden sie in deren Ausgestaltung ein. So weit die Theorie. In der Praxis sieht das Familienbewusstsein der Unternehmen so aus:

Familienfreundliche Arbeitszeiten


Wer Kinder oder pflegebedürftige Eltern betreut, braucht Zeit. Deshalb sind in vielen Unternehmen flexible oder reduzierte Arbeitszeitmodelle weit verbreitet. Acht von zehn Betrieben praktizieren Teilzeitarbeit. Darauf gibt es einerseits einen gesetzlichen Anspruch, andererseits wird sie vor allem von Eltern mit kleinen Kindern favorisiert, weil Väter und vor allem Mütter aufgrund des unzureichenden Betreuungsangebots oft gar keiner Vollzeitbeschäftigung nachgehen können.

Fast genauso häufig vereinbaren die Unternehmen mit ihren Mitarbeitern aber auch individuelle Arbeitszeiten; und immerhin noch sieben von zehn Betrieben bieten flexible Tages- und Wochenarbeitszeiten an, bei denen die Beschäftigten in Gleitzeit arbeiten oder Stunden auf einem Konto ansammeln. Telearbeit und Job- Sharing-Modelle dagegen sind nicht ganz so weit verbreitet – sie werden im Schnitt in jeder fünften Firma offeriert.

Förderung im Rahmen der Elternzeit

Seit 2003 hat sich vor allem das familienfreundliche Engagement der Unternehmen während und nach der Elternzeit verstärkt – so nehmen momentan 80 Prozent der Betriebe insbesondere auf junge Eltern besondere Rücksicht: zum Beispiel bei der Planung von Arbeitsprozessen oder Meetings. Das ist allein schon deshalb sinnvoll, weil in 60 Prozent der Betriebe junge Väter und Mütter auch während der Elternzeit in Teilzeit oder phasenweise beschäftigt sind.

Für Eltern, die nach der Geburt eines Kindes zunächst daheimbleiben, bietet zudem jeder dritte Betrieb nach der Elternzeit spezielle Einarbeitungsprogramme an. Auf dem Vormarsch sind auch Patenmodelle, bei denen ein Kollege im Betrieb dauerhaft den Informationsfluss zu einem Mitarbeiter in Elternzeit aufrechterhält – dies praktiziert mittlerweile ein gutes Viertel aller Unternehmen. Und jeder fünfte Betrieb organisiert Weiterbildungsangebote für Mitarbeiter, die in Elternzeit sind.

Betreuungsangebote

Bei der konkreten Unterstützung in der Kinder- und Angehörigenbetreuung halten sich die Unternehmen in Deutschland zurück: So gibt es nur in zwei von 100 Unternehmen einen Betriebskindergarten oder eine Kindertagesstätte – was auch daran liegt, dass sich solche Einrichtungen erst ab einer Betriebsgröße von mindestens 250 Mitarbeitern rechnen. Auch zusätzliche Unterstützungsleistungen – etwa im Rahmen der Pflege – erbringen nur ungefähr ein Fünftel der Betriebe. Großzügig zeigen sich die Unternehmen hingegen beim Faktor Zeit: Mehr als die Hälfte von ihnen stellt Mitarbeiter, deren Kinder krank sind, über die gesetzliche Regelung hinaus frei.

Familienservice

Lediglich eine kleine Minderheit der Unternehmen bietet Rechtsberatung, Kantinenessen für Mitarbeiterkinder oder Serviceleistungen wie Wäschewaschen und Bügeln an. Unterm Strich haben trotz Wirtschaftskrise nur 7 Prozent der Betriebe ihre familienfreundliche Personalpolitik zurückgefahren oder auf die lange Bank geschoben.

Einerseits zeigt dies, wie wichtig es den Unternehmen ist, ihre Interessen mit denen der Mitarbeiter auszutarieren. Andererseits dürften viele Personalverantwortliche und Geschäftsführer bei ihrem familienpolitischen Engagement bereits den künftigen Aufschwung und damit den bevorstehenden Fachkräftemangel im Blick haben:

Deutlich mehr als 90 Prozent der Unternehmen unterstützen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um qualifizierte Mitarbeiter zu halten oder zu gewinnen. Und fast ebenso viele Firmen möchten mit einer familienbewussten Personalpolitik die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter erhöhen.


Acht von zehn Betrieben hoffen zudem, mittels familienfreundlicher Maßnahmen die Produktivität zu erhöhen. Viele Firmen erwarten sich auch einen Kostenvorteil durch eine geringere Fluktuation und niedrigere Krankenstände. Nicht zuletzt kann eine familienfreundliche Personalpolitik sogar zur Senkung der Lohnstückkosten führen: wenn mittels solcher Maßnahmen Überstunden abgebaut werden und sich die Arbeitszeiten flexibel an die Auftragslage anpassen lassen.

*) Vgl. Susanne Seyda, Oliver Stettes: Familienfreundlichkeit in der deutschen Wirtschaft – Ergebnisse des Unternehmensmonitors Familienfreundlichkeit 2010, in: IW-Trends 2/2010.
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