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Fachartikel, 20.11.2008
Finanzwirtschaft
Die Finanzkrise als Chance zur Kundenbindung nutzen
In der Finanzkrise gibt es auch Gewinner – zum Beispiel die Sparkassen und die Volks- und Raiffeisenbanken. Sie gewannen in zurückliegenden Wochen im Bereich Geldanlage viele (Neu-)Kunden. Diese Chance sollten sie nutzen.
Die Finanzkrise kennt nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner – zum Beispiel die Sparkassen und die Volks- und Raiffeisenbanken. Sie gewannen im Bereich Geldanlage in den vergangenen Wochen nicht nur Kunden zurück, sie gewannen auch neue – und zwar lukrative. Denn wer 20 000 Euro und mehr auf der hohen Kante hat und zittert, ob dieses Geld verloren geht, gehört in der Regel zu den Gut-Betuchten in unserer Gesellschaft.

Entsprechend viel Energie sollten besagte Banken darauf verwenden, dass ihnen diese Kunden treu bleiben, wenn sich der Sturm am Finanzmarkt legt. Hierauf sollten sie in der kommenden Zeit ihre Vertriebsaktivitäten fokussieren.

Wofür stehen wir?

Dies setzt voraus, dass die Verantwortlichen in den Banken den Vertriebsmitarbeitern zunächst bewusst machen: Wir haben eine einmalige Chance, und diese sollten wir nutzen. Des Weiteren: Ihr seid es, die dafür sorgen müsst, dass eine emotionale Bindung an unser Haus entsteht – und zwar indem ihr im Kundenkontakt für die Kunden erfahrbar macht, für welche Werte unser Institut steht.

Genau dies fällt Bankmitarbeitern bei ihrer Alltagsarbeit meist schwer. Also sollten Sie als Führungskraft mit ihnen zum Beispiel (Faust-)Regeln definieren wie: Alle Neukunden werden im 4-Wochen-Rhythmus kontaktiert. Des Weiteren: Ruft die Kunden auch ohne unmittelbare Verkaufsabsicht an, damit bei ihnen das Gefühl entsteht: Dieser Berater interessiert sich wirklich für mich und meine Lebenssituation – und ist im Gegensatz zu vielen anderen  Beratern nicht nur am schnellen Abschluss interessiert.

Außerdem sollten Sie mit den Kundenbetreuern Gesprächsstrategien für deren Beratungs- und Verkaufsgespräche erarbeiten – und zwar Strategien, die unmittelbar bei dem Motiv ansetzen, warum die Kunden den Kontakt mit Ihrem Institute suchten: Sicherheit. Dieses Anlageziel steht für Ihre Neukunden zur Zeit ganz oben – weit höher als das Ziel (mögliche) Rendite. Deshalb sollten sich ihre Mitarbeiter aktuell im Kundenkontakt eher als „Sicherheitsfanatiker“ denn als „Renditejäger“ präsentieren.

Was dies bedeutet, sei an einem Beispiel illustriert: Nehmen wir an, ein Kunde fragt, ob es sinnvoll wäre, einen Teil seines Geldes in Aktien anzulegen, weil diese zurzeit relativ günstig sind. Dann sollte Ihr Kundenberater zum Beispiel erwidern: „Das könnte gewinnbringend sein. Doch im Moment weiß niemand, wie sich der Markt entwickelt – auch ich nicht. Nehmen wir an, die Aktien steigen im kommenden Jahr um circa 20 Prozent. Dann wären diese statt der 10 000 Euro, die Sie jetzt investieren möchten, 12 000 Euro wert, und Sie hätten, wenn man die Steuer und Ausgabeaufschläge abzieht, circa 1200 oder 1300 Euro verdient. Die Aktien können aber auch nochmals um 20 oder mehr Prozent fallen. Dann hätten Sie ungefähr 2000 Euro verloren. Ist Ihnen der mögliche Gewinn von 1200 oder 1300 Euro, dieses Risiko wert?“

Durch eine solche Argumentation signalisiert der Kundenbetreuer dem Kunden: Die Sicherheit Ihres Geldes ist mir wichtig. Entscheidet der Kunde dann „Ich gehe dieses Risiko ein“, dann hat der Kunde entschieden – und der Kundenbetreuer kann ihm selbstverständlich die passenden Produkte verkaufen.

Den Trumpf „Verfügbarkeit“ ausspielen

Zögert der Kunde jedoch, kann der Betreuer zum Beispiel sagen: „Was halten Sie davon, Ihr Geld vorübergehend auf einem Tagesgeldkonto zu parken. Das bringt Ihnen zwar wenig Rendite. Doch dafür haben Sie jederzeit Zugriff auf Ihr Geld und können in zwei, drei Monaten, wenn die Situation klarer ist, entscheiden: Lege ich mein Geld in Aktien an oder kaufe ich festverzinsliche Wertpapiere.“ Das heißt, in diesem Fall sollte der Kundenbetreuer auf das Anlageziel setzen, das in enger Korrelation mit dem Thema Sicherheit steht: nämlich kurzfristige Verfügbarkeit.

Auf keinen Fall sollten Ihre Kundenbetreuer Kunden zum Kauf risikobehafteter Finanzprodukte drängen – nur weil dies kurzfristig mehr Provisionen bringt. Denn dies würde das torpedieren, was Ihnen wichtig ist: der Auf- und Ausbau einer Kundenbeziehung. Und nie dürfen Ihre Kundenbetreuer im Kundenkontakt vergessen, warum die Kunden (wieder) den Weg zu Ihnen fanden: Weil Sie Ihr Institut als sicheren Hafen für Ihr Geld erachten. Deshalb sollten die beiden Anlageziele „Sicherheit“ und „Verfügbarkeit“ bei der Beratung ganz oben stehen – zumindest solange wie am Finanzmarkt Sturmwarnung besteht.

Auf den schnellen Abschluss auch mal verzichten

Und wie sollten sich Ihre Kundenbetreuer verhalten, wenn der Kunde unschlüssig ist, ob er sein Geld längerfristig in festverzinslichen Wertpapieren anlegen oder zum Beispiel auf einem Tagesgeldkonto parken soll? Dann ist bei Kundenbetreuern die Versuchung meist groß, dem Kunden festverzinsliche Wertpapiere zu verkaufen, denn dies bringt mehr Provisionen. Taktisch ist ein solches Vorgehen aber, wenn es um den Aufbau einer Kundenbeziehung geht, oft falsch. Aus folgendem Grund: Legt ein Kunde sein gesamtes Geld zum Beispiel für ein, drei oder gar fünf Jahre fest an, dann besteht für ihn in diesem Zeitraum auch kein Anlass mehr, sich mit Ihnen zu treffen. Anders sieht dies aus, solange er einen Teil seines Geldes geparkt hat. Dann können Sie ihn jederzeit anrufen oder ansprechen und zu ihm sagen: Herr Müller (oder Frau Mayer), Sie haben gewiss mitbekommen, dass sich die Turbulenzen am Finanzmarkt beruhigt (beziehungsweise verschärft) haben. Sollen wir uns zusammensetzen, um ..... .“ Das heißt, Sie halten sich sozusagen die Tür beim Kunden offen und bewahren sich die Chance, die persönliche Beziehung zu ihm zu intensivieren, indem Sie ihn aktiv betreuen.

Dies trägt spätestens dann Früchte, wenn der Finanzmarkt sich wieder beruhigt. Denn dann rückt für viele Kunden auch das Thema Rendite wieder stärker in den Fokus. Also werden auch wieder vermehrt Kunden bei den Kundenbetreuern Ihres Hauses vorstellig werden und zum Beispiel sagen: „Bei der Bank x bekomme ich, wenn ich 10 000 Euro anlege, 6 Prozent Zinsen bei Ihnen nur 5 Prozent. Wenn Sie mir nicht ebenfalls 6 Prozent geben, dann ....“

Dann können Ihre Kundenbetreuer zum Beispiel ganz gelassen erwidern: „Stimmt, bei der Bank x bekommen Sie 6 Prozent, also bei einer Anlagesumme von 10 000 Euro 600 Euro Zinsen pro Jahr. Und davon bleiben nach Abzug der Abgeltungssteuer 450 Euro übrig. Bei uns hingegen bekommen Sie 500 Euro und davon bleiben 375 Euro übrig. Das heißt, bei uns erhalten Sie letztlich pro 75 Euro weniger. Dafür betreuen wir Sie persönlich und Sie müssen sich, wie die Finanzkrise zeigte, um Ihr Geld keine Sorgen machen. Vermutlich ist Ihnen dies 75 Euro wert.“

Wenn Ihre Kundenbetreuer, die Chance zum Aufbau einer Kundenbeziehung und zur Kundenbindung genutzt haben, dann werden Sie feststellen: Für so wenig Geld sind gerade gut betuchte Kunden nicht bereit, auf die genannten Vorzüge zu verzichten. Sie bleiben ihnen also treu, weil ihnen neben einer guten Rendite auch andere Dinge wichtig sind.

ZUM AUTOR
Über Christian Herlan
Dr. Kraus & Partner
Diplom-Kaufmann Christian Herlan ist seit 2002 als Management Coach, Berater und Trainer sowie als Geschäftsführer bei Dr. Kraus & Partner tätig. Er war seit 1991 in verschieden Verkaufsfunktionen tätig, bevor er 6 Jahre lang ...
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