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Fachartikel, 22.10.2008
Finanzkrise
Schlimmere Folgen für die (Welt-)Wirtschaft verhindern
Wenn Regierungen im Zuge der Finanzkrise mit Milliarden um sich werfen, dann löst das Unbehagen aus. Lassen sich mit diesem Geld allerdings Bankenpleiten und daraus resultierende Wirtschaftskrisen abwenden, ist es gut angelegt.
Neu ist die Krise an den internationalen Finanzmärkten wahrlich nicht. Bereits im vergangenen Sommer taumelten und kippten auch deutsche Banken wie die IKB und die Sachsen LB. Mit der ersten internationalen Großpleite hat sich die Situation jedoch dramatisch zugespitzt: Am 15. September musste die US-Investmentbank Lehman Brothers ihre Zahlungsunfähigkeit einräumen. Im Sog von Lehman sind auch in Europa zahlreiche Banken in existenzielle Not geraten. Nun beschließt ein Staat nach dem anderen milliardenschwere Pakete zur Rettung der Finanzinstitute.

Was es bedeutet, eine Großbank einfach fallen zu lassen, lehren die Folgen der Lehman-Pleite: Die Geldmarktfonds, die Kapital in Produkten der Investmentbank angelegt hatten, erlitten herbe Verluste. Viele Anleger zogen deshalb ihr Geld ab. Dadurch fehlten plötzlich nicht nur Lehman, sondern sehr vielen Banken die nötigen Mittel zur Refinanzierung ihrer Geschäfte. Schließlich waren die Kreditinstitute kaum noch bereit, sich untereinander Geld zu leihen.

Wie angespannt die Lage ist und wie hoch das Ausfallrisiko eingeschätzt wird, lässt sich auch an den Zinssätzen für jene Darlehen ablesen, die sich Banken untereinander gewähren:

Am 10. Oktober lagen die Zinsen auf unbesicherte Interbankenkredite mit einer Laufzeit von drei Monaten um 1,84 Prozentpunkte über den Sätzen für besicherte Kredite – ein vorläufiger Spitzenwert für den Risikoaufschlag.

In den Wochen vor dem Lehman-Crash war dieser Aufschlag stets kleiner als 0,6 Punkte. Wie teuer Interbankenkredite derzeit sind, zeigt sich noch deutlicher im Vergleich mit der ersten Hälfte des Jahres 2007. Damals mussten die Kreditinstitute für unbesicherte Darlehen lediglich ein paar Hundertstelprozentpünktchen mehr an Zinsen berappen als für Kredite, die sie mit Vermögenswerten abgesichert hatten.

In Deutschland hätte der Engpass am Geldmarkt um ein Haar der Hypo Real Estate das Genick gebrochen. Ihre irische Tochter Depfa war in die Schieflage geraten, weil sie in großem Stil langfristige Investitionen mit kurzfristigen Schulden finanziert hatte. Nicht ungewöhnlich – wenn jedoch, wie jetzt, kaum noch frisches Geld zu bekommen ist, bricht das Finanzierungsmodell zusammen.

Um dem gesamten System neue Stabilität zu geben und die Gefahr einer Kreditklemme (vgl. unten) für die übrige Wirtschaft abzuwenden, haben Bund und Länder kürzlich Hilfen von bis zu 500 Milliarden Euro für angeschlagene Banken bereitgestellt. Der Risikoaufschlag für unbesicherte Interbankenkredite verringert sich allerdings nur langsam – auch am 17. Oktober lag er noch bei 1,68 Prozentpunkten.

++++ So kommt es zur Kreditklemme +++

Bankendarlehen müssen zu einem gewissen Prozentsatz mit Eigenkapital hinterlegt sein. Deshalb sind die Geldhäuser bestrebt, das Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital konstant bei ungefähr 1 zu 10 zu halten. Wertberichtigungen in der Bankenbilanz gehen aber zulasten des Eigenkapitals. Die Relation zum Fremdkapital verschlechtert sich dadurch. Die ursprüngliche Eigenkapitalquote ist auf drei Wegen wiederherzustellen: über frisches Eigenkapital, Schuldenabbau oder eine eingeschränkte Kreditvergabe.

Der Schuldenabbau über den Verkauf von Wertpapieren führt jedoch zu Kurstürzen an den Börsen, und eine restriktivere Kreditpolitik zur Verringerung des Fremdkapitalbedarfs zöge einen gigantischen gesamtwirtschaftlichen Schaden nach sich: Denn um beispielsweise Wertberichtigungen von nur 1 Milliarde Euro bilanziell auszugleichen, müssten die Kredite an Unternehmen und Privatleute um rund 10 Milliarden Euro, also das Zehnfache der vorherigen Bilanzkorrektur, eingeschränkt werden. Will man die Wirtschaftskrise abwenden, ist nur neues Eigenkapital eine probate Option – in der äußersten Not auch als staatliche Beteiligung.

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