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Kolumne
Beraten und verkauft, 02.11.2011
HRE-Fehlbuchung
Blind vor lauter „Nullen“
Über 55 Milliarden Euro in der Unternehmensbilanz falsch verbucht – diese Summe ist so gigantisch, dass man sich als Normal-Sterblicher fragt: Wieso haben die Hypo Real Estate-Manager und die von ihnen bestellten Wirtschaftsprüfer die Fehlbuchung, als das Zahlenwerk vorlag, nicht sofort bemerkt?
Was erwartet man von einer Hausfrau? Dass sie beim Einkaufen an der Kasse kurz überschlägt, was ihr Einkauf so ungefähr kostet. Und wenn der geforderte Rechnungsbeitrag zu stark von ihrer Schätzung abweicht? Dass sie dann entweder zum Mann oder der Frau an der Kasse sagt „Das kann nicht stimmen“ oder selbst die einzelnen Posten auf dem Kassenzettel nochmals überprüft.

Wozu jeder Normalbürger in der Lage sein sollte, das darf man offensichtlich von manch Top-Manager in Banken und fürstlich entlohntem Wirtschaftsprüfer nicht erwarten. Ansonsten hätte eine solche Panne, wie die 55-Millliarden Euro-Fehlbuchung in der Bilanz der Hypo Real Estate (HRE) schlichtweg nicht passieren können.

Diese Summe ist so gigantisch, dass doch eigentlich jeder HRE-Top-Manager, der nur einen Blick auf die Bilanz warf, sofort hätte merken müssen: Da stimmt etwas nicht. Und dasselbe Gefühl hätte sich doch auch bei den Wirtschaftsprüfern von PwC einstellen müssen, wenn sie nach dem Erstellen des Zahlenwerks auch nur noch einen Blick auf dieses geworfen hätten – „Da kann etwas nicht stimmen.“

Doch es fiel ihnen nicht auf. Und was bedeutet dies? Entweder ist ihnen ihr Job, salopp gesprochen, „sch....-egal“. Hauptsache, die eigene Kasse stimmt! Oder sie haben vom Geschäft ihres Unternehmens beziehungsweise ihres Klienten schlichtweg keine Ahnung. Ansonsten hätten sie sofort merken müssen: Da kann irgendetwas nicht stimmen.

Das Problem ist nicht, dass beim Erstellen der HRE-Bilanz anscheinend ein Plus- mit einem Minuszeichen verwechselt wurde. Oder was wahrscheinlicher ist, dass irgendwelche HRE- oder PwC-Mitarbeiter selbst nicht wussten: Ist dieser Posten nun auf der Soll- oder auf der Haben-Seite zu verbuchen? Schließlich sollen ja heute viele Finanzprodukte und -transaktionen so schwierig und komplex sein, dass selbst Banker diese nicht verstehen. Und Wirtschaftsprüfer schon gar nicht. Solche Fehler und Pannen können passieren.

Der eigentlich Skandal ist, dass die HRE-Top-Manager und die von ihnen bestellten Wirtschaftsprüfer mit der geschäftlichen und finanziellen Situation von HRE so schlecht vertraut waren, dass sie ein so gigantisches Minus wie das bilanzierte offensichtlich für möglich hielten. Ansonsten hätten sie zu den HRE- und PwC-Mitarbeitern, die das Zahlenwerk erstellten, sofort gesagt: „Jungs (und Mädels), da habt Ihr offensichtlich Mist gebaut. Bitte korrigiert das mal.“

Auf Manager, die das Geschäft ihres eigenen Unternehmens und dessen finanzielle Situation so wenig kennen, dass sie eine so gigantische Fehlbuchung nicht sofort registrieren, kann jedes Unternehmen verzichten – beziehungsweise es muss dies sogar, will es sich nicht ruinieren. Dasselbe gilt für Wirtschaftsprüfer, die vom Geschäft des Unternehmens, das sie prüfen, offensichtlich so wenig Ahnung haben, dass sie den von ihren Taschenrechnern oder Computern ausgespuckten Zahlen blind vertrauen – vermutlich auch, weil sie des Kopfrechnens nicht mehr mächtig sind.

Schulabgänger, die die Grundrechenarten nicht beherrschen, gelten in den Augen vieler Unternehmensführer als „nicht ausbildungsfähig“ und erhalten keine Lehrstelle. Und Wirtschaftsprüfer und Top-Manager, die ........?
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Über Bernhard Kuntz
Bernhard Kuntz ist ein ausgewiesener Kenner des Bildungs- und Beratungsmarkts aufgrund seiner Tätigkeit als Redakteur des Fachmagazins 'management & seminar' (1989 bis 1992) und seiner über 15-jährigen Arbeit als Fachjournalist für Personal- und ... mehr
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